Verwaltungsgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 26. März 2010
Aktenzeichen: 7 K 1496/09.F

(VG Frankfurt am Main: Urteil v. 26.03.2010, Az.: 7 K 1496/09.F)

Einem Informationsbegehren hinsichtlich der Veränderung der Meldeschwellen nach § 21 WpHG kann nicht der Ausschlussgrund gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG i. V. m. § 8 WpHG entgegengehalten werden, wenn der betreffende Emitent zwar seinen Sitz außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraum hat, gleichwohl aber dem Veröffentlichungspflichten gemäß § 26 WpHG durch Hinterlegung des jährlichen Dokuments gemä0 § 10 WpHG unterliegt, obgleich er diesen Pflichten nicht nachkommt. In diesem Fall wied die Verschwiegenheitspflicht nicht berührt, wenn Informationen i. S. d. § 21 WpHG bei der zuständigen Behörde vorhanden sind.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom08.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagtenvom 05.05.2009 rechtswidrig war, soweit der Klägerin der von ihrbegehrte Informationszugang verweigert wurde.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DieBeklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abwenden,wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höheleistet.

Die Berufung und die Revision werden zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt auf dem Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung, dass die mit der zunächst erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angegriffenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig seien, da die Klägerin als Aktionärin der an der Börse in Frankfurt am Main zum Handel zugelassenen Aktiengesellschaft Firma A. mit Sitz in nicht EU/EWR-Staat einen Anspruch auf Information hinsichtlich der Identität derjenigen natürlichen oder juristischen Person habe, welche die gesetzlich vorgesehenen Stimmrechtsschwellen durch Veränderung des auf sie entfallenden Aktienbesitzes an dieser AG über- oder unterschritten habe.

Mit Schreiben vom 05.05.2010 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz (im ff.:IFG) hinsichtlich der Überschreitung meldepflichtiger Beteiligungen nach § 21 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz (im ff.: WpHG) an der Aktiengesellschaft Firma A. (im ff.: Firma A.) seit dem 01.01.2007 durch einen Erwerber, der Firma B.. Weiterhin wurde um Auskunft gebeten, ob die Firma A. das jährliche Dokument nach § 10 Wertpapierprospektgesetz (im ff.:WpPG) für die Jahre 2006 und 2007 bei der Beklagten hinterlegt habe.

Mit Bescheid vom 10.09.2008 teilte die Beklagte mit, dass die Überschreitung der nach § 21 Abs. 1 WpHG meldepflichtigen Schwelle durch die Firma B. nicht mitgeteilt worden sei. Hinsichtlich weiterer Meldungen wurde mitgeteilt, dass nach § 21 WpHG meldepflichtige Beteiligungen an der Firma A. nicht existieren würden, da es sich bei der Firma A. nicht um einen Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland handele. Allerdings seien Stimmrechtmitteilungen von der A., Paris, Frankreich und Firma D., Paris, Frankreich, abgegeben worden, über die unterrichtet werde. Ferner habe eine weitere Person eine Stimmrechtsmitteilung abgegeben. Von dieser Person liege jedoch keine Zustimmung vor, die betreffenden Informationen weiterzugeben. Das jährliche Dokument nach § 10 WpHG habe die Firma A. weder für 2006 noch 2007 bei der Beklagten hinterlegt.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.09.2008 Widerspruch eingelegt, den sie damit begründete, dass die uneingeschränkte Auskunft über alle Beteiligungen an der Firma A., welche der Beklagten nach § 21 WpHG mitgeteilt worden seien, erteilt werden müsse. Das Auskunftsinteresse der Klägerin überwiege das Geheimhaltungsinteresse eines Aktionärs.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch auf Informationszugang vorliegend durch § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. 8 Abs.1 WpHG, namentlich wegen der zu beachtenden Verschwiegenheitspflichten nicht zu erteilen sei. Der Informationszugang sei ferner wegen der zu befürchteten nachteiligen Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten gemäß § 3 Nr. 1 d IFG nicht zu erteilen. Insbesondere sei der Geltungsbereich des § 8 Abs. 1 Satz 1 WpHG vorliegend einschlägig. Der Aktionär, der die Stimmrechtsmeldung abgegeben habe, habe zudem ein Geheimhaltungsinteresse nach § 8 Abs. 1 WpHG aufgrund des Schutzes personenbezogener Daten. Personenbezogene Daten seien nach § 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren juristischen Person. Die Über- oder Unterschreitung bestimmter Stimmrechtsschwellen stelle als Bezifferung einer konkreten Beteiligungshöhe eines Aktionärs eine Angabe über dessen wirtschaftliche Verhältnisse dar. Gleichermaßen verhalte es sich mit seiner Identität. Es handele sich folglich um personenbezogene Daten.

