Landgericht Bonn:
Urteil vom 28. Juli 2004
Aktenzeichen: 16 O 25/04

(LG Bonn: Urteil v. 28.07.2004, Az.: 16 O 25/04)

Tenor

Der Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin vom 18.05.2004 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist ein großes Autovermietungsunternehmen in H. Die Beklagte ist eine bundesweit tätige Versicherung, die insbesondere auch im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung tätig ist.

Die Verfügungsklägerin begehrt von der Verfügungsbeklagten Unterlassung im Hinblick auf ein von dieser bei der Abwicklung von Kfz-Haftpflichtschäden an den Tag gelegtes Verhalten. Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Verfügungsbeklagte nehme durch ihr Verhalten bei der Schadensabwicklung von Haftpflichtversicherungsfällen insbesondere durch Hinweise auf anderweitige Ersatzwagen-Anmietungsmöglichkeiten unzulässig Einfluss auf die Höhe der Mietwagenkosten im Unfallersatzgeschäft. Sie begebe sich damit in ein Wettbewerbsverhältnis zur Verfügungsklägerin. Ihr Verhalten verstoße sowohl gegen die §§ 1, 3 UWG, wie insbesondere auch gegen § 823 BGB unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin.

Sie hat hierzu vorgetragen, die Versicherungswirtschaft versuche seit Jahren massiv Einfluss auf die Höhe der Mietwagenkosten im Unfallersatzgeschäft zu nehmen. Nachdem der Versuch einiger Versicherungen (nach bestrittenem Vortrag der Verfügungsklägerin sei auch die Beklagte hieran beteiligt gewesen) ein eigenes Gemeinschaftsunternehmen auf dem Markt zu etablieren, vom Bundeskartellamt und dem Bundesgerichtshof (vgl. BGH NJW 1998, 2825 ff.) im Hinblick auf § 1 GWB als unzulässig gestoppt worden sei, versuchten einzelne Versicherungsgesellschaften - darunter die Verfügungsbeklagte - nun durch vergleichbare unzulässige bilaterale Preisabsprachen mit einzelnen marktbeherrschenden Mietwagenunternehmen ihr Ziel zu erreichen. Dabei würden dem Geschädigten Mietwagenpreise zu nicht marktgerechten Konditionen angeboten, die tatsächlich Verbrauchern auf dem freien Markt nicht zur Verfügung stünden. Vielmehr hätten einzelne von der Verfügungsbeklagten empfohlene Mietwagenunternehmen, nämlich ausschließlich die Unternehmen F, G und D, "Sondertarife" für von der Verfügungsbeklagten bzw. anderen Haftpflichtversicherungen "direkt vermittelte Geschäfte" ausgewiesen. Die in den Sondertarifen angebotenen Preise seien nur erklärlich, wenn man berücksichtige, dass diese Unternehmen aufgrund der massiven Einflussnahme der Verfügungsbeklagten gezielt eine Vielzahl von Kunden zugeleitet würden, die eine überdurchschnittliche Auslastung der Mietfahrzeuge gewährleiste.

Im Einzelnen sei sie auf die unzulässige Verhaltensweise der Verfügungsbeklagten durch folgende - unstreitige - Vorfälle aufmerksam geworden:

Am 03.05.2004 habe sich abends ein Verkehrsunfall ereignet, bei dem das Fahrzeug der Eheleute T beteiligt gewesen sei. Das Fahrzeug des Unfallgegners sei bei der Verfügungsbeklagten haftpflichtversichert gewesen. Das Fahrzeug sei zur Firma Autohaus U zur Reparatur verbracht worden, woraufhin sich der Werkstattmeister dieser Firma am 06.05.2004 mit der Verfügungsklägerin in Verbindung gesetzt habe und die Einzelheiten betreffend der Anmietung eines Mietfahrzeuges abgestimmt habe. Vor Unterzeichnung des schriftlichen Mietvertrages sei dann ein Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten fernmündlich sowohl an den Werkstattleiter wie auch an Herrn T persönlich herangetreten und habe diese darauf hingewiesen, dass ein Mietwagen für 44,00 € täglich zur Verfügung gestellt werden könne. Dies sei den Eheleuten T später auch nochmals schriftlich bestätigt worden.

