Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. August 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 43/09

(BPatG: Beschluss v. 04.08.2010, Az.: 35 W (pat) 43/09)

Tenor

I. Der Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 13. Mai 2009 wird aufgehoben.

II. Der Antragsteller wird in die Frist zur Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr nebst dem Zuschlag wiedereingesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller war Inhaber des am 10. April 2001 angemeldeten Gebrauchsmusters mit der Bezeichnung ... , das am 21. Februar 2002 in das Register eingetragen worden ist.

Nachdem die sechsjährige Schutzdauer für das Gebrauchsmuster am 10. April 2007 abgelaufen war und der Antragsteller die Aufrechterhaltungsgebühr für das 7. und 8. Jahr der Schutzdauer (zweite Aufrechterhaltungsgebühr) nicht bis zum Ablauf der zuschlagsfreien Zahlungsfrist bezahlt hatte, wurde ihm von der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts (DPMA) mit Bescheid vom 11. September 2007 mitgeteilt, dass für eine weitere Aufrechterhaltung bis 31. Oktober 2007 die Aufrechterhaltungsgebühr von 350,--€ sowie ein Zuschlag in Höhe von 50,--€ entrichtet werden müsse. Eine fristgerechte Zahlung erfolgte nicht. Das Gebrauchsmuster ist deshalb nach einer Laufzeit von 6 Jahren im Register gelöscht worden.

Am 10. April 2008 hat der Antragsteller beim DPMA die Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist beantragt. Mit einer gleichzeitig beim DPMA eingereichten Einzugsermächtigung über den Gesamtbetrag von 400,--€ hat er die Aufrechterhaltungsgebühr nebst den Zuschlag nachentrichtet. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags trägt er vor, dass er sein Gebrauchsmuster mit Vereinbarung vom 22. Oktober 2002 auf die Firma P... GmbH mit Sitz in K.... (im Folgenden: Erwerberin) übertragen habe. Den Bescheid der Gebrauchsmusterstelle vom 11. September 2007 über die noch ausstehende Zahlung habe er an die Erwerberin seines Gebrauchsmusters weitergeleitet und diese zur Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr und des Zuschlags aufgefordert. Da er von der Erwerberin keine weitere Nachricht erhalten habe, sei er davon ausgegangen, dass die Aufrechterhaltungsgebühr nebst dem Zuschlag von dieser bezahlt worden sei. Dass dies nicht der Fall gewesen und das Gebrauchsmuster erloschen war, habe er erst anlässlich einer Besprechung mit seinem anwaltlichen Vertreter erfahren, die am 27. Februar 2008 stattgefunden habe.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2009 hat die Gebrauchsmusterstelle des DPMA den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Gebrauchsmusterstelle ausgeführt, der Antragsteller habe nach eigenem Vortrag die Frist zur Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr und des Zuschlags bewusst verstreichen lassen. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehen könnte, dass er durch die geschilderten Umstände gehindert gewesen sei, die Zahlung selbst vorzunehmen, so wäre die eingetretene Fristversäumung jedenfalls nicht unverschuldet gewesen. Die von ihm vorgelegte, mit der Erwerberin getroffene Vereinbarung über die Übertragung des Gebrauchsmusters vom 22. Oktober 2002 enthalte keine Regelung, wer die Zahlung der künftig fällig werdenden Aufrechterhaltungsgebühren vornehmen solle. Der Antragsteller hätte nicht ohne weiteres darauf vertrauen dürfen, dass die Erwerberin etwaige Zahlungen veranlassen würde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 12. Juni 2009 beim DPMA eingegangene Beschwerde des Antragstellers. In der Beschwerde hat der Antragsteller vorgetragen, dass -über die zwischen ihm und der Erwerberin am 22. Oktober 2002 getroffenen Vereinbarung hinaus -außerdem vereinbart worden sei, dass die Erwerberin alle künftig für die Aufrecherhaltung des Gebrauchsmusters anfallenden Kosten tragen werde. Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags hat, der Antragsteller u. a. eine eidesstattliche Versicherung des Herrn K..., dem ehemaligen Verkaufsleiter der Erwerberin, vom 1. April 2004 vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), den angegriffenen Beschluss vom 13. Mai 2009 aufzuheben und ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr nebst dem Zuschlag zu gewähren.

