Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 8. Oktober 2008
Aktenzeichen: 3 U 15/08

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 08.10.2008, Az.: 3 U 15/08)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.12.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder - 14 O 504/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz aus einem mittlerweile beendeten Mandatsverhältnis über eine gegen sie angestrengte Räumung sowie ein gescheitertes notarielles Vermittlungsverfahren nach dem SachRBerG. Sie hat ursprünglich mit der beim Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage einen behaupteten Schaden von 160.880,00 € geltend gemacht.

Die Klägerin und ihr Ehemann mieteten mit Mietvertrag vom 18.01.1981 sowie weiterem Mietvertrag vom 02.11.1984 von der VEB Gebäudewirtschaft die Räumlichkeiten in der €-Straße 18 in F., wobei ein Mietzins von 80,16 M/DDR monatlich vereinbart wurde. Wegen der Einzelheiten der Mietverträge wird auf Blatt 185 bis Blatt 190 d. A. verwiesen. In der Zeit bis zur Wende stellte die Klägerin mehrere Anträge zum Erwerb des von ihr bewohnten Hauses, wobei diese allesamt abschlägig beschieden wurden. Aufgrund einer Einigung mit ihrem Ehemann am 25.05.1989 im Scheidungsverfahren vor dem Kreisgericht Strausberg wurde ihr das oben bezeichnete Haus zur alleinigen Nutzung zugewiesen (Blatt 670 bis 671 d. A.).

Unter dem 24.09.1990 schloss die Klägerin mit der Gemeinde F. einen notariellen Grundstückskaufvertrag über das oben bezeichnete Grundstück. Dieser Vertrag wurde grundbuchlich nicht vollzogen. Wegen der Einzelheiten dieses Kaufvertrages wird auf Blatt 189 und 190 d. A. verwiesen. Mit Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 05.01.1998 erfolgte die Rückübertragung des Grundstücks auf den Eigentümer K. Ko. (Blatt 581 bis 585 d. A.). Mit einem weiteren Bescheid vom 29.03.2000 (Blatt 576 bis 580 d. A.) wies das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den Widerspruch der Klägerin gegen den vorgenannten Bescheid als unzulässig zurück. Mit Schreiben vom 05.01.2001 teilte die Klägerin dem Eigentümer mit, dass sie das Grundstück käuflich erwerben möchte und sie sich bewusst sei, dass sie sich in einem Mietverhältnis befinde (Blatt 45 d. A.). Mit Schreiben vom 15.02.2001 mahnte der Eigentümer die Klägerin wegen der gewerblichen Nutzung des Grundstücks ab und forderte sie auf, den rückständigen Mietzins bis zum 01.03.2001 zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 60 und 61 d. A. verwiesen.

Am 21.02.2001 suchte die Klägerin den Beklagten in seinen Kanzleiräumen auf und ließ sich wegen ihrer möglichen Ansprüche nach dem SachRBerG beraten. Mit Schreiben vom 23.04.2001 kündigte der Eigentümer wegen des Zahlungsverzuges sowie vertragswidrigen Gebrauches und der unbefugten Überlassung des Mietobjektes an Dritte das Mietverhältnis mit der Klägerin fristlos. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 58 und 59 d. A. verwiesen. Mit Schreiben vom 27.04.2001 übersandte die Klägerin dem Beklagten das Kündigungsschreiben und forderte ihn auf, die Angelegenheit für sie zu klären.

In dem Schreiben heißt es unter anderem wörtlich:

€Weiterhin ist es eine regelrechte Lüge des Alteigentümers, dass ich mit Herrn J. G. einen Omnibusbetrieb, ein Reisebüro und einen Transportservice auf dem Wohngrundstück betreibe. Es befindet sich weder auf dem Grundstück, noch in den Wohnräumen eine solche Firma. ...

Bei dem Besuch des Alteigentümers hat dieser sich in keiner Weise davon überzeugt, ob in dem Haus Gewerbe angesiedelt sind und sich hier ein Reisebüro o.ä. befindet. ...

Es gibt hier weder Gewerberäume, noch andere für ein solches Gewerbe notwendigen Räumlichkeiten. ...

Die Wohnung wird ... ausschließlich von meiner Familie und mir zu Wohnzwecken genutzt.

Ich habe mir lediglich in den Kellerräumen ein privates Arbeitszimmer eingerichtet. ...€

