Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 31/03

(BPatG: Beschluss v. 01.12.2004, Az.: 32 W (pat) 31/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts angemeldet ist die Wortmarkewave musicfür die Dienstleistungen 38: Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Betrieb von Musik-Servern im Internet und in Intranets; Ausstrahlung von terrestrischen Radio- und Fernsehprogrammen;

41: Sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Zusammenstellung von Radio- und Fernsehprogrammen, Konzerte, Broadcast events und Incentive-Veranstaltungen; Unterhaltung, insbesondere Konzerte, Broadcast-Events und Incentive-Veranstaltungen; Durchführung von Unterhaltungsprogrammen im Internet; Multimedia Dienstleistungen, nämlich Produktion von Multimediapräsentationen;

42: Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung zunächst mit Zwischenbescheid vom 24. April 2002 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft und wegen der Eignung zur Beschreibung der Dienstleistungen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG) beanstandet.

Die Anmelderin hat inhaltlich eingehend erwidert und dabei auch auf die zu ihren Gunsten eingetragene Marke 398 28 584 - WAVE MUSIC hingewiesen.

Durch Beschluss vom 6. November 2002 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Dienstleistungen Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Betrieb von Musikservern im Internet und in Intranets; Ausstrahlung von terrestrischen Radio- und Fernsehprogrammen; kulturelle Aktivitäten, insbesondere Zusammenstellung von Radio- und Fernsehprogrammen, Konzerte, Broadcast events und Incentive-Veranstaltungen; Unterhaltung, insbesondere Konzerte, Broadcast events und Incentive-Veranstaltungen; Durchführung von Unterhaltungsprogrammen im Internet; Multimedia Dienstleistungen; nämlich Produktion von Multimediapräsentationen; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen.

Der als Marke angemeldeten Bezeichnung fehle jegliche Unterscheidungskraft. Zum einen sei "wave music" ein ohne weiteres naheliegender Oberbegriff für ein Musikangebot, das verschiedene Strömungen (New Wave, New Romantics, Dark Waves, New Wave of British Metal) vereine (unter Hinweis auf ein Lexikon der Pop- und Rock-Musik), zum anderen stehe die angemeldete Bezeichnung für einen Musikstil, der Ende der 80er Jahre in Los Angeles entstanden sei, von einer dortigen Radiostation etabliert wurde, sich zum Trend entwickelte und spätestens 1999 auch Europa erfasst habe. In diesem Musikstil verschmölzen entspannter Jazz, Soul, Blues und Pop zu einem eigenen Klang mit positiver Schwingung. Somit liege eine naheliegende Beschreibung der angebotenen Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Bestimmung, Thematik bzw. ihres Gegenstandes vor. Dem Beschluss waren mehrere Belege (Auszüge aus Büchern und Ausdrucke von Internet-Seiten) beigefügt.

Gegen diese, ihren Bevollmächtigten am 11. November 2002 zugestellte Entscheidung hat die Anmelderin am 11. Dezember 2002 Beschwerde eingelegt. Die im Wege der Banküberweisung gezahlte Beschwerdegebühr wurde dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamts am 12. Dezember 2002 gutgeschrieben. Nachdem ihr dies mitgeteilt wurde, hat die Anmelderin mit näherer Begründung und unter Vorlage der eidesstattlichen Versicherung einer Angestellten ihrer Bevollmächtigten vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

In der Sache hat sie zunächst vorgetragen, ein Teil der beanspruchten Dienstleistungen sei nicht dem Musikbereich zuzuordnen. Sie selbst habe das Musikformat "wave music" in der Bundesrepublik Deutschland, und damit dem wichtigsten Musikmarkt Europas, entwickelt und vermarktet. Dies gelte sowohl für den Auftritt von Künstlern als auch für Radiosendungen, die aufgrund ihrer erteilten Lizenzen ausgestrahlt würden. Die von ihr unter der Bezeichnung "wave music" vertriebenen Musiktitel vermittelten das genaue Gegenteil der von der Markenstelle angeführten Musikrichtungen. Im Hinblick auf die Voreintragung einer entsprechenden Marke gehe es nur um die Ausdehnung des bisher schon bestehenden Markenschutzes.

In einem Zwischenbescheid des Berichterstatters vom 21. Juni 2004 sind der Anmelderin weitere Internet-Seiten zum Beleg einer beschreibenden Verwendung von "wave music" übersandt worden.

