Landgericht Dortmund:
Urteil vom 10. April 1997
Aktenzeichen: 13 O 55/97 Kart.

(LG Dortmund: Urteil v. 10.04.1997, Az.: 13 O 55/97 Kart.)

Tenor

Der Verfügungsbeklagten wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM,

ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten, ihr von der Verfügungsklägerin im Rahmen von Kostenvoranschlägen, Angeboten oder ähnlichen geschäftlichen Unterlagen übermittelte Daten von Kunden der Verfügungsklägerin und/oder ihr von der Verfügungsklägerin übermittelte, der Verfügungsklägerin von Patienten und/oder Ärzten überlassene ärztliche Verordnungen an einen Leistungserbringer mit der Maßgabe weiterzuleiten, daß dieser die Versorgung des Versicherten vornehmen möge.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 2/3 die Verfügungsklägerin, zu 1/3 die Verfügungsbeklagte .

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von

2.500,00 DM für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 3.000,00 DM.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist tätig im Produktbereich "Rund um Lunge und Herz". Sie liefert medizinische Hilfsmittel wie Inhalations-, Sauerstoff und Beatmungsgeräte, medizinischen Sauerstoff und Überwachungsgeräte. Sie ist als Leistungserbringer im Sinne von § 126 SGB zugelassen bei verschiedenen Krankenkassen, jedoch noch nicht bei der Beklagten, die Trägerin der knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung ist.

Gleichwohl wickelten die Parteien in der Vergangenheit verschiedentlich die Versorgung von Versicherten der Verfügungsbeklagten mit Beatmungshilfsmitteln über die Verfügungsklägerin ab. Diese legte der Verfügungsbeklagten in entsprechenden Fällen Kostenvoranschläge vor. Die Verfügungsbeklagte bezahlte die von der Verfügungsklägerin erbrachten Versorgungsleistungen.

Im Oktober 1995 lehnte die Verfügungsbeklagte erstmals eine von der Verfügungsklägerin erbetene Kostenzusage ab. Sie wies dabei daraufhin, daß sie die Versorgung ihrer Versicherten mit wiederverwendbaren nicht preisvereinbarten Hilfsmitteln mit einem empfohlenen Verkaufspreis von über 400,00 DM durch eine bestimmte Vertragsfirma vornehmen lasse. Diese Vertragsfirma sei im Wege einer Ausschreibung ermittelt worden. Bei dieser Vertragsfirma handelt es sich um die Firma T in M, die im selben Produktbereich wie die Verfügungsklägerin tätig ist.

Die Verfügungsklägerin nahm die Kostenablehnung der Verfügungsbeklagten hin. Sie führte im Laufe des Jahres 1996 verschiedentlich Versorgung von Versicherten der Verfügungsbeklagten durch, die von der Verfügungsbeklagten ,auch vergütet wurden.

Anfang Oktober 1996 wies die Verfügungsbeklagte wiederum einen von der Verfügungsklägerin an sie übermittelten Kostenvoranschlag zurück. In ihrem Schreiben vom 30.09.1996, Anlage AST 7 zur Klageschrift, wies sie daraufhin, daß der Auftrag anderweitig vergeben wurde, weil die Verfügungsbeklagte an andere Anbieter gebunden sei. Die Verfügungsklägerin suchte nun das Gespräch mit der Verfügungsbeklagten, das am 08.10.1996 im Hause der Verfügungsbeklagten stattfand.

Sie faßte das Ergebnis dieser Unterredung mit Schreiben vom 10.10.1996 zusammen und wies dabei bezüglich des Vertrages der VerfügungsbekIagten mit der Firma T auf bestimmte Vorschriften des Kartellrechtes hin. Zum genauen Wortlaut des vorgenannten Schreibens wird auf die Anlage AST 8 zur Klageschrift Bezug genommen.