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 51 d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 30.04.2001 widersprach der Beklagte im Namen der Klägerin der Kündigung durch den Eigentümer und wies diesen auf vermeintliche Ansprüche nach dem SachRBerG hin. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 24 d. Beiakte verwiesen. Mit seiner beim Amtsgericht Strausberg eingereichten Klage vom 11.06.2001 verlangte der Eigentümer von der Klägerin wegen des Zahlungsverzuges und der vertragswidrigen Nutzung die Räumung und Herausgabe des Grundstücks sowie rückständigen Mietzins, woraufhin diese den Beklagten mit Schreiben vom 26.09.2001 mit der Prozessführung beauftragte. Mit Schreiben vom 05.10.2001 teilte das Amtsgericht der Klägerin mit, dass dem Beklagten, den sie beauftragt habe, die Zulassung entzogen worden sei. Unter dem 30.10.2001 fertigte der amtlich bestellte Vertreter des Beklagten, Herr Rechtsanwalt Dr. M., die Klageerwiderung für die Klägerin im Räumungsverfahren (Blatt 20 bis 23 d. Beiakte). Unter dem 27.12.2001 stellte der Beklagte für die Klägerin einen Antrag auf Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens bei der Notarin N. (Blatt 71 bis 74 d. A.). Mit Schreiben vom 07.02.2002 teilte der Beklagte dem Amtsgericht mit, dass die vorläufige Entziehung seiner Zulassung aufgehoben worden sei (Blatt 76 d. A.). Das Amtsgericht Straußberg verurteilte die Klägerin mit Urteil vom 10.04.2001 zur Räumung und Herausgabe sowie Zahlung des rückständigen Mietzinses (Blatt 53 bis 56 d. Beiakte). Mit Schreiben vom 06.05.2002 beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der Einlegung der Berufung, welche mit Schriftsatz vom 30.05.2002 beim Landgericht Frankfurt/Oder erfolgte. Am 07.06.2002 entzog die Klägerin dem Beklagten das Mandat (Blatt 116 d. A.). Nachfolgend mandatierte die Klägerin Herrn Rechtsanwalt P. mit der weiteren Durchführung der Berufung. Mit Schreiben vom 03.07.2002 forderte die Klägerin den Beklagten zur Übersendung der Unterlagen aus dem Mandatsverhältnis auf. Es folgten von ihr noch weitere Schreiben vom 11.07.2002, 12.07.2002 sowie 26.07.2002, mit denen sie ihn abermals zur Herausgabe der Unterlagen aufforderte, bis ihr der Beklagte die Unterlagen im August 2002 übergab. Mit Erklärung vom 20.09.2002 bestätigte der Beklagte der Klägerin gegenüber, dass er sämtliche Unterlagen für das notarielle Vermittlungsverfahren von ihr erhalten habe. Mit Beschluss vom 29.10.2002 wies die Notarin N. den Antrag auf Durchführung des notariellen Vermittlungsverfahrens wegen unzureichender Unterlagen zurück (Blatt 839 und 840 d. A). Das Landgericht Frankfurt (Oder) wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Straußberg am 05.11.2002 zurück. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.02.2003 stellte die Klägerin einen Antrag auf Vollstreckungsschutz, wobei sie in der Begründung auf die umfassende teilgewerbliche Nutzung für die Versicherungsagentur sowie den Omnibusbetrieb verwies. Wegen der Einzelheiten des Antrages wird auf Blatt 689 bis Blatt 691R d. A. Bezug genommen. Mit einem weiteren Schreiben vom 19.02.2003 teilte der Beklagte der Klägerin abermals mit, dass sie ihm alle notariellen Unterlagen zur Verfügung gestellt habe (Blatt 129 d. A.). Die Klägerin machte mit anwaltlichem Schreiben vom 15.08.2003 Regressansprüche bei der V. Versicherung, bei der sie beschäftigt und der Beklagte haftpflichtversichert sind, geltend (Blatt 770 d. A.). In einem persönlichen Schreiben an die V. Versicherung vom 10.11.2001 teilte die Klägerin dieser mit, dass durch die Fehler des Beklagten ihre ganze wirtschaftliche Existenz vernichtet worden sei. Ihre Gewerberäume hätten sich in dem Haus befunden, welche sie aufgrund der vorgenannten Fehler des Beklagten habe räumen müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 570 und 571 d. A. verwiesen. Mit Schreiben vom 12.02.2004 lehnte die V. Versicherung gegenüber der Klägerin die Zahlung von Schadensersatz ab (Blatt 632 d. A.). Mit Schreiben vom 15.02.2004 teilte die Klägerin der V. Versicherung mit, dass in dem Haus lediglich ein häusliches Arbeitszimmer für ihre Versicherungstätigkeit eingerichtet gewesen sei (Blatt 633 und 634 d. A.). Mit einem weiteren anwaltlichen Schreiben vom 14.10.2004 machte die Klägerin abermals Ansprüche gegenüber der V. Versicherung geltend (Blatt 636 d. A.). Mit Schreiben vom 04.03.2005 lehnte die V. Versicherung die Ansprüche der Klägerin abermals ab (Blatt 649 d. A.). In der Folgezeit führte sie mit dem für sie zuständigen Bezirksdirektor, Herrn Ka., sowie mit den mit der Regressabwicklung betrauten Mitarbeitern der V. Versicherung, Herrn L. sowie Frau W., mehrere Gespräche und tauschte mit ihnen E-Mails aus, wobei eine mögliche Zahlung von Schadensersatz erörtert wurde. Der Inhalt der letzten Gespräche, die die Klägerin mit den Mitarbeitern der V. Versicherung führte, ist streitig. Mit Schreiben vom 24.05.2005 teilte die V. Versicherung der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit, dass man sich geeinigt und der Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.000,00 € überwiesen habe. Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 30.05.2005 der Auffassung der Klägerin, dass ein Vergleich zustande gekommen sei.