Weitere Recherchen nach Bekanntwerden dieses Vorfalls hätten dann zusätzlich ergeben:

Am 24.04.2004 erlitt die Zeugin K aus X einen Verkehrsunfall mit einem bei der Verfügungsbeklagten versicherten Fahrzeug erlitten. Die Verfügungsbeklagte habe daraufhin sowohl der Reparaturfirma wie auch der Geschädigten mitgeteilt, dass unfallbedingte Mietwagenkosten i. H. v. 34,00 € pro Tag übernommen werden könnten. Frau K habe am 28.04.2004 mit der Verfügungsbeklagten einen Mietvertrag über ein Unfallersatzfahrzeug abgeschlossen.

Die Firma C aus H habe in der Zeit vom 16.02.2004 bis zum 19.02.2004 ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall bei der Verfügungsklägerin angemietet. Die Verfügungsbeklagte habe die Mietwagenkosten auf der Basis von 37,00 € mit der Begründung reguliert, sie habe die Geschädigte rechtzeitig darüber informiert, bei der Firma F ein Fahrzeug zu diesem Preis anmieten zu können.

Frau E aus L habe bei der Verfügungsklägerin für die Zeit vom 26.06. - 27.06.2003 ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall gemietet. Die Verfügungsbeklagte habe für zwei Tage 67,28 € Mietwagenkosten erstattet und darauf hingewiesen, dass zwei andere Firmen lediglich diese Kosten berechnen würden.

Nachdem Herr B am 15.02.2004 einen von einem bei der Verfügungsbeklagten versicherten Fahrzeug verursachten Verkehrsunfall erlitten hatte, habe sich die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 16.02.2004 an den Geschädigten B gewandt und mitgeteilt, dass der unfallbedingte Schaden reguliert werde. Hinsichtlich der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeuges heißt es in diesem Schreiben wie folgt:

"Wir können Ihnen ein Mietfahrzeug zu einem Tagespreis von netto 40,00 € vermitteln (inkl. aller Kilometer- und Haftungsbefreiung). Im Bedarfsfall rufen Sie uns bitte an. Zu diesem Preis kann z. B. von den Mietwagenfirmen G, Tel.-Nr. 0....., und Firma F, Tel.-Nr. 0....., ein Ersatzfahrzeug von uns vermittelt werden. Bitte rufen Sie uns auch hierzu an."

Die Verfügungsklägerin meint, dass gerade die Abrechnung der oben geschilderten Fälle dokumentiere, dass die Beklagte bewusst die Grundentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1996, 1958 ff. sowie BGH NJW 1999, 276 ff.) zum (nicht bestehenden) "Auswahlverschulden" bei Anmietung eines Unfallersatzfahrzeuges ignoriere und insoweit gegenüber den geschädigten Unfallgegnern einen falschen Eindruck suggeriere.

Dementsprechend beantragt die Verfügungsklägerin:

1.

Der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, aufzugeben zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, Unfallgeschädigte oder Dritte schriflich, telefonisch oder anderweitig darauf hinzuweisen, dass sie für den Fall der Anmietung eines Fahrzeugs für die unfallbedingte Ausfalldauer des Geschädigtenfahrzeugs nur tägliche Mietwagenkosten in Höhe eines bezifferten Euro-Betrages übernehmen.

2.

Hilfsweise, wenn die Antragsgegnerin berechtigt sein sollte, gegenüber Unfallgeschädigten oder Dritten Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall in einer bezifferten Höhe zu nennen, ihr bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, aufzugeben, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Preise nur im Rahmen des Üblichen (Unfallersatz) zu nennen und zwar gemäß des Inhalts der jeweils aktuellen Schwacke-Liste (Automietpreisspiegel), Stand 2003, Durchschnittspreis pro Tag und Fahrzeugklasse, Fahrzeugklasse 1 = 102,59 €, Klasse 2 = 119,68 €, Klasse 3 = 141,71 €, Klasse 4 = 162,19 €, Klasse 5 = 188,10 €, Klasse 6 = 218,58 €, Klasse 7 = 254,94 €, Klasse 8 = 297,74 €, Klasse 9 = 345,15 € und Klasse 10 = 385,40 €;

3.

