Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 48/03

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2005, Az.: 32 W (pat) 48/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. März 2001 und vom 5. November 2002 aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 397 39 855 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der ursprünglich für die Waren und Dienstleistungen Datenträger jeglicher Art, insbesondere Magnetaufzeichnungsträger, CD-ROMS, optische Datenträger, Disketten; Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Bücher; Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckschriften sowie elektronischen Speichermedien, einschließlich Datenträgernam 2. April 1998 angemeldeten Wortmarke 398 18 888 Picture Poolist aus der am 20. August 1997 angemeldeten deutschen Wortmarke 397 39 855 Videopool Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für Bespielte Audio- und Videoaufzeichnungsträger, Datenträger mit und ohne Daten, Softwareprogramme jeder Art, Videogeräte, Videokassetten; Aufzeichnungsträger jeder Art, Musiksoftware, Musiksoftware auch in Form von Handbüchern und Notenblättern, soweit in Klasse 9 und 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, soweit in Klasse 16 enthalten.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 30. März 2001 dem Widerspruch stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund des beschreibenden Anklangs sei von einer geringeren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwischen den wechselseitigen Waren und Dienstleistungen bestehe teilweise Identität, im übrigen zumindest Ähnlichkeit. Eine Verwechslungsgefahr könne trotz des erheblichen Unterschieds im Klang und im Schriftbild wegen der begrifflichen Übereinstimmung nicht ausgeschlossen werden, da "Picture" und "Video" jeweils der englische Ausdruck für "Film" sei.

Die Markeninhaberin hat Erinnerung eingelegt und das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt beschränkt:

Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Bücher; Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen und anderen Druckschriften in Form von Druckwerken, maschinenlesbaren Datenträgern und in elektronischer und digitalisierter Art sowie elektronische Speichermedien.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung durch Beschluss vom 5. November 2002 zurückgewiesen. Zwischen den Marken bestehe eine Verwechslungsgefahr. Diese könnten sich auf identischen Warengebieten begegnen. Es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die Marken hielten keinen ausreichenden Abstand ein. Begrifflich bestehe die Gefahr von Verwechslungen, da "Picture" auch "Film, Streifen, Kino" bedeuten könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie stellt (sinngemäß) den Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Eine begriffliche Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, da der deutsche Durchschnittsverbraucher "Picture" nicht mit "Film", sondern mit "Bild" oder "Photo" übersetze. Picture sei ein stehendes Bild. Demgegenüber würden mit "Video" bewegte Bilder eines aufgenommenen Filmes bezeichnet. Eine Waren- und/oder Dienstleistungsähnlichkeit, oder gar -identität liege nicht vor, weil die Ausrichtung der Waren und Dienstleistungen vollkommen verschieden sei und sich die Abnehmerkreise der beiden Marken nicht überschnitten.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Vergleichsmarken seien klanglich und bildlich ähnlich, da sie jeweils von den identischen Bestandteilen "Pool" geprägt würden, währenddem der Verkehr die Bestandteile "Video" und "Picture" als beschreibend ansähe. Zu Recht habe die Markenstelle auch eine begriffliche Ähnlichkeit bejaht, da als "Picture" nicht nur unbewegte, sondern auch bewegte Bilder, mithin Filme, bezeichnet wurden. Die begriffliche Ähnlichkeit ergebe sich auch daraus, dass der Verkehr in beiden Bezeichnungen visuelle Inhalte erkenne. Zwischen den wechselseitigen Waren und Dienstleistungen bestehe teilweise Identität und ansonsten Ähnlichkeit. Neben der unmittelbaren Verwechslungsgefahr sei auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben, da sie - die Widersprechende - Inhaberin verschiedener Marken mit dem Bestandteil "Pool" sei, wie z. B. "Live Act Pool, Soundpool, MAGIX Artist Pool, MAGIX DJ Pool, MAGIX Videopool".

Die Markeninhaberin ist in einem weiteren Schriftsatz der Auffassung der Widersprechenden entgegengetreten, der Bestandteil "Pool" präge die beiden Marken. Dieser Bestandteil weise lediglich eine beschreibende Bedeutung auf und sei nicht allein kollisionsbegründend. Eine klangliche, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr sei bei der geboten Gesamtbetrachtung der beiden Marken nicht gegeben. Eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit liege nicht vor, weil die jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen vollkommen verschiedene Ausrichtungen und damit auch unterschiedliche Abnehmerkreise hätten. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr liege nicht vor, da die von der Widersprechenden zitierten Marken nahezu alle den prägenden Firmennamen "MAGIX" aufwiesen. Die Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Pool" werde durch eine Vielzahl von Drittmarken auf den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereichen geschwächt. Der Bestandteil sei verbraucht und daher auch nicht geeignet, als Stammbestandteil einer Markenserie zu dienen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die angegriffene Marke ist nicht zu löschen, da keine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke besteht.

Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen der Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

1. Es stehen sich teilweise identische Waren gegenüber, da sich die Druckereierzeugnisse der jüngeren Marke auch im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke wiederfinden. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen und anderen Druckschriften in Form von Druckwerken, maschinenlesbaren Datenträgern und in elektronischer und digitalisierter Art sowie elektronische Speichermedien" sind mit den Widerspruchswaren "Datenträger mit und ohne Daten; Aufzeichnungsträger jeder Art; Druckereierzeugnisse" wegen ihrer funktionellen Wechselbeziehung zumindest entfernt ähnlich (s Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl., S. 113).

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Videopool ist wegen ihres beschreibenden Charakters und wegen zahlreicher Drittmarken mit dem Bestandteil "Pool" auf den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungssektoren in den Klassen 9, 16 und 41 geschwächt.

3. Schriftbildlich sind die Vergleichsmarken ausreichend verschieden. Die jüngere Marke besteht aus zwei Wörtern, die Widerspruchsmarke dagegen nur aus einem Wort. Die Widerspruchsmarke setzt sich aus vier Silben zusammen, während die angegriffene Marke nur aus drei Silben besteht. Die jüngere Marke ist um zwei Buchstaben länger als die Widerspruchsmarke. Schließlich unterscheidet sich das Schriftbild der Bestandteile "Picture" und "Video" deutlich voneinander.

Auch in klanglicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken einen ausreichenden Abstand ein. Die am Zeichenbeginn stehenden Bestandteile "Picture" und "Video" haben ein völlig unterschiedliches Klangbild. Insbesondere die beiden letzten Vokale in der Widerspruchsmarke "eo" finden in der jüngeren Marke keine Entsprechung, da der am Wortende von "Picture" stehende Vokal "e" im Englischen nicht mitgesprochen wird.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle besteht auch keine begriffliche Verwechslungsgefahr. Unmittelbare begriffliche Verwechslungen sind dann zu befürchten, wenn sich Wörter gegenüberstehen, die ihrem Sinn nach vollständig oder doch im wesentlichen übereinstimmen, also Synonyme darstellen. Entfernte Begriffsähnlichkeiten oder -anklänge reichen dagegen nicht aus. Die Anforderungen an eine begriffliche Ähnlichkeit werden verstärkt, wenn fremdsprachige Begriffe zu vergleichen sind, da Verwechslungen hier erst nach einem Übersetzungsvorgang möglich sind. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr kommt in der Regel nur bei den angesprochenen Verkehrskreisen geläufigen Ausdrücken gängiger Fremdsprachen in Betracht, wobei nicht auf das Sprachverständnis gebildeter Kreise abgestellt werden darf (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn 217).

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Begriffen Picture Pool und Videopool keine begriffliche Ähnlichkeit. Die angesprochenen allgemeinen deutschen Verkehrskreise werden die Vergleichsmarken nicht für gleichbedeutend halten. Unter einem "Video" verstehen die breiten inländischen Verkehrskreise etwas anderes als unter einem "Picture". Das eingedeutschte Wort "Video" wird der Verbraucher in der Regel überhaupt nicht übersetzen, das Wort "Picture" werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise zunächst als englische Übersetzung des deutschen Wortes "Bild" ansehen. Dass sowohl "Video" als auch "Picture" jeweils zusätzlich die Bedeutung "Film" haben, wird der Mehrheit der angesprochenen allgemeinen deutschen Verkehrskreise nicht bekannt sein.

Es besteht auch nicht die Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens beider Marken, insbesondere wird die jüngere Marke nicht für ein Serienzeichen der Widersprechenden gehalten. Dies würde voraussetzen, dass die Marken in einem Bestandteil übereinstimmen, der eigenständig hervortritt und eine Serienstruktur aufweist. Dagegen spricht bereits, dass bei dem jüngeren Zeichen "Pool" als selbständiges zweites großgeschriebenes Wort neben dem eigenständigen Wort "Picture", in der Widerspruchsmarke dagegen in einem Wort mit dem Eingangsbestandteil "Video" klein und zusammengeschrieben wird. "POOL" bzw. "pool" treten auch nicht eigenständig in Erscheinung, da sie jeweils Bestandteil eines Gesamtbegriffs sind. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Bestandteil "Pool" im hier vorliegenden Produktbereich gerade auf die Widersprechende hinweist. Dagegen spricht insbesondere auch, dass die Kennzeichnungskraft von Pool durch zahlreiche Drittmarken geschwächt ist.

Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.

Viereck Müllner Kruppabr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2005
Az: 32 W (pat) 48/03


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