Dieses schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse des Aktionärs bestehe auch wegen des Umstandes, dass die Firma A. kein Inlandsemittent und daher nicht meldepflichtig nach § 21 Abs. 1 WpHG sei. § 2 Abs. 7 WpHG bestimme, dass Inlandsemittent sei, wer die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat habe. Dies sei bei der Firma A. nicht der Fall und eine Ausnahme liege nicht vor. Zwar könnten Emittenten aus Drittstaaten nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 b WpHG die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat haben, wenn die Wertpapiere auf einem Markt nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 c WpHG zugelassen seien und das jährliche Dokument nach § 10 Wertpapierprospektgesetz (im ff.: WpPG) zu hinterlegen sei. In richtlinienkonformer Auslegung des § 10 WpPG bestehe diese Pflicht nur für Emittenten, deren Herkunftsland die Bundesrepublik Deutschland sei. Ein Wahlrecht nach § 2 Nr 13 c WpPG stehe dagegen nur solchen Emittenten zu, die seit Inkrafttreten des WpPG einen Antrag auf Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt im Inland gestellt hätten. Die Firma A., die bereits vor dem Inkrafttreten des WpPG zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen gewesen sei, habe die Möglichkeit, in den Genuss der Übergangsbestimmung nach § 31 WpPG zu kommen, wie es die Bestimmungen in § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG vorsehe, nicht genutzt. Auch die Voraussetzungen des § 31 Abs.1 Satz 2 WpPG seien ersichtlich nicht erfüllt. Die Bundesrepublik Deutschland sei daher nicht der Herkunftsstaat; ein jährliches Dokument nach § 10 WpPG sei daher nicht zu hinterlegen.

Die Beklagte könne eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Klägerin und dem betroffenen Geheimhaltungsinteresse gemäß § 5 IFG nicht vornehmen, da der Informationszugang von dem absoluten Ausschlusstatbestand des § 3 IFG erfasst und eine Abwägung der gegensätzlichen Interessen nach § 8 Abs 1 WpHG nicht vorzunehmen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 04.06.2010 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten erstrebte, sie über alle Beteiligungen an der Firma A., welche der Beklagten gemäß § 21 WpHG mitgeteilt worden seien, zu unterrichten. Nach Klageerhebung und mit Schreiben vom 17.09.2009 teilte die Beklagte mit, dass diejenige Aktionärin, die bislang ihre Zustimmung zur Weitergabe der mit dem ursprünglichen Auskunftsschreiben begehrten Information nicht erteilt habe, ihre Zustimmung zur Weitergabe gegeben habe. Es wurde eine differenzierte Auskunft über die auf diese Aktionärin entfallenden € nach Auffassung der Beklagten nicht meldepflichtigen - Stimmrechtsveränderungen gemäß § 21 WpHG erteilt.

Die Klägerin verfolgt ihre Klage auf dem Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weiter, deren Zulässigkeit sie insbesondere aus der in der Rechtsauffassung der Beklagten begründeten Wiederholungsgefahr nicht rechtzeitiger Information bei künftigen Anfragen herleitet. Die Klägerin will in diesem Zusammenhang festgestellt wissen, dass die Beklagte zur Mitteilung der ihr bekanntgegebenen Beteiligungsquoten auch ohne die Zustimmung der Meldepflichtigen verpflichtet sei.

In der Sache führt sie aus, dass die Klägerin an der Firma A. als Aktionärin beteiligt sei. Die Firma A. sei eine Gesellschaft mit Sitz in nicht EU/EWR-Staat, deren Aktien ausschließlich im regulierten Markt an der Wertpapierbörse in Frankfurt am Main zum Handel zugelassen seien. Die Erstemission der Aktien der Firma A. habe im Februar 2000 stattgefunden. Auf ihrer Website habe die Firma A. ein jährliches Dokument im Sinne des § 10 WpPG für das Geschäftsjahr 2006 veröffentlicht.

