Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 5/00

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2001, Az.: 24 W (pat) 5/00)

Tenor

1. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke 396 46 563 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlußbeschwerde der aus der Marke 361 306 Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. September 1999 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 361 306 hinsichtlich der Waren "Motorradreiniger, Pflegemittel, Reinigungsmittel" der Marke 396 46 563 zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 361 306 wird die Löschung der Marke 396 46 563 auch für die Waren " Motorradreiniger, Pflegemittel, Reinigungsmittel" angeordnet.

Gründe

I Eingetragen ist die Wort-Marke 396 46 563:

siehe Abb. 1 am Endefür:

"Kettenspray, Motorradreinigungsmittel, Pflegemittel, Reinigungsmittel, Motoröle und Schmierstoffe; Werbung".

Diese Eintragung wurde am 30. Mai 1997 veröffentlicht.

Gegen diese Eintragung wurde Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 361 306 Viscobil, die seit dem 17. Dezember 1926 in dem Register eingetragen ist für die folgenden Waren:

"Technische Öle und Fette".

Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1997 die Nichtbenutzungseinrede gem § 43 Abs 1 MarkenG erhoben.

Daraufhin hat die Markeninhaberin Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der angegriffenen Marke vorgelegt. Dazu hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 26. August 1998 wörtlich erklärt, "daß der Einwand der Nichtbenutzung nur noch bezüglich der Waren "Fette" weiter aufrechterhalten, ansonsten jedoch fallengelassen wird".

Mit Beschluß vom 3. September 1999 hat die Markenstelle für Klasse 3 wegen des Widerspruchs aus der Marke 361 306 eine teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren "Kettensprays, Motoröle und Schmierstoffe", im übrigen hat die Markenstelle den Widerspruch zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin sowie die Anschlußbeschwerde der Widersprechenden.

Mit Schriftsatz vom 10. April 2000 hat die Markeninhaberin erneut die Einrede der Nichtbenutzung für alle Waren der Widerspruchsmarke erhoben. Die Markeninhaberin meint, daß die Widerspruchsmarke nicht rechtserhaltend benutzt worden sei. Die Marke sei nur in der Kombination "DEA Viscobil" und zwar jeweils zusammen mit "S1", "SL" oder "SC" verwendet worden. Dazu beruft sich die Markeninhaberin auf die Unterlagen, die die Widersprechende im patentamtlichen Verfahren zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht hat. Die Widerspruchsmarke sei kennzeichnungsschwach, weil sie starke Anklänge an das Eigenschaftswort "viskos" und daher eine Warenbeschreibung enthalte. Die Viskosität von Motorenöl entscheide über dessen Anwendbarkeit in bestimmten Motorentypen und über seine Geeignetheit für bestimmte Witterungsbedingungen. Deswegen würden die angesprochenen Verkehrskreise nur "DEA" als Herkunftszeichen verstehen und die Marke "Viscobil" als Warenbeschreibung auffassen. Im übrigen meint die Markeninhaberin, daß sich die Vergleichsmarken nicht verwechselbar nahe kämen.

Ausweislich der Akten wurde die Ladung für die mündliche Verhandlung vom 7. August 2001 den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin am 2. Juli 2001 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 3. August 2001 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Markeninhaberin mit, daß für diese niemand an der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2001 teilnehmen werde. Gleichzeitig wurde vorsorglich die Einreichung von weiteren Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung durch die Widersprechende als verspätet gerügt. Mit Schriftsatz vom 6. August 2001 rügte die Markeninhaberin sodann die weitere Eingabe der Widersprechenden vom 3. August 2001 als verspätet. Dieses Schriftstück, das den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin bis Freitag, den 3. August 2001, nur als Telefax zugegangen sei, sei im wesentlichen unleserlich. Um die darin enthaltenen Angaben überprüfen zu können, beantragte die Markeninhaberin in ihrem Schriftsatz vom 6. August 2001 die Vertagung des Verhandlungstermins vom 7. August 2001. An der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2001 hat die Markeninhaberin nicht teilgenommen.

