Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2007
Aktenzeichen: 6 W 89/07

(Brandenburgisches OLG: Beschluss v. 22.06.2007, Az.: 6 W 89/07)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 29.9.2003 - 5 O 71/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 7.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin zu 1. ist in dem Rechtsstreit I. Instanz von den Antragstellern anwaltlich vertreten worden.

Mit der Klage hat die Antragsgegnerin zu 1. von der Beklagten die Zahlung von 222.172,66 DM gefordert. Der geltend gemachte Werklohnanspruch war der Antragsgegnerin zu 1. von der S. und J. GbR abgetreten worden.

Die Beklagte hat sodann Widerklage gegen die Antragsgegnerin zu 1. sowie Drittwiderklage gegen den Gesellschafter bürgerlichen Rechts, die Antragsgegner zu 2. und 3. erhoben.

Mit der Widerklage hat sie von der Widerbeklagten und den beiden Drittwiderbeklagten die Zahlung von 63.930 DM als Gesamtschuldner gefordert.

Die Drittwiderbeklagten S. und J. sind in dem Rechtsstreit sodann ebenfalls von den Antragstellern anwaltlich vertreten worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2001 ist die Widerklage zurückgenommen worden.

In erster Instanz ist der Streitwert auf 222.172,66 DM festgesetzt worden.

Mit Antrag vom 24.7.2002 haben die Antragsteller um Festsetzung ihrer anwaltlichen Vergütung gegen die Antragsgegnerin zu 1. nachgesucht.

Die festzusetzende Prozess- und Verhandlungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 BRAGO) haben sie aus einem Streitwert, addiert aus den Werten der Klage und Widerklage errechnet, die festzusetzende Beweisgebühr (§ 31 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO) aus dem Wert der Klage.

Ferner haben sie die Festsetzung einer 6/10 Gebühr (§ 6 BRAGO) aus dem Wert der Widerklage begehrt.

Der so errechneten anwaltlichen Vergütung haben die Antragsteller sodann verauslagte Gerichtskosten hinzugesetzt von 6.065 DM und hiervon in Abzug gebracht bereits gezahlte Gebühren von 6.065 DM.

Insgesamt haben die Antragsteller die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 13.681,85 DM gegen die Antragsgegnerin zu 1. begehrt.

Mit Beschluss vom 2.12.2002 hat das Landgericht Neuruppin die von der Antragsgegnerin zu 1. an die Antragsteller zu zahlende Vergütung (§ 19 BRAGO) auf6.897,39 €festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin zu 1. die am 21.12.2002 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Festsetzung richte sich allein gegen ihre Person und nicht auch gegen die Drittwiderbeklagten. Aus diesem Grunde hätte die Erhöhungsgebühr nach § 6 BRAGO nicht festgesetzt werden dürfen.

Die Antragsteller haben daraufhin mit Schriftsatz vom 31.1.2003 beantragt, nunmehr auch ihre anwaltliche Vergütung (§ 19 BRAGO) gegen die Drittwiderbeklagten S. und J. festzusetzen und zwar ebenfalls in Höhe von 6.897,39 € nebst Zinsen, wobei sie die Anordnung begehrten, dass die Antragsteller von jedem der Antragsgegner nur maximal 6.426,64 € nebst Zinsen verlangen können.

Die Drittwiderbeklagten J. und S. haben beantragt, den Vergütungsfestsetzungsantrag zurückzuweisen.

Der Drittwiderbeklagte J. hat vorgetragen, er habe diverse Zahlungen getätigt unter anderem an Rechtsanwälte Ap. und Kollegen von insgesamt 12.000 DM.

Der Drittwiderbeklagte S. hat vorgetragen, es seien zu Händen von Rechtsanwälten Ap. und Kollegen mehr als 8.000 € als Vorschuss gezahlt worden.

(Wegen der im Einzelnen behaupteten Zahlungen wird auf die Aufstellung Bl. 808, Band III d. A. Bezug genommen).