Zum Rechtlichen führt die Klägerin aus, dass die Beklagte den Informationszugang nicht unter Verweis auf § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 8 Abs. 1 WpHG habe verweigern dürfen. Denn die Überschreitung der Meldeschwellen bei der Firma A. seien gemäß § 21 Abs 1 WpHG meldepflichtig und gemäß § 26 Abs. 1 WpHG veröffentlichungspflichtig gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich bei der Firma A. um einen Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland. Auf das Einverständnis der Aktionäre der Firma A. mit der Mitteilung komme es daher nicht an. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, welches dem Auskunftsinteresse der Klägerin entgegenstehen könnte, bestehe nicht.

Ausschlaggebend hierfür sei der Umstand, dass die Firma A. einzig und allein an dem regulierten Markt in der Bundesrepublik Deutschland zum Handel zugelassen sei. Insofern sei die Übergangsbestimmung in § 30 WpPG im Lichte der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 04.11.2003 (Prospektrichtlinie) und der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 15.12.2004 (Transparenzrichtlinie) auszulegen, die insbesondere mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG vom 15.12.2004 in das nationale Recht transformiert worden seien. Bei der Auslegung sei zu beachten, dass allein in der deutschen Übersetzung der Prospektrichtlinie in Art. 30 Abs. 1, welcher die sogenannten Altemittenten mit Sitz in einem Drittstaat betreffe, diese €die für sie zuständige Behörde wählen können und der zuständigen Behörde des von ihnen gewählten Herkunftsmitgliedsstaats ihre Entscheidung bis zum 31.12.2005 mitteilen€ könnten. Dagegen sähen die englische, französische, spanische und italienische Fassung der Prospektrichtlinie die aktivische Verbalform i.S.v. €bestimmen€ oder €werden bestimmen€ bzw. €werden wählen€ vor. Dies spreche überzeugend dafür, dass aus dem Wahlrecht eines Emittenten, der nur an einem geregelten Markt der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes zugelassen sei, eine Wahlpflicht werde, da nur auf diese Weise der Information der Marktteilnehmer, der Kontrolle der Emittenten und der Transparenz großer Kapitalbewegungen Genüge getan werden könne. Diese Merkmale träfen auf die Firma A. zu. Bei richtlinienkonformer Auslegung träfe sie Melde- und Informationspflichten, da sie unter den Anwendungsbereich des § 21 WpHG falle. Aus dem Verhalten der Firma A. ergebe sich zudem, dass sie stillschweigend die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsmitgliedsstaat gewählt habe, denn sie habe auf ihrer Website ein jährliches Dokument gemäß § 10 WpPG für das Jahr 2006 veröffentlicht.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 8.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5.9.2009 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als dem Auskunftsbegehren nicht stattgegeben wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist nach Erteilung der beantragten Auskunft der Fortsetzungsfeststellungsklage entgegengetreten und hält sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig.

Insbesondere sei eine Wiederholungsgefahr nicht hinreichend konkret glaubhaft gemacht worden. Es sei ungewiss, ob Meldeschwellen in Zukunft überschritten würden und ob der betreffende Aktionär eine Zustimmung zur Informationserteilung verweigern würde. Die Klägerin verkenne, dass eine Auskunftserteilung immer gesetzeskonform nach dem Informationsfreiheitsgesetz erfolge, sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen würden. Der Feststellungsantrag vermenge zudem die Frage, ob auf die Firma A. und ihre Aktionäre § 21 WpHG Anwendung finde mit spezifischen Fragen des Informationsfreiheitsgesetzes. Es sei zu beachten, dass bei der Anwendung des § 21 WpHG auf die Firma A. allerdings ein neuer Versagensgrund für den Informationsanspruch hervorgebracht würde. Überschreitungen oder Unterschreitungen nach § 21 WpHG seien nach § 26 WpHG zu veröffentlichen, so dass in diesem Falle jedenfalls § 9 Abs. 3 IFG greife. Dies mache deutlich, dass das Feststellungsinteresse der Klägerin primär auf die Klärung ziele, inwieweit die Firma A. dem Regime des § 21 WpHG unterfalle. Hinsichtlich eines solchen Interesses sei der Antrag der Klägerin aber nicht zulässig, da ein individueller subjektiver Anspruch, der mit den betreffenden Regelungen im WpHG und WpPG verfolgt werde, nicht bestehe. Mit einem von der Klägerin zulässigerweise verfolgten Feststellungsantrag könnten jedenfalls keine rechtlichen Fragen geklärt werden, die außerhalb des Informationsfreiheitsgesetzes ihren rechtlichen Grund hätten. Hierzu sei aber festzustellen, dass die Regelungen in § 21 WpHG und WpPG auch unter Berücksichtigung der angeführten Europäischen Richtlinien nicht auf die Firma A. anzuwenden seien. Für Altemittenten wie die Firma A. sei vielmehr eine Regelungslücke gegeben. Diese könne nicht geschlossen werden, weil dies der Vorbehalt des Gesetzes verbiete. Schließlich sei der Verstoß gegen Meldepflichten bußgeldbewehrt, für ein Einschreiten der Aufsichtsbehörden gebe es aber keine gesetzlichen Grundlagen. Soweit die Klägerin die inzidente Prüfung der Anwendbarkeit dieser Regelungen auf die Firma A. geltend mache, führe auch dies nicht zu einem ausreichenden Feststellungsinteresse, da die Beklagte bei jedem erneuten Antrag auf entsprechenden Informationszugang die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 8 WpHG beachten müsse.

Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte der Beklagten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2010 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag mit dem Inhalt festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 8.9.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.5.2009 rechtswidrig war, ist bei der ursprünglich anhängig gewordenen Verpflichtungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, sofern sich die ursprüngliche Verpflichtungsklage erledigt hat und die Klägerin ein besonderes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides hat.

Die ursprünglich von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage hat sich im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, weil die Beklagte die von der Klägerin begehrte Information, welche natürliche oder juristische Personen eine der nach § 21 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz € WpHG € festgelegten Meldeschwellen überschritten hat, nach Anhängigkeit der Verpflichtungsklage gegeben hat. Mithin hat sich die Hauptsache erledigt, denn die begehrte Information ist tatsächlich erfolgt.

Zur Überzeugung der Kammer hat die Klägerin nach gebotener Umstellung ihres Antrages hinreichend dargetan an der Fortsetzung des Klageverfahrens und an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide ein besonderes Interesse hat.

Dieses Feststellungsinteresse beruht darauf, dass die Beklagte die Information, die zur Erledigung der Verpflichtungsklage geführt hat, aufgrund der eingeholten Zustimmung der betreffenden juristischen Personen, welche eine der in § 21 Abs. 1 WpHG festgelegten Meldeschwellen überschritten hat, weitergegeben und sich dabei auf den Rechtsstandpunkt gestellt hat, auch in künftigen Fällen einschlägige Informationen nur mit Zustimmung zu erteilen. Aufgrund dieses Sachverhaltes ergibt sich das rechtlich beachtliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin aus einer Wiederholungsgefahr. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass ihr zwei weitere, neue und einschlägige Meldungen vorliegen würden, welche sie bei einer entsprechenden Anfrage und Einholung der Zustimmung der Erwerber in dem gleichen wie bisher geübten Verfahren weiterleiten würde.

Aus diesem Lebenssachverhalt, den eigenen Angaben der Beklagten und auch aus der Natur der Sache, die dahingehend zu beschreiben ist, dass die entsprechenden Überschreitungen oder Unterschreitungen der Meldeschwellen zwar schwankend sind, jedoch immer wieder auftreten können, ist eine hinreichend konkrete und sachtypisch auch kausale Wiederholungsgefahr vorliegend gegeben. Das zur Verfolgung einer Fortsetzungsfeststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse liegt demnach vor.

Die Klage ist auch gegründet.

Zur Überzeugung der Kammer kann festgestellt werden, dass der Bescheid der Beklagten vom 8.9.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5.5.2009 rechtswidrig war, weil der Klägerin die begehrte Information nicht gegeben wurde.

Zunächst ist festzustellen, dass vorliegend dem Informationszugang nicht der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 d IFG entgegensteht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 d IFG nicht vor. Danach besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden haben kann. Wie die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 23.1.2008 (Az.: 7 E 2380/06(V), NVwZ 2008, S. 1384) ausgeführt hat, wurde bei dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes in Kenntnis der u. a. der Beklagten übertragenen und für das Gemeinwesen wichtigen Aufgaben der Finanzaufsicht insoweit keine umfassende oder partielle Bereichsausnahme vorgesehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber die im Informationsfreiheitsgesetz insbesondere in den §§ 4 bis 6 IFG vorgesehenen weiteren Vorkehrungen zum Schutz öffentlicher und privater Interessen als ausreichend erachtet, um die Funktionsfähigkeit der Beklagten zu erhalten. Von der Beklagten ist nicht in überzeugender Weise dargetan worden, inwieweit im zu entscheidenden konkreten Fall eine vollständige oder partielle Freigabe der vom Kläger begehrten Information geeignet wäre, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit der Beklagten auszuwirken. Insofern hätte nach Maßgabe der bisherigen Darlegungen die Beklagte substantiiert darlegen müssen, inwieweit durch den Zugang zu der betreffenden Information nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichtsaufgaben zu gewärtigen seien. Ein Verweis auf nicht von vornherein auszuschließende abstrakt gegebene nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten reicht demgegenüber nicht aus, um der Klägerin den begehrten Informationszugang zu verwehren (vgl. dazu auch VGH Kassel, Beschluss vom 2.3.2010 € 6 A 1832/09, sowie Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2009 € 7 K 2282/08.f(3)).

