Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Oktober 2010
Aktenzeichen: 9 W (pat) 4/10

(BPatG: Beschluss v. 20.10.2010, Az.: 9 W (pat) 4/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 I.

Die Patentanmeldung ist beim Deutschen Patentund Markenamt am 1. März 2006 mit der Bezeichnung

"Fahr(r)ad-Sattelstütz-Luftpumpe"

eingegangen. Mit Beschluss in der Anhörung vom 6. Oktober 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 62 J des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle vertritt die Auffassung, dass die Sattelstütz-Pumpe gemäß Patentanspruch 1 (laut Nomenklatur der Anmeldung Schutzanspruch 1) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Insbesondere sei die Sattelstütz-Pumpe gemäß Patentanspruch 1 durch eine Zusammenschau von den aus den Druckschriften US 2005/0275254 A1 und DE 38 19 771 C2 bekannten Luftpumpen nahegelegt. Dem angefochtenen Beschluss vorausgegangen waren mehrere Prüfungsbescheide, in denen wiederholt auf diesen Sachverhalt unter Nennung von insgesamt elf Literaturstellen (Entgegenhaltungen) hingewiesen wurde.

In einer Zwischenverfügung vom 14. Juni 2010 hat der Berichterstatter des Senats darauf hingewiesen, dass die Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, da im Prüfungsverfahren ermittelter Stand der Technik der beanspruchten Sattelstütz-Pumpe patenthindernd entgegenstehe. Verwiesen worden ist auf die Druckschriften US 2005/0275254 A1, GB 2 393 161 A, DE 38 19 771 C2 und DE-OS 23 53 075.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Patentanmelder gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle. Er vertritt sinngemäß die Auffassung, dass die beanspruchte Sattelstütz-Pumpe bisher national nicht patentiert und nicht verDer Beschwerdeführer hat den Verhandlungssaal während der mündlichen Verhandlung verlassen, ohne einen Antrag zu stellen. Das schriftsätzliche Vorbringen kann durch konkludentes Verhalten dahin ausgelegt werden, dass sinngemäß der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Sattelstütz Pumpe zum Aufpumpen von Luft, die in einem Rohr geführt ist und Anschlüsse aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr (2) der Pumpe (1) zum Teil eingeschoben werden kann.

Rückbezogene Patentansprüche 2 bis 4 schließen sich an.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist fristund formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. In der Beschreibung der Patentanmeldung wird angegeben, dass Luftpumpen (für Fahrräder) üblicherweise ein Rohr mit einem einschiebbaren und ausziehbaren Gestänge aufwiesen.

Das der Erfindung zugrundeliegende Problem bestehe darin, eine Luftpumpe zu schaffen, die immer am Fahrrad vorhanden sei.

Die Anmeldung betrifft nach dem vorstehend angeführten Patentanspruch 1 und unter Berücksichtigung der Bezeichnung, der Beschreibung und der nebenstehend wiedergegebenen Zeichnung der Patentanmeldung eine Luftpumpe, die als Sattelstütze in einem Fahrrad dient. Die Pumpe ist in einem Rohr (des Fahrradrahmens, dem Sattelrohr) geführt und weist Anschlüsse auf. Die Pumpe umfasst ein Rohr, das eingeschoben werden kann.

Anzumerken ist, dass der geltende Patentanspruch 1 offen lässt, wo Anschlüsse vorgesehen sind, wozu sie dienen und wie sie ausgestaltet sind. Es bleibt auch offen, welches Rohr der Pumpe wo und wie eingeschoben wird sowie die von diesem Rohr erfüllte Funktion.

2. Eine im allgemeinen Sinn des Patentanspruchs 1 definierte Pumpe ist bereits aus der im angefochtenen Beschluss und in der Zwischenverfügung des Be Dort ist eine Sattelstütz-Luftpumpe 10 vorgesehen (vgl. Fig. 1 und 4 sowie Abs. 0001 und 0019). Die Pumpe 10 wird einerseits in einem Sattelrohr 50 des Rahmens geführt und gehalten und trägt andererseits gleitend das Anschlussrohr 60 des Sattels (vgl. Abstract und Fig. 7). Die Pumpe 10 weist als Anschlüsse die mit einem Gewinde versehene Bohrung 19 zum Anbringen eines Reifenventiladapters 34 (vgl. Abs. 0019 und 0022) als Auslass und am anderen Ende die Bohrung 23 in dem Gewindestopfen 16 als Einlass auf. Die Pumpe 10 selbst weist zudem auch das Rohr 20 auf, das zum Teil (oder vollständig) in das rohrförmige Pumpengehäuse (Zylinder 33) eingeschoben werden kann.