Weiter führte sie in dem Schreiben aus:

€... bis heute sind wir nicht in der Lage, unsere gewerbliche Tätigkeit wieder zu 100 % auszuüben, ... für den Omnibusbetrieb haben wir bis heute noch keine Kfz-Stellflächen ...€

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Blatt 663 d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 13.06.2005 lehnte die V. Versicherung unter Hinweis auf die von ihr behauptete Einigung weitere Zahlungen ab (Blatt 566 d. A.).

Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Ansprüche der Klägerin zwar nicht verjährt seien. Die Beweisaufnahme habe aber ergeben, dass die Ansprüche der Klägerin zum Räumungsprozess durch den Vergleich der Parteien mit der Zahlung des Betrages von 12.000,00 € abgegolten worden seien. Die Zeugen hätten zumindest übereinstimmend ausgesagt, dass aufgrund dieses Schreibens ein Vergleich zustande gekommen sei, woraufhin die Haftpflichtversicherung den oben genannten Betrag gezahlt habe. Die Voraussetzungen für die Vernehmung der Klägerin gem. § 448 ZPO hätten nicht vorgelegen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten aus dem Mandatsverhältnis habe nicht vorgelegen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er ihr zu einer Einstellung der Mietzahlungen geraten habe. Eine rechtzeitige Aufklärung im Hinblick auf die Vorschrift des § 554 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt der Auftragserteilung vom 26.09.2001 sei nicht mehr möglich gewesen. Der Beklagte habe auch von einer Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit gem. § 148 ZPO ausgehen dürfen. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter anwaltlicher Vertretung im Vermittlungsverfahren vor der Notarin zu. Sie habe nach Zurückweisung des Antrages weder ein Rechtsmittel eingelegt, noch ein neues Verfahren - was grundsätzlich möglich gewesen sei - angestrengt.

Das landgerichtliche Urteil, auf das im Übrigen wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen Bezug genommen wird, ist der Klägerin am 07.01.2008 zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellt worden. Die Klägerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz am 06.02.2008 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.04.2008 mit weiterem Schriftsatz die Berufung am 04.04.2008 begründet. Die Klägerin ficht das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens in Höhe eines Teilbetrages von 37.372,07 € an und nimmt es im Übrigen hin.

Sie verfolgt in der Berufungsinstanz die nachfolgenden Schadenspositionen abzüglich des von der V. Versicherung gezahlten Betrages von 12.000,00 € weiter:

1. Kosten des Räumungsverfahrens 965,06 € (Blatt 29 d. A.),2. Kosten der Zwangsräumung 735,98 € (Blatt 30 d. A.),3. Kosten des notariellen Vermittlungsverfahren 1.250,70 € (Blatt 31 d. A.),4. Kosten des Umzugs46.265,33 € (Blatt 32 bis 40 d. A.),5. Rechtsanwaltskosten 153,00 € (Blatt 41 d. A.).Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie insbesondere vor:

Ein Vergleich zwischen ihr und der Haftpflichtversicherung des Beklagten über ihre Ansprüche sei nicht zustande gekommen. Die Zeugin W. habe mit ihr keine Vergleichsgespräche geführt. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft sie, die Klägerin, nicht gemäß § 448 ZPO vernommen oder gemäß § 141 ZPO angehört. Der Vergleichsbetrag von 12.000,00 € sei von den Zeugen ihr gegenüber nie genannt worden. Auch der Zeuge Ka. habe nicht bekunden können, ob sie mit einem Vergleich einverstanden gewesen sei. Er habe lediglich Schlussfolgerungen geäußert. Zudem seien die Aussagen der übrigen Zeugen widersprüchlich. Sie habe unter Beweis gestellt, dass der Beklagte ihr im Gespräch am 21.02.2001 empfohlen habe, keinen Mietzins zu zahlen. Der Beklagte hätte konkrete Angaben dazu machen müssen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie sie hierauf reagiert habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das am 12.12.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder (Az.: 14 O 504/05) teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 37.372,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.03.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung.

Er trägt weiter vor:

Der Vergleichsabschluss und die Zahlung des Betrages hätten sich auf sämtliche Ansprüche der Klägerin bezogen. Die Zahlung sei lediglich aus Kulanz erbracht worden. Die Klägerin habe schon vor der behaupteten Auskunft keinerlei Miete mehr entrichtet. Es treffe nicht zu, dass sie aufgrund seines Rates die Zahlungen eingestellt habe. Der Vertretungsauftrag durch die Klägerin stamme erst vom 26.09.2001. Zudem habe es auch eine Einigung mit dem Alteigentümer wegen der Nichtzahlung der Miete gegeben. In dem Räumungsverfahren seien sich die Parteien über die Aussetzung des Verfahrens einig gewesen. Überraschenderweise habe das Amtsgericht Straußberg dem nicht entsprochen. Der Beklagte hält die Einrede der Verjährung weiterhin aufrecht.

Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2008 angehört. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf Blatt 1058 bis 1059 d. A. verwiesen. Der Senat hat die Sachakte 10 C 620/01 (Amtsgericht Straußberg) beigezogen.

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig (§§ 517 ff. ZPO).

Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB aufgrund anwaltlicher Falschberatung zur fristlosen Kündigung zu.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es nicht auf die Frage an, ob die Klägerin mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten einen außergerichtlichen Vergleich in Höhe von 12.000,00 € geschlossen hat, weil die Pflichtverstöße des Beklagten aus dem Anwaltsvertrag schon keinen zurechenbaren Schaden verursacht haben.

Zwischen den Parteien ist ein Anwaltsvertrag über die Beratung zum Mietverhältnis und der Kündigung des Vermieters der Klägerin zustande gekommen.

Die Beauftragung erfolgte nicht schon anlässlich des Beratungstermins am 21.02.2001. Der an diesem Tag geschlossene Anwaltsvertrag umfasste lediglich die Beratung der Klägerin über ihre möglichen Ansprüche nach dem SachRBerG. Auch ein Anwaltsvertrag kommt durch Angebot und Annahme gemäß den §§ 140 ff. BGB zustande. Um die Beteiligten von ungewollten Haftungs- oder Gebührenrisiken zu schützen, kann ein stillschweigend geschlossener Anwaltsvertrag nicht ohne weiteres angenommen werden (Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee Rdnr. 12). Die Annahme eines Vertragsschlusses durch schlüssiges Verhalten ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Beteiligten von dem anderen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eindeutig und zweifelsfrei als eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrages gerichtete Willenserklärung aufzufassen ist (BGH NJW 2004, 3630, 3631). Die Klägerin trägt in diesem Zusammenhang lediglich vor, dass der Beklagte sie anlässlich des Beratungstermins zu einem notariellen Vermittlungsverfahren dahingehend falsch beraten habe, dass er zur Nichtzahlung der Miete geraten habe. Die von der Klägerin behauptete beiläufige Äußerung des Beklagten, im Rahmen der Beratung in anderer Sache ist für die Annahme eines Vertragsschlusses nicht ausreichend. Zwar hat der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem ein Mandant seinem bereits beauftragten Rechtsanwalt beiläufig eine neue Sache angetragen und hierzu Unterlagen überlassen hat, den konkludenten Abschluss eines Anwaltsvertrages angenommen (BGH NJW 1988, 2880, 2881). In dem Fall lag es allerdings so, dass der Rechtsanwalt eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, ein Schreiben entworfen und dem Mandanten vorgeschlagen hatte, dieses Schreiben an die Gegenseite zu versenden. Das trifft hier nicht zu. Vielmehr kann selbst nach dem Vortrag der Klägerin davon ausgegangen werden, dass es sich um eine bloße Gefälligkeit gehandelt hat. Die Klägerin führt in ihrem Schriftsatz vom 02.10.2006 aus, sie habe in dem Gespräch geäußert, sie sei nicht bereit, eine Miete zu zahlen, und der Beklagte habe sie in ihrer Rechtsauffassung bestärkt (Blatt 597 d. A.). Zudem spricht der von den Parteien festgelegte Umfang der von der Klägerin unterschriebenen Vollmacht (€Restitution€, Blatt 567 d. A.) gegen ein erweitertes Mandat. Das von der Klägerin selbst gefertigte Schreiben vom 27.04.2001 stellt lediglich ein nicht tragfähiges schwaches Indiz dar. Weitere Umstände, die für eine Beauftragung zu diesem Zeitpunkt sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für ein am 21.02.2001 bestehendes unbeschränktes Mandat zur Klärung aller Rechtsfragen oder für ein Dauermandat liegen nicht vor.

Allerdings erfolgte der Abschluss des anwaltlichen Beratungsvertrages zur Kündigung des Mietverhältnisses nicht erst im September 2001, sondern schon Ende April 2001. Die Klägerin gab mit ihrem Schreiben vom 27.04.2001 ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages für die vom Eigentümer ausgesprochene Kündigung ab. In dem Schreiben bittet die Klägerin den Beklagten, für sie in dieser Sache tätig zu werden. Dieses Angebot hat der Beklagte zumindest stillschweigend angenommen, und er ist für die Klägerin tätig geworden. Er hat nach seinem eigenen Vortrag mit Schreiben vom 30.04.2001 im Namen der Klägerin der Kündigung widersprochen. Dieser Anwaltsvertrag ist mit weiterem Schreiben der Klägerin vom 26.09.2001 auf die Prozessführung in dieser Sache erweitert worden.

Der Beklagte hat seine Pflichten aus diesem Vertrag in mehrfacher Hinsicht verletzt.