In der Folgezeit sandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin in vier Fällen eingereichte Kostenvoranschläge zurück mit dem Hinweis, der Auftrag sei an eine Vertragsfirma vergeben worden. Dies entsprach den Gegebenheiten. Die Verfügungsbeklagte behielt die mit den Kostenvoranschlägen eingereichten ärztlichen Verordnungen bei ihren Unterlagen. Die Daten des Versicherten gab sie an die Vertragsfirma zur Ausführung des Versorgungsauftrages weiter. Hierüber wurde der Versicherungsnehmer der Verfügungsbeklagten durch diese informiert.

Die Verfügungsklägerin beantragte daraufhin unter dem 19.12.1996 bei der Verfügungsbeklagten die Zulassung als Leistungserbringer im Sinne des § 126 SGB. Über diesen Antrag ist bislang noch nicht entschieden.

Die Verfügungsklägerin nahm das Verhalten des Verfügungsbeklagten darüber hinaus zum Anlaß, mit Anwaltsschreiben vom 02.01.1997 auf die nach ihrer Auffassung bestehende kartellrechtliche Unzulässigkeit des Vertrages der Verfügungsbeklagten mit der Firma T und die wettbewerbsrechtlich unzulässige Weiterleitung von Unterlagen an diese Firma hinzuweisen. Die Verfügungsbeklagte teilte mit Schreiben vom 22.01.1997 mit, sie habe zum Zwecke der Kostenersparnis auf verschiedenen Gebieten der Hilfsmittelversorgung Verträge nach vorausgegangener Ausschreibung geschlossen. An der nächsten Ausschreibung für den Bereich Bochum, die öffentlich bekannt gegeben werde, könne sich die Verfügungsklägerin beteiligen. Mit weiterem Schreiben vom 03.02.1997 teilte die Verfügungsbeklagte mit, sie habe

grundsätzlich keine Bedenken, mit der Verfügungsklägerin einen Vertrag zu schließen, die von der Verfügungsklägerin mit dem Zulassungsantrag vom 19.12.1996 genannten Preise entsprächen aber nicht den marktüblichen Gegebenheiten. Die Verfügungsklägerin antwortete hierauf mit Anwaltsschreiben vom 21. Februar 1997. Zum genauen Wortlaut der vorgenannten Schreiben wird auf die Anlagen AST 10 bis AST 14 zur Klageschrift Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin behauptet, in einem Telefonat Anfang März 1997 sei ihr durch einen Sachbearbeiter der Verfügungsbeklagten Entgegenkommen angedeutet worden. Erst bei einem Telefonat am 07.03.1997 sei endgültig die ablehnende Haltung des Verfügungsbeklagten mitgeteilt worden.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines Ordnungsmittels zu verbieten,

Verträge mit Leistungserbringern zu schließen, in denen sich die Antragsgegnerin "gegenüber ihrem Vertragspartner verpflichtet, die Versorgung ihrer Versicherten mit Sauerstoff und/oder Sauerstoffgeräten und/oder -konzentratoren und/oder Atem- und Herzmonitoren sowie CPAP-Geräten ausschließlich durch den Vertragspartner vornehmen zu lassen und/oder derartige Verträge zu praktizieren;

und/oder

ihr von der Antragstellerin im Rahmen von Kostenvoranschlägen, Angeboten oder ähnlichen geschäftlichen Unterlagen übermittelte Daten von Kunden der Antragstellerin und/oder ihr von der Antragstellerin übermittelte, nicht allgemein bekannte geschäftliche Unterlagen der Antragstellerin, insbesondere der Antragstellerin von Patienten und/oder Ärzten überlassene ärztliche Verordnungen, an einen Mitbewerber der Antragstellerin mit der Maßgabe weiterzuleiten, daß dieser die Versorgung des Kunden vornehmen möge.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hält die funktionelle Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund nicht für gegeben, auch fehle es an einer Dringlichkeit für die beantragte einstweilige Verfügung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

Die funktionelle Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund, Kammer für Handelssachen als Kartellkammer, ist gegeben gemäß § 13 GVG. Zwar dürfte die Zulassung von Firmen als Leistungserbringer im Sinne von § 126 SGB im

Rahmen eines öffentlich rechtlichen Vertrages erfolgen.