Das Landgericht Neuruppin forderte daraufhin von den Antragstellern eine Aufstellung der von den Parteien an die Anwälte geleisteten Zahlungen.

Die Antragsteller stellten die von den Drittwiderbeklagten behaupteten Zahlungen in Abrede und verwiesen auf die auf Gerichtskosten geleisteten Zahlungen in Höhe von 6.065 DM durch die Klägerin. Diese Zahlung sei bei der Festsetzung der anwaltlichen Vergütung ordnungsgemäß abgerechnet worden.

Zugleich teilten die Antragsteller mit, Rechtsanwalt Ap. habe sich im November 2001 von der Sozietät getrennt.

Rechtsanwalt Ap. hat mit Schriftsatz vom 22.9.2003 mitgeteilt, nur ein am 21.8.2001 an ihn gezahlter Betrag in Höhe von 800 DM habe mit dem vorliegenden Rechtsstreit zu tun. Weitere Zahlungen (6.000 DM und 1.000 DM und 2 x 3.000 DM und 1.342,50 DM) hätten mit dem vorliegenden Rechtsstreit nichts zu tun.

Mit Beschluss vom 29.9.2003 hat das Landgericht Neuruppin den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 2.12.2002 aufgehoben und entschieden, dass die Festsetzung unterbleiben solle. Die Antragsteller würden mit ihren Ansprüchen auf den Rechtsweg verwiesen werden.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Drittwiderbeklagten hätten den Einwand der Erfüllung erhoben. Auf Grund der widersprüchlichen Angaben der am Vergütungsfestsetzungsverfahren beteiligten Parteien betreffend erfolgte Zahlungen, insbesondere auch im Hinblick auf eventuell getätigte Zahlungen an den ehemals in der Kanzlei der Antragsteller tätigen Rechtsanwalt Ap. könne das Gericht nicht überprüfen, ob und in welcher Höhe der Anspruch der Antragsteller teilweise oder gar vollständig durch Zahlung erfüllt sei. Die Festsetzung sei daher abzulehnen (§ 19 Abs. 5 BRAGO).

Gegen diesen ihnen am 6.10.2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8.10.2003 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller.

Diese meinen, der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 2.12.2002 hätte nicht vollständig aufgehoben werden dürfen, da die Antragsgegnerin zu 1. sich nur gegen die Festsetzung der 6/10 Gebühr (§ 6 BRAGO) gewendet habe. Die Antragsgegnerin zu 1. habe selbst nicht Erfüllung von Forderungen behauptet. Es sei der Grundsatz €ne ultra petitum€ zu beachten.

Das Landgericht sei lediglich gehalten gewesen, den Vergütungsantrag betreffend die Drittwiderbeklagten S. und J. zurückzuweisen. Im Übrigen sei der Einwand der Erfüllung unzutreffend.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, §§ 19 BRAGO, 11 RPflG, 567 Abs. 1, 569 ZPO.

In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Auch die Beschwerde der Antragsteller sind in materiell-rechtlicher Hinsicht die Vorschriften der BRAGO (§ 19) anzuwenden, da diese zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde im Jahre 2003 gegolten haben.

Zu Recht hat das Landgericht Neuruppin mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.9.2003 den Festsetzungsbeschluss vom 2.12.2002 aufgehoben und den Festsetzungsantrag in der Fassung vom 31.1.2003 zurückgewiesen (§ 19 Abs. 5 BRAGO).

Die Festsetzung war abzulehnen, da die Antragsgegner zu 2. und 3. Einwendungen erhoben haben, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Zu diesen Einwendungen zählt die Behauptung der Erfüllung (§ 362 BGB).

Der Einwand der Erfüllung ist nach § 19 Abs. 5 BRAGO jedenfalls dann beachtlich, wenn die Partei den Zeitpunkt und die Art der Zahlung schlüssig dargetan hat, mithin also ihre Behauptungen nicht aus der Luft gegriffen erscheinen.

