Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2003
Aktenzeichen: 15 W (pat) 13/03

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2003, Az.: 15 W (pat) 13/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 04 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Herstellung eines Hohl- oder Doppelbodensystems Anmeldetag: 25. Januar 2000 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1-11, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2003, Beschreibung Seiten 1, 1a, 2-8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2003, 11 Seiten Zeichnungen, Seiten 1-11, gemäß DE 100 04 144 A1.

Gründe

I.

Die Anmelderin reichte am 25. Januar 2000 die Anmeldung 100 04 144.2-25 mit der Bezeichnung

"Hohlboden- und Doppelbodensystem"

ein. Das Deutsche Patent- und Markenamt veröffentlichte am 25. Oktober 2001 die entsprechende deutsche Offenlegungsschrift 100 04 144 A1.

Mit Beschluss vom 10. April 2001 wies die Prüfungsstelle für Klasse E 04 F des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung aus den Gründen des Bescheids vom 31. August 2000 zurück.

Dem Beschluss lagen die mit Eingabe vom 27. Mai 2000 (eingegangen am 29. Mai 2000) vorgelegten Ansprüche 1 bis 42 mit folgendem Wortlaut des Patentanspruchs 1 zugrunde:

"Ein Hohl- und Doppelbodensystem für den Einbau in umbauten Räumen, z.B. für Büro- und Lagerflächen und für angelegte Freiflächen im Zusammenhang mit Bauten jedweder Art, dadurch gekennzeichnet, dass die tragenden Elemente, bauseits, in zuvor im Rastersystem montierte neu entwickelte verlorene Schalungen aus Folien, Blech und vergleichbaren Materialien gegossen werden. Zu diesem Hohl- und Doppelbodensystem gehören ebenso neuentwickelte und neuartige Brandabschottungen, Revisionsklappen, Stützkonstruktionen, Aufnahmen für Installationseinrichtungen und alle sonstigen Zubehörteile, die zusammen mit den bauseits gegossenen tragenden Elementen das Hohl- und Doppelbodensystem bilden.

Ein weiteres Merkmal der Erfindung ist die selbst nivellierende Eigenschaft des Hohl- und Doppelbodensystems, die bauseitige Vergießung der gesamten Tragkonstruktion mit oder ohne tragenden