In der Sache beantragt die Markeninhaberin (sinngemäß), 1. den Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. September 1999 insoweit aufzuheben, als wegen des Widerspruchs aus der Marke 361 306 die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Kettensprays, Motoröle und Schmierstoffe" angeordnet worden ist, und den Widerspruch auch für diese Waren zurückzuweisen;

2. die Anschlußbeschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), 1. die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

2. auf die Anschlußbeschwerde den Beschluß der Markenstelle insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 361 306 zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke auch für die Waren "Pflegemittel, Reinigungsmittel und Motorradreinigungsmittel" anzuordnen.

Die Widersprechende trägt zunächst vor, daß die Markeninhaberin im Laufe des patentamtlichen Verfahrens eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "technische Öle " anerkannt habe und deswegen nicht mehr berechtigt sei, hinsichtlich dieser Waren den Nichtbenutzungseinwand zu erheben.

Abgesehen davon hat die Widersprechende im Laufe des Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 3. August 2001 und in der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2001 weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt. In den von der Widersprechenden eingereichten eidesstattlichen Versicherungen des Herrn S... vom 1. Juli 1998 und vom 2. August 2001 hat dieser folgende Tatsachen als wahr versichert: Unter der Marke "Viscobil" seien in den Jahren 1996 und 1997 sowie in den ersten fünf Monaten des Jahres 1998 jeweils ... und ... Tonnen Motorenöl vertrieben worden. Den Vertrieb habe die D... AG in H..., unternommen, die eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Widerspre- chenden sei. Diese habe die Benutzung der Widerspruchsmarke durch die D... AG ausdrücklich gestattet. Das Motorenöl sei in Gebinden vertrieben worden, welche die von der Widersprechenden zur Akte gereichten und in der eidesstattlichen Versicherung vom 2. August 2001 abgebildeten Aufkleber getragen hätten.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, aber nicht begründet; denn zwischen den Vergleichsmarken besteht hinsichtlich der Waren "Kettensprays, Motoröle und Schmierstoffe" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

a) Die Erhebung der unbeschränkten Nichtbenutzungseinrede gem § 43 Abs 1 MarkenG durch die Markeninhaberin im Beschwerdeverfahren ist zulässig. Im Zeitpunkt der Erhebung der Einrede lag die Eintragung der Widerspruchsmarke länger als fünf Jahre zurück. Die Erklärung der Markeninhaberin vom 26. August 1998, "daß der Einwand der Nichtbenutzung nur noch bezüglich der Waren "Fette" weiter aufrechterhalten, ansonsten jedoch fallengelassen wird", steht der erneuten Erhebung der Nichtbenutzungseinrede im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Die Erklärung ist nicht als Geständnis iSv § 288 ZPO zu bewerten. Ob die tatsächliche Benutzung einer Marke iSv § 26 MarkenG rechtserhaltend ist, stellt eine Rechtsfrage dar, die einem Geständnis iSv § 288 ZPO grundsätzlich nicht zugänglich ist (vgl BGH GRUR 2000, 886, 887 "Bayer/BeiChem"; GRUR 1984, 872 "Wurstmühle"). Die Markeninhaberin hat mit ihrer Erklärung vom 26. August 1998 auch nicht auf die Nichtbenutzungseinrede verzichtet. Die bloße Erklärung, die Nichtbenutzungseinrede nicht aufrechtzuerhalten, reicht für die Annahme eines solchen Verzichts nicht aus. Eine derart weitreichende Bedeutung hat diese Erklärung nur, wenn sie wegen des Vorliegens besonderer Umstände - ausnahmsweise - als einseitiger Verzicht auf die Einrede der mangelnden Benutzung aufzufassen ist. Davon ist, da an die konkludente Annahme eines Verzichts strenge Anforderungen zu stellen sind, im Regelfall nicht auszugehen (vgl BGH GRUR 2000, 886, 887 "Bayer/BeiChem"; Althammer/ Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl 2000, § 43 Rdn 27, 28). Die von der Markeninhaberin gewählte Formulierung, daß die Nichtbenutzungseinrede in bezug auf bestimmte Waren "fallengelassen" werde, erfüllt insoweit nicht die besonderen Voraussetzungen für die Annahme eines Verzichts. Die Markeninhaberin hat die Nichtbenutzungseinrede unbeschränkt erhoben und damit beide Einreden nach § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG geltend gemacht (vgl BGH GRUR 1998, 938, 939 f "DRAGON"; GRUR 1999, 54, 55 f "Holtkamp").