Hilfsweise, wenn die Antragsgegnerin nicht verpflichtet sein sollte, gegenüber Unfallgeschädigten oder Dritten Durchschnittspreise für Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall nach der Schwacke-Liste (Automietpreisspiegel) zu nennen, der Antragsgegnerin aufzugeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Unfallgeschädigtem oder Drittem mitzuteilen, es würden lediglich Mietwagenkosten übernommen, deren genannte Höhe im Einzelfall dem Nutzungsausfall nach der jeweils aktuellen Nutzungsausfalltabelle Sanden/Danner/Küppersbusch entsprechen (Gruppe A = 27 €, Gruppe B = 29 €, Gruppe C = 34 €, Gruppe D = 38 €, Gruppe E = 43 €, Gruppe F = 47 €, Gruppe G = 50 €, Gruppe H = 55 €, Gruppe I = 59 €, Gruppe J = 65 €, Gruppe K = 74 €, Gruppe L = 79 €, Gruppe M = 85 €, Gruppe N = 91 € und Gruppe O = 99 €).

Die Verfügungsbeklagte beantragt

den Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin vom 18.05.2004 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin sei bereits deswegen zurückzuweisen, weil keine Wiederholungsgefahr und keine Dringlichkeit bestehe und zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis vorliege, sodass Ansprüche aus UWG von vorneherein aussschieden. Im Übrigen wäre selbst bei Vorliegen von Wiederholungsgefahr und eines Wettbewerbsverhältnisses kein Wettbewerbsverstoß der Beklagten ersichtlich. Mangels unmittelbaren Eingriffs der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin seien Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB ebensowenig gegeben.

Im Hinblick auf eine von einem Wettbewerber der Verfügungsklägerin beantragte und vom Landgericht Karlsruhe erlassene einstweilige Verfügung mit einem identischen Antrag fehle dem Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin bereits das Rechtsschutzbedürfnis.

Da die von der Verfügungsklägerin beispielhaft angeführten Fälle sich zum Teil bereits im Juni 2003 bzw. im Februar 2004 zugetragen hätten, fehle dem Antrag insbesondere auch die erforderliche Dringlichkeit. Dies werde ergänzend noch belegt durch den Terminsverlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin vom 27.05.2004. Schließlich sei der Verfügungsantrag hinsichtlich des Hauptantrags auch deswegen unzulässig, weil er nicht ausreichend konkret gefasst sei und viel zu weit gehe.

Jedenfalls aber seien die Anträge der Verfügungsklägerin unbegründet:

Vorliegend fehle es schon an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, weil die Verfügungsbeklagte nicht im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber der Verfügungsklägerin bzw. der Geschädigten gehandelt habe. Anders als in dem von der Verfügungsklägerin zitierten Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf lägen vorliegend auch keine besonderen Umstände vor, die das Gericht seinerzeit veranlasst hätten, ausnahmsweise ein solches Wettbewerbsverhältnis zu bejahen. Sie sei insbesondere an den von ihr empfohlenen Mietwagenunternehmen nicht beteiligt und bevorzuge auch keineswegs ein bestimmtes Unternehmen. Um die in einem solchen Fall aufgeworfenen Rechtsfragen und Risiken des Geschädigten und die Kostenfolge der Versicherer möglichst gering zu halten, sei sie vielmehr dazu übergegangen, eigene Marktrecherchen vorzunehmen und Angebote von Mietwagenfirmen einzuholen und soweit möglich den Geschädigten vor der Anmietung eines Pkws über entsprechende Anmietungsmöglichkeiten zu informieren. Sie sage dabei lediglich zu, dass sie einen Tagesmietpreis in der von ihr nachgewiesenen Höhe für die entsprechende Pkw-Klasse sofort anerkenne und jedenfalls bei Nichtüberschreitung dieser Preise auf den Einwand der Verletzung einer Schadensminderungspflicht verzichte.