Die nach erfolgter Zulassung gemäß § 127 SGB geschlossenen Verträge zwischen dem Leistungserbringer und den Kranken- bzw. Ersatzkassen über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln sind aber Verträge,

- Kaufverträge, Mietvertrage, Dienstleistungsverträge usw. -, privatrechtlicher Art. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, ist die Überprüfung solcher Verträge auf ihre kartellrechtliche Zulässigkeit den Zivilgerichten überlassen. Sozialversicherungsträger sind, soweit es um ihr Verhältnis zu Leistungserbringern geht, Unternehmen im Sinne des GWB. Dessen weiter Unternehmensbegriff umfaßt jedwede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr unabhängig von der Rechtsform des Tätigwerdens. Ein Tätigwerden im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken

des Wettbewerbs liegt vor, wenn in den privaten Anbieterwettbewerb eingegriffen oder Nachfrage gelenkt wird. Dies ist zu bejahen. Die verschiedenen von der Krankennkasse als Leistungserbringer zugelassenen Anbieter von Hilfsmitteln stehen miteinander im Wettbewerb. Das Nachfrageverhalten der Krankenkassen greift in den Wettbewerb dieser verschiedenen Leistungserbringer ein und unterliegt daher grundsätzlich der Überprüfung nach den Vorschriften des GWB. Gleiches gilt für die grundsätzliche Bindung der Krankenkassen an das Wettbewerbsrecht des UWG.

Ein Anspruch der Verfügungsklägerin auf das im Klageantrag zu Ziffer 1 begehrte Verbot des Abschlusses oder des Praktizierens von Ausschließlichkeitsverträgen besteht weder nach § 26 Abs. 2 GWB noch nach § 1 UWG. Es kann dahinstehen, ob die Verfügungsbeklagte mit dem Abschluß und der Durchführung von Alleinverträgen mit einem bestimmten Leistungserbringer kartellrechtlich oder wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise in den Wettbewerb dieses Leistungserbringers mit anderen Leistungserbringern eingreift. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, kann die Verfügungsklägerin sich hierauf nicht berufen. Weil die Verfügungsklägerin zumindest zur Zeit nicht zugelassene Leistungserbringerin im Sinne von § 126 SGB ist, darf die Verfügungsbeklagte mit ihr keine Leistungsverträge schließen. Das von der Verfügungsklägerin beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten kann

deswegen keinen Wettbewerb der Verfügungsklägerin mit anderen Leistungserbringern berühren. Daß die Parteien in den letzten Jahren mehrfach entgegen der zwingenden Vorschrift des § 126 SGB miteinander Verträge geschlossen haben, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Ein solches Verhalten contra legem kann keinen Anspruch begründen. Die Verfügungsklägerin kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie mittlerweile einen Antrag auf Zulassung bei der Verfügungsbeklagten gestellt hat und hierüber noch nicht entschieden ist. Es ist nicht Frage dieses Rechtsstreits, ob die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin als Leistungserbringerin zuzulassen hat oder nicht. Allerdings könnte es für die kartellrechtliche und wettbewerbsrechtliche Überprüfung des Verhaltens der Verfügungsbeklagten von Bedeutung sein, wenn fest steht, daß die Verfügungsklägerin demnächst die Zulassung als Leistungserbringer bei der Verfügungsbeklagten erhalten wird, weil die Verfügungsklägerin vom beanstandeten Verhalten der Verfügungsbeklagten, dessen kartell- und wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit einmal unterstellt, sofort zum Zeitpunkt der Zulassung betroffen wäre. Hier steht aber nicht fest, daß die Verfügungsklägerin demnächst die beantragte Zu-

lassung erhalten wird. Zwar werden seitens der Verfügungsbeklagten keine generellen Bedenken hiergegen geltend gemacht. Die bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über die Preisgestaltung sind aber im Rahmen von § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB auch für das Zulassungsverfahren von Bedeutung. Solange insoweit keine Klärung erfolgt ist, kann nicht festgestellt werden, daß die Verfügungsklägerin demnächst als Leistungserbringerin zugelassen wird.

