Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2009
Aktenzeichen: 10 W (pat) 40/07

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2009, Az.: 10 W (pat) 40/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmelder haben am 7. November 2003 eine Erfindung mit der Bezeichnung "Therapeutisches HF-Impulsgerät" zum Patent angemeldet. Das Deutsche Patentund Markenamt (DPMA) informierte sie mit Schreiben vom 10. April 2006 darüber, dass die dritte Jahresgebühr innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist nicht entrichtet worden sei und dass die Anmeldung als zurückgenommen gelten müsse, falls nicht die Gebühr samt Verspätungszuschlag (insgesamt 120 €) bis zum 31. Mai 2006 gezahlt werde. Nachdem dieser Betrag erst am 23. Juni 2006 gezahlt wurde, erging unter dem 3. August 2006 eine weitere Mitteilung an die Anmelder, wonach die Anmeldung nunmehr als zurückgenommen gelte und der eingezahlte Betrag zurückgezahlt werde.

Die Anmelder beantragten am 5. September 2006 die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Gebühr einschließlich Zuschlag. Zur Begründung verwiesen sie auf ein am 10. Mai 2006 an das DPMA gesandte Telefax der Firma A... GmbH, worin diese um Änderung der Rechnungsanschrift auf der Mitteilung vom 10. April 2006 gebeten und angekündigt hatte, den Betrag anschließend umgehend zu überweisen. Dieses in Österreich ansässige Serviceund Beratungsunternehmen habe die Bezahlung der Jahresgebühren für die Anmelder übernehmen wollen, wofür aus buchhalterischen Gründen eine entsprechende, an die mitgeteilte Adresse gerichtete Rechnung vonnöten gewesen sei. Nach Ausbleiben einer Reaktion des DPMA sei die Bitte um Übersendung der abgeänderten Rechnung am 29. Mai 2006 wiederholt worden. Eine Reaktion des Patentamts sei aber bis zur Mitteilung vom 3. August 2006 ausgeblieben.

Bei den Anmeldern handele es sich um damals anwaltlich nicht vertretene Einzelanmelder, denen die Rechtsfolge einer nicht eingezahlten Jahresgebühr nicht unmittelbar gegenwärtig gewesen sei. Insbesondere nach Zugang der Mitteilung vom 10. April 2006 habe sich die A.... GmbH um Zusendung einer entsprechend korrigierten Rechnung mehrfach bemüht. Ihr sei dabei nicht bewusst gewesen, dass das DPMA keine im buchhalterischen Sinn korrekte Rechnungen für die Jahresgebühren ausstelle. Das DPMA hätte darüber als Reaktion auf die Eingaben der A... GmbH vor Ablauf der Zahlungsfrist informieren müssen. Die Zahlung wäre dann rechtzeitig erfolgt.

Durch Beschluss vom 4. Juni 2007 wies das DPMA -Prüfungsstelle 1.54 -den Wiedereinsetzungsantrag zurück. In seiner Begründung stellt der Beschluss im Wesentlichen darauf ab, die Anmelder seien ihrer Sorgfaltspflicht, insbesondere auch bei der Auswahl, Unterweisung und Überwachung der A... GmbH als Hilfsperson bei der Gebührenzahlung, nicht gerecht geworden. Das DPMA habe keine Veranlassung gehabt, auf die Eingaben der A... GmbH zu reagieren.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Anmelder mit ihrer Beschwerde. Sie beantragen,

-den angefochtenen Beschluss aufzuheben und -die beantragte Wiedereinsetzung zu gewähren.

Zur Begründung berufen sich die Anmelder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Dieser erfordere, dass das DPMA den Anmelder auf einen drohenden Rechtsverlust hinweise, wenn dies nach Treu und Glauben erwartet werden könne. Das DPMA müsse zumutbare Maßnahmen treffen bzw. dürfe keine zumutbaren Handlungen unterlassen, deren Vornahme berechtigterweise erwartet werden könnte und die geeignet wären, den Eintritt eines Rechtsverlustes zu vermeiden. Ein Hinweis seitens des DPMA könne insbesondere dann erwartet werden, wenn ein schwerwiegender Rechtsverlust drohe, der Mangel zur Behebung leicht erkennbar sei und der Anmelder diesen Mangel nach einem erfolgten Hinweis noch fristgerecht beheben könne.

Diese Umstände hätten hier vorgelegen. Spätestens mit Eingang des Telefax-Schreibens der A... GmbH vom 10. Mai 2006 mit Angabe des Aktenzeichens der Anmeldung sei dem DPMA bekannt gewesen, dass diese mit der Beauftragung der Jahresgebühren für die Anmelder betraut und um rechtzeitige Zahlung bemüht gewesen sei. Die Anzeige der Beauftragung müsse nicht zwingend vom Anmelder selbst vorgenommen werden. Ebenso sei es diesem unbenommen, sich zur Einzahlung der Jahresgebühren eines Dritten zu bedienen. Aus den Schreiben der A... GmbH ergebe sich, dass diese irrig zum Zweck der Einzahlung der ausstehenden Jahresgebühren vorab auf eine entsprechende Rechnung durch das DPMA gewartet habe. Der Mitteilung vom 10. April 2006 sei nicht zu entnehmen gewesen, dass das DPMA keine Rechnungen und keine weiteren Mahnungen versenden würde. Dem Patentamt sei es möglich und zumutbar gewesen, durch eine kurze Mitteilung an die A... GmbH oder die Anmelder selbst denIrrtum aufzuklären und den drohenden Rechtsverlust abzuwenden. Statt dessen habe das DPMA eine ihm mögliche und zumutbare Maßnahme nicht ergriffen und die Geschehnisse "sehenden Auges" auf sich beruhen lassen. Dies sei mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar und verletze den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Der Senat hat auf Antrag der Anmelder eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der weder die Anmelder selbst noch ihre Vertreter erschienen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die Prüfungsstelle hat die beantragte Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr zu Recht nicht gewährt.