Dieses Verhalten verstoße keinesfalls gegen geltendes Wettbewerbsrecht. Die Verfügungsbeklagte bemühe sich vielmehr durch eine frühzeitige Information der Geschädigten lediglich die durch unberechtigte sogenannte Unfalltarife angewachsenen Mietwagenkosten einzudämmen. Sie handele dabei durchaus auch im Interesse der Geschädigten, die durch ein kollusives Zusammenwirken von Autovermietern und mit diesen verbundenen Kfz-Werkstätten häufig in Konflikte mit der ihnen obliegenden Schadesminderungspflicht gebracht würden. Nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls der Instanzgerichte könne der Geschädigte nämlich nur den Betrag ersetzt verlangen, der objektiv erforderlich sei, um ein dem geschädigten Kraftfahrzeug entsprechendes Mietauto anzumieten. Obgleich dem Geschädigten danach zwar keine echte Marktforschungsobliegenheit zukomme, sei er dennoch verpflichtet, sich durch die jedermann zur Verfügung stehenden Mittel über die in Betracht kommenden Tarife zu informieren. Insgesamt handele die Verfügungsbeklagte hier ausschließlich in ihrem eigenen legitimen Interesse als Schadensersatzverpflichtete, sodass allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zum Gewerbebetrieb der Klägerin bestehe; keinesfalls könne daher der von der Rechtsprechung für einen Eingriff in den Gewerbebetrieb geforderte unmittelbare betriebsbezogene Eingriff bejaht werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der Verfügungsantrag ist zulässig. Der gleichlautende Antrag eines Wettbewerbers in einem nicht rechtskräftig abgeschlossenen einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe lässt das Rechtschutzinteresse der Verfügungsklägerin nicht entfallen (vgl. dazu etwa Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, Einleitung UWG Rn 288 m. w. N.).

Da die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht hat, dass sie erst durch den Vorfall aus Mai 2004 (Verkehrsunfall der Eheleute T) auf das Verhalten der Verfügungsbeklagten aufmerksam geworden ist und aufgrund ihrer danach eingeleiteten Recherchen die übrigen vorgetragenen, zum Teil länger zurückliegenden Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten erfahren habe, ist auch die erforderliche Eilbedürftigkeit gegeben. Sie entfällt insbesondere nicht infolge des Terminsverlegungsantrages des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin, der ausdrücklich im Hinblick auf die Terminslage der Kammer mit dem Vorsitzenden abgesprochen war.

In der Sache hat der Verfügungsantrag indessen keinen Erfolg:

Der Verfügungsklägerin steht weder aus §§ 1, 3, 13 UWG a. F. (hier anwendbar, da das UWG n. F. erst am Tage nach der mündlichen Verhandlung in Kraft getreten ist) noch aus §§ 823, 1004 BGB der begehrte Unterlassungsanspruch zu.

Nach Auffassung der Kammer scheidet ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch vorliegend schon deswegen aus, weil der von der Verfügungsklägerin glaubhaft gemachte Sachverhalt das insoweit erforderliche Handeln der Verfügungsbeklagten im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs nicht belegt.