Für die Frage der Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung ist der gesamte Vortrag der Widersprechenden zu berücksichtigen, also auch der Sachvortrag und die Unterlagen, welche die Widersprechenden mit Schriftsatz vom 3. August 2001 und in der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2001 in das Verfahren eingeführt hat. Die Verspätungsrüge der Markeninhaberin hinsichtlich des Vorbringens der Widersprechenden aus der Zeit nach dem 1. August 2001 ist unbegründet. Zwar unterliegt die Frage der Benutzung einer Widerspruchsmarke nach ständiger Rechtsprechung dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz und bildet damit eine Ausnahme von dem Amtsermittlungsgrundsatz, der für das sonstige patentamtliche und patentgerichtliche Verfahren gilt. Daraus folgt auch, daß Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit Benutzungsfragen vorgetragen werden, in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung gegebenenfalls als verspätet zurückgewiesen werden können (vgl BGH GRUR 1998, 938, 939 "DRAGON", insoweit BPatG GRUR 1996, 414, 415 f RACOON/DRAGON bestätigend). Hier liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Zurückweisung gem § 82 Abs 1 MarkenG iVm §§ 523, 282 Abs 2, 296 Abs 2 ZPO nicht vor, weil eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nicht erfolgt ist. Eine derartige Verzögerung kann auch bei verspäteter Einreichung von Glaubhaftmachungsmitteln dadurch vermieden werden, daß in der mündlichen Verhandlung auf Antrag der einredenden Markeninhaberin dieser eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO eingeräumt wird (vgl BPatG GRUR 1999, 350, 352 "Ruoc/ROC"; Althammer/Ströbele, aaO, § 43 Rdn 35). Diese Möglichkeit wird nicht davon berührt, daß die ordnungsgemäß geladene Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2001 nicht vertreten war, denn die Markeninhaberin hatte keine Gründe mitgeteilt, die sie an einer Teilnahme an der Verhandlung gehindert hätten. § 75 Abs 2 MarkenG stellt klar, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Wer aus Gründen, die er selber zu vertreten hat, nicht an der mündlichen Verhandlung teilnimmt, trägt die daraus für ihn entstehenden Risiken selbst. Hier hätte die Markeninhaberin mit einem gem § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatz zu dem neuen Vorbringen der Widersprechenden Stellung nehmen können, ohne die Erledigung des Rechtsstreits iSv § 296 Abs 2 ZPO verzögert worden wäre. Die Markeninhaberin hat jedoch keinen Antrag auf Einräumung einer Erklärungsfrist gestellt. Mit dieser Unterlassung kann sie den Senat nicht zur Zurückweisung des Vorbringens der Widersprechenden zwingen (vgl BGHZ 94, 195, 214; Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 23. Aufl, 2001, § 283 Rdn 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 59. Aufl, 2001, § 283 Rdn 10; Zöller/Greger, Zivilprozeßordnung, 22. Aufl, 2001, § 283 Rdn 3). Die Einräumung einer Erklärungsfrist gem § 283 ZPO setzt einen Antrag der nichtsäumigen Partei, hier der Markeninhaberin, voraus und kann nicht von Amts wegen erfolgen (vgl Thomas/Putzo, aaO, § 283 Rdn 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO, § 283 Rdn 10; Zöller/Greger, aaO, § 283 Rdn 3). Der Senat hatte keine Möglichkeit, die Markeninhaberin auf ihr Antragsrecht gem § 283 ZPO hinzuweisen, weil diese an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat. Damit kann das Vorbringen der Widersprechenden aus der Zeit nach dem 1. August 2001 nicht gem § 296 Abs 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden.

