Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juli 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 21/01

(BPatG: Beschluss v. 24.07.2002, Az.: 29 W (pat) 21/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentamts vom 4. Dezember 2000 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 397 62 267 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 24 643 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Registrierungs- und Rechenmaschinen; photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal- und Kontrollapparate und -instrumente; elektrische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Compact-Discs; Videoapparate; aus Apparaten und Instrumenten für die Nachrichtentechnik bestehende Anlagen für die Telekommunikation (soweit in Klasse 9 enthalten); Telekommunikation, insbesondere mittels Telefonanlagen, Datenverarbeitungsanlagen und mittels Sprach- und Datenaufzeichnungsgeräten; betriebswirtschaftliche und Organisationsberatung auf dem Gebiet der Telekommunikation; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

am 30. Dezember 1997 angemeldete und am 22. Juni 1998 eingetragene Marke Nr. 397 62 267

"T-control"

ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke 396 24 643

"T-Connect", die für die Waren und Dienstleistungen

"elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Finanzwesen; Immobilienwesen; Bauwesen; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Drucksachen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, insbesondere Vermietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

im Markenregister eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 4. Dezember 2000 zurückgewiesen. Zwar seien die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen zum Teil identisch und zum Teil bestehe große Ähnlichkeit. Trotzdem seien die Marken dem Gesamteindruck nach nicht verwechselbar, weil sie in ihrer Gesamtheit deutliche klangliche und schriftbildliche Unterschiede aufwiesen. Der beiden Zeichen gemeinsame Bestandteil "T-" könne eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, denn Buchstaben würden auf den angesprochenen Waren- und Dienstleistungsgebieten in großem Umfang als Typen-, Serien-, Größen- oder Modellbezeichnungen sowie als Abkürzung für Sachangaben verwendet, was in besonderem Maße für den Buchstaben "T" gelte, so dass dieser Markenbestandteil ohne jegliche Kennzeichnungskraft sei. Auch die Kennzeichnungsschwäche der weiteren Bestandteile "control" und "Connect" führe nicht dazu, dass der Buchstabe "T" die Marken präge. Aufgrund seiner fehlenden Kennzeichnungskraft sei er als Stammbestandteil ungeeignet und daher eine assoziative Verwechslungsgefahr ebenfalls nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die Widersprechende trägt vor, sie unterhalte flächendeckend in der Bundesrepublik Deutschland Geschäftslokale unter dem Namen "T-Punkt", in denen ihre gesamte Waren- und Dienstleistungspalette angeboten werde. Marketingstrategie sei, dass der Buchstabe "T" als immer wiederkehrendes Hinweiszeichen in unterschiedlicher Ausgestaltung in der Werbung vorkomme. Sie besitze zahlreiche Marken, an deren Anfang der Buchstabe "T-" stehe, auf den dann ein weiteres Wort folge. Unter diesen Marken, die mit großem Werbeaufwand bekanntgemacht worden seien, seien hohe Umsätze erzielt worden. Viele Marken dieser Markenfamilie seien berühmt, wie etwa "T-NET", "T-ISDN", "T-Mobil", "T-Online", "T-Aktie", "T-Punkt" usw.. "T-" habe daher große Kennzeichnungskraft. Aufgrund der teilweise identischen bzw. sehr ähnlichen Waren und Dienstleistungen der sich gegenüberstehenden Marken bestehe deshalb insbesondere eine mittelbare Verwechslungsgefahr auf Grund dieses Serienbestandteils, der auch als Firmenzeichen verwendet werde. Eine gewisse ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche des Buchstabens sei überwunden worden. Zum Beleg der Bekanntheit von "T-" und einer Markenfamilie mit diesem Bestandteil legt die Widersprechende umfangreiches Material vor, das teilweise auch die Jahre 1995, 1996 und 1997 betrifft.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke 397 62 267 wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 24 643 zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisenund regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Er ist der Ansicht, es bestehe aufgrund der deutlichen Unterschiede in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, da die Marken keiner analysierenden Einzelbetrachtung unterzogen würden. Der Buchstabe "T-" präge den Gesamteindruck der Marken nicht, denn er sei weder schutzfähig noch kennzeichnungskräftig, denn "T" sei eine stark freihaltungsbedürftige Abkürzung für beschreibende Angaben auf den hier entscheidungserheblichen Waren- und Dienstleistungsgebieten. Der Buchstabe "T" sei für die Inhaberin der Widerspruchsmarke auch nicht verkehrsdurchgesetzt. Die eingereichten Unterlagen bezögen sich auf graphisch ausgestaltete Buchstaben und größtenteils auf die hier rechtlich unerhebliche Zeit nach dem Anmeldetag der jüngeren Marke. Angesichts des hohen Freihaltungsbedürfnisses für den Buchstaben "T" in Alleinstellung und ohne jegliche graphische Ausgestaltung sei für eine Verkehrsdurchsetzung ein Bekanntheitsgrad von mehr als 80 Prozent erforderlich, hier seien aber nur 76 Prozent Bekanntheit behauptet worden. Außerdem beziehe sich die Werbung der Widersprechenden auf einen graphisch und farblich besonders ausgestalteten Buchstaben. Die Bekanntheit einer Markenfamilie der Widersprechenden, deren kennzeichnender Bestandteil "T-" sei, sei jedoch nicht näher spezifiziert worden. Des weiteren werde das Verständnis des Verkehrs durch die Eigenschaft der Widersprechenden als Monopolunternehmen geprägt. Die aufgrund eine Monopolstellung entstandene Verkehrsgeltung sei aber markenrechtlich unbeachtlich.