Die Beklagte konnte sich vorliegend bei der Verweigerung des Informationszugangs ohne Zustimmung des Erwerbers von Aktien an der Firma A. auch nicht auf den Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 4 IFG stützen. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegt.

Im vorliegenden Verfahren beruft sich die Beklagte auf ihre Verschwiegenheitspflicht gemäß § 8 WpHG. Nach dieser Norm dürfen die bei der Beklagten Beschäftigten und die nach § 4 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz beauftragten Personen die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet ist (Satz 1). Nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift liegt ein unbefugtes Offenbaren oder Verwerten im Sinne des Satzes 1 insbesondere nicht vor, wenn Tatsachen weitergegeben werden an Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte (Nr. 1), an kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auftrag mit der Überwachung von Börsen oder anderen Märkten, an denen im Einzelnen aufgeführte Finanztitel durch spezifische juristische Personen oder besonders beauftragte Personen gehandelt werden, betraute Stellen sowie von diesen beauftragte Personen (Nr. 2), an Zentralbanken, das Europäische System der Zentralbanken oder die Europäische Zentralbank in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden sowie an andere staatliche Behörden, die mit der Überwachung der Zahlungssysteme betraut sind (Nr. 3) an mit der Liquidation oder dem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens eines organisierten Marktes oder des Betreibers eines organisierten Marktes befasste Stellen (Nr. 4), soweit diese Stellen die Information zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Die in § 8 Abs. 1 WpHG festgelegte Verschwiegenheitspflicht € eine entsprechende, nach Gegenstand freilich verschiedene Vorschrift stellt § 9 Kreditwesengesetz dar € richtet sich nicht nur an die bei der Beklagten beschäftigen natürlichen oder an die von ihr beauftragten Personen. Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck dieser Regelung, dass sich die Verschwiegenheitspflicht auch an die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22.4.2002, BGBl. I S. 13110) selbst richtet. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Bedienstete der genannten Verschwiegenheitspflicht unterliegen sollen, nicht aber die Behörde selbst. Sinn und Zweck der Regelung gebieten dieses Verständnis (vgl. Regierungsbegründung zur 4. KWG-Nowelle, BT-Drs. 12/3377 betreffend § 8 Abs. 1 KWG a. F. [€Schweigepflicht für Personen und Stellen]; G. Dreyling in: Assmann/Uwe H. Schneider, Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 4 ff.).

Bestätigt wird dies durch die Regelung über die Aufgaben und die Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, wonach die Beklagte mit anderen Stellen im In- und Ausland nach Maßgabe der in § 4 Abs. 1 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz genannten Gesetze und Bestimmungen zusammenarbeitet. Dies bezieht sich ersichtlich auch auf das Offenbaren bestimmter Erkenntnisse nach § 8 Abs. 1 Satz 3 WpHG gegenüber den dort genannten Stellen.

Mit dem Informationsfreiheitsgesetz sind nämlich die bereichspezifischen Verschwiegenheitsvorschriften, wie sie in § 8 WpHG enthalten sind, nicht außer Kraft gesetzt worden. Vielmehr setzt der Gesetzgeber die entsprechenden Vorschriften als gegeben voraus, so dass sich der Geheimnisschutz €durch die entsprechenden materiell-rechtlichen Vorschriften in den jeweiligen Spezialgesetzen selbst€ bestimmt und sich Art und Umfang des Geheimnisschutzes je nach Rechtsgebiet unterscheiden (BT-Drs. 15/4493, S. 11 zu § 3 Nr. 4).