1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, weil die Anmelder eine Frist nicht eingehalten haben, deren Versäumnis nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG). Ausgehend vom Anmeldetag 7. November 2003 war die dritte Jahresgebühr am 30. November 2005 fällig (§ 3 Abs. 2 PatKostG) und hätte zuschlagfrei bis zum 31. Januar 2006 gezahlt werden können, mit Verspätungszuschlag bis zum 31. Mai 2006 (§ 7 Abs. 1 PatKostG). Tatsächlich erfolgte die Zahlung erst am 23. Juni 2006, was gemäß § 58 Abs. 3 PatG zur Folge hat, dass die Anmeldung als zurückgenommen gilt.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch wegen Nichteinhaltung der zweimonatigen Antragsfrist (§ 123 Abs. 2 Satz 1 PatG) unzulässig. Diese Frist beginnt mit Wegfall des Hindernisses zu laufen, d. h. im Fall der Unkenntnis oder des Irrtums, wenn diese aufhören unverschuldet zu sein, also wenn die Säumnis bei Beachtung der zu erwartenden Sorgfalt hätte erkannt werden können (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 27).

Vorliegend ist die Säumnis durch einen Irrtum der Fa. A... GmbH verursacht worden. Der Irrtum bestand in der falschen Annahme, dass die Gebühr erst nach Übermittlung einer Rechnung an die Adresse der A... GmbH zu zahlen sei. Diese Firma war lediglich mit der Gebührenzahlung beauftragt und handelte nach ihrem Auftreten dem Patentamt gegenüber nicht als Vertreterin der Anmelder, sondern als deren Gehilfin (vgl. BPatGE 18, 196, 199 f.). Daraus folgt, dass sich die Anmelder etwaiges Verschulden der A... GmbH nicht zurechnen lassen müssen, dass sie aber zum Ausschluss eigener Fahrlässigkeit glaubhaft machen müssten, bei der Auswahl, Anleitung und Überwachung der A... GmbH mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen zu sein (Schulte, a. a. O., § 123 Rn. 86 ff.). Dies war aber -wie die Prüfungsstelle zu Recht festgestellt hat -nicht der Fall. Die A... GmbH war über die einschlägigen gebührenrechtlichen Vorschriften nicht im Bilde, was auf mangelnde Eignung schließen lässt. Sie wurde von den Anmeldern offensichtlich nicht ausreichend über die Grundsätze des deutschen Patentgebührenrechts und über die Bedeutung der Mitteilung vom 10. April 2006 belehrt und es fand auch keine Überprüfung ihrer Vorgehensweise statt.

Daraus folgt, dass die zweimonatige Antragsfrist nicht erst mit Zugang der Mitteilung vom 3. August 2006 begonnen hat, sondern bereits mit Ende der Zahlungsfrist, d. h. am 1. Juni 2006. Sie war daher bei Stellung des Wiedereinsetzungsantrags am 5. September 2006 bereits abgelaufen.

3. Der Antrag ist im Übrigen auch nicht begründet, weil die Anmelder die Frist aus den genannten Gründen nicht ohne Verschulden versäumt haben. Sie können sich auch nicht darauf berufen, das Patentamt habe es versäumt, in Beantwortung der Schriftsätze der A... GmbH vom 10. und 29. Mai 2006 zusätzliche Warnhinweise zu geben. Die Pflicht zur Zahlung von Jahresgebühren für Patentanmeldungen und für erteilte Patente ist im Patentkostengesetz verankert. Patentanmelder und -inhaber sind an dieses Gesetz und die darin festgelegten Zahlungsfristen ebenso gebunden wie das Patentamt. Abweichungen von diesen Zahlungsfristen sind nicht möglich, auch wenn sich ein Gebührenschuldner im Einzelfall an das Patentamt wendet.

Die Anmelder können sich nicht darauf berufen, diese Rechtslage nicht gekannt zu haben. Zum einen stellen mangelnde Gesetzeskenntnisse grundsätzlich keinen Grund zur Wiedereinsetzung dar. Zum anderen sind die Anmelder durch die Mitteilung vom 10. April 2006 über die Fälligkeit der 3. Jahresgebühr und die gravierenden Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Gebührenzahlung unterrichtet worden. Es hat für sie daher kein Grund zur Annahme bestanden, dass die Zahlungsfristen durch Eingaben an das Patentamt aufgeschoben werden könnten.

Schülke Püschel Rauch prö






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2009
Az: 10 W (pat) 40/07


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