Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Mai 2004
Aktenzeichen: I ZR 197/03

(BGH: Beschluss v. 06.05.2004, Az.: I ZR 197/03)

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Streitwert: 50.000 €

Gründe

I. Die Klägerin ist seit 1998 Inhaberin der am 18. März 1942 in die Zeichenrolle des Reichspatentamts u. a. für Gewindewalzmaschinen und für Walzen oder Rollen mit Außengewinden eingetragenen Marke 543 428 "Pee-Wee". Inhaber war damals die im Jahr 1939 von W. P. gegründete "PEEWEE-Maschinenund Apparatebau, Inh. W. P. ". Im Frühjahr 1943 wurde die Produktion der PEE-WEE Maschinenund Apparatebau von Berlin nach dem im heutigen Bundesland Brandenburg gelegenen Düben (mittlerweile: Bad Düben) verlegt. Dort gründete W. P. zusammen mit anderen Gesellschaftern die "PEE-WEE Maschinenund Apparatebau W. P. K.-G.".

Im Jahr 1949 verließ W. P. aufgrund der politischen Entwicklung Bad Düben und gründete in Westdeutschland ein neues Unternehmen. Auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht wurde er enteignet und wurde die PEE-WEE Maschinenund Apparatebau K.-G. in das Eigentum des Volkes überführt, wobei sie in die Rechtsträgerschaft der in C. ansässigen "Vereinigung volkseigener Betriebe, Werkzeugmaschinen und Werkzeuge" überging. Nach einem weiteren Rechtsträgerwechsel im Jahr 1954 lautete die Firma "VEB Werkstattmaschinenfabrik Bad Düben".

Nach der Wende ist die Beklagte in Bad Düben entstanden.

Die Beklagte hat im Internet unter ihrer Internet-Adresse www.profiroll.de mit folgenden Angaben geworben:

"Wir, PROFIROLL TECHNOLOGIES Bad Düben, ein Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern, verfügen über fast 60 Jahre an Erfahrung auf dem Gebiet des Gewinde- und Profilwalzens. Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mitgroßem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinen- und Apparatebau fort.

Maschine - Werkzeug - Verfahren aus einer Hand."

Nach der Auffassung der Klägerin verletzt der Satz "Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mit großem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinenund Apparatebau fort."

u.a. ihre Rechte an der Marke Pee-Wee. Dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht gefolgt.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht.

II. Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1.

Entgegen der Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde wirft die Entscheidung des Berufungsgerichts weder hinsichtlich der Beurteilung, ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt, noch hinsichtlich der Beurteilung der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Ebensowenig gebietet sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einen Zugriff durch das Revisionsgericht. Von einer Begründung hierzu wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

2.

a) Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnung der Anwendung der Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 Abs. 1 lit. b der Markenrechtsrichtlinie entgegensteht, hatte im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung. Diese Frage ist inzwischen durch das auf Vorlage des Senats (Beschl. v. 7.2.2002 -I ZR 258/98, GRUR 2002, 613 = WRP 2002, 547 -GERRI/KERRY Spring) ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Januar 2004 (Rs. C-100/02, GRUR 2004, 234, Tz. 26, 27 -Gerolsteiner Brunnen) geklärt. Die nach § 23 Nr. 2 MarkenG (Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL) gestattete Benutzung der Marke scheitert danach nicht von vornherein daran, daß das Zeichen auch in einer herkunftshinweisenden Weise eingesetzt wird. Ob seine Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 6 MarkenRL) und nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 MarkenG), ist unabhängig davon, ob die Benutzung ihrer Art nach markenmäßig erfolgt oder nicht. Die Unlauterkeit des die Schutzschranke des § 23 MarkenG (Art. 6 MarkenRL) ausschließenden Verhaltens ist nach eigenen Kriterien zu beurteilen.