Dazu im Einzelnen:

Der Rechtsanwalt hat im Rahmen seines Auftrags seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend zu belehren. Er muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Mandanten erstrebten Erfolg herbeizuführen, und ist dies der Fall, so hat der Anwalt seinem Auftraggeber diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dafür hat der Anwalt den sichersten Weg vorzuschlagen. Vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen muss der Anwalt den Mandanten bewahren. Damit dieser eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, hat der Anwalt ihn über Risiken und deren abschätzbares Ausmaß aufzuklären. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sach- oder Rechtslage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen, und mit seinem Auftraggeber erörtern (BGH NJW 1988, 563, 566).

Die von dem Beklagten im Rahmen der Beauftragung durch die Klägerin zur Kündigung Ende April 2001 entfaltete Tätigkeit war unzureichend. Er hat lediglich das inhaltslose Widerspruchsschreiben vom 30.04.2001 (Blatt 24 d. Beiakte), in dem er sich auf nicht näher dargelegte Ansprüche der Klägerin nach dem SachRBerG berief, den Verfahrensbevollmächtigten des Eigentümers übersandt, ohne die Klägerin weiter zu der Kündigung und deren Folgen zu beraten. Weder lässt sich dem Vortrag des Beklagten entnehmen, noch ist sonst ersichtlich, dass der Beklagte die Klägerin € was aber für eine angemessene Erfüllung des Anwaltsvertrages erforderlich gewesen wäre € darauf hingewiesen hat, dass die Wirkungen der Kündigung, soweit es den Zahlungsverzug betrifft, gem. § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. dann entfallen, wenn die rückständige Miete innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtshängigkeit vollständig gezahlt wird. Der Beklagte hätte in diesem Zusammenhang auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass er bis zum Prozessbeginn im Rahmen eines Räumungsverfahrens Zeit hatte, die Mandantin hierüber aufzuklären. Vielmehr hätte es in Anbetracht der äußerst niedrigen Miete von nicht einmal 50,00 € nahe gelegen, die Beträge zumindest unter Vorbehalt zu zahlen. Dies wäre nach sorgfältiger Überlegung der für die Klägerin unter Berücksichtigung der dem Beklagten bekannten Umstände der sicherste Weg gewesen, zumal bei fortgesetzter Nichtzahlung weitere Kündigungen gedroht hätten. Keinesfalls konnte er sich darauf verlassen, dass die Klägerin möglicherweise Ansprüche nach dem SachRBerG gegenüber dem kündigenden Eigentümer hat.

Bei der Beurteilung des Umfangs seiner Grundpflichten aus dem Anwaltsvertrag war zunächst nicht zu berücksichtigen, dass der Vermieter auch wegen der von der Klägerin abgestrittenen gewerblichen Nutzung ebenfalls fristlos gekündigt hat. Denn der Beklagte konnte aufgrund der ihm in dem Schreiben der Klägerin vom 27.04.2001 erteilten Informationen seinen Erwägungen zugrunde legen, dass diese ein Arbeitszimmer im Haus eingerichtet und das Grundstück im Übrigen nicht gewerblich, sondern lediglich zu Wohnzwecken genutzt hatte. Für einen Rechtsanwalt besteht zwar grundsätzlich die Verpflichtung, zunächst den Sachverhalt, den er beurteilen soll, genau zu klären (BGH VersR 1960, 911; VersR 1985, 363). Allerdings darf ein Anwalt grundsätzlich auf die Richtigkeit von Informationen tatsächlicher Art vertrauen. Er ist nicht verpflichtet, eigene Ermittlungen und Prüfungen darüber anzustellen, ob diese richtig sind (BGH VersR 1983, 659; VersR 1985, 363). Es bestand für den Beklagten kein Grund zu der Annahme, dass die Angaben der Klägerin über die Nutzung des Hauses nicht der Wahrheit entsprachen. Eine Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts in diese Richtung bestand zu Lasten des Beklagten nicht. Weder aus dem Vorgespräch im Februar 2001 noch aus evtl. vorangegangenen Schreiben ergeben sich Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Sachverhalt. Anders wäre dies zu beurteilen gewesen, wenn die Klägerin in ihrem Schreiben vom 27.04.2001 geäußert hätte, sie sei zu einer gewerblichen Nutzung berechtigt. Dann wäre er verpflichtet gewesen, weiter aufzuklären. Der Anwalt muss in einem solchen Fall damit rechnen, dass der Mandant derartige Beurteilungen nicht allein vornehmen kann, weil ihm entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen fehlen.