Die Kammer geht dabei entsprechend der von der Verfügungsklägerin für ihre gegenteilige Rechtsauffassung zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 1996, 164 ff.) davon aus, dass zwischen einem gewerblichen Autovermieter und einem Kfz-Haftpflichtversicherer grundsätzlich kein Wettbewerbsverhältnis besteht. Besondere Umstände, wie etwa die Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen oder die bewusste Förderung fremden Wettbewerbs sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Eine Beteiligung der Verfügungsbeklagten an einem der von ihr empfohlenen Unternehmen liegt vielmehr unstreitig nicht vor. Die bestrittene Behauptung der Verfügungsklägerin, die Verfügungsbeklagte empfehle bewusst nur Wettbewerber (und zwar ausschließlich die Firmen F, G und D) mit denen sie bilaterale Preisabsprachen abgeschlossen habe, hat sie nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sie wird insbesondere weder durch die unstreitigen Abwicklungen der beanstandeten Einzelfälle, noch durch die Vorlage unterschiedlicher Preislisten belegt. Insbesondere das als typisches Beispiel für die Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten vorgelegte Schreiben an den Geschädigten B vom 16.02.2004 (Bl. 48 f. d. A.) spricht nicht für eine solche unzulässige Einflussnahme sondern belegt eher die Behauptung der Verfügungsbeklagte, sie empfehle aufgrund einer Marktanalyse billigere Anbieter, deren Auswahl frei in das Ermessen der Geschädigten gestellt werde. Wenn in diesem Schreiben auch ausdrücklich die Firmen G und F genannt werden, so ist durch den Hinweis auf beide Telefonnummern die Auswahl doch in das Ermessen der Geschädigten gestellt. Das tatsächlich immer nur diese Unternehmen (und allenfalls noch die Firma D) von der Verfügungsbeklagten benannt würden, hat die Verfügungsklägerin zwar behauptet, aber nicht glaubhaft gemacht. Allein die Vorlage einzelner (weniger) entsprechender Empfehlungen reicht dazu angesichts des detaillierten Bestreitens der Verfügungsbeklagten nicht aus. Nicht ausreichend ist insbesondere auch der Hinweis auf gesonderte Preislisten für "direkt vermittelte Geschäfte" dieser Mietwagenunternehmen. Zum Einen wird durch diese Preislisten schon nicht belegt, dass - wie von der Beklagten bestritten - dem bilaterale Abkommen gerade der Verfügungsbeklagten mit diesen Anbietern zugrunde liegen. Zum Anderen bestätigen diese unterschiedliche Preislisten im Kern nur, dass auf dem Markt der Unfallersatzfahrzeuge ein erheblicher Preiskampf besteht, der zu Sondertarifen geführt hat, über deren Berechtigung zu Recht im Einzelnen diskutiert wird. All dies ändert aber nichts daran, dass - worauf die Kammer ausdrücklich hingewiesen hat - auf dem Markt jedenfalls auch zu dem von der Verfügungsbeklagte in ihren Empfehlungen genannten Preisen Ersatzfahrzeuge angemietet werden können, wie die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Internetangebote - die die Kammer überprüft hat - eindrucksvoll belegen. Dies entspricht im Übrigen auch den Erfahrungen aller Kammermitglieder, wie der Verfügungsklägerin im Termin im Einzelnen ausführlich dargelegt worden ist.

Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die ureigenste Aufgabe der Verfügungsbeklagten als Schadensabwickler es grundsätzlich zulässt, dass diese angesichts des Wettbewerbs auf dem Markt der Unfallersatzfahrzeuge sich frühzeitig mit Geschädigten in Verbindung setzt, um im Interesse einer - ureigenen - Schadensminderung auf günstige Alternativangebote hinzuweisen. Jedenfalls kann in einem solchen Verhalten dann, wenn die Verfügungsbeklagte aufgrund einer Marktanalyse auf unterschiedliche preisgünstige Anbieter (zur Klarstellung sei nochmals wiederholt: nur dies ist nach Auffassung der Kammer hinreichend glaubhaft gemacht) hinweist, kein wettbewerbswidriges Verhalten gesehen werden. Eine Wettbewerbsförderungsabsicht wird nämlich grundsätzlich nicht vermutet (vgl. OLG Düsseldorf a. a. O.), sondern kann allenfalls aufgrund von - hier fehlenden - Beweisanzeichen belegt werden.