Vorliegend kann die Beklagte sich jedoch nicht auf diesen Aufschlussgrund berufen, weil die Information über das Überschreiten oder Unterschreiten von Stimmrechten, welche die Meldeschwelle im Sinne von § 21 WpHG berühren, einen Sachverhalt darstellt, der weder die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 Abs. 1 WpHG verletzen könnte, noch geeignet wäre, durch Information die weiteren Schranken des Informationsfreiheitsgesetzes gemäß § 5 IFG, soweit diese Vorschrift den Schutz personenbezogener Daten betrifft, oder nach § 6 IFG, soweit diese Norm den Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen bezweckt, zu verletzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Einholung der Zustimmung des Erwerbers für die konkrete begehrte Informationsweitergabe an die Klägerin nicht notwendig und konnte auch nicht davon abhängig gemacht werden.

Zur Überzeugung der Kammer kann die Beklagte sich nicht auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen, weil die Firma A. ein Emittent von Anteilscheinen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes ist, für den die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist. Insoweit unterliegt die Firma A. den Regularien des Wertpapierhandelsgesetzes und des Wertpapierprospektgesetzes. Sie unterliegt den Veröffentlichungsvorschriften, die auf § 26 WpHG beruhen und aus dieser Vorschrift folgen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Firma A. tatsächlich diese Regeln einhält. Entscheidend ist allein, dass diese Regeln vorsehen, sich die streitgegenständliche Information aus allgemein zugänglichen Quellen zu verschaffen, wodurch hinreichend dargelegt ist, dass diese Information objektiv nicht geeignet ist, Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht der Beklagten zu sein.

Zwischen den Beteiligten ist zunächst unstreitig, dass Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist, unter den in § 21 Abs. 1 WpHG genannten Voraussetzungen Meldepflichten und daraus folgend Veröffentlichungspflichten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 WpHG unterliegen. § 2 Abs. 6 Nr. 1 b WpHG bestimmt insofern näher, für welche Emittenten die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist. Nach dieser Norm ist die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat für einen Emittenten, wenn er zwar weder Sitz in einem Mittelstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat im Sinne des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, jedoch seine Wertpapiere in mindestens einem dieser Staaten zugelassen ist und wenn das jährliche Dokument im Sinne des § 10 WpPG in der Bundesrepublik Deutschland bei der dazu bestimmten Stelle zu hinterlegen ist. Die Rechtpflicht zur Hinterlegung eines jährlichen Dokumentes bestimmt § 10 WpPG näher. Danach besteht die Pflicht für einen Emittenten, dessen Anteilsscheine oder Wertpapiere die Zulassung an einem organisierten Markt erhalten hat. Dabei ist § 10 Abs. 1 Satz 1 WpPG dahingehend auszulegen, dass der unbestimmten Wortlaut der Vorschrift €an einem organisierten Markt€ dem Begriff des €Herkunftsstaates€ zu unterlegen ist. Diese Auslegung verweist auf § 2 Nr. 13 c WpPG, welche jene Wirtschaftsräume im Anschluss an § 2 Abs. 6 Nr. 1 b WpHG € nämlich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Vertragsstaaten im Europäischen Wirtschaftsraum € erneut benennt und es spricht viel einer Auslegung zu folgen, welche den Drittstaatemittent € um einen solchen handelt es sich bei der Firma A. € dann den Regularien gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG zuordnet, weil § 2 Abs. 6 Nr. 1 b WpHG und § 2 Nr. 13 c WpPG hinsichtlich der Rechtspflicht, ein jährliches Dokument im Sinne des § 10 WpPG zu hinterlegen, hinsichtlich der dort genannten Wirtschaftsräume identisch sind. Dies ist auch weitgehend zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist allein, inwieweit die Firma A. als Drittstaatsemittent auch verpflichtet ist, im Herkunftsstaat Bundesrepublik Deutschland das jährliche Dokument gemäß § 10 WpPG zu hinterlegen hat. Denn § 2 Nr. 13 c WpPG bestimmt näher, dass der Drittstaatsemittent die Wahlmöglichkeit hat, entweder in dem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, in dem die Wertpapiere erstmals öffentlich angeboten werden sollen, oder in dem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt gestellt wird, vorbehaltlich einer späteren Änderung dieser Wahl, zugelassen zu werden.

Zur Überzeugung der Kammer unterfällt die Firma A. der Rechtspflicht zur Hinterlegung eines jährlichen Dokumentes im Sinne des § 10 WpPG und hat danach die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat im Sinne des § 21 Abs. 1 WpHG i. V. m. § 2 Abs. 6 Nr. 1 b WpHG, § 10 WpGG. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat nämlich die Firma A. als Altemittent kein Wahlrecht im Sinne des § 31 Abs. 1 WpPG.