Aber selbst wenn man eine demnächstige Zulassung der Verfügungsklägerin als Leistungserbringerin durch die Verfügungsbeklagte unterstellt, wäre der Klageantrag zu 1.) nicht begründet . In diesem Fall fehlt es an einer Dringlichkeit im Sinne von §§ 940 ZPO, 25UWG. Die Verfügungsklägerin hat, obwohl die ablehnende Haltung der Verfügungsbeklagten spätestens seit Januar 1997 bekannt ist, fast zwei Monate gewartet bis zur Beantragung der begehrten einstweiligen Verfügung. Es kann ihr deswegen zugemutet werden, auch die weitere Zeit bis zur tatsächlich erfolgten Zulassung als Leistungserbringer abzuwarten.

Begründet ist dagegen der Klageantrag zu Ziffer 2 in der tenorierten Form.

Die Verfügungsbeklagte ist der Verfügungsklägerin gegenüber aufgrund eines vorvertraglichen Vertragsverhältnisses verpflichtet, auch Unterlagen, die ihr von der Verfügungsklägerin unaufgefordert zugesandt werden, nicht an eine andere Versorgungsfirma weiterzuleiten. Die Kundendaten und Unterlagen werden der Verfügungsbeklagten durch die Verfügungsklägerin nur im Rahmen eines Angebots auf Abschluß eines Leistungsvertrages übersandt. Wenn die Verfügungsbeklagte dieses Vertragsangebot nicht annehmen will, ist ihr dies unter Beachtung kartellrechtlicher Grenzen unbenommen . Sie kann die übersandten Unterlagen bei ihren Akten behalten, solange die Verfügungsklägerin diese nicht zurückfordert. Sie darf die Unterlagen aber nicht ohne die zuvor eingeholte Zustimmung der Verfügungsklägerin, an Dritte weiterleiten. Dabei ist die Frage, wer Eigentümer der von der Verfügungsklägerin vorgelegten Unterlagen ist,

ohne Bedeutung. Die Verfügungsklägerin hat die für den Versorgungsfall erforderlichen Unterlagen und Daten vom Versicherten der Verfügungsbeklagten oder vom Arzt des Versicherten oder zumindest jeweils mit deren Zustimmung erhalten. Ob dabei die Versicherten und/oder deren Ärzte sich an die Versicherungsrichtlinien der Verfügungsbeklagten gehalten haben, ist unbeachtlich. Zumindest hat die Verfügungsklägerin sich die Unterlagen nicht angeeignet. Ein Recht der Verfügungsbeklagten, hierüber nach eigenem Ermessen gegen den Willen der Verfügungsklägerin zu verfügen, besteht deswegen nicht. Daß die Verfügungsklägerin im Fall der Verweigerung der Kostenzusage mit einer Weiterleitung an eine dritte Versorgungsfirma nicht einverstanden ist, liegt auch

für die Verfügungsbeklagte erkennbar auf der Hand. Die Verfügungsklägerin hat auch glaubhaft gemacht, daß die Verfügungsbeklagte nicht nur, wie eingeräumt, die Versichertendaten, sondern auch für den Versorgungsfall bestimmte Unterlagen an Dritte weiterleitete. Wie die Schreiben der Verfügungsbeklagten Anlage AST 9, 15 bis 17 zeigen, wurde der Versorgungsauftrag an eine andere Firma erteilt. Die Verfügungsbeklagte hat nicht dargetan, wie dies ohne Weitergabe der ärztlichen Verordnung möglich sein soll. Sollte die Verfügungsbeklagte nur den Inhalt der ärztlichen Verordnung weitergegeben haben, etwa durch Kopie der Verordnung, steht dies der Weiterleitung der Verordnung selbst gleich.