Der Beklagte hat ebenfalls die im Rahmen der Prozessführung bestehenden Anwaltspflichten schuldhaft schlecht erfüllt. Dabei muss er sich das Fehlverhalten des amtlich bestellten Vertreters Dr. M. gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Der nach § 53 BRAO amtlich bestellte Vertreter ist Erfüllungsgehilfe (RGZ 163, 377; OLG Frankfurt VersR 1987, 1221). Der amtlich bestellte Vertreter hätte die Klägerin ebenfalls auf die Vorschrift des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB innerhalb der dort vorgegebenen Frist hinweisen müssen, was er erkennbar nicht getan hat. Auch der allgemeine Hinweis des Beklagten nach Wiedererlangung der Zulassung in seinem Schriftsatz vom 07.02.2002, dass das notarielle Vermittlungsverfahren von ihm eingeleitet worden sei, genügt nicht den Anforderungen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht. Vielmehr war der Beklagte gehalten, das Vorbringen der Klägerin in der von Rechtsanwalt Dr. M. gefertigten Klageerwiderung zu prüfen und gegebenenfalls nachzubessern, insbesondere im Hinblick auf die erst in zweiter Instanz erhobene Hilfsaufrechnung. Ebenso stellt es eine Pflichtverletzung dar, darauf zu vertrauen, dass das Verfahren von dem Amtsgericht Straußberg nach § 148 ZPO wegen des eingeleiteten notariellen Vermittlungsverfahren ausgesetzt werde, zumal der dortige Kläger in seinem Schriftsatz vom 06.12.2001 (Blatt 32 d. Beiakte) eine Aussetzung ausdrücklich ablehnte.

Diese Pflichtverletzungen führen jedoch rechtlich zu keinem zurechenbaren Schaden. Denn dem Eigentümer stand nach der fristlosen Kündigung vom 27.04.2001 gegen die Klägerin ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe wegen der vertragswidrigen gewerblichen Nutzung zu. Eine pflichtgemäße umfassende Belehrung der Klägerin durch den Beklagten hätte ihre durch die Kündigung beeinträchtigte Vermögens- und Prozesssituation nicht verbessert.

Dazu im Einzelnen:

Es ist zunächst darauf abzustellen, wie das erkennende Gericht des Ausgangsprozesses - das Landgericht Frankfurt (Oder) - bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten richtigerweise entschieden hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, ist für die hypothetische Betrachtung, ob eine Prozesspartei einen Rechtsstreit bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte, maßgebend, wie der Vorprozess nach Auffassung des Gerichts, das mit dem gegen den Rechtsanwalt gerichteten Schadensersatzanspruch befasst ist, richtig hätte entschieden werden müssen (BGH NJW 2001, 146; 2005, 3071).

Bei der Beurteilung dieser Frage ist es unerheblich, dass das Landgericht Frankfurt (Oder) bei der Entscheidung allein auf den Kündigungsgrund des Zahlungsverzuges abgestellt und die Frage der gewerblichen Nutzung offen gelassen hat.

Zu Recht hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Berufung der Klägerin gegen die Verurteilung durch das Amtsgericht Straußberg zur Räumung und Herausgabe sowie Zahlung zurückgewiesen.

Auf die nicht durchgeführte Beweisaufnahme über die behauptete Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Eigentümer am 03.02.2001 und damit auf einen Fehler des Gerichts kann sich der Beklagte allerdings nicht berufen. In dem Räumungsverfahren ist von der Klägerin als Beweismittel lediglich die Parteivernehmung des Gegners beantragt worden. Im Hinblick auf das Bestreiten des Eigentümers in dem Räumungsverfahren durfte der Beklagte nicht auf einen Ausgang der Beweisaufnahme zu Gunsten der Klägerin vertrauen. Im Übrigen wäre er als Anwalt verpflichtet gewesen, möglichen Fehlern des Gerichts wie der unterbliebenen Beweisaufnahme entgegenzuwirken. Dass er dies getan hat, kann seinem Sachvortrag nicht entnommen werden.

