Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Februar 2009
Aktenzeichen: 25 W (pat) 114/06

(BPatG: Beschluss v. 03.02.2009, Az.: 25 W (pat) 114/06)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 11. Oktober 1998 angemeldete Wortmarke CEFAZID ist am 16. Dezember 1998 unter der Nummer 398 58 538 für die Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" in das Markenregister eingetragenen worden. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens ist das Verzeichnis mehrfach eingeschränkt worden. Die Beschwerdeführerin begehrt im Beschwerdeverfahren noch Schutz für die Waren

"Veterinärmedizinische Erzeugnisse, nämlich rezeptpflichtige cefalosporinhaltige Tierarzneimittel zur Behandlung von Fellerkrankungen".

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 21. Januar 1999.

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der seit 14. Mai 1959 für die Waren

"Arzneimittel für den inneren Gebrauch zur unspezifischen Reiztherapie bei infektiösen Prozessen"

eingetragenen Marke 724 868 CEFASEPT Widerspruch eingelegt.

Nachdem vor der Markenstelle zunächst die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach §43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG zulässig bestritten und nach Vorlage von Benutzungsunterlagen hinsichtlich eines homöopatischen Arzneimittels mit Ausnahme der Waren "humanmedizinische homöopathische Arzneimittel" weiterhin aufrechterhalten wurde, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren in Anbetracht dessen, dass seit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung zur Benutzung der Marke mehr als fünf Jahre vergangen seien, nochmals vollumfänglich die Benutzung bestritten.

Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. Juli 2005 und vom 20. September 2006, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wurde die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs gelöscht bzw. die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgewiesen.

Es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei bei der Widerspruchsmarke auf "humanmedizinische Arzneimittel" abzustellen, für die eine rechtserhaltende Benutzung vor der Markenstelle nicht mehr bestritten war. Es bestünden Überschneidungen hinsichtlich der Herstellung in der pharmazeutischen Industrie, der Vertriebswege über den Großhandel und der Verkaufsstätten. Auch könne die Indikation identisch sein. Der gebotene strenge Maßstab an den Abstand der Waren werde etwas gemildert, da sich die Vergleichswaren wegen der Rezeptpflicht der Waren der angegriffenen Marke in erster Linie an Fachkreise richteten, die berufsbedingt besonders sorgfältig auf Kennzeichnungen achteten. Der Markenabstand sei aber nicht so groß, dass eine Verwechslungsgefahr zu verneinen wäre. Die Marken seien klanglich ähnlich. Silbenzahl und Betonung stimmten überein. Die Vokalfolge sei stark angenähert. Die Konsonanten der letzten Silbe "Z" bzw. "s" klängen als Reibelaute ähnlich und am Wortende spreche man "d" und "t" gleich aus. Hinzu komme, dass die Marken nicht nebeneinander aufzutreten pflegten und der Vergleich aus der ungenauen Erinnerung erfolge. Auch wenn zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke eine Kennzeichnungsschwäche der gemeinsamen Wortanfänge "Cefa" unterstellt würde, ergäbe sich keine andere Beurteilung. Denn auch kennzeichnungsschwache Elemente dürften nicht unberücksichtigt bleiben und könnten mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken Bedeutung erlangen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.

Sie beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des DPMA vom 12. Juli 2005 und vom 20. September 2006 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Eine Verwechslungsgefahr liege bereits wegen fehlender Ähnlichkeit der Zeichen nicht vor. Zwar stimmten die Markenwörter in der Silbenzahl überein. Die jeweils auf die vergleichsweise kurzen ersten beiden Silben folgende längere dritte Silbe unterscheide sich jedoch gravierend. Selbst wenn man die Abweichungen zwischen "z" und "s" nur als von formaler Natur werte, integriert in die Silben "ZID" bzw. "SEPT" überwögen die Unterschiede. Die Endsilbe in "CEFAZID" werde hell und stark betont ausgesprochen. Die Silbe "SEPT" werde schwach betont und weich wahrgenommen. Es sei zudem von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei, wenn sich die Gemeinsamkeiten im Wesentlichen auf kennzeichnungsschwache Elemente der älteren Marke beschränkten. Der gemeinsame Bestandteil "CEFA" sei ein Wirkstoffhinweis. Die Silbe "ZID" sei ein Hinweis auf die abtötende Wirkung. Es sei kaum vorstellbar, dass -vor dem Hintergrund der Rezeptpflichtigkeit der Waren -die Fachkreise die Endungen "SEPT" und "ZID" nicht auseinander halten könnten. Außerdem liege durch den überwiegenden Vertrieb der Tierarzneimittel über Praxisapotheken bei Tierärzten bereits eine ausreichende Trennung der Waren voneinander vor. Um eine noch deutlichere Abgrenzung zu erhalten, werde das Warenverzeichnis weiter auf "Veterinärmedizinische Erzeugnisse, nämlich rezeptpflichtige cefalosporinhaltige Tierarzneimittel zur Behandlung von Fellerkrankungen" eingeschränkt. Diese Waren hätten mit "humanmedizinischen homöopathischen Arzneimitteln" nichts mehr zu tun. Das Arzneimittel "CEFASEPT" sei für Tiere nicht zugelassen und kein rezeptpflichtiges Medikament. Die Vertriebswege seien verschieden, da die Waren der angegriffenen Marke über tierärztliche Hausapotheken und den veterinärmedizinischen Großhandel vertrieben würden.