Die Verfügungsbeklagte war auch nicht aus anderen Gründen zur Weiterleitung dieser Unterlagen und der Versichertendaten befugt. Ob sie das Einverständnis ihrer Versicherten zu dieser Vorgehensweise später eingeholt hat, kann dahinstehen, da ihr die Daten und Unterlagen nicht von den Versicherten, sondern von der Verfügungsklägerin übermittelt wurden. Dies geschah zwar ohne

Aufforderung der Verfügungsbeklagten. Gleichwohl kann nicht, wie die Verfügungsbeklagte es tut, von einer "aufgedrängten Bereicherung" gesprochen werden. Immerhin hat die Verfügungsbeklagte es für richtig befunden, mit der Verfügungsklägerin über mehrere Jahre contra legem Verträge zu schließen. Sie hat dies auch noch in Einzelfällen im Jahr 1997 getan, wie die im Termin überreichten Unterlagen zeigen. Aus diesem Verhalten der Verfügungsbeklagten ergibt sich im Rahmen eines vorvertraglichen Rechtsverhältnisses eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf den möglichen Vertragspartner, auch wenn es letztlich nicht zum Vertragsschluß kommt. Dessen durch die Bitte um Rücksendung deutlich geäußerter Wille darf von der Verfügungsbeklagten nicht übergangen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung der besonderen Verpflichtung der Verfügungsbeklagten ihrem Versicherungsnehmer gegenüber. Auch wenn die Verfügungsbeklagte ihre Verpflichtung zur schnellen Versorgung ihres Versicherungsnehmers mit notwendigen Hilfsmittel erfüllen muß, ist ihr dies unter Berücksichtigung der vorvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Verfügungsklägerin möglich. Zwar ist es denkbar, daß die schlechte gesundheitliche Situation des Versicherungsnehmers im Ausnahmefall ein sofortiges Handeln der Verfügungsbeklagten erforderlich machen kann . Daß in den hier in Rede stehenden vergangenen Fällen es sich um einen solchen Ausnahmefall gehandelt hat, hat die Verfügungsbeklagte nicht dargetan. Dies ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Unterlagen. Die bevorstehende Entlassung des Versicherten aus dem Krankennhaus, wie in einem Fall dokumentiert, ist nicht als ein solcher zum Eilhandeln nötigender Ausnahmefall zu sehen.

Die Verfügungsklägerin kann auch Ausspruch des begehrten Verbotes im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen. Ein Verfügungsgrund im Sinne von § 940 ZPO ist zu bejahen. Dabei kann dahinstehen, ob die Weiterleitung von Kundendaten- und Unterlagen in kartellrechtlicher und/oder wettbewerbsrechtlicher Sicht unzulässig ist. Die im Rahmen vorvertraglicher Rücksichtnahmepflicht zu beanstandende Verhaltensweise der Verfügungsbeklagten führt aber im FaIle der Wiederholung, von der angesichts des bisherigen Verhaltens der Verfügungsbeklagten auszugehen ist, zu wesentlichen Nachteilen für die Verfügungsklägerin. Auch wenn der Versicherungsnehmer von der Verfügungsbeklagten die in Rede stehenden Hilfsmittel nicht selbst bei der Verfügungsklägerin erwirbt, ergibt sich allein aufgrund der Übergabe der Versorgungsunterlagen durch den Versicherungsnehmer an die Verfügungsklägerin ein vertragsähnliches Verhältnis zwischen diesen, das durch das eigenmächtige Verhalten der Verfügungsbeklagten gestört wird. Zur Verhinderung dieser Störung ist das beantragte Verbot unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen beider Seiten nötig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 6,

709 ZPO.






LG Dortmund:
Urteil v. 10.04.1997
Az: 13 O 55/97 Kart.


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b1c48728af30/LG-Dortmund_Urteil_vom_10-April-1997_Az_13-O-55-97-Kart




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share