Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2010
Aktenzeichen: 11 W (pat) 40/05

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2010, Az.: 11 W (pat) 40/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse F42B des Deutschen Patentund Markenamts hat durch Beschluss vom 4. Juli 2005 die am 4. Dezember 1993 -unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 8. Dezember 1992 (GB 9225589) -eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Bombe"

gemäß § 48 PatG zurückgewiesen. Zum Stand der Technik sind von der Prüfungsstelle u. a. die Entgegenhaltung (D4) DE 22 06 241 C1 und von der Anmelderin die Druckschriften (D6) US4488487A (D7) DE 26 29 280 C1 genannt worden.

Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 vom 2. November 2004 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie begründet ihre Beschwerde damit, dass der angefochtene Beschluss unzutreffend sei, da die dort vom Prüfer formulierte Aufgabe bereits Teile der Lösung beinhalte und dabei unzutreffenderweise davon ausgegangen werde, dass kleine Tandemgeschosse lediglich in ihrem Gewicht vergrößert werden müssten, um zu einer Bombe zu gelangen, wie sie beansprucht werde.

Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts aufzuheben und das Patent mit dem Patentanspruch 1 vom 2.11.2004 und den Ansprüchen 2 -10 vom 2.12.1993 sowie der ursprünglich eingereichten Beschreibung und den Zeichnungen Figuren 1 -2 vom Anmeldetag zu erteilen.

Der geltende Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung:

1.1. Bombe 1.2. mit einem Gesamtgewicht von nicht weniger als etwa 150 kg, 1.3. die zum Abwurf beispielsweise von einem Flugzeug aus aufein Ziel vorgesehen ist, 1.4. mit einen sprengstoffgefüllten Bombenkörper (1; 21)

1.5. und einer vorderhalb desselben angeordneten Durchschlagsladung (2; 29), 1.6. wobei die Durchschlagsladung als nach vorne gerichtete Hohlladung ausgebildet ist 1.7. und ihr Kaliber mindestens etwa 90% des Kalibers des Bombenkörpers beträgt.

Diesem Anspruch schließen sich die auf diesen rückbezogenen ursprünglichen Ansprüche 2 bis 10 an. Zu deren Wortlaut und den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet.

Die Anmeldung betrifft eine Bombe.

In der Beschreibung wird ausgeführt, dass ein Hauptzweck von Bomben deren Einsatz gegen harte Ziele wie beispielsweise gepanzerte Flugzeugschuppen, Brückenpfeiler, Flugzeugstartund Landebahnen und dergleichen sei. Gegen solche harten Ziele sei eine Bombe im Wesentlichen unwirksam, sofern sie nicht in der Lage sei, vor der Detonation in das Ziel einzudringen, um so die Druckund Sprengwirkungen auf das Ziel zu maximieren (vgl. Abs. [0002] der Offenlegungsschrift).

Bei moderner Kriegsführung würden gewisse Ziele extrem gut geschützt. Gepanzerte Flugzeugschuppen könnten durch mehrere Meter Stahlbetonschichten geschützt sein, die noch mit einer Schicht aus Erde oder Sand überdeckt seien. Flugzeugstartund Landebahnen könnten mehrere Meter dick sein und taktische Bunker könnten durch mehrere Meter dicken Stahlbeton geschützt und mit Erdaufschüttungen zum weiteren Schutz versehen sein (vgl. Abs. [0003] der Offenlegungsschrift).

In US 4 488487 A (D6) sei vorgeschlagen, die hauptsächlich von ihrer kinetischen Energie abhängige Durchschlagskraft einer Bombe durch Hinzufügen einer kleinen Vorladung in der Bombennase zu verstärken. Eine solche Zusatzladung könne eine Hohlladung sein. Ihr Zweck bestehe darin, das Zielmaterial im unmittelbaren Aufschlagbereich so vorzubereiten, dass die Bombenhülle etwas in das Ziel eindringen könne, so dass sich eine Verankerung der Bombe im Ziel ergebe, die, insbesondere bei verhältnismäßig kleinen Auftreffwinkeln, einem möglichen Abprallen entgegenwirkten. Die Wirksamkeit solcher Konstruktionen sei allerdings beschränkt, da die verwendeten kleinen Vorladungen nicht in der Lage seien, das Ziel im Bereich eines ausreichend großen Volumens für eine wesentliche Steigerung der anfänglichen Eindringfähigkeit vorzubereiten (vgl. Abs. [0005] der Offenlegungsschrift).