Vielmehr war nach der materiellen Rechtslage die von dem Eigentümer ausgesprochene fristlose Kündigung des Mietverhältnisses auch wegen der vertragswidrigen gewerblichen Nutzung des Grundstücks zum Betrieb eines Busunternehmens und einer Versicherungsagentur wirksam. Die Voraussetzungen für eine Kündigung waren gegeben. Der Hauseigentümer hat die Klägerin mit Schreiben vom 15.02.2001 wegen des oben bezeichneten vertragswidrigen Gebrauches abgemahnt und die Klägerin hat diese dennoch fortgesetzt. Zwar bestreitet sie die gewerbliche Nutzung des Grundstücks. Ihr Vortrag in diesem Zusammenhang, sie habe nur ein Arbeitszimmer im Keller gehabt, ist in mehrfacher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Für eine gewerbliche Nutzung sprechen schon aufgrund des eigenen Vortrags und der hierzu beigefügten Anlagen gewichtige Umstände, die die Klägerin auch nach der Anhörung vor dem Senat durch weitere Angaben nicht entkräftet hat.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der von dem Beklagten vorgelegte Telefoneintrag des Lebensgefährten der Klägerin (Blatt 62 d. A.) und seine Visitenkarte (Blatt 569 d. A.) zum Zeitpunkt der Kündigung € wie die Klägerin behauptet € schon veraltet waren. Entscheidend ist vielmehr, dass sie gegenüber der Haftpflichtversicherung des Beklagten in ihren Schreiben vom 10.03.2003 (Blatt 570 d. A.) und vom 30.05.2005 (Blatt 663 d. A.) nicht nur angegeben hat, dass sie auf dem Grundstück ein Gewerbe betreibt. Sie hat darüber hinaus auch ausgeführt, dass sie aufgrund der Räumung ihr Gewerbe nicht mehr zu 100 % ausüben könne und für den Omnibusbetrieb bis heute noch keine Kfz-Stellflächen habe. Erst als die Versicherung in ihrem Antwortschreiben vom 12.02.2004 (Blatt 632 d. A.) die Klägerin darauf aufmerksam machte, dass die gewerbliche Nutzung einen vertragswidrigen Gebrauch darstelle, hat sie dieser mitgeteilt, dass sie lediglich ein Zimmer als Arbeitszimmer nutze. Im Vollstreckungsschutzantrag vom 04.02.2003 (Blatt 689 d. A.) hat sie € im Widerspruch zu dieser Angabe € ebenfalls detailreich angegeben, inwieweit sie das Grundstück gewerblich nutzt. Sie führt in diesem Antrag aus, dass sie für ca. 20.000,00 € den Ausbau der Kellerräume zu Arbeitszimmern vorgenommen habe und die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit keine separate Anmietung von Büroräumen gestatten würden. Weiter begründete sie ihren Einstellungsantrag damit, dass insbesondere in den Winter- und Sommermonaten sämtliche Vorräte aus den Bussen nach Fahrtende herausgeräumt werden müssten, um ein Einfrieren oder Verderben zu vermeiden. Hierfür sei ein separater Lagerraum mit entsprechender Strom- und Wasserversorgung, der sich auf dem Grundstück befinde, unumgänglich. Der Ablauf im Omnibusbetrieb wäre bei einer Räumung völlig gestört. Auch aus dem Widerspruchsbescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29.03.2000 (Blatt 575 d. A.) ergibt sich, dass die Klägerin in dem dortigen Verfahren angegeben hat, dass sie umfangreiche Investitionen vorgenommen habe, insbesondere für ihr Gewerbe (Blatt 577R d. A.). Zudem hat die Klägerin nicht nur gegenüber der Versicherung Räumungsschäden, die im Zusammenhang mit ihrem Gewerbe stehen, geltend gemacht (vgl. Schreiben vom 14.10.2004, Blatt 636; und vom 21.04.2005, Blatt 657), sondern diese Schadenspositionen auch in dem vorliegenden Prozess verlangt. Sie begehrt unter anderem entstandene Mehrkosten für Lagerräume mit einer Gesamtfläche von 137 m 2 von insgesamt 8.460,00 € sowie die Kosten für die Gewerbeummeldung, insbesondere behauptete erhöhte Telefonkosten von 7.859,73 € für eine Rufumleitung, Ummeldung für zwei Kleinbusse, neue Stempel, den Aufwand von 16 Arbeitsstunden für die Änderung der Geschäftsbriefe, Rechnungs- und Angebotskopfbögen und Faxvorlagen sowie die Postummeldung für das Gewerbe. Wäre tatsächlich nur ein Arbeitszimmer - wie von der Klägerin behauptet - vorhanden gewesen, ist nicht erklärlich, weshalb Lagerräume mit einer Gesamtgröße von 137 m 2 hätten angemietet werden müssen. Gleiches gilt auch für die behaupteten erheblichen Mehraufwendungen für Telefon. Auch ist nicht nachvollziehbar, weshalb sie Kosten für die Änderung ihrer Geschäftsbriefe beansprucht, wenn sie ihr Gewerbe dort nicht betreibt. Der Umfang dieser Schadenspositionen ist bei Einrichtung eines einzelnen Zimmers als Arbeitszimmer nicht verständlich. Weitreichenden Zweifeln begegnen auch die Angaben der Klägerin vor dem Senat, ihr Lebensgefährte J. G. habe sein Gewerbe schon am 30.05.2000 abgemeldet. Wäre dies so gewesen, ist unverständlich, wieso die Empfangsbescheinigung der entgegennehmenden Gemeinde P. das Datum 05.06.2001 aufweist. Die Klägerin konnte dem Senat den Widerspruch trotz nachdrücklicher Befragung nicht erklären.

Die Kündigung durch den Hauseigentümer und das anschließende Räumungsverfahren wären auch dann erfolgreich gewesen, wenn die Klägerin den rückständigen Mietzins € bei unterstellter richtiger anwaltlicher Beratung durch den Beklagten zu dem von ihr unterbreiteten Sachverhalt € gezahlt hätte, weil nur bei alleinigem Zahlungsverzug bei rechtzeitiger Nachzahlung der offenen Mieten die Kündigung unwirksam geworden wäre. Die Hilfsaufrechnung, die in dem Räumungsprozess in erster Instanz nicht geltend gemacht worden ist, spielt in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Rolle. Auch sie hätte lediglich den Zahlungsanspruch beseitigt, nicht aber die Folgen der Kündigung wegen des vertragswidrigen Gebrauchs.