In ihrer eingehenden Erwiderung vertritt die Anmelderin weiterhin die Auffassung, die angemeldete Marke sei nicht als beschreibende Angabe freihaltebedürftig und verfüge über ausreichende Unterscheidungskraft.

Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. November 2002 im Umfang der Versagung aufzuheben und der angemeldeten Marke Schutz für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen zuzuerkennen, hilfsweisedie Marke mit folgendem eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnis einzutragen:

"Internetdienstleistungen, nämlich das Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Betrieb von Musik-Servern im Internet und in Intranets; Ausstrahlung von terrestrischen Radio- und Fernsehprogrammen; Broad Cast-Events und Incentive-Veranstaltungen; Durchführung von Unterhaltungsprogrammen im Internet".

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten, insbesondere die eingereichten Schriftsätze sowie den übersandten Zwischenbescheid des Berichterstatters nebst Anlagen, Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 und 5 MarkenG).

Zwar ist die Beschwerdegebühr (§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG, § 2 Abs. 1 PatKostG i.V.m. Nr. 431 200 des Gebührenverzeichnisses) nicht innerhalb der Monatsfrist (§ 6 Abs. 1 PatKostG, § 66 Abs. 2 MarkenG) entrichtet worden, jedoch ist der Anmelderin auf ihren Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren, weil die Fristversäumung unverschuldet war (§ 91 Abs. 1 MarkenG). Die Anmelderin hat glaubhaft gemacht (§ 91 Abs. 3 MarkenG), dass die Mitarbeiterinnen ihrer Bevollmächtigten am letzten Tag der Zahlungsfrist nur deshalb den Weg der Banküberweisung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2 PatKostZV) gewählt haben, weil ihnen zuvor telefonisch versichert worden sei, die Überweisung würde noch am selben Tag durchgeführt und der Zahlungseingang verbucht werden; deshalb sei von anderen fristwahrenden Zahlungswegen (gemeint sein dürfte die Bareinzahlung) abgesehen worden. Wenn gleichwohl der Eingang der Überweisung erst einen Tag später verbucht worden ist, so trifft daran die Anmelderin und deren Bevollmächtigte keine Schuld. Im Hinblick auf die eingeholten telefonischen Auskünfte, an denen zu zweifeln kein ernsthafter Anlass bestand, kann der Anmelderin und ihren Bevollmächtigten vorliegend auch nicht die Regelung des § 676a Abs. 2 Nr. 2 BGB entgegengehalten werden, wonach die allgemeinen Ausführungsfristen bei Inlandsüberweisungen drei Bankgeschäftstage betragen.

2. Die Beschwerde ist jedoch - mit dem Hauptantrag ebenso wie mit dem Hilfsantrag - nicht begründet, weil einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht. Nach dieser Bestimmung sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der jeweiligen Dienstleistungen u.a. nach Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder hinsichtlich sonstiger Merkmale dienen können.

Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 38, 41 und 42 können einen Bezug zu Musik und Unterhaltung aufweisen. Auf diesen Dienstleistungsbereichen stellt "wave music" aber eine beschreibende Angabe dar, da es sich um die Bezeichnung einer Stilrichtung der Unterhaltungsmusik handelt. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus den teils bereits von der Markenstelle, teils vom Senat ermittelten Belegstellen, vor allem aus dem Internet, in der gebotenen Eindeutigkeit. Dabei kann dahinstehen, ob "wave music" als Oberbegriff für die von der Markenstelle genannten unterschiedlichen Musikströmungen anzusehen ist. Nach Auffassung des Senats spricht in Anbetracht der ermittelten Belege mehr dafür, in "wave music" einen eigenständigen Stil der Unterhaltungsmusik zu sehen.

