Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 62/04

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2006, Az.: 24 W (pat) 62/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Oktober 2000 und vom 9. Januar 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke Primärofen-Kesselist zunächst für die Waren

"Heizungsanlagen, Öfen, Dampferzeugungsgeräte, Kochgeräte"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und als eine die beanspruchten Waren beschreibende Angabe gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.

Die Zurückweisung wird im Wesentlichen damit begründet, "Primärofen-Technik" sei die Bezeichnung für ein umweltschonendes Heizverfahren mit Holzpellets. Man unterscheide zwei unterschiedliche Heizverfahren, von denen eines das "Wasserverfahren mit Kesselgerät" sei, bei dem ein "Primärofen-Kessel" zum Einsatz komme. Bei dem angemeldeten zusammengesetzten Begriff handele es sich um einen bereits im Internet häufig nachweisbaren Fachbegriff, der von unterschiedlichen Händlern und Herstellern verwendet werde. Er beschreibe daher ohne weiteres erkennbar die Waren der Anmeldung. Aus diesen Gründen bestehe ein beachtliches Interesse des Verkehrs, die fragliche Bezeichnung ungehindert verwenden zu können. Diese werde als leicht verständliche beschreibende Angabe außerdem nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis der angemeldeten Marke auf

"Klasse 11: Kochgeräte"

beschränkt hat.

Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Bei der angemeldeten Marke handele es sich auch für die ursprünglich beanspruchten Waren nicht um einen freihaltungsbedürftigen Fachbegriff, da die korrekte Bezeichnung für das entsprechende Heizgerät "Pelletofen" laute. Erst die Anmelderin habe für solche Pelletöfen die Wortschöpfung "Primärofen-Kessel" geschaffen und verwende als einzige Firma diesen Begriff. Die von der Markenstelle und vom Senat entgegengehaltenen Verwendungsnachweise seien alle letztlich auf die Anmelderin zurückzuführen. Jedenfalls aber stelle die angemeldete Marke für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses verbliebenen Waren keine Sachangabe oder Werbeaussage dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten sowie die Rechercheergebnisse des Senats zum Begriff "Primärofen-Kessel", die der Anmelderin übersandt worden sind, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; EuGH Mitt. 2004, 28, 29 - Nr. 29 ff. - "Doublemint"). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr. 54, 55 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr. 34 ff. -"BIOMILD"). Es ist daher zu prüfen, ob die angemeldete Marke gegenwärtig eine Beschreibung der Merkmale der betreffenden Waren darstellt oder ob dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH a. a. O. 674, 676 - Nr. 53, 56 - "Postkantoor"). Auch Begriffsneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe ohne weiteres erfüllen können. Es kommt nicht darauf an, ob der entsprechende Begriff für das breite Publikum als Sachangabe verständlich ist, ob er von einer einer großen oder geringen Anzahl von Unternehmen zur freien Verwendung benötigt wird und ob die Merkmale der Waren, die beschrieben werden können, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind (vgl. EuGH a. a. O. 676, 677, 679 - Nr. 77, 58, 102 - "Postkantoor"). Markenrechtlich unerheblich ist entgegen der Ansicht der Anmelderin grundsätzlich auch, wer den Begriff entwickelt hat (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 "LOKMAUS"; BPatGE 37,44 "VHS"; BPatG 24 W (pat) 64/01 "HIPPOGENES TRAINING"; BPatG 30 W (pat) 207/97 "EAD"; Zusammenfassung jeweils veröffentlicht auf PROMA PAVIS-CD-ROM).

Das angemeldete zusammengesetzte Substantiv ist aus den Wortteilen "Primärofen" und "Kessel" gebildet. Wie bereits die Markenstelle ermittelt und auch eine ergänzende Recherche des Senats ergeben hat, wird der als Sachangabe verständliche Begriff "Primärofen" auf vielen Internetseiten rein sachbezogen in Verbindung mit einer bestimmten Art von Öfen verwendet. Aus den der Anmelderin übersandten Ergebnissen der Internet-Recherche des Senats geht hervor, dass es neben der Anmelderin mehrere Anbieter derartiger Geräte gibt. Der Begriff "Primärofen-Kessel" wird auf den betreffenden Webseiten stets als Sachangabe verwendet, insbesondere auf der Seite der Firma Schulz, wo der Querschnitt eines Primärofen-Kessels aufgezeichnet ist, sowie auf der Seite "Bauratgeber" und auf der Homepage der Firma "Ofen-Weis".

Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren "Kochgeräte" ist jedoch eine beschreibende Bedeutung nicht erkennbar. Wie aus den o. g. Fundstellen hervorgeht, wird mit "Primärofen-Kessel" ein Teil einer Heizungsanlage bezeichnet, der als Wärmeaustauscher dient und Heißwasser für die Heizung und die Warmwasserversorgung eines Hauses liefert, nicht aber ein Kochgerät. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Primäröfen zum Kochen verwendet werden können und/oder dass es spezielle Kochgeräte gibt, die zur Verwendung mit Primäröfen bzw. Primärofenkesseln geeignet und bestimmt sind. Insoweit kann die angemeldete Wortzusammensetzung nicht zur Beschreibung dienen und fällt nicht unter den Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

2. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG liegt nicht vor.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr. 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr. 40 - "Linde u. a."; GRUR 2004, 428, 431 - Nr. 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr. 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH a. a. O. 674, 678 - Nr. 86 - "Postkantoor").

Weil der Senat aber - wie oben näher begründet - nicht feststellen konnte, dass der zusammengesetzte Begriff "Primärofen-Kessel" für die Waren, die noch Gegenstand der Entscheidung sind, als Sachangabe oder Werbeaussage in Betracht kommt, liegen diese Voraussetzungen insoweit nicht vor.






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2006
Az: 24 W (pat) 62/04


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