b) Der Senat gründet die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den inzwischen erfolgten Wegfall der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung. Der Senat ist in dieser Frage im übrigen der Auffassung, daß die Revision in einem solchen Fall zuzulassen ist, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat (vgl. aber BGH, Beschl. v. 20.11.2002 -IV ZR 197/02, NJW-RR 2003, 352; Beschl. v. 12.3.2003 -IV ZR 278/02, NJW 2003, 1609; Beschl. v. 8.4.2003 -XI ZR 193/02, NJW 2003, 2319, 2320; Beschl. v. 23.9.2003 -VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781; hierzu kritisch: Seiler, NJW 2003, 2290) . Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Rechtsmittels der Revision, das es der beschwerten Partei ermöglichen soll, unter Überwindung des Filters der Zulassungsgründe eine Korrektur der angefochtenen Entscheidung zu erlangen, ist es geboten, den erstrebten Rechtsschutz nicht schon deshalb zu versagen, weil in dem vom Rechtsmittelführer nicht allein zu beeinflussenden Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde der bei Rechtsmitteleinlegung gegebene Zulassungsgrund weggefallen ist. Über das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde kommt der beschwerten Partei allerdings nicht dieselbe verfahrensrechtliche Position zu, die ihr zustünde, wenn das Berufungsgericht -wie es geboten gewesen wäre -die Revision zugelassen hätte. Um Ungleichheit bei der Rechtsanwendung zu vermeiden, die in der Versagung der Zulassung durch das Berufungsgericht und im mehr oder weniger zufälligen Zeitpunkt der Klärung der Zulassungsfrage liegt, ist das Revisionsgericht aber nach der Auffassung des Senats bei einer solchen Fallgestaltung gehalten, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebte Revision zuzulassen, wenn sie Aussicht auf Erfolg bietet.

Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht sind vom Revisionsgericht, sofern nicht bereits die Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung der Revision enthält (§ 551 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO), eigenständig Revisionsrügen und deren Erfolgsaussicht zu erwägen. Hierbei gelten die Maßstäbe, wie sie beim Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe anzulegen sind. Im Streitfall führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Mangels Divergenz im Ergebnis bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Falles nicht der Anrufung des Großen Senats in Zivilsachen.

c) Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist im Streitfall zu verneinen. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die angegriffene Werbeaussage beim Durchschnittsleser den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Beklagte führe auch die Produktion von PEE-WEE-Maschinen fort. Die mit der Klage beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist danach mit den guten Sitten in Handel und Gewerbe nicht vereinbar. Das Berufungsgericht hat deshalb die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG im Ergebnis zu Recht nicht zugunsten der Beklagten gelten lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant Schaffert






BGH:
Beschluss v. 06.05.2004
Az: I ZR 197/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b53e1517a953/BGH_Beschluss_vom_6-Mai-2004_Az_I-ZR-197-03


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft


service@admody.com

0511 60 49 81 27 ☏

Kontaktformular ✎

Rückrufbitte ✆

Admody RAe AG
Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland

www.admody.com ▸





Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



 



§
Justitia

Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht



Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share









Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft






Jetzt Kontakt aufnehmen:


service@admody.com

☏ 0511 60 49 81 27

✎ Kontaktformular

✆ Rückrufbitte





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [BGH: Beschluss v. 06.05.2004, Az.: I ZR 197/03] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

29.03.2024 - 10:02 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
BPatG, Beschluss vom 26. September 2000, Az.: 17 W (pat) 12/99OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006, Az.: I-6 U 65/05BPatG, Beschluss vom 11. Mai 2004, Az.: 33 W (pat) 21/03VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Oktober 2007, Az.: 7 K 3868/05BPatG, Beschluss vom 1. Dezember 2004, Az.: 32 W (pat) 312/03BGH, Beschluss vom 28. September 2012, Az.: AnwZ (Brfg) 35/12VG Düsseldorf, Urteil vom 22. April 2015, Az.: 16 K 5269/14LG Düsseldorf, Urteil vom 1. August 2002, Az.: 4 O 286/01BGH, Beschluss vom 21. März 2013, Az.: AnwZ (Brfg) 53/12BGH, Beschluss vom 8. September 2000, Az.: AnwZ (B) 12/00