Auf die unstreitig verspätete Rückgabe der Unterlagen durch den Beklagten an die Klägerin unmittelbar 2 Tage vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist kann sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Die verspätete Rückgabe von Unterlagen stellt zwar eine Pflichtverletzung im Rahmen des Anwaltsvertrages dar. Jedoch war die verspätete Rückgabe der Unterlagen nicht ursächlich für den von ihr geltend gemachten Schaden.

Ob der Beklagte das notarielle Vermittlungsverfahren, für das er beauftragt worden war, verspätet eingeleitet hat, kann dahingestellt bleiben. Allein das Betreiben des notariellen Vermittlungsverfahrens lässt die Wirkungen der Kündigung nicht entfallen und führt im Übrigen auch nicht zu einem Recht zum Besitz. Schließlich hat die Klägerin nicht ausreichend dargetan, dass sie bei Durchführung des notariellen Vermittlungsverfahrens ihre behaupteten Rechte so rechtzeitig durchgesetzt hätte, dass sie von dem Eigentümer die Wiedereinräumung des Besitzes hätte verlangen können.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des vermeintlichen schlecht geführten notariellen Vermittlungsverfahrens von 1.854,31 €.

Unstreitig ist zwischen den Parteien - wie schon oben ausgeführt - hierzu ein Anwaltsvertrag zustande gekommen. Für die Durchführung des notariellen Vermittlungsverfahrens hat die Klägerin dem Beklagten einen Ordner überlassen. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang bestreitet, dass der Ordner vollständig gewesen ist, kann er damit nicht gehört werden. Er hat in der Erklärung vom 20.09.2002 angegeben, dass er von der Klägerin sämtliche Unterlagen hierzu vollständig erhalten habe (Blatt 48 d. A.). Die Abgabe der Erklärung ist unstreitig. Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhalt der Erklärung auch richtig ist. Diese Vermutung wird durch den Vortrag des Beklagten auch nicht erschüttert. Zwar führt der Beklagte aus, dass er aus Gefälligkeit die Erklärung abgefasst habe, weil der Klägerin im Räumungsprozess Prozessbetrug vorgeworfen worden sei. Dem steht allerdings entgegen, dass der Beklagte unabhängig von der Aufforderung der Klägerin, eine entsprechende Erklärung abzugeben, in seinem zeitlich nachfolgenden Schreiben vom 19.02.2003 (Blatt 129 d. A.) ebenfalls angeführt hat, dass er sämtliche Unterlagen zur Durchführung des Verfahrens von der Klägerin erhalten habe, ohne dass dieser Erklärung ein entsprechender Anlass zugrunde lag. Die Aufforderung in seinem Schreiben vom 15.03.2001, ihm weitere Unterlagen für das Vermittlungsverfahren zu übersenden, ist substanzlos, da im einzelnen nicht aufgeführt wird, welche Unterlagen ihm zur Durchführung des Verfahrens fehlen, und er dies auch nicht weiter vorträgt.

Gleichwohl vermag der Senat eine Pflichtverletzung des Beklagten im Rahmen dieses Beratungsvertrages (Nichteinreichung der erforderlichen Unterlagen bei der Notarin) nicht zu erkennen, die zu dem von ihr geltend gemachten Schaden geführt hat. Zum Zeitpunkt der Übergabe der Unterlagen durch den Beklagten an die Klägerin im August 2003 war ihr Antrag auf Durchführung des notariellen Vermittlungsverfahrens noch nicht von der Notarin zurückgewiesen worden. Der Rechtsanwalt P. war zu dem Zeitpunkt mit der Durchführung des Verfahrens von der Klägerin betraut worden. Ausweislich seines Schreibens an die Klägerin vom 19.08.2002 (Blatt 857 d. A.) hatte dieser die von ihr nunmehr überreichten Unterlagen bei der Notarin eingereicht. Gleichwohl hat die Notarin den Antrag der Klägerin auf Durchführung des Vermittlungsverfahrens mit Beschluss vom 29.10.2002 (Blatt 839 d. A.) mit der Begründung zurückgewiesen, die erforderlichen Unterlagen seien trotz mehrfacher Aufforderung nicht eingereicht worden. Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Klägerin es unterlassen hat, gegen diesen Beschluss Rechtsmittel einzulegen. Das hätte sie aber tun müssen, um die weiteren Folgeschäden, die aus der Zurückweisung resultierten, zu vermeiden. Es ist nach dem Vortrag der Beklagten ebenfalls nicht erkennbar, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist. Allenfalls wäre ein Schadensersatzanspruch der Klägerin mit der Begründung, es habe ihr überhaupt kein Anspruch nach dem SachRBerG zugestanden, denkbar. In diesem Fall wäre die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens nicht angezeigt gewesen. Dies wird von der Klägerin jedoch noch nicht einmal hilfsweise vorgetragen. Insofern kann sie in diesem Zusammenhang auch nichts von dem Beklagten verlangen.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht unentschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen.

Den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat auf 37.372,07 € festgesetzt.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 08.10.2008
Az: 3 U 15/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b387c8929072/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_8-Oktober-2008_Az_3-U-15-08




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