Die Widersprechende beantragt (schriftsätzlich), die Beschwerde zurückzuweisen.

Es bestehe -wie bereits vor der Markenstelle ausgeführt und in deren Beschlüssen bestätigt -eine Verwechslungsgefahr. Der gemeinsame Wortanfang "Cefa" sei nicht kennzeichnungsschwach. Er sei seit langem zu einem unterscheidungskräftigen Herkunftshinweis auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden geworden. Der Stammbestandteil "Cefa-" sei eine reine Phantasiebezeichnung, die sich auf den Phantasienamen für das Firmenschlagwort "Cefak" beziehe. Die Silben könnten gar kein Hinweis auf einen bestimmten Wirkstoff sein, da es sich bei Cephalosporinen um eine Wirkstoffgruppe handle, die zahlreiche verschiedene Wirkstoffe umfasse wie z. B. Cefamandol, Cefaclor, Cefazolin u. a. In Folge dessen verwendeten alle Generikahersteller zur Produktkennzeichnung daher die komplette Wirkstoffbezeichnung und fügten den Firmennamen hinzu. Das Argument, dass der überwiegende Vertrieb über Praxisapotheken laufe, greife ebenfalls nicht. Rezeptpflichtige Veterinärarzneimittel seien nicht ausschließlich über die Praxisapotheke erhältlich. Eine Einschränkung des Warenverzeichnisses helfe ebenfalls nicht, da sich Humanarzneimittel auch zur Anwendung am Tier eigneten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten, einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2008 Bezug genommen, zu der die Beschwerdegegnerin nicht erschienen ist.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat keinen Erfolg, da eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke bestreitet zulässig eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG mit Ausnahme der Waren "humanmedizinische homöopathische Arzneimittel, nämlich Arzneimittel für den inneren Gebrauch zur unspezifischen Reiztherapie bei infektiösen Prozessen" und gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG in vollem Umfang.

Durch Einreichung einer eidesstattlichen Versicherung vom 5. November 2008 mit Packungen, auf denen das Zeichen "Cefasept" markenmäßig herausgestellt aufgebracht ist, hat die Widersprechende auch für den Zeitraum 2002 bis Oktober 2008 eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zur Kennzeichnung eines homöopathischen Arzneimittels glaubhaft gemacht. Die eingereichte Verpackung zeigt das Zeichen auf einem homöopathischen Mittel zur Behandlung von Erkrankungen der Atemwege (Tropfen). Die eingereichten Produktübersichten zeigen, dass das Produkt "Cefasept" bei Infekten und Entzündungen zum Einsatz kommen.

Bei der Widerspruchsmarke ist daher von den Waren "humanmedizinische homöopathische Arzneimittel für den inneren Gebrauch zur unspezifischen Reiztherapie bei infektiösen Prozessen" auszugehen, da insoweit die Benutzung hinsichtlich des nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraums nicht bestritten ist und hinsichtlich des nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraums glaubhaft gemacht ist.