Darüber hinaus bestreitet der Markeninhaber die Benutzung einer Markenserie der Widersprechenden, die aus "T-" und einem weiteren, jeweils variierenden Wort gebildet sei, zum Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke. Zu diesem Zeitpunkt seien nur die Marken "T-ISDN" und "T-online" benutzt gewesen. Die von der Widersprechenden vorgelegten Nachweise stammten aus einem anderen Zeitraum und belegten allenfalls eine geschäftsinterne und quasi lexikalische Verwendung.

Er trägt weiter vor, auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen komme nicht in Betracht, weil - wie zahlreiche Entscheidungen von verschiedenen Gerichten belegten - der allein als kollisionsbegründend in Frage kommende Bestandteil "T" schutzunfähig sei und außerdem zahlreiche Marken Dritter vorhanden seien, die ähnlich gebildet seien wie die Markenfamilie der Widersprechenden.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Nach dem Verständnis des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Markenrechtsrichtlinie (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma), das für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. Markenrechtsrichtlinie, 10. Erwägungsgrund). Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die dominierenden und unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. BGH 1996, 198 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 200 - Innovadiclophont). Schließlich impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; zuletzt EuGH GRUR Int. 2000, 899 - Adidas/Marca Moda; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND, GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen gegeben.

1. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; EuGH GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint's; BGH a.a.O. - Canon II; BlPMZ 1998, 226 f - GARIBALDI; BGH WRP 2000, 1152, 1153 - PAPPAGALLO; BGH WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, nämlich Herstellungsstätte und Vertriebswege der Waren und Dienstleistungen, deren Stoffbeschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sowie, wenn auch weniger, die Verkaufs- und Angebotsstätten sind relevante Gesichtspunkte. Eine Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

1.1. Demnach sind die Waren und Dienstleistungen "Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Registrierungs- und Rechenmaschinen; photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal- und Kontrollapparate und -instrumente; elektrische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Compact-Discs; Videoapparate; aus Apparaten und Instrumenten für die Nachrichtentechnik bestehende Anlagen für die Telekommunikation (soweit in Klasse 9 enthalten); Telekommunikation, insbesondere mittels Telefonanlagen, Datenverarbeitungsanlagen und mittels Sprach- und Datenaufzeichnungsgeräten; betriebswirtschaftliche und Organisationsberatung auf dem Gebiet der Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" der angegriffenen Marke entweder identisch mit den Waren und Dienstleistungen der älteren Marke oder die beiderseitigen Waren- und Dienstleistungsbegriffe überschneiden sich teilweise, so dass sich die Marken insoweit in Verbindung mit identischen Waren und Dienstleistungen begegnen können.

1.2. Die Dienstleistungen "wissenschaftliche und industrielle Forschung" der jüngeren Marke sind den Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" der älteren Marke ebenfalls ähnlich.

Da einerseits Ausbildungsstätten wie vor allem Universitäten und sonstige Institute neben ihrer Ausbildungstätigkeit gleichzeitig - auch in industriellem Auftrag - forschen und andererseits Forschungsinstitute - etwa im Wege von Praktika und Seminaren - Nachwuchs ausbilden sowie Großbetriebe der Industrie eigene Ausbildungs- und Fortbildungsstätten unterhalten, in denen z.B. auch Mitarbeiter von Kunden geschult werden oder private Ausbildungs- und Fortbildungsstätten finanziell und organisatorisch unterstützen, die gleichzeitig für Wissenschaft und Industrie forschen, bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Dienstleistungen "wissenschaftliche und industrielle Forschung" und "Ausbildung; Erziehung" denselben Unternehmen zuordnet.

