Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 25. Mai 1999
Aktenzeichen: 1 BvR 369/96
(BVerfG: Beschluss v. 25.05.1999, Az.: 1 BvR 369/96)
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung
angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wirft Fragen von
grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung nicht auf;
ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten der
Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ist wettbewerbsrechtlicher "Störer" auch
jeder, von dem ernstlich zu befürchten ist, daß er an
der wettbewerbswidrigen Handlung eines Dritten willentlich und
adäquat kausal mitwirkt, vorausgesetzt, daß der als
Mitstörer in Anspruch Genommene die rechtliche
Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern (vgl.
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl. 1998, Einl. UWG,
Rn. 327). In der neueren Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof
weiter betont, daß eine Haftung als Mitstörer das
Bestehen von Prüfungspflichten voraussetze, deren Einhaltung
zur Vermeidung erneuter Inanspruchnahme geboten sei (vgl. BGH, GRUR
1997, S. 909 <911>). Daran fehle es, wenn dem in Anspruch
Genommenen im konkreten Fall eine Prüfungspflicht als
Mitstörer nicht oder jedenfalls nur eingeschränkt
zuzumuten sei, etwa weil der Störungszustand nicht ohne
weiteres erkennbar war (BGH, GRUR 1997, S. 313 <316>).
Es ist nicht ersichtlich, daß diese
Rechtsprechung, auf die sich das Oberlandesgericht in der
angegriffenen Entscheidung gestützt hat, verfassungsrechtlich
bedenklich wäre. Zwar berührt eine wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsverurteilung regelmäßig den Schutzbereich
von Art. 12 GG. Die Berufsausübungsfreiheit findet aber in dem
Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs, den § 1 UWG bezweckt,
grundsätzlich eine verfassungskonforme Schranke (vgl. BVerfGE
94, 372 <390>). Daß die - durch die neueren Urteile
klargestellte - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur
Mitstörerhaftung eine unverhältnismäßige
Beschränkung der Grundrechtsposition auf der
Rechtsanwendungsebene bewirke, ist nicht ersichtlich. Denn der
Bundesgerichtshof hat den Instanzgerichten durch die Verpflichtung,
die Zumutbarkeit einer wettbewerbsrechtlichen Kontrolle durch den
in Anspruch genommenen Dritten zu prüfen, die Möglichkeit
eingeräumt, die grundrechtliche Position aus Art. 12 Abs. 1 GG
hinreichend zu berücksichtigen.
Der von der Beschwerdeführerin gerügte
Verstoß gegen Art. 12 GG durch das angegriffene Urteil
besteht ebenfalls nicht. Ihre Annahme, sie müsse bei jedem
Auftrag zunächst prüfen, ob ihre Vertragspartner die
entsprechenden Kundenaufträge wettbewerbskonform akquiriert
hätten, trifft nicht zu. Das Oberlandesgericht hat vielmehr
maßgeblich darauf abgestellt, daß es der
Beschwerdeführerin nach
der Abmahnung durch den Kläger des Ausgangsverfahrens zumutbar
und möglich gewesen sei, die wettbewerbswidrigen Handlungen
ihrer Vertragspartnerin zu unterbinden. Das Oberlandesgericht hat
ferner festgestellt, daß der Beitrag der
Beschwerdeführerin zu der Wettbewerbsverletzung nicht nur
untergeordneter Natur gewesen sei. Zu einer allgemeinen
Wettbewerbskontrolle ihrer Vertragspartner ist die
Beschwerdeführerin nicht verurteilt worden. Daß sie als
Versandunternehmen im Licht der angegriffenen Entscheidung nunmehr
vor jedem Vertragsschluß prüfen muß, ob ihre
Vertragspartner sich wettbewerbskonform verhalten haben,
läßt sich der Entscheidung nicht entnehmen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
BVerfG:
Beschluss v. 25.05.1999
Az: 1 BvR 369/96
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