Die allgemein definierte Sattelstützpumpe gemäß Patentanspruch 1 ist demnach nicht neu und daher nicht patentfähig. Neuheit ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung eines Patents (§ 1, PatG).

3.

Nach § 3, Abs. 1 PatG sind vom Stand der Technik alle Kenntnisse umfasst, die vor dem für den maßgeblichen Tag (hier Anmeldetag) durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Die Druckschrift US 2005/0275254 A1 gehört nach dieser Vorschrift zum Stand der Technik, unabhängig davon, ob es sich um ein für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wirksames Patent handelt, und unabhängig davon, ob der in dieser Druckschrift beschriebene Gegenstand hierzulande vermarktet wird oder nicht. Entscheidend ist, dass grundsätzlich für jeden Dritten die Möglichkeit bestanden hat, vom Inhalt dieser Druckschrift Kenntnis zu erlangen. Es kommt auch nicht darauf an, dass die aus der Druckschrift US 2005/0275254 A1 bekannte Sattelstütz-Pumpe noch weitere Merkmale als die der beanspruchten Sattelstütz-Pumpe aufweist, sondern nur darauf, dass die druckschriftlich bekannte Sattelstütz-Pumpe sämtliche im geltenden Patentanspruch 1 vorgegebenen Merkmale aufweist. Die Es ist für vorliegendes Verfahren auch ohne Bedeutung, dass es nebst Patentschutz auch Markenschutz gibt und dass es für Sattelstützen auch schon Patentschutz gibt oder gegeben hat. Eine Sattelstütz-Pumpe ist nicht grundsätzlich vom Patentschutz ausgeschlossen. Die Sattelstütz-Pumpe, für die Schutz begehrt wird, ist deshalb nicht patentfähig, weil sie in der beanspruchten Form schon bekannt ist.

4.

Der Senat kann anhand des Offenbarungsgehalts der Anmeldung auch keinen Hinweis geben, wie ein gewährbarer Patentanspruch formuliert werden könnte. Denn auch unter Berücksichtigung weiterer Angaben in der Anmeldung, etwa dass zwei Anschlüsse an dem einen Pumpenende (druckseitig) vorhanden sind (einer davon stirnseitig und einer seitlich), kann eine patentfähige Sattelstütz-Pumpe nicht definiert werden. Wie ebenfalls schon in der Zwischenverfügung darauf hingewiesen, stellt das Anbringen zweier (druckseitiger) Anschlüsse an einer Fahrradpumpe -und sei diese als Sattelstütz-Pumpe z. B. nach der Druckschrift US 2005/0275254 A1 ausgeführt -eine übliche fachspezifische (wenn etwa eine Verwendung für verschiedene Ventile oder Gerätschaften gegeben sein soll) und daher naheliegende Maßnahme dar (vgl. Fig. 4 i. V. m. Fig. 1 der Offenlegungsschrift DE 23 53 075), zumal es in den Anmeldungsunterlagen nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür gibt, wozu die Anschlüsse vorgesehen sind. Wenn man den Patentanspruch 1 in diesem Sinne beschränken würde, führte das zu einer Pumpe, die gegenüber der aus der Druckschrift US 2005/0275254 A1 bekannten Sattelstütz-Pumpe neu wäre, aber aus vorstehenden Gründen nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhte. Auch der nach Schutzanspruch 4 vorgesehene, nicht weiter beschriebene Verschluss am Unterteil der Pumpe kann nicht zum Ziel führen, zumal ein den Pumpenkörper abschließender und das ausziehbare Gestänge führender Verschluss schon zu Luftpumpen der üblichen Bauart gehört. Als Fach Bei dieser Sachlage ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Pontzen Paetzold Reinhardt Dr. Höchst Ko






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Az: 9 W (pat) 4/10


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