In der DE 2629280 C1 (D7) sei ein kleiner Munitionskörper mit einer Tandemladung beschrieben, die aus einer als Hohlladung ausgebildeten primären Durchschlagsladung in einem schweren Metallgehäuse und einer Sekundärladung bestehe. Das Gesamtkaliber des Munitionskörpers betrage 100 mm, und die Sekundärladung habe einen Durchmesser von etwa einem Drittel hiervon. Man habe erkannt, dass, wenn die Primärladung detoniere, dies auch die Zerstörung der Sekundärladung bewirke, und dass außerdem der Rückwärtsdruck aus der Detonation der Primärladung die Sekundärladung vom Ziel wegschleudere (vgl. Abs. [0006] der Offenlegungsschrift).

Es seien verschiedene spezielle Maßnahmen beschrieben worden, um diesen ungünstigen Wirkungen entgegenzuwirken, damit die Sekundärladung effektiv in das Ziel hineingelangen könne. Zu diesen Maßnahmen gehörten das komplizierte Hinzufügen einer Treibladung und eines Mechanismus zum Zünden dieser Treibladung im richtigen Augenblick, um die Sekundärladung entgegen dem Detonationsdruck der Primärladung vorwärts zu drängen (vgl. Abs. [0007] der Offenlegungsschrift).

Diese Erfahrungen mit kleinen Geschossen hätten zur Folge, dass irgendwelche ernsthaften Überlegungen, einen ähnlichen Ansatz auch für den Einsatz einer Bombe gegen ein gepanzertes Ziel in Erwägung zu ziehen, von vornherein außer Betracht geblieben seien. Die vorliegende Erfindung beinhalte jedoch ein neues Konzept und beruhe auf umfangreichen Versuchen, die entgegen vernünftigen Vorhersagen gezeigt hätten, dass das bestehende Vorurteil gegen einen solchen Ansatz unbegründet sei (vgl. Abs. [0009] der Offenlegungsschrift).

Hieraus ergibt sich die objektive Aufgabe, bei einer eingangs genannten Bombe eine Steigerung in der Wirkung gegen harte Ziele zu erreichen.

Als Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe ist ein Dipl. Ingenieur oder Dipl. Physiker mit langjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Bomben oder ähnlichen Waffen, anzusehen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig.

Der dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 am nächsten kommende Stand der Technik ergibt sich aus der Druckschrift D4, die nach Anspruch 1 eine Bombe betrifft (Merkmal 1.1 des geltenden Anspruchs der Anmeldung).

Hiergegen wendete die Anmelderin ein, dass aus D4 lediglich bombenähnliche Geschoßkörper bekannt seien und in der Figur am Verhältnis zwischen Zündergröße und Größe der Bombe zu erkennen sei, dass es sich um eine kleine Bombe handele. Weiterhin sei zum Vorwärtstreiben des sprengstoffgefüllten Bombenkörpers nach D4 eine Treibladung vorhanden, was nach der anmeldungsgemäßen Bombe nicht vorgesehen sei. Dies vermochte den Senat nicht zu überzeugen. Durch die in D4 verwendete Bezeichnung "Bombe bzw. Geschoss" (vgl. Sp. 1, Z. 1 und Z. 26 sowie Anspruch 1) wird für den Fachmann deutlich, dass sich die Lehre dieser Schrift gleichermaßen auf Geschosse und Bomben bezieht. Die Figur 1 ist lediglich eine schematische Zeichnung, aus der keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Größe der Bombe gezogen werden können, zumal, wie im oberen Viertel der Figur zu erkennen ist, die Bombe in ihrer Längsausdehnung unterbrochen dargestellt ist und somit alleine aus der Zeichnung das Verhältnis zwischen Zündergröße und Gesamtgröße des Bombenkörpers nicht eindeutig zu erkennen ist. Überdies ist in diesem Stand der Technik die Größe der Bombe nicht erwähnt, weshalb der Fachmann nicht davon ausgeht, dass die Lehre der D4 auf eine Bombe mit einem Gewicht von unter 150 kg beschränkt sein soll. Dass nach dem geltenden Anspruch 1 im Gegensatz zur D4 eine Treibladung ausgeschlossen sein soll, ist nach dem Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 nicht ausgeschlossen, vielmehr schließt die in der Beschreibung angegebene breite Definition einer Bombe auch Gleitbomben mit Treibsatz mit ein (vgl. Abs. [0011] der Offenlegungsschrift).