Wegen den weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der angefochtene Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des DPMA vom 13. Mai 2009 erweist sich letztlich nicht als zutreffend.

Nach § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 123 Abs. 1 und 2 PatG kann jeder Gebrauchsmusterinhaber, der ohne Verschulden gehindert war, eine gegenüber dem DPMA einzuhaltende Frist, deren Versäumung einen unmittelbaren Rechtsnachteil zur Folge hat, zu wahren, innerhalb von zwei Monaten nach "Wegfall des Hindernisses" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Innerhalb dieser Frist muss er schlüssig jene Tatsachen vortragen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen (§ 123 Abs. 2 Satz 1 PatG), also insbesondere jene Umstände nennen, aus denen sich eine unverschuldetes Versäumen der Frist ergibt. Darüber hinaus muss innerhalb dieser Frist auch die versäumte Handlung nachgeholt werden. Diese Wiedereinsetzungsvoraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Der Antragsteller hat die 2-monatige Frist des § 123 Abs. 2 Satz 2 PatG eingehalten. Sein am 10. April 2008 beim DPMA eingegangener Wiedereinsetzungsantrag ist fristgerecht gestellt worden, da der Antragsteller erst am 27. Februar 2008 anlässlich einer Besprechung mit seinem anwaltlichen Vertreter vom Erlöschen des Gebrauchsmusters erfahren hatte. Darüber hinaus hat er auch die versäumte Handlung (Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr nebst dem Zuschlag) fristgerecht nachgeholt, indem er zusammen mit seinem Wiedereinsetzungsantrag eine in Höhe von 400,--€ ausgestellte Einzugsermächtigung beigefügt hatte, die auch zur Einziehung dieses Betrages geführt hat.

Der Antragsteller hat ferner dargetan und glaubhaft gemacht hat, dass er ohne eigenes Verschulden gehindert war, die zweite Aufrechterhaltungsgebühr nebst dem Zuschlag rechtzeitig zu entrichten.

Zutreffend ist bereits der Einwand des Antragstellers, dass ihm nicht zur Last gelegt werden könne, er habe die Frist zur Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr -wovon die Gebrauchsmusterstelle jedoch im angegriffenen Beschluss ausgegangen ist -bewusst verstreichen lassen. Diese Sichtweise verbietet sich deshalb, weil der Antragsteller gerade davon ausgegangen war, dass die Erwerberin, nachdem er dieser den Bescheid der Gebrauchsmusterstelle vom 11. September 2007 über die noch ausstehende Zahlung übermittelt und sie zur Zahlung aufgefordert hatte, die zur Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters notwendige Zahlung vornehmen würde.

Der Antragsteller hat auch die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet, als er die Erwerberin zur Zahlung der zweiten Aufrechterhaltungsgebühr aufgefordert und gleichzeitig darauf vertraut hatte, diese werde seiner Aufforderung ohne weiteres Folge leisten. Dies ergibt sich aus dem späteren Vortrag des Antragstellers, dass zwischen ihm und dem damaligen Verkaufsleiter der Erwerberin, Herrn K..., in einem Gespräch, das nach der Zahlung der ersten Aufrechterhaltungsgebühr stattgefunden hatte, vereinbart worden war, dass die Erwerberin alle künftig zur Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters anfallenden Gebühren bezahlen werde. Hierbei handelt es sich um einen zulässigen Vortrag, der das vom Antragsteller innerhalb der 2-monatige Frist nach § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 2 PatG im Kern bereits Geschilderte lediglich erläutert bzw. ergänzt (vgl. Schulte, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 123 Rdn. 41). Dass eine solche Zahlungsvereinbarung tatsächlich getroffen wurde, ergibt sich zudem glaubhaft aus der mit Schriftsatz des Antragstellers vom 7. April 2010 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn K... vom 1. April 2004. In dieser eidesstattlichen Versicherung hat Herr K... erklärt, dass er mit Zustimmung des Geschäftsführers der Erwerberin, Herrn U..., gegenüber dem Antragsteller zugesichert habe, die Erwerberin werde künftig alle im Zusammenhang mit dem Gebrauchsmuster anfallenden Gebühren bezahlen.

Müllner Herr Richter Guth ist we-Eisenrauchgen Erholungsurlaubs ander Unterschrift gehindert.

Müllner Pr






BPatG:
Beschluss v. 04.08.2010
Az: 35 W (pat) 43/09


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