Auch ein betriebsbezogener Eingriff als unmittelbare Beeinträchtigung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes, wie ihn § 823 BGB voraussetzt (vgl. dazu nur Palandt-Thomas, Kommentar zum BGB, 63. Auflage, Rn 21 zu § 823 BGB), ist von der Verfügungsklägerin vorliegend nicht glaubhaft gemacht worden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass ein solcher Eingriff unabhängig von einem bestehenden Wettbewerbsverhältnis durch geschäftsschädigende Äußerungen eines Haftpflichtversicherers gegenüber Unfallgeschädigten, die bei einem Autovermieter einen Ersatzwagen angemietet haben, grundsätzlich in Betracht kommen kann (vgl. etwa BGH NJW 1999, 279 ff.). Allerdings unterscheidet sich das glaubhaft gemachte Verhalten der Verfügungsbeklagte entscheidend von dem vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung gerügten Verhalten der damals betroffenen Versicherung. Abgesehen davon, dass der Versicherung in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall bewusst falsche Äußerungen gegenüber Geschädigten anzulasten waren, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass eine Haftpflichtversicherung grundsätzlich nicht daran gehindert ist, "im Rahmen ihrer eigenen geschäftlichen Betätigung, zu der die versicherungsrechtliche Abwicklung von Schadensfällen gehört, an die Geschädigten heranzutreten, um mit diesen gemeinsam eine möglichst rationelle, den rechtlichen Verpflichtungen aller Beteiligten entsprechende Handhabung und Abrechnung zu erreichen". Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Verhalten der Verfügungsbeklagten nicht zu beanstanden. Nach dem glaubhaft gemachten und insoweit unstreitigen Sachverhalt ist die Beklagte hier zu einem Zeitpunkt an die Geschädigten herangetreten, zu dem gerade noch kein Vertrag zwischen der Verfügungsklägerin und den einzelnen Geschädigten abgeschlossen worden war. Die Verfügungsklägerin hatte daher noch keine, dem Schutzbereich des § 823 BGB unterstellte gesicherte Rechtsposition erlangt, in die das Verhalten der Verfügungsbeklagten hätte eingreifen können. Schon dies lässt einen Anspruch aus § 823 BGB hier nicht entstehen. Hinzu kommt, dass der beanstandete Hinweis der Verfügungsbeklagten auf günstige(re) Anbieter auch in der Sache schon deshalb nicht zu beanstanden ist, weil er keinesfalls mit dem Hinweis verknüpft wurde, weitergehende Kosten würden grundsätzlich nicht erstattet. Nach Auffassung der Kammer kann dies den neutral gehaltenen Hinweisen der Verfügungsbeklagten auf die Anbietungsmöglichkeit bei zwei alternativen Anbietern nicht entnommen werden.

Soweit die Verfügungsklägerin in diesem Zusammehang darauf hingewiesen hat, dass die Beklagte in verschiedenen Fällen (vgl. etwa die Fälle der Firma C und der Frau E) später lediglich die Mietwagenkosten in Höhe der Alternativangebote erstattet habe, verfängt auch dieser Hinweis nach Auffassung der Kammer nicht. Angesichts der weit verbreiteten Rechtsprechung der Instanzgerichte (vgl. hierzu etwa Landgericht Bonn NZV 1998, 417 f.) kann der Verfügungsbeklagten nicht vorgeworfen werden, im Einzelfall Unfallersatzwagenansprüche außergerichtlich nur entsprechend dieser Rechtsprechung reguliert zu haben.

Nach alledem war daher der Verfügungsantrag mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zurückzuweisen. Soweit die Verfügungsklägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.07.2004 "vorsorglich" die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt hat, war diesem Antrag schon im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht stattzugeben. Hinzu kommt, dass das ergänzende Vorbringen letztlich auch nicht entscheidungserheblich war, da die in diesem Schriftsatz vor allem problematisierte Berechnung der unterschiedlichen Tarife der Firma G aufgrund des oben Gesagten hier letztlich nicht entscheidungserheblich ist. Auch insoweit vermag die Verfügungsklägerin allein durch das Vorliegen unterschiedlicher Preislisten eine Glaubhaftmachung ihres weit darüber hinausgehenden pauschalen Vortrags ihre Pflicht zur Glaubhaftmachung nicht zu erfüllen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6 ZPO

Streitwert: 50.000,00 €






LG Bonn:
Urteil v. 28.07.2004
Az: 16 O 25/04


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