2.1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich zu bewerten. Auf den hier angesprochenen Gebieten bietet eine große Anzahl verschiedener Anbieter unterschiedliche Waren und Dienstleistungen an, die stets auf der Höhe der Technik sein sollen und auch tatsächlich sind. Neue Waren und Dienstleistungen entstehen und verschwinden in rascher Folge vom Markt. Dadurch entsteht das Bedürfnis selbst des Fachpublikums und daraus resultierend die Verkehrsübung nahezu als Norm, Kennzeichnungen zu verwenden, die sowohl die technische Natur wie auch die Neuheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachangabe durchscheinen lassen, damit der Abnehmer in Verbindung mit der Kennzeichnung sich schon auf diese Weise zu dem von ihm gesuchten technischen Bereich hin orientieren kann. Dies ist auch bei Beurteilung der ursprünglichen Kennzeichnungskraft zu berücksichtigen. Demnach weist auch dieses "sprechende Zeichen" normale Kennzeichnungskraft auf, insbesondere weil es die zusätzlichen Elemente "T-" enthält (vgl Althammer/Ströbele Markenrecht, 6. Aufl, § 9 Rdn 140).

2.2. Die sich gegenüberstehenden teilweise identischen oder sehr ähnlichen Waren und Dienstleistungen wenden sich überwiegend an relativ breite Verkehrskreise. Dies begünstigt Verwechslungen, so dass ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich ist.

3. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ergibt sich jedoch nicht aus dem Zeichenvergleich. Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist nämlich stets vom Gesamteindruck der Marken auszugehen (st. Rspr. BGH BlPMZ 1997, 28 - Foot-Joy; Mitt. 1996, 285 f. - Sali-Toft; GRUR 1999, 241, 243 - Lions; zuletzt BGH GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN). Einen Elementenschutz gibt es grundsätzlich nicht.

Die Marken unterscheiden sich in ihrer Gesamtheit in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht deutlich, was die Widersprechende letztlich auch nicht bestreitet. Die abweichenden Silben "-trol" und "nect" verleihen den Marken ein prägnant unterschiedliches Gesamtklangbild. Schriftbildlich reichen die Abweichungen in der Wortkontur und den Formen der Buchstaben in der jeweils zweiten Worthälfte aus, die Zeichen hinreichend sicher auseinander zuhalten. Begrifflich weisen die Wörter "control" und "Connect", ebenfalls keine Gemeinsamkeiten auf.

4. Weichen - wie im vorliegenden Fall - die Marken in ihrer Gesamtheit betrachtet voneinander ab, so kann jedoch trotzdem eine Verwechslungsgefahr bestehen, wenn übereinstimmende oder ähnliche Markenbestandteile den Gesamteindruck der Kombinationsmarken alleine prägen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 406 - Juwel; GRUR 1999, 733, 735 - LION DRIVER; MarkenR 2000, 20, 21 - RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN).

Dies ist hier aber bei dem allein als kollisionsbegründend in Betracht kommenden gemeinsamen Markenteil "T-" nicht der Fall, denn der Buchstabe ist mit einem Bindestrich mit dem nachfolgenden Wort verbunden und wirkt damit als zusammengehörige Kennzeichnung, die im allgemeinen nicht in seine Einzelteile zerlegt wird.

5. Ein gedankliches Inverbindungbringen ist hier jedoch unter dem Gesichtspunkt einer assoziativen Verwechslungsgefahr aufgrund einer bestehenden Markenfamilie anzusehen, denn es ist nach Auffassung des Senats nicht ausgeschlossen, daß entscheidungserhebliche Teile der angesprochen Verkehrskreise in der jüngeren Marke ein Zeichen aus der Markenfamilie der Widersprechenden sehen.

5.1. Dies setzt voraus, daß die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Marken erkennen und somit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen, gleichwohl aber aufgrund eines übereinstimmenden Gesamteindrucks mit Hinweischarakter auf die Widersprechende die jüngere Marke als Bestandteil einer Markenserie der Widersprechenden ansehen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 9 Rn 210, 213; Fezer, Markenrecht, § 14 Rn 220). Denn eine assoziative Verwechslungsgefahr kann auch gegeben sein, wenn wegen der Ähnlichkeit des Sinngehalts der Marken und einer entsprechenden Markenbildung auf eine Zusammengehörigkeit im Sinne einer Markenfamilie geschlossen werden kann, wobei dies insbesondere bei Marken naheliegt, die denselben charakteristischen Aufbau aufweisen und wenn die Widersprechende bereits eine Reihe ähnlich gebildeter Marken benutzt (BPatG Mitt. 1974, 15, 16 - CLINICULT/CLINITEST; BPatG Mitt. 1977, 174, 175 - NEUROHORM/Hepahorm; BPatGE 35, 212, 217 f. - Queens Club/Queens Garden; BPatG Mitt. 1996, 133, 134 f. - OKLAHOMA SOUND / MISSISSIPPI SOUND; OLG Frankfurt GRUR 1997, 52 - Die Blauen Seiten).

