Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 93/02

(BPatG: Beschluss v. 28.04.2003, Az.: 30 W (pat) 93/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Für die Waren

"Arzneimittel mit entzündungshemmender und analgetischer Wirkung"

ist zur Eintragung in das Markenregister als Bildmarke angemeldetsiehe Abb. 1 am Ende Zur Rubrik "farbige Eintragung mit folgenden Farben:" ist angegeben: blau/-schwarz/weiß.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluß des Erstprüfers die Anmeldung zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung blieb erfolglos. Beide Prüfer haben im wesentlichen übereinstimmend der bildlichen Wirkung des angemeldeten Zeichens keine kennzeichnende Funktion beigemessen. Das Zeichen gebe nur eine Arzeimittelkapsel wieder, die im Rahmen üblicher Ausgestaltungsformen bleibe. Das angesprochene Publikum werde gerade bei der Vielzahl üblicher Arzneimittel im angemeldeten Zeichen keine Marke, sondern lediglich eine xbeliebige Arzneimittelkapsel sehen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die konkret beanspruchte Gestaltung bereits genau in dieser Form von anderen Mitbewerbern verwendet werde. Sofern Abweichungen von bereits auf dem Markt befindlichen Kapselformen bestünden, beschränkten sich diese auf Nuancen, denen ein hohes Maß an Beliebigkeit anhafte und die deshalb vom Verkehr nicht als Kennzeichnungsmittel wahrgenommen und in Erinnerung behalten würden. Auch die Registrierung des angemeldeten Zeichens in anderen Ländern rechtfertige keine andere Beurteilung. Unterscheidungskraft bemesse sich an der Auffassung der inländischen Verkehrskreise, die durch ausländische Voreintragungen nicht präjudiziert werde.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und diese im wesentlichen damit begründet, das Amt habe die Indizwirkung der Eintragungen des Zeichens in anderen Ländern nicht hinreichend gewürdigt. Es habe auch zu hohe Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt, da Bildmarken nicht in besonders eigentümlicher Weise ausgestaltet sein oder gar im urheberrechtlichen Sinn eine eigenpersönliche Schöpfung darstellen müssten. Die angemeldete Marke sei klar und einfach gestaltet, zugleich aber mit individualisierenden Merkmalen ausgestaltet, die ihr eine besondere Eigentümlichkeit verliehen. Arzneimitteln begegne das Publikum wegen ihrer Bedeutung für die Gesundheit auch mit besonderer Aufmerksamkeit. Das in der angemeldeten Marke verkörperte Design sei auf dem Gebiet der Arzneimittelkapseln weder typisch, noch verkehrsüblich. Herkömmliche Kapseln bestünden aus zwei Teilstücken, bei denen jedes in einer Farbe gehalten sei, während die angemeldete Marke eine Darstellung zum Gegenstand habe, bei der jedes Teilstück in derselben Farbe gehalten sei, aber jeweils einen mittig gesetzten, senkrecht verlaufenden farbigen Streifen aufweise. Wenn schon ein bestimmter Farbton die Assoziation zu einem bestimmten Unternehmen hervorrufen könne, gelte dies erst recht für eine Farbkombination bzw die Anordnung verschiedener farblicher Gestaltungsmerkmale.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Vorsorglich regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen, da das angemeldete Zeichen jedenfalls nicht unterscheidungskräftig ist (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Der unbefangene Betrachter wird das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in der Regel als Abbildung einer Arzneimittelkapsel erkennen. Solche Kapseln kennt der Verkehr inzwischen seit langem und in einer sehr großen Vielfalt möglicher Ausgestaltungen. Bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel werden dabei seit längerem in einer sogenannten Gelbe Liste erfaßt, die in ihrer 12. Ausgabe (2001) allein für die Darstellungen der Oblongtabletten schon etwa 30 Seiten benötigt, wobei auf jeder Seite 36 Tabletten abgebildet sind. Selbst, wenn das Publikum das angemeldete Zeichen als sogenannte Hartgelatine-Kapsel identifizieren sollte, wofür das Zeichen sehr genau betrachtet werden und auch hinreichende Sachkunde bestehen muß, um den Umstand zu erkennen und zu deuten, daß die linke Tablettenhälfte in der Mitte über die rechte überstülpt sein dürfte, so befinden sich in der Gelben Liste immer noch über 10 Seiten mit Abbildungen von Hartgelatine-Kapseln, oblong. Diese Kapseln lassen sich wiederum nicht nur in einfarbige oder zweifarbig gestaltete aufteilen, vielmehr befinden sich unter diesen auch Kapseln mit einem Streifen, wie auch solche mit zwei Streifen, nämlich einem Streifen auf jeder Hälfte der Kapsel. Soweit die Anmelderin hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Hersteller dieser Kapseln hätten inzwischen mit der Anmelderin fusioniert, ist dies markenrechtlich ohne Belang. Das Spektrum der üblichen Gestaltungen von Arzneimitteltabletten wird von allen Herstellern bestimmt. Allenfalls besonders auffällige, aus der Norm fallende Sonderformen (diese werden in der Gelben Liste auch als solche bezeichnet), mögen von Anfang an uU herstellerspezifische Erkennungsmerkmale haben (vgl dazu BPatG Mitt. 2001, 373 - Tablettenform). Lassen sich jedoch besonders ins Auge springende Auffälligkeiten nicht - auch vom Laien - unschwer erkennen, so reihen sich die Gestaltungen in das bereits Bekannte ein.