Da Bomben üblicherweise von Flugzeugen abgeworfen werden, liest der oben genannte Fachmann das Merkmal 1.3, wonach die Bombe zum Abwurf beispielsweise von einem Flugzeug aus auf ein Ziel vorgesehen ist, im Stand der Technik nach D4 mit (vgl. auch "Fallrichtung" in Sp. 1, Z. 60/61).

In Sp. 1, Z. 61 - 67 dieser Schrift ist angegeben, dass in der Hülle der Bombe unter Freilassung eines mit Kunststoff 4 gefüllten Zwischenraumes zwei Sprengladungen 5 und 6 axial hintereinander angeordnet sind. Die vordere Sprengladung 5 ist als Hohlladung ausgebildet. Die hintere Sprengladung 6 ist Bestandteil einer Granate 7. Somit ist in D4 eine Bombe mit einem sprengstoffgefüllten Bombenkörper und einer vorderhalb desselben angeordneten Durchschlagsladung offenbart (Merkmale 1.4 und 1.5).

Dass die nach D4 vorgesehene Hohlladung als nach vorne gerichtete Hohlladung ausgebildet ist (Merkmal 1.6), ist für den Fachmann der einzigen Figur zu entnehmen, da die dort dargestellte vordere Sprengladung 5 zur Spitze der Bombe hin konkav gestaltet ist.

Wie die Figur der D4 zeigt, weist die vordere Sprengladung 5 einen deutlich größeren Durchmesser auf als die hintere Sprengladung 6. Demnach ist auch das Merkmal 1.7, wonach das Kaliber (Durchmesser; vgl. Abs. [0012] der Offenlegungsschrift der Patentanmeldung) mindestens etwa 90% des Kalibers des Bombenkörpers beträgt, bereits aus diesem Stand der Technik vorbekannt.

Somit unterscheidet sich die Bombe gemäß dem geltenden Anspruch 1 von der Bombe nach D4 lediglich dadurch, dass sie ein Gesamtgewicht von nicht weniger als etwa 150 kg aufweist. Dieser Unterschied kann jedoch die erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da das Gewicht der Bombe vom Fachmann in Abhängigkeit von der gewünschten Sprengkraft gewählt wird, die notwendig ist, um genügend tief in das Ziel einzudringen und um die gewünschte Wirkung im Ziel zu erreichen. Überdies geht aus der in der Anmeldung genannten Druckschrift D6 bereits hervor, dass bei Bomben, die zum Zerstören von Bauwerken dienen und einen sprengstoffgefüllten Bombenkörper (Sp. 1, Z. 44 -47 und Anspruch 1) sowie eine vorderhalb desselben angeordneten Durchschlagsladung (vgl. Bezugszeichen 37 und Sp. 5, Z. 37 -41) aufweisen, Gewichte von etwa 1000 kg, also nicht weniger als 150 kg, üblich sind (Sp. 6, Z. 10 -16).

Die Bombe nach Anspruch 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 1 ist somit nicht gewährbar.

Die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 teilen das Rechtsschicksal des Anspruchs 1, da sie Teil desselben Antrags sind, über den nur geschlossen zu entscheiden ist. Eine patentbegründende Bedeutung der in ihnen aufgeführten Merkmale wurde überdies von der Anmelderin nicht geltend gemacht und ist für den Senat auch nicht erkennbar.

Dr. W. Maier Schell Rothe Hubert Bb






BPatG:
Beschluss v. 14.06.2010
Az: 11 W (pat) 40/05


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