5.2. Im vorliegenden Fall hat der Inhaber der angegriffenen Marke zwar bestritten, daß die Widersprechende bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke eine Anzahl von für Waren und Dienstleistungen auf dem hier angesprochenen Sektor eingetragenen Wortmarken benutzt habe, die dadurch gebildet gewesen seien, daß dem Buchstaben "T" verbunden durch einen Bindestrich ein weiteres Wortelement - oft eine Sachbezeichnung bzw. die Bezeichnung für einen Themenbereich - hinzugefügt worden sei. Nach Auffassung des Senats braucht im vorliegenden Fall aber nicht entschieden zu werden, ob es für die Verkehrsanschauung bei der assoziativen Verwechslungsgefahr auf die Umstände zur Zeit der Anmeldung der angegriffenen Marke abzustellen ist, oder ob der allgemeine Grundsatz gilt, dass der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist. Selbst wenn man mit der Inhaberin der angegriffenen Marke vom Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke - hier 30. Dezember 1997 - ausgeht, liegen die Voraussetzungen für eine assoziative Verwechslungsgefahr vor. Die Marken "T-Online" und "T-ISDN" wurden damals schon von der Widersprechenden benutzt, was auch der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde weiß. Die Bezeichnung "T-Aktie" war ebenfalls aufgrund der diesbezüglichen umfangreichen Werbeaktionen ihrer Ausgabe Ende des Jahres 1996 bekannt. Außerdem hatte die Widersprechende unstreitig bereits zum damaligen Zeitpunkt eine umfangreiche Serie von Marken angemeldet, die aus dem Buchstaben "T" verbunden durch einen Bindestrich mit einem weiteren Wortelement bestanden und die zum großen Teil damals auch bereits eingetragen wurden. So wird in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 29.6.1999 (20 U 116/98) zu T-Auskunft (GRUR 2001, 247) darauf hingewiesen, dass am 31.1.1996 7 solcher Marken bereits eingetragen und 21 weitere angemeldet waren. Darüber hinaus ist es grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen, dass selbst kennzeichnungsschwache Zeichenteile Grundlage einer assoziativen Verwechslungsgefahr sein können, wenn sie als Bestandteile einer Markenfamilie benutzt werden (BGH GRUR 2002, 542 - BIG).

Die angegriffene Marke ist nach dem gleichen Schema wie die benutzten und eingetragenen Zeichen der Markenfamilie der Widersprechenden gebildet. Sie besteht nämlich aus der Verbindung des stets gleichbleibenden Buchstabens "T" mit Bindestrich und einem englischen Wort, das allgemein geläufig und als Wort des Grundwortschatzes bekannt ist, aber auch in fachsprachlicher Hinsicht weitere Assoziationen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu erwecken geeignet ist. Zudem sind dabei diese Wortbestandeile kurz und prägnant. Es besteht daher für entscheidungserhebliche Teile des Verkehrs Anlass, die jüngere Marke wegen der Art der Zeichenbildung der Markenserie bzw. Markenfamilie der Widersprechenden zuzuordnen (vgl. auch 29 W (pat) 360/99 T-Sex/T-System). Auf die Frage, ob die von der Widersprechenden eingereichten Belege Hinweise für die Verwendung weiterer Marken dieser Markenfamilie wie "T-Card", "T-D1" und "T-Punkt" in der Zeit vor Anmeldung der jüngeren Marke (1995 bis 1997) ausreichen, kam es daher nicht mehr an.

5.3 Das Argument des Inhabers der jüngeren Marke, die gesteigerte Kennzeichnungskraft bzw Verkehrsgeltung der Markenfamilie der Widersprechenden einzubeziehen sei unzulässig, da sie auf deren früherer Eigenschaft als Monopolunternehmen beruhe, war nicht zu berücksichtigen, da es für das Ergebnis auf einen eventuell erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke oder auf die Verkehrsdurchsetzung für einen Markenteil nicht ankam.

6. Der Senat sieht keinen Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf den in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof vertretenen Grundsätzen. Die vom Senat getroffenen Tatsachenfeststellungen sind nicht im Rahmen einer Rechtsbeschwerde nachprüfbar.

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BPatG:
Beschluss v. 24.07.2002
Az: 29 W (pat) 21/01


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