Die sich somit gegenüberstehenden "veterinärmedizinischen Erzeugnisse, nämlich rezeptpflichtige cefalosporinhaltige Tierarzneimittel zur Behandlung von Fellerkrankungen" der angegriffenen Marke und die "humanmedizinischen homöopathischen Arzneimittel für den inneren Gebrauch zur unspezifischen Reiztherapie bei infektiösen Prozessen" sind im markenrechtlichen Sinne ähnlich. Cephalosporine sind Antibiotika, die auch bei der Behandlung von Menschen und nicht nur von Tieren Anwendung finden. Die Waren der angegriffenen Marke sind daher keine so speziellen Tierarzneimittel, dass sie den Verkehr zu der Annahme veranlassen könnten, ihr Hersteller könne nicht identisch sein mit einem Hersteller von Humanarzneimitteln. Dass die angegriffene Marke insoweit auf veterinärmedizinische Erzeugnisse eingeschränkt ist, führt zwar häufig beim Vertrieb zu Unterschieden gegenüber entsprechenden Humanarzneimitteln, da Tierarzneimittel über tierärztliche Hausapotheken und den veterinärmedizinischen Großhandel vertrieben werden, jedoch ist dies hier nicht entscheidungserheblich, da unterschiedliche Vertriebswege es nicht ausschließen, dass der Verkehr auf denselben Hersteller schließt. Auch können Humanarzneimittel, die in Apotheken erworben werden, zum Teil zur Behandlung von Tieren eingesetzt werden, wobei Tiere ebenfalls mit homöopathischen Mitteln behandelt werden können. Der Unterschied zwischen Tierarzneimitteln einerseits und Humanarzneimitteln andererseits führt vorliegend nicht zu einer Warenferne. Die weitere Einschränkung bei der angegriffenen Marke auf Erzeugnisse "zur Behandlung von Fellerkrankungen" führt ebenfalls nicht zu einem größeren Warenabstand, da Fellerkrankungen vielerlei Ursachen haben können. Ein entscheidungserheblicher Unterschied in der Indikation der verschiedenen Produkte ist daher nicht erkennbar, da Krankheiten aufgrund von Infektionen, sei es beim Menschen, sei es bei Tieren, einerseits mit Antibiotika behandelt werden können, andererseits auch eine homöopathische Behandlungsmethode möglich sein kann. Allerdings sind die Waren der Widerspruchsmarke homöopathischer Natur und gerade keine Antibiotika. Insgesamt liegt unter diesen Umständen eine noch durchschnittliche Warenähnlichkeit vor.

Die Zeichen kommen sich klanglich noch so nahe, dass mit rechtserheblichen Verwechslungen zu rechnen ist. Selbst unter Berücksichtigung der Rezeptpflicht der angegriffenen Waren, kann die klangliche Ähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr begründen, da auch solche Produkte mündlich weiterempfohlen und beworben werden können, so dass sich die Zeichen klanglich nicht nur beim Fachverkehr, sondern auch bei Laien begegnen können.

Unabhängig davon, ob "Cefa" als Hinweis auf ein Cephalosporin kennzeichnungsschwach ist, da viele Cephalosporine mit der Buchstabenfolge "Cefa" anfangen

(z. B: Cefacetril, Cefaclor, Cefadroxil, Cefalotin), ist zu berücksichtigen, dass auch schwache Zeichenteile im Gesamteindruck mit zu berücksichtigen sind. Die Übereinstimmungen der sich gegenüberstehenden Zeichen beschränken sich jedenfalls in klanglicher Hinsicht auch nicht lediglich auf den identischen Bestandteil "Cefa". Vielmehr gibt es eine Reihe weiterer Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten. So ist in dem Laut "z" (bei deutscher Aussprache wie "ts" gesprochen) ein "s"-Laut mit enthalten und "d" und "t" am Wortende werden jeweils wie "t" ausgesprochen. Die Silbenzahl ist identisch. Die Vokale "i" und "e" sind klangverwandt, da sie hell klingen. Wenn auch die Endung "zid" eher mit gedehntem, die Endung "sept" dagegen eher mit kurzem Vokal ausgesprochen wird, kann die Länge und Betonung des jeweiligen Vokals in der Endsilbe auch sehr angenähert sein, da der Verkehr die Wörter nicht immer akzentuiert ausspricht. Im Gesamtklangbild kommen sich die Zeichen daher so nahe, dass eine noch beachtliche Verwechslungsgefahr besteht. Hinzu kommt, dass die Begriffsanklänge in den Silben "zid" (Andeutung, dass etwas Bakterien abtötend wirkt) und "sept" (Andeutung, dass etwas antiseptisch wirkt) im Begriffsgehalt angenähert sind, so dass selbst die Verkehrskreise, die in diesen Silben eine beschreibende Andeutung erkennen, zumindest aus der ungenauen Erinnerung heraus Verwechslungen unterliegen können.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Kliems Merzbach Bayer Bb






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Az: 25 W (pat) 114/06


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