Aus ähnlichen Gründen war auch dem Antrag der Markeninhaberin vom 6. August 2001 auf Vertagung des Verhandlungstermins vom 7. August 2001 nicht stattzugeben. § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO verlangt für Terminsänderungen "erhebliche Gründe". § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ZPO stellt dazu klar, daß das angekündigte Ausbleiben einer Partei keinen solchen erheblichen Grund darstellt. § 75 Abs 2 MarkenG sieht ebenfalls vor, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Ein erheblicher Grund liegt nur dann vor, wenn die Gerechtigkeit eine Terminsänderung erfordert (vgl Baumbach/ Lauterbach/Hartmann, aaO, § 227 Rdn 7). Liegen diese Gründe auf der Seite einer Partei, müssen sie so gravierend sein, daß sie deren Säumnis iSv § 337 ZPO entschuldigen würden (vgl Zöller/Stöber, aaO, § 227 Rdn 5). Das traf auf die Verfahrenslage am 6. August 2001 nicht zu. Insbesondere bestand keine Gefahr, daß bei einer Durchführung der mündlichen Verhandlung den Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör verletzt worden wäre. Das Vorbringen der Widersprechenden aus deren Schriftsatz vom 3. August 2001 hatte keinen solchen Umfang, daß eine sinnvolle Teilnahme der Markeninhaberin an der mündlichen Verhandlung von vornherein unmöglich gewesen wäre. Thematisch war dieses Vorbringen nicht neu. Es ging um die Glaubhaftmachung der Tatsache dazu, auf welche Weise die Widerspruchsmarke mit den Waren verbunden worden war, für welche die Marke benutzt worden sein sollte. Dazu hat die Widersprechende eine neue eidesstattliche Versicherung und weitere Abbilder der verwandten Aufkleber eingereicht. Das sachliche Vorbringen, das auf diese Weise glaubhaft gemacht werden sollte, war dagegen im wesentlichen bereits früher vorgetragen worden. Soweit die Markeninhaberin in ihrem Antrag auf Terminsverlegung geltend gemacht hat, sie könne die Aufkleber in dem Schriftsatz, der ihr bis dahin nur als Telefax zugegangen war, nicht klar erkennen, ging dieser Einwand ins Leere. Denn die Widersprechende hatte in ihrem Schriftsatz vom 3. August 2001 bereits angekündigt, die Originale dieser Unterlagen in der bevorstehenden Verhandlung vorzulegen. Sofern die Markeninhaberin die in den neuen Unterlagen enthaltenen näher Angaben überprüfen wollte, hätte es genügt, in der Verhandlung vom 7. August 2001 Antrag auf Schriftsatznachlaß gem § 283 ZPO zu stellen. Aus diesen Gründen bestand am 6. August 2001 kein Anlaß für eine Terminsverlegung gem § 227 Abs 1 ZPO. Eine gesonderte Entscheidung über den Verlegungsantrag der Markeninhaberin vom 6. August 2001 noch vor der mündlichen Verhandlung am 7. August 2001 war wegen der Kurzfristigkeit des Antrages nicht möglich.

Bei Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Widersprechenden ist festzustellen, daß diese eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke iSv § 26 MarkenG hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Maßgeblich sind die Zeit vom 30. Mai 1992 bis zum 30. Mai 1997 (§ 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG) und die Zeit vom 7. August 1996 bis zum 7. August 2001 (§ 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG). Die für die Jahre 1996 bis 1998 glaubhaft gemachten Waren-Umsätze decken beide Zeiträume ab. Die Menge des umgesetzten Motorenöls belegt eine ernsthafte wirtschaftliche Nutzung der Widerspruchsmarke.