Diese Schlussfolgerung ergibt sich vor allem aus einigen der den Bevollmächtigten der Anmelderin zur Kenntnis gegebenen Belegstellen. Im einzelnen wird auf folgende verwiesen:

a) http://www.pranahaus.de

"Wave Music ist eine Verschmelzung von sanftem Jazz, Soul, Pop und Latin. Diese Musik der weichen, melodischen Klänge hat Gefühl, Substanz und Tiefe. Sie schenkt uns außergewöhnliche Momente der Entspannung ...".

b) http://www.wdr.de

"Wave Music, eine Mischung aus Jazz, Soul und Pop, hat es in den Vereinigten Staaten inzwischen zu beachtlicher Popularität gebracht".

c) http://www.phatfunk.de

"Wave Musik kommt aus Los Angeles ...".

d) http://www.jazzinbelgium.org

"The result was five fresh albums that would influence electronic new wave music".

e) http://www.densetsu.com

"The wave music is absolutely beautiful, with varying themes for different moods".

f) http://www.weihenstephan.org

"The Sisters of Mercy are a band that made popular wave music in the 80ies".

g) http://www.casarustica.info

"Wave Music: melodische Klänge mit coolen, urban Grooves. Wave Music ist eine musikalische Wohltat - ob nach einem langen Arbeitstag, an einem romantischen Abend zu Zweit oder für ein entspanntes Fest mit Freunden. Was also lag näher, als diese neue Musikrichtung mit dem Angebot des Casa Rustica zu kombinieren".

Wenn "wave music" hier, wie auch auf anderen Internet-Seiten, beschreibend (und somit nicht marken- oder firmenmäßig) verwendet wird, ist letztlich nicht maßgeblich, wer diese Internet-Seiten erstellt oder veröffentlicht hat, insbesondere ob die Anmelderin selbst in irgendeiner Weise beteiligt ist oder Einfluss genommen hat. Wer immer "wave music" - als Begriff oder als Musikrichtung - ursprünglich geschaffen und/oder im In- und Ausland weiterverbreitet hat, die Bezeichnung hat sich zu einer generischen Angabe (Gattungsbegriff) entwickelt und kann deshalb nicht zu Gunsten eines einzelnen Unternehmens in das Markenregister eingetragen werden. Selbst wenn die Anmelderin - ihrem Vortrag gemäß - in besonderer Weise die betreffende Musikrichtung in Deutschland verbreitet und vermarktet hätte, wäre dies kein Grund, sie zu ihren Gunsten für den deutschen Markt zu monopolisieren; das der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugrunde liegende Allgemeininteresse an der Freihaltung beschreibender Bezeichnungen verbietet dies.

Für eine Differenzierung innerhalb der beanspruchten Dienstleistungen sieht der Senat keine Möglichkeit, weil diese sämtlich einen Bezug zur musikalischen Unterhaltung aufweisen können. Auch für die im hilfsweise eingeschränkten Verzeichnis enthaltenen Dienstleistungen kann "wave music" den Gegenstand, auf den diese sich beziehen, angeben.

Aus der Voreintragung der Marke 398 28 584 - WAVE MUSIC vermag die Anmelderin ebenfalls keinen Anspruch auf Registrierung der vorliegend in der Schreibweise mit kleinen Buchstaben (im Sinngehalt aber übereinstimmend) angemeldeten Marke abzuleiten. Inländische Registrierungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Schutzgewährung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z.B. BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS). Im übrigen ist die Marke 398 28 584 nicht für (musikbezogene) Dienstleistungen, sondern für Waren in den Klassen 9 und 25 eingetragen; ob die Registrierung für "Magnetaufzeichnungsträger zur Wiedergabe von Musik, insbesondere Compact-Discs; Schallplatten" rechtmäßig war, ist nicht Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Verfahren.

3. Weiterhin erscheint überaus fraglich, ob die angemeldete Wortfolge über ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) verfügt. Wie der Anmelderin im Zwischenbescheid des Berichterstatters mitgeteilt wurde, hat die (am 17. Juni 2004 erfolgte) Eingabe von "wave music" - in der angemeldeten Zusammenfassung, also nicht hinsichtlich der Einzelwörter - in die Internet-Suchmaschine Google im Web ungefähr 62.800 Treffer und bei den Seiten auf Deutsch ungefähr 11.500 Treffer ergeben. Diese Zahlen sprechen indiziell dagegen, dass der mit "wave music" angesprochene Verkehr (Endverbraucher ebenso wie Anbieter entsprechender Dienstleistungen) in dieser Bezeichnung eine Marke, d.h. den Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb, sieht. Letztlich kann die Frage nach der Unterscheidungskraft aber dahingestellt bleiben, da "wave music" - wie ausgeführt - als Merkmalsbezeichnung dienen kann.

Viereck Müllner Kruppa Fa






BPatG:
Beschluss v. 01.12.2004
Az: 32 W (pat) 31/03


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