Das ist hier der Fall. Die Drittwiderbeklagten S. und J. haben im Einzelnen dargelegt, wann sie welche Beträge an wen geleistet haben.

Der Vortrag dieser Widerbeklagten ist beachtlich. Die Antragsteller haben nämlich abweichend von ihrem ursprünglichen Vergütungsfestsetzungsantrag mit Antrag vom 31.1.2003 die Festsetzung ihrer Vergütung gegen sämtliche ihrer Auftraggeber, mithin auch die Drittwiderbeklagten, begehrt. Über diesen geänderten Festsetzungsantrag hatte das Landgericht Neuruppin mit dem hier angefochtenen Beschluss zu entscheiden. Diese Entscheidung betreffend den Vergütungsfestsetzungsantrag vom 31.1.2003 ist Gegenstand des hier vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

Die von den Drittwiderbeklagten erhobenen Einwendungen führen dazu, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, dass die Entscheidung darüber, ob der Vergütungsanspruch der Antragsteller bereits erfüllt worden ist, einem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleiben muss.

Soweit die Antragsteller nun in der Beschwerde vorgetragen haben, der Antrag vom 31.1.2003 sei dahin zu verstehen, dass dieser allein die Drittwiderbeklagten S. und J. betreffe, während der Festsetzungsantrag vom 24.7.2002, gerichtet gegen die Antragsgegnerin zu 1., keine Veränderung erfahren habe, kann dem nicht gefolgt werden.

Der Antrag vom 31.1.2003 ist bereits seinem Wortlaut nach nur dahin auszulegen, dass nunmehr eine Vergütung gegen sämtliche Mandanten, bezeichnet als Antragsgegner zu 1. und zu 2. und zu 3., nach dem Willen der Antragsteller festzusetzen sei.

Zwar waren die Antragsteller im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens nicht gehalten, ihre mehreren Auftraggeber gemeinsam auf Vergütung im Wege des Festsetzungsverfahrens in Anspruch zu nehmen.

Jeder dieser Auftraggeber schuldet dem Anwalt die Gebühren, die er schulden würde, wenn der Anwalt allein in seinem Auftrag tätig geworden wäre (§ 6 Abs. 2 BRAGO). Andererseits darf der Rechtsanwalt von allen Auftraggebern zusammen nicht mehr als die Gesamtvergütung fordern. Dieser rechtlichen Konstellation haben die Antragsteller Rechnung getragen, indem sie im Antrag vom 31.1.2003 den von jedem Auftraggeber begehrten, maximal zu zahlenden Betrag bezeichnet haben.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller kommt dem ursprünglichen Vergütungsfestsetzungsantrag gegen die Antragsgegnerin zu 1. keine rechtliche Bedeutung mehr zu, da dieser Antrag eine Änderung erfahren hat durch den Schriftsatz vom 31.1.2003. Insofern ist der von den Antragstellern angeführte Grundsatz €ne ultra petitum€ nicht tangiert.

Wegen des geänderten Vergütungsfestsetzungsantrages ist es den Antragstellern im Beschwerdeverfahren verwehrt, auf ihren ursprünglichen Festsetzungsantrag betreffend die Antragsgegnerin zu 1. zurückzugreifen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Frage, ob Kosten im Beschwerdeverfahren anfallen und ob eine Erstattungsfähigkeit gegeben ist, beurteilt sich nach der zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde geltenden Rechtslage.

Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden und hier maßgeblichen Vorschrift des § 19 BRAGO war lediglich die Gebührenfreiheit des Vergütungsfestsetzungsverfahrens selbst vorgesehen (§ 19 Abs. 2 Satz 4 und 5 BRAGO).

Durch das Beschwerdeverfahren wurden hingegen erstattungsfähige Kosten und Gebühren ausgelöst.

Über diese Kosten war entsprechend den Vorschriften der §§ 91 ff. 97 ZPO zu entscheiden (Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 19 Rn. 105).

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gemäß §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.






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