Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Februar 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 2/02

(BPatG: Beschluss v. 04.02.2004, Az.: 29 W (pat) 2/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Oktober 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen "Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke CapitalCityConnectionsoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 26. Oktober 2001 wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen setze sich aus den drei Wörtern "Capital", "City" und "Connection" zusammen, wobei "Capitalcity" "Hauptstadt" bedeute. In seiner Gesamtheit verstehe der Verkehr die angemeldete Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 sowie die Waren der Klasse 9 als beschreibende Angabe dafür, dass diese der Errichtung und dem Betrieb von Hauptstadtverbindungen dienten und hierfür besonders bestimmt und geeignet seien. Außerdem sei das Zeichen für die Waren der Klasse 16 und die Dienstleistungen der Klasse 35 eine beschreibende Angabe über den thematischen Inhalt bzw. den Schwerpunkt der Dienstleistungen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass die angemeldete Wortkombination unbekannt und im deutschen Sprachraum lexikalisch nicht nachweisbar sei. Auch als mögliches Fremdwort habe "CapitalCity-Connection" keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden und werde deshalb in Deutschland auch nicht allgemein verstanden. Unter Hinweis auf die "Babydry"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hält die Anmelderin die Unterscheidungskraft für gegeben, da es sich bei "CapitalCityConnection" um eine der Struktur nach ungewöhnliche Wortverbindung und um das Ergebnis einer lexikalischen Erfindung handle, welche nicht als "normale Ausdrucksweise" aufgefasst werden könne, um im vorliegend ausschließlich relevanten üblichen deutschen Sprachgebrauch die von der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben. Die Worte "capital", "city" und "connection" würden im deutschen Sprachraum auch nicht ohne weiteres im Sinne von "Hauptstadtverbindung" verstanden. Zumindest das Wort "capital" könne in der englischen Sprache unterschiedliche Bedeutungen haben, so dass es für die in Frage stehende Wortkombination verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten gebe. Darüber hinaus lasse sich weder mit der Marke "CapitalCityConnection" selbst noch mit der deutschen Übersetzung eine ohne weiteres verständliche Angabe über die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen machen, da die Marke keine sachliche Information bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittle. Vor diesem Hintergrund unterliege das Zeichen auch keinem Freihaltungsbedürfnis.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Oktober 2001 aufzuheben.

Der Senat hat der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung Rechercheunterlagen zur angemeldeten Wortfolge und ihren Bestandteilen übermittelt, die mit ihr in der mündlichen Verhandlung ebenso wie die dort übergebenen weiteren Unterlagen erörtert wurden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist überwiegend nicht begründet, da dem angemeldeten Zeichen für einen Teil der Dienstleistungen und einen Großteil der Waren jedenfalls die Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr.1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003, 1050 m.w.N. - Cityservice, BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK). Nach diesen Grundsätzen verfügt die Wortfolge "CapitalCityConnection" mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.

Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, beinhaltet "CapitalCityConnection" den für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Hinweis darauf, dass sie der Errichtung und dem Betrieb von Hauptstadtverbindungen dienen und hierfür besonders bestimmt und geeignet sind bzw. auf deren thematischen Inhalt oder ihren Schwerpunkt hinweisen. Dieser Aussagegehalt erschließt sich den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres und ohne analysierende Schritte. Angesichts der beanspruchten Waren und Dienstleistungen richtet sich das Zeichen an Fachkreise und interessierte Laien, die über entsprechende Fach- und Sprachkenntnisse verfügen, da Englisch hier Fach- und Werbesprache ist. Wie die Markenstelle bereits zutreffend festgestellt hat, besteht das angemeldete Zeichen aus den drei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern "Capital" für "Hauptstadt, "City" für "Stadt" und "Connection" für "Verbindung" (vgl. Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 1999). "City" hat mit der Bedeutung "(Haupt-) Stadt" ebenso Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden wie "Connection" für "Verbindung" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001; Wahrig Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000, sowie die Belege von www.wortschatz.unileipzig.de). Zudem existiert im Deutschen das Fremdwort "Kapitale" als (veralteter) Ausdruck für "Hauptstadt" (Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Aufl. 2000). "Capital" und "Capitalcity" werden im Englischen synonym für den Begriff "Hauptstadt" gebraucht (vgl. Langenscheidt, Großwörterbuch Englisch, 11. Aufl. 2001; PONS COLLINS, Großwörterbuch Deutsch/Englisch Englisch/Deutsch, 1999), was den oben genannten sprachkundigen Adressatenkreisen bekannt ist. Daher sind die Einzelbestandteile der angemeldeten Wortfolge entgegen der Auffassung der Anmelderin im Inland geläufige Wörter, so dass die Marke in ihrer maßgeblichen Gesamtheit ohne weiteres als "Hauptstadtverbindung" verstanden wird, wie die Rechercheergebnisse zeigen. So bezeichnet der Begriff u.a. einen Zusammenschluss professioneller Geschäftsleute (vgl. www.capitalcityconnection.com) und eine Footballmannschaft (vgl. www.nsudemons.com). Auch im allgemeinen englischen Sprachgebrauch ist die Wortfolge gebräuchlich (vgl. http://mysite.verzion.net und "The official website of the capital city Magdeburg" unter www.magdeburg.de/englisch). Ebenso wird der Begriff "city connection" für "Städteverbindung" in der deutschen Werbesprache verwendet, so beispielsweise als Bezeichnung für ein Computerspiel, bei dem der Nutzer durch verschiedene Metropolen fährt (www.viaweb.at), als "print city connections" als tool für ausdruckbare Städteverbindungen (www.lokomotive.de), als "City Connection: Tel Aviv" für die Verbindung zwischen Köln und der Partnerstadt Tel Aviv in Israel oder für die Reiseangebote unter www.ginfizz.de "New York City Connection". "CapitalCityConnection" im Sinn von "Hauptstadtverbindung" stellt für die beanspruchten Waren der Klasse 9 insofern eine im Vordergrund stehende Sachangabe dar, als es sich dabei zum einen um Geräte der Telekommunikation handeln kann, in denen hard- und/oder softwaremäßig (maschinenlesbare Datenaufzeichnungsgeräte) eine direkte Verbindung zu einer (Landes- oder zur Bundes-) Hauptstadt vorgesehen sein kann, etwa für den Nachrichtenaustausch als Standleitung, die z.B. durch eine entsprechend gekennzeichnete Taste aktiviert werden kann. Gleiches gilt für Fahrkartenautomaten, die - vergleichbar dem "Schönes-Wochenende-Ticket" der Bahn - gegen Geld oder via Abbuchung Fahrkarten für die Verbindung zur jeweiligen Hauptstadt oder aber für den innerstädtischen Verkehrsverbund der Hauptstadt nach Betätigung einer dafür vorgesehenen Taste ausdrucken. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38 "Telekommunikation, Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation" weist die Wortfolge "CapitalCityConnection" dem gemäß auf den Gegenstand der Telekommunikation bzw. auf die Eignung oder Bestimmung der Einrichtungen hin. Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klasse 42. Bei den Druckereierzeugnissen kann es sich sowohl um eine Inhalts- oder Themenangabe handeln als auch bei den Karten um einen Hinweis auf einen Zugang zu einer Hauptstadtverbindung. Das angemeldete Zeichen nimmt damit auf konkrete vorteilhafte Eigenschaften der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in für den maßgeblichen fachkundigen Verkehrskreis verständlicher Form Bezug und ist wegen ihres im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb geeignet.

2. Hinsichtlich der Waren "Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und der Dienstleistungen "Werbung und Geschäftsführung" liegt dagegen kein Eintragungshindernis vor.

a) Lehr- und Unterrichtsmittel können sich zwar im weitesten Sinne mit Hauptstädten oder Verbindungen zu Hauptstädten befassen, sind aber regelmäßig nicht einseitig auf die Darstellung derartiger Verbindungen beschränkt. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise in "CapitalCityConnection" einen Sachhinweis sehen. Vielmehr wird die Marke vom Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Gleiches gilt für die beanspruchten Büroartikel, bei denen die Wortfolge "CapitalCityConnection" keinen Sinn ergibt. Bei den Dienstleistungen Werbung und Geschäftsführung werden die angesprochenen Verkehrskreise dem Zeichen "CapitalCityConnection" nicht ohne weitere analytische Schritte spezifisch für diese Dienstleistungen vorteilhafte Eigenschaften entnehmen. Auch wenn beim Betrieb und der Leitung eines Unternehmens aus diesen Branchen Verbindungen zur Hauptstadt nützlich sein können, so erfordert diese Überlegung mehrere Assoziationen um zu dem Schluß zu gelangen, eine Hauptstadtverbindung sei nützlich für Lobbyisten.

b) Bezüglich der vom Tenor erfassten Waren und Dienstleistungen besteht auch kein Freihaltungsbedürfnis. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr unter anderem zur Bezeichnung der Beschaffenheit, des Wertes oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistungen dienen können. Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn wie hier die Benutzung der fraglichen Bezeichnung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist. Dies setzt aber voraus, dass eine solche Verwendung jederzeit in der Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, 726 Tz. 37 = WRP 1999, 629 - Chiemsee; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt, m.w.N.; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it.). Wie bereits ausgeführt wurde, kann der Marke in ihrer konkret angemeldeten Form keine sachbeschreibende Aussage in Bezug auf die verbleibenden Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden, so dass Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen haben könnten, nicht erkennbar sind.

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