Die eidesstattliche Versicherung von Herrn S... vom 2. August 2001 und die von der Widersprechenden dazu vorgelegten Unterlagen reichen als Glaubhaftmachung dafür aus, daß die Verpackungen, in denen das Motorenöl vertrieben wurde, regelmäßig Aufkleber mit dem Markenwort "Viscobil" trugen und daß die Widerspruchsmarke auf diesen Aufklebern markenmäßig herausgestellt war. Die Widersprechende hat verschiedene Etiketten-Typen für Groß- und Kleingebinde vorgelegt. Die Aufkleber für Kleingebinde sind hochformatige Rechtecke und haben einen schwarzen Grund. Die Widerspruchsmarke erscheint in deutlicher Absetzung von jeder anderen Beschriftung in weißer Schrift jeweils am linken Rand, senkrecht von unten nach oben geschrieben. Nur auf diesen Aufkleber-Typen erscheint auch das Zeichen "DEA" mit dem DEA-Emblem, der Schriftzug in Rot, das Emblem in Rot-Weiß. Beide stehen immer oben links entlang der oberen Kante des Rechtecks. Diese graphische Komposition gibt der Widerspruchsmarke eine selbständige und markenmäßige Stellung neben den "DEA" Zeichen, zumal die für die Widerspruchsmarke verwandten Buchstaben größer sind als die Buchstaben in "DEA". Als Warenbeschreibung kann das Markenwort "Viscobil" aus verschiedenen Gründen nicht verstanden werden. Für sich genommen ist "Viscobil" eine Phantasieschöpfung ohne Begrifflichkeit. Allerdings enthält es einen Anklang an das Eigenschaftswort "viskos". Aber im Zusammenhang mit Motorenölen reicht gerade dieser Anklang nicht dafür aus, um als konkrete Warenbeschreibung mißverstanden zu werden. Denn für die Angaben über die Viskosität von Motorenölen wird seit Jahren weltweit die Normierung der Society of Automotive Engineers (SAE) verwandt. Die Zeichen für die SAE-Viskositätsklassen für Schmierstoffe erscheinen auf allen Aufklebern und Etiketten, die die Widersprechende vorgelegt hat. Die angesprochenen Verkehrskreise sind an diese Angaben gewöhnt und werden nur darin die maßgeblichen Angaben über die Viskosität des angebotenen Motorenöls sehen. Die übrigen beschreibenden Angaben auf den Etiketten betreffen den Öltyp und die PKW-Typen, für die das jeweilige Öl geeignet ist, stehen also in keinem Zusammenhang mit der Viskosität des Öls und sind im übrigen deutlich abgesetzt von dem Markenwort "Viscobil".

Die Aufkleber für Großgebinde sind querformatige Rechtecke, schwarzgrundig mit weißer Schrift. Das Wort "Viscobil" erscheint auf allen Typen dieser Aufkleber jeweils in der größten verwendeten Schrifttype in der ersten Zeile oben links, für westeuropäische Sehgewohnheiten also in dominanter Stellung, und ist jeweils verbunden mit einem Zusatz wie "S1", "SL" oder "SC". Solche Zusätze sind bei Motorenölen für Kraftfahrzeuge als firmeneigene Typbezeichnungen üblich und werden von den angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres als solche verstanden. Insgesamt entspricht die Gestaltung der von der Widersprechenden vorgelegten Etiketten der marktüblichen Praxis für die gleichzeitige Benutzung einer Dachmarke (hier "DEA") zusammen mit der Marke für eine bestimmte Produktreihe (hier "Viscobil" für Motorenöle) zusammen mit einer Kennzeichnung des jeweiligen Produkttyps (hier: "S1", "SL" oder "SC" für den jeweiligen Öl-Typ).

Die Benutzung der Widerspruchsmarke erfolgte nach der eidesstattlichen Versicherung von Herrn S... vom 2. August 2001 durch die D... AG, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Widersprechenden, und zwar mit ausdrücklicher Zustimmung der Widersprechenden. Diese Benutzung gilt gem § 26 Abs 2 MarkenG als Benutzung durch die Widersprechende (vgl hierzu Althammer/ Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 26 Rdn 55 mwNachw).

Demnach hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Motorenöle für Personenkraftwagen iSv § § 43 Abs 1 iVm § 26 MarkenG glaubhaft gemacht. Motorenöle für Personenkraftwagen gehören zu den "Technischen Ölen", für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, und sind insoweit gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG zu berücksichtigen.

b) Die genannten Waren sind den "Kettensprays, Motorenölen und Schmierstoffen" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke ähnlich. Für die "Motorenöle und Schmierstoffe" liegt das auf der Hand, für die "Kettensprays" folgt das aus der Tatsache, daß viele Kettensprays den Zweck haben, Antriebsketten gängig zu machen oder zu erhalten, und dann im wesentlichen aus Schmierstoffen bestehen können.

Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist jedenfalls von einem durchschnittlichen Schutzumfang auszugehen, wobei - wie oben ausgeführt - entgegen der Auffassung der Markeninhaberin eine entscheidungserhebliche Schwächung der Kennzeichnungskraft von "Viscobil" nicht anzunehmen ist, da es sich insoweit nicht um eine konkrete Warenbeschreibung handelt.

Bei Warenidentität bzw deutlicher Warennähe und einer normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marke muß die angegriffene Marke einen klaren Abstand zu der Widerspruchsmarke halten. Diesen markenrechtlichen Anforderungen wird die angegriffene Marke nicht gerecht, denn sie kommt der Widerspruchsmarke jedenfalls klanglich verwechselbar nahe. Da in beiden Marken der Buchstabe "C" auf den Zischlaut "S" folgt und vor dem Vokal "O" steht, ist davon auszugehen, daß der Buchstabe "C" in beiden Marken wie "K" - und nicht wie "Z" - ausgesprochen wird. Die Widerspruchsmarke wird demnach "VIS-KO-IEL" artikuliert. Für die angegriffene Marke kommen theoretisch zwei verschiedene Lesarten in Betracht: "VISK-EUL", wenn der Betrachter die letzten Buchstaben der Marke "VISCOIL" mit dem englischen Ausdruck "oil" für Öl assoziiert und "VIS-KO-IL", für die - nach Auffassung des Senats entscheidungserheblichen - Verkehrskreise, welche die angegriffene Marke als Phantasiebegriff auffassen und deshalb nach der Schreibweise wiedergeben. "VIS-KO-BIL" und "VIS-KO-IL" sind klanglich verwechselbar. Beide Klangbilder sind identisch bis auf den "B"-Laut am Anfang der Endsilbe von "VIS-KO-BIL". An dieser Stelle tritt der Konsonant "B" als weicher stimmhafter Labiallaut in Erscheinung, ist also wenig charakteristisch. Im Vergleich zu diesem geringen klanglichen Unterschied zwischen den Vergleichsmarken überwiegen die Übereinstimmungen deutlich.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

2. Die Anschlußbeschwerde der Widersprechenden ist gem § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 577a ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Denn die von der Anschlußbeschwerde erfaßten Waren "Motorradreiniger, Pflegemittel, Reinigungsmittel" aus dem Warenverzeichnis der angegiffenen Marke sind den Motorenölen für Kraftfahrzeuge ähnlich, für die die Widerspruchsmarke benutzt wurde.

Die Waren "Motorradreiniger" überschneiden sich insoweit mit den Oberbegriffen "Pflegemittel" und "Reinigungsmittel", als jede dieser Warengruppen auch die ölhaltigen Pflege- und Reinigungsmittel umfaßt, die traditionell für die Reinigung und Pflege von Zweirädern einschließlich von Motorrädern eingesetzt werden. Diese Öle sind den Motorenölen für Personenkraftwagen ähnlich (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl 1999, S 278, mittlere Spalte). Das folgt an erster Stelle aus ihrer stofflichen Beschaffenheit und aus ihrer Zweckbestimmung; denn die ölhaltigen Reinigungs- und Pflegemittel für Motorräder haben - ähnlich den Motorenölen für Personenkraftwagen - auch den Zweck, die mechanische Funktionsfähigkeit des Motorrades zu unterstützen. Im übrigen werden die hier in Rede stehenden Vergleichswaren regelmäßig an denselben Vertriebsorten und dort in räumlicher Nähe zu einander den Endabnehmern angeboten und weisen insoweit enge wirtschaftliche Berührungspunkte auf.

Der Anschlußbeschwerde der Widersprechenden ist somit stattzugeben.

Kosten werden nicht auferlegt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Werner Dr. Hacker Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)5-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 07.08.2001
Az: 24 W (pat) 5/00


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