Die Ausgestaltung der einzelnen Kapselformen ist soweit ersichtlich nicht nach bestimmten Indikationen ausgerichtet, ebensowenig hat sich eine Übung herausgebildet, Grundformen von Arzneimitteln unter den einzelnen Herstellern aufzuteilen. Vielmehr richten sich die einzelnen Formen der Arzneimittelhersteller übergreifend vorwiegend nach praktischen Gegebenheiten. Speziell Hartgelatine-Kapsel hat nahezu jeder namhafte Arzneimittelhersteller im Programm.

Das angesprochene Publikum umfaßt hier nahezu alle Verkehrskreise. Einfache Arzneimittel sprechen nämlich Personen nahezu jeder Altersstufe und jeglichen Bildungsgrades an. Die hier beanspruchten Indikationen "entzündungshemmend und analgetisch" betreffen den Bereich der typischerweise als Allerweltskrankheiten einzustufenden Beschwerden, für die sehr häufig und von jedermann Mittel benötigt werden und die in sehr großem Umfang auch im Wege der Selbstmedikation, also ohne Einschaltung von Fachpersonal erworben werden. Insoweit kann deshalb nicht darauf abgestellt werden, inwieweit spezielle, besonders fachkundige Kreise (etwa Apotheker und Ärzte) dem angemeldeten Zeichen ausreichend individualisierende herstellerspezifische Besonderheiten zu entnehmen vermögen. Deshalb ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Etiketten" (GRUR 1999, 495) nicht einschlägig. Vielmehr ist auf den gewöhnlichen, wenn auch im Zusammenhang mit Gesundheitsfragen etwas aufmerksameren durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer abzustellen. Hier ist aber aufgrund langer und gefestigter Rechtsprechung anerkannt, daß Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware selbst erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, auch bei Anlegung des vom Bundesgerichtshof ausreichend erachteten großzügigen Prüfungsmaßstabs davon im allgemeinen die nach § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG erforderliche konkrete Unterscheidungskraft fehlt (vgl etwa BGH GRUR 1997, 527 - Autofelge; 1999, 495 - Etiketten; 2001, 240 Zahnpastastrang mwNachw). Anders liegt der Fall lediglich, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Bei der Entscheidung Zahnpastastrang hat der Bundesgerichtshof solche spezifischen Besonderheiten der Darstellung zum einen darin gesehen, daß die mehrfarbige Ausgestaltung eines Zahnpastastrangs nicht durch entsprechende Feststellungen des Patentgerichts als üblich erhärtet waren, vor allem aber darin, daß das angemeldete Bild keine naturgetreue Wiedergabe eines typischen Zahnpastastrangs sei, weil der Anfang des Zahnpastastrangs stumpf ausgebildet und wulstartig geformt sowie ein spitz zulaufendes, nach links gekrümmtes Ende habe. Solche Besonderheiten hat die vorliegend zu beurteilende Warenabbildung nicht. Eine warenspezifische Besonderheit könnte allenfalls in der speziellen Farbgebung gesehen werden. Dazu ist jedoch festzuhalten, daß hier der Schutzgegenstand nicht wirksam auf die eingereichte farbige Wiedergabe beschränkt ist. Soweit BPatG MarkenR 2002, 348 - farbige Arzneimittelkapsel (gegen Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 78) eine solche Beschränkung postuliert, liegt der Fall hier schon deshalb anders, weil die bloße Darstellung keine wirksame Anmeldung als Farbmarke ist (EuGH - 6.5.2003 C - 104/01 - Farbe Orange) und die ergänzenden Angaben in der Anmeldung "blau/schwarz/weiß" völlig unbestimmt sind und den Anmeldegegenstand nicht einengen, sondern im Gegenteil auf die breite Palette aller unter die genannten Farben subsumierbaren Farbtöne zu erweitern scheinen. Überdies handelt es sich auch bei den hier allgemein angegebenen Farben um gerade auch im Arzneimittelsektor typische Grundfarben (vgl Gelbe Liste Identa 2001, 12. Ausgabe nach S 172).

Das allgemeine Publikum kann deshalb dem angemeldeten Zeichen, das lediglich eine naturgetreue Abbildung einer den üblichen Rahmen nicht verlassenden Arzneimitteltablette ist, keine herstellerspezifischen Besonderheiten entnehmen. Insoweit kommt auch den von der Anmelderin in Bezug genommenen Markenregistrierungen in anderen Staaten keine Indizwirkung zu, weil bei der Beurteilung von Bildzeichen, die mit der Sprache in keiner Beziehung stehen, das (bessere) Sprachverständnis des Muttersprachlers keine Rolle spielen kann (vgl BGH GRUR 1997, 527 - Autofelge).

An dem Zeichen, das als Abbild der Ware diese in besonders deutlicher Weise auch beschreibt, besteht auch wohl ein Freihaltebedürfnis (vgl dazu BlPMZ 2003, 156 - Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf), was hier aber dahingestellt bleiben kann.

Es besteht kein Grund, der Anregung der Anmelderin folgend, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Entscheidung entspricht nicht nur der angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern auch der Entscheidungspraxis des Harmonisierungsamts wie auch des Europäischen Gerichts 1. Instanz (vgl zuletzt EuG MarkenR 2003, 77 - Seifenstück 2). Die Entscheidung des BPatG (MarkenR 2002, 348 - farbige Arzneimittelkapsel), bei der die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde, liegt insofern anders, als dort die beanspruchten Waren sehr spezielle, verschreibungspflichtige Arzneimittel betreffen, so dass sich uU das Verbraucherbild verschiebt.

Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20803.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 28.04.2003
Az: 30 W (pat) 93/02


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