Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 150/04

(BPatG: Beschluss v. 02.08.2006, Az.: 26 W (pat) 150/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2004 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren

"16 Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, nämlich Druckschriften, Zeitschriften, Bücher, Poster, Aufkleber, Kalender, Fotografien, Alben, Etiketten, Sticker, Sammelbilder, Modelle, Werbeträger 25 Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen 28 Lehr- und Unterrichtsmaterial; Spielzeug, Spiele, insbesondere Lehr- und Lernspiele (auch aus Holz), Spieltiere, Plüschtiere"

bestimmten Wortmarke Bonizurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat sie ausgeführt, "Boni" sei der Plural des Wortes "Bonus". Dieses sei ein Begriff aus der deutschen Geschäfts- und Handelssprache, das im Sinne von "Rabatt", "Vergütung", "preislicher Nachlass" und "Zugabe" verwendet werde. In Abkehr von dem BGH-Beschluss "BONUS II" sei festzustellen, dass es sich bei dem Begriff "Boni" um ein in der heutigen aktuellen Werbesprache durchaus gebräuchliches und nachweislich vielfach verwendetes Wort handele, das lediglich den Zweck habe, darauf hinzuweisen, dass beim Kauf der so bezeichneten Waren mit Preisnachlässen und/oder Zugaben gerechnet werden könne. Der Hauptgrund für die von dem vorgenannten BGH-Beschluss abweichende Bewertung der Schutzfähigkeit sei darin zu sehen, dass im August 2001 das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung weggefallen seien. Auf Grund der erfolgten Liberalisierung des Wettbewerbs könnten Rabatte und Zugaben in unbeschränkter Höhe gewährt werden. Davon profitierten die Verbraucher nunmehr z. B. durch Bonusprogramme. Auch wenn der Begriff "Boni" die beanspruchten Waren und deren Eigenschaften nicht unmittelbar beschreibe, so sei mit ihm doch zumindest eine gefühlsmäßig positive Vorstellung verbunden, die zu Werbezwecken eingesetzt werden könne. Ein rechtserheblicher Teil des Verkehrs werde in dem Begriff "Boni" deshalb nur eine schlagwortartige Werbeaussage sehen. Vor diesem Hintergrund könne die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nicht bejaht werden.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der angegriffene Beschluss gehe in seiner Begründung nicht über die vom BGH in dessen "BONUS II"-Beschluss dargelegten Grundsätze hinaus, weshalb dieser Beschluss einer Schutzversagung für die angemeldete Marke weiterhin entgegenstehe. Die von der Markenstelle dem angefochtenen Beschluss beigefügten Internetbeispiele ließen nicht erkennen, dass das Wort "Boni" auch unter Berücksichtigung der heutigen Werbesprache nur als Hinweis auf Rabatte oder Zugaben verstanden werde. Seine Bedeutung bleibe unscharf, da es im Zusammenhang mit verschiedenartigen Waren und Dienstleistungen, wie z. B. Kugelschreibern, Versicherungsleistungen, oder im Zusammenhang mit Prozenten von Umsätzen verwendet werde. Die angemeldete Marke beschreibe, wie der BGH bereits in Bezug auf das Wort "BONUS" festgestellt habe, nicht die Eigenschaft einer Ware und sei in seinem Bedeutungsgehalt so weit, dass es der Verkehr als betriebliche Herkunftsbezeichnung auffasse.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Das Wort "Boni" ist, wie die Markenstelle des Patentamts im Ausgangspunkt zutreffend festgestellt hat, der Plural des Begriffs "Bonus", mit dem im Verkehr üblicherweise auf irgendeine Art von Vorteil, wie z. B. einen Rabatt oder eine Zugabe, hingewiesen wird. Die angemeldete Marke bezeichnet in dieser Bedeutung offensichtlich keine Eigenschaft einer der in der Anmeldung aufgeführten Waren selbst, sondern einen anlässlich des Erwerbs dieser Waren möglicherweise zu erwartenden Vorteil. Hiervon geht offenbar auch die Markenstelle aus. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, das nur Angaben von der Eintragung als Marke ausschließt, die zur Bezeichnung von Eigenschaften der Waren dienen können, nicht aber mittelbar mit diesen in Verbindung stehende Betriebsmodalitäten, steht einer Eintragung der angemeldeten Marke somit nicht entgegen.

Der angemeldeten Marke fehlt jedoch entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 - Philips; MarkenR 2003, 227, 231 d - Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 2004, 30 f. - Cityservice).

