Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 15. November 2004
Aktenzeichen: 25 WF 228/04

(OLG Köln: Beschluss v. 15.11.2004, Az.: 25 WF 228/04)

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 28.9.2004 (304 F 1/04) wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der vorläufige Gegenstandswert beträgt für

a) die Scheidung 3.750 EUR

b) den Versorgungsausgleich 500 EUR.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Streitwert für Scheidung und Versorgungsausgleich vorläufig festgesetzt. Einwendungen hiergegen sind gem. § 25 Abs. 2 S. 1 GKG nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend zu machen. Einen solchen Beschluss des Gerichts gibt es vorliegend nicht und wird es auch nicht geben, weil beiden Parteien ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Andererseits räumt § 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO dem Anwalt ein eigenes Beschwerderecht gegen die Festsetzung des Streitwertes ein. Hintergrund der Regelung ist, dass durch eine zu niedrige Festsetzung des Streitwertes der Gebührenanspruch des Anwalts tangiert wird. Da auch die vorläufige Festsetzung für den Anwalt schon verbindlich ist - hier für die Festsetzung des Vorschusses nach § 127 BRAGO - muss ihm auch insoweit ein Beschwerderecht zustehen. § 9 Abs. 1 S. 1 BRAGO geht insoweit § 25 Abs. 2 S. 1 GKG vor (vgl. AnwKom-BRAGO-N.Schneider § 9 Rn 61 ff m.w.N.).

Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet.

Gem. § 12 Abs. 2 S. 1 GKG ist in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach freiem Ermessen zu bestimmen. Er beträgt jedoch nach § 12 Abs. 2 S. 4 GKG mindestens 2.000 EUR.

Nach § 12 Abs. 2 S. 2 GKG ist in Ehesachen für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen. Dabei ist gem. § 15 GKG der Zeitpunkt des die Instanz einleitenden Antrags, also die Anhängigkeit entscheidend.

Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Antragstellerin über ein Nettoeinkommen von 300 EUR. Der Antragsgegner verfügte über ein Nettoeinkommen von 1.600 EUR. Hiervon sind jedoch nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 26.4.2002 - 25 WF 89/02) in Abzug zu bringen die Kredite mit 345 EUR bzw. 105 EUR sowie der Kindesunterhalt mit 200 EUR, insgesamt somit 650 EUR, so dass ein anzurechnendes Einkommen von 950 EUR verbleibt. Es ergibt sich damit ein Gesamteinkommen von monatlich 1.250 EUR; der dreifache Betrag ergibt damit 3.750 EUR.

Der Senat folgt nicht der teilweise vertretenen Auffassung, dass bei beiderseits ratenfreier Prozesskostenhilfe nur vom Mindestwert 2.000 EUR auszugehen ist (so aber z.B. OLG Hamm [11.ZS] FamRZ 2004, 1297; OLG Schleswig OLGR 2004, 306). Er schließt sich vielmehr aus den nachfolgenden Gründen der Gegenmeinung (z.B. OLG Hamm [7. ZS] OLGR 2004, 227; OLG Koblenz OLGR 2004, 127; OLG Zweibrücken OLGR 2004, 195) an. Für die Festsetzung von Ratenzahlungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe sind nach § 115 ZPO Gesichtspunkte maßgeblich, auf die es für die Streitwertfestsetzung nicht ankommt, z.B. die Kosten der Unterkunft und Heizung oder die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§§ 115 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO, 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG). Zu Recht weist auch das KG (KGReport Berlin 2003, 385) darauf hin, dass es sich bei dem Institut der Prozesskostenhilfe um eine Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge zur grundgesetzlich geschützten Rechtsweggewährung handelt, die Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege ausübt (BVerfGE 9, 258; 35, 355) und allein deshalb eine Sozialhilfeleistung als Hilfe in besonderen Lebenslagen für die Rechtsverfolgung unnötig macht. Sie orientiert sich daher an sozialhilferechtlichen Kriterien. Ein Zusammenhang mit der hiervon unabhängigen Streitwertbemessung existiert nicht. Den (berechtigten) Belangen der öffentlichen Hand, die hierzu erforderlichen Aufwendungen auf das Notwendigste zu beschränken, ist durch § 123 BRAGO Rechnung getragen.

Die Festsetzung des Wertes für den Versorgungsausgleich ist hingegen nicht zu beanstanden. Es handelt sich dabei zwar um den Mindestwert, doch ist derzeit nicht absehbar, dass der letztlich maßgebliche Jahreswert den Mindestwert überschreiten wird. Dies kann erst bei der endgültigen Festsetzung Berücksichtigung finden.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt (§ 25 Abs. 4 GKG a.F.).






OLG Köln:
Beschluss v. 15.11.2004
Az: 25 WF 228/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b046b604b081/OLG-Koeln_Beschluss_vom_15-November-2004_Az_25-WF-228-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share