§ 31 Abs. 1 WpPG sieht nach der Novellierung des Wertpapierprospektgesetzes vom 22.6.2005 (BGBl. I S. 1698) infolge der Richtlinie 2003/71 EG (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64 bis 89 = Prospektrichtlinie) Übergangsbestimmungen für Drittstaatsemittenten, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem organisierten Markt (eines Staates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes) zugelassen sind, vor, § 31 Abs. 1 WpGG sieht mit Blick auf den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt zwei Gruppen von Drittstaatsemittenten vor. Soweit § 31 Abs. 1 Satz 2 auf Zeitpunkte für die erste Zulassung zum Handeln an einem im Inland gelegenen organisierten Markt abstellt und insoweit die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat festlegt, ergibt sich, dass die Firma A. nicht unter diese Gruppe von Drittstaatsemittenten fällt, denn der jeweils dort genannte Stichtag 31. Dezember 2003 hat keine Auswirkung auf den Handel von Wertpapieren der Firma A., weil sie € unstreitig € bereits seit dem Jahre 2000 zum Handel an einem organisierten Markt der Bundesrepublik Deutschland zugelassen worden ist. Demnach ergibt sich die Bestimmung des Wertpapierhandels der Firma A. in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Deutschland allein aus § 31 Abs. 1 S. 1 WpPG.

Danach können Drittstaatsemittenten, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem organisierten Markt (vor dem 31.12.2003) zugelassen sind, die Bundesanstalt als für sie zuständige Behörde im Sinne des § 2 Nr. 13 c WpPG wählen und haben dies der Bundesanstalt bis zum 31.12.2005 mitzuteilen.

Die Kammer stellt fest, dass der Wortlaut dieser Bestimmung sowohl Raum für die Auslegung des Klägers € Wahlausübungspflicht des Drittstaatsemittenten € als auch für die Auslegung der Beklagten € Wahlfreiheit € spricht. Soweit auf die Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 4. November 2003 (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64-89; Prospektrichtlinie -) Bezug zu nehmen ist, weil nach dieser Richtlinie Artikel 30 Abs. 1 unter dem Titel €Übergangsbestimmung€ Eingang in die Formulierung des § 31 Abs. 1 WpPG gefunden hat, bleibt der Wortlaut der deutschen Fassung dieser Richtlinie € im Hinblick auf die Auslegung eines nationalen Gesetzes ist dieser Wortlaut verbindlich € für die Deutungen der Beteiligten in Bezug auf die Auslegung der Wahlbestimmung offen. Es ist sogar festzustellen, dass Art. 30 Abs. 1 Richtlinie 2003/71/EG nach dem Wortlaut weicher formuliert ist als die Formulierung in § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG. Nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie können Emittenten mit Sitz in einem Drittstaat, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, die für sie zuständige Behörde wählen und der zuständigen Behörde des von ihnen gewählten Herkunftsmitgliedsstaates ihre Entscheidung bis zum 31.12.2005 mitteilen. Im Unterschied zu § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG, wonach die betreffenden Emittenten dies der Bundesanstalt bis zum 31.12.2005 mitzuteilen haben, können die Emittenten mit Sitz in einem Drittstaat ihre Entscheidung also bis zu diesem Zeitpunkt mitteilen. Freilich bleibt auch hier die Frage offen, ob Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie mit der Formulierung €des von ihnen gewählten Herkunftsmitgliedstaats€ eine Wahlfreiheit € wie es von der Klägerin vertreten wird € ausschließt. Soweit ersichtlich hat die Europäische Kommission die Umsetzung sowohl der Transparenz € als auch der Prospektrichtlinie in die nationale Gesetzgebung nicht beanstandet.