Im Hinblick auf den der angemeldeten Marke zugrunde liegenden Begriff "Bonus" hat der Bundesgerichtshof die Unterscheidungskraft für eine Anzahl chemischer und veterinärmedizinischer Erzeugnisse mit Beschluss vom 28. Februar 2002 festgestellt (BlPMZ 2002, 380 - BONUS II). Zur Begründung hat er seinerzeit ausgeführt, das Wort "Bonus" sei zwar in der deutschen Geschäfts- und Handelssprache eine gebräuchliche Angabe, die jedoch im Allgemeinen Sprachgebrauch in ganz verschiedenen Zusammenhängen und zur Bezeichnung eines irgendwie gearteten, nicht näher erfassbaren Vorteils verwendet werde. Seine unterschiedlichen Verständnismöglichkeiten schlössen es aus, dass der Verkehr ihm eine einzige, eindeutige Bedeutung entnehmen könne, weshalb es zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sei. Dass es sich um eine schlagwortartige Werbeaussage allgemeiner Art handele, stehe der Annahme von Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen, weil sich bei einer Marke die Identifizierungsfunktion einerseits und die Werbewirkung andererseits nicht gegenseitig ausschlössen.

Demgegenüber steht nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus der Sicht der Durchschnittsverbraucher stets die maßgebliche Herkunftsfunktion im Vordergrund, hinter der eine mögliche Werbefunktion zurückzutreten hat (EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Nr. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Deshalb fehlt einer in erster Linie als werbemäßige Anpreisung zu verstehenden Angabe die erforderliche Unterscheidungskraft, weil sie nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (so z. B. auch: EuG GRUR Int. 2004, 944, 946, Nr. 29-32 - Mehr für Ihr Geld).

Im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof seinerzeit als schutzbegründend bewertete Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit des Wortes "BONUS" ist ferner zu berücksichtigen, dass nunmehr verschiedene, in Bezug auf die angemeldeten Waren gleichwertige Bedeutungen einer Marke nicht für deren Unterscheidungskraft sprechen, wenn sich alle Deutungsmöglichkeiten als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; EuG GRUR Int. 2006, 44, 46, Nr. 84 - LIVE RICHLY). Weiterhin können auch relativ allgemeine Angaben von Fall zu Fall als verbraucherorientierte Sachinformation zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich auf allgemeine Sachverhalte beziehen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice).

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs könnte die Unterscheidungskraft des Begriffs "BONUS" heute durchaus berechtigten Zweifeln begegnen. Letztlich kann die Frage der Unterscheidungskraft des Begriffs "BONUS" jedoch dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall nicht die Schutzfähigkeit dieser Grundform, sondern die der konkret angemeldeten Marke "Boni" zu beurteilen ist, die - unabhängig von der Unterscheidungskraft seiner Grundform - gegeben sein kann und nach Auffassung des Senats auch tatsächlich gegeben ist.

Auch wenn in Übereinstimmung mit der Markenstelle von einer seit dem BGH-Beschluss "BONUS II" verstärkt zu beobachtenden Tendenz zur Bewerbung von Waren und Dienstleistungen mit jetzt nahezu unbegrenzt zulässigen Rabatten, Zugaben und sonstigen Vergünstigungen ausgegangen wird, bleibt festzustellen, dass hierfür der Plural "Boni" des Begriffs "Bonus" nur in sehr geringem Umfang Verwendung findet. Soweit er verwendet wird, beschränkt sich sein Einsatz weitgehend auf das Wirtschaftsleben und den speziellen Sprachgebrauch innerhalb der Wirtschaft. Einem nicht unerheblichen Teil der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der hier maßgeblichen Waren, deren Angebot sich an die Allgemeinheit aller Verbraucher richtet, ist nach Überzeugung des Senats das Wort "Boni" als Mehrzahl des Begriffs "Bonus" schon gar nicht geläufig. Selbst Verbraucher, die diesen Plural an sich aus dem Wirtschaftsleben kennen, werden ihn bei einer Verwendung auf oder im Zusammenhang mit einer der beanspruchten Waren in einem rechtserheblichen Umfang nicht ohne weiteres erkennen und seine Bedeutung nicht ohne weiteres erfassen, denn eine einzelne Ware kann zwar als "Bonus" gegeben werden, nicht jedoch als "Boni". Zwar könnte sich die angemeldete Pluralform theoretisch auf ein ganzes Programm von verschiedenen "Boni" beziehen. Diese werbende Bedeutung wird sich jedoch dem Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren ohne gedankliches Analysieren, zu dem er erfahrungsgemäß nicht neigt (BGH GRUR 2003, 58, 60, Nr. 24 - Companyline), in der Regel nicht erschließen, weil das Wort "Boni" auf ihn regelmäßig bei der ersten Begegnung wie ein Name oder eine sonstige Fantasiebezeichnung wirkt. Einer Bezeichnung, deren beschreibender oder werbender Aussagegehalt nicht so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass er für den unbefangenen Durchschnittsverbraucher unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist, kann aber jegliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden (vgl. insoweit auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8 Rdn. 54 m. w. N.).






BPatG:
Beschluss v. 02.08.2006
Az: 26 W (pat) 150/04


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