Zur Überzeugung der Kammer ist bei der Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG der mit der Transparenzrichtlinie und der Prospektrichtlinie verfolgte Zweck leitend und entscheidungserheblich. Die Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2004/109/EG vom 15.12.2004 € Abl. L 390, S. 38 € 57), welche den Anlegerschutz durch die Etablierung fairer Regeln zwischen den Aktionären durch Information im Auge hat, nennt im Erwägungsgrund 27 das Ziel, dass auch diejenigen Emittenten, deren Wertpapiere zum Handeln an einem geregelten Markt zugelassen sind und die keinen Sitz in einem Mitgliedstaat haben, bei der Veröffentlichung von Informationen nach den gleichen Regeln verfahren müssen, wie sie für andere Emittenten an einem geregelten Markt verbindlich sind. In Erwägungsgrund 14 der Prospektrichtlinie wird strikt gefordert, dass die in der gesamten Gemeinschaft gültige Einmalzulassung von Emittenten und die Anwendung des Herkunftslandsprinzips die eindeutige Bestimmung des Herkunftsmitgliedstaats als den Staat, der am besten in der Lage ist, den Emittenten im Sinne dieser Richtlinie zu regulieren, ermöglicht. Die in diesen Erwägungsgründen genannten Ziele gehen davon aus, dass für Emittenten von Wertpapieren an einem organisierten Markt der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes Ausnahmeregeln nicht gelten sollen, sondern die gesetzlichen Regeln, die im Sinne der vorgenannten Richtlinien umgesetzt wurden, für alle verbindlich sein sollen. Hiervon geht auch die Kommentarliteratur aus, welche die lückenlose Anwendung dieser Regularien für alle Emittenten vorsieht, ohne allerdings die Rechtsauslegung, welche die Beklagte vertritt, näher zu problematisieren (vgl. Assmann in: Assmann/Uwe H. Schneider (Herausgeber), WpHG, 5. Aufl., 2009, § 2 Rdnr. 163 ff., Wolfgang Groß, Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2006, § 10 WpPG, Rdnr. 3 ff.; Götze/Wunderlich in: Habersack/Mühlbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformationen, 2008, § 11 Rdnr. 3). Ihren Ausführungen ist nicht zu entnehmen, dass Altemittenten nach Verstreichen der in § 31 Abs. 1 WpPG genannten Stichtage Sonderregeln unterfallen könnten, die nicht für alle Marktteilnehmer gelten. Die Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG orientiert sich generell in der Kommentarliteratur an der Frage der Ausübung der Wahl des Herkunftsstaates, weshalb vieles dafür spricht, dass die Ausübung der Wahlpflicht vorausgesetzt wird (vgl. insbesondere Ritz/Zeising in: Just/Voß/Ritz/Zeising, Wertpapierprospektgesetz und EU-Prospektverordnung, 2009, § 31 Rdnr. 7).

Insoweit misst die Kammer der Verwendung des €Futur€ im Wortlaut des § 2 Nr. 14 WpPG keine weitere Bedeutung bei. Die Beschreibung der Wahlausübung als in der Zukunft auszuübende Wahl wird auch von der Kommentarliteratur nicht als Ausnahme identifiziert und als Unterfall von § 31 Abs. 1 S. 1 WpPG begriffen.

Nach Maßgabe dieser Ausführungen hält die Kammer die Auslegung für plausibel, schlüssig und nachvollziehbar begründet, dass die Firma A. nach Verstreichen des Stichtages 31.12.2005 ihre Wahlpflicht hätte ausüben müssen und insoweit den dargelegten Regularien des Wertpapierprospektgesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes unterfällt. Insoweit kann die Beklagte sich nicht auf eine Verschwiegenheitspflicht gemäß § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG berufen, da die von der Klägerin begehrte Information von Rechts wegen von der Firma A. hätte veröffentlicht werden müssen. Diese Rechtspflicht beseitigt vollkommen das Erfordernis der Zustimmung des Erwerbers von Wertpapieren der Firma A., soweit der Erwerb den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 WpHG unterfällt.

Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht auf den Ausschlussgrund des § 5 IFG (schutzpersonenbezogener Daten) und § 6 (Schutz des geistigen Eigentums und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen) IFG berufen, weil nach dem Wertpapierhandelsgesetz und dem Wertpapierprospektgesetz entsprechende Bestimmungen getroffen worden sind, die den Schutz dieser Rechtsgüter zurücktreten lassen.

Dem Informationsbegehren der Klägerin steht auch nicht § 9 Abs. 3 IFG entgegen. Danach kann ein Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Beklagte den Rechtsstandpunkt einnimmt, dass die Firma A. als Altemittent nicht jene Handlungen und Informationen vornehmen und verbreiten muss, welche Dritten € wie der Klägerin € die Möglichkeit der Informationsverschaffung aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen könnten.

Als unterliegende Beteiligte hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 VwGO i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Daher ist auch die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.






VG Frankfurt am Main:
Urteil v. 26.03.2010
Az: 7 K 1496/09.F


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b2f25e48ca1f/VG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_26-Maerz-2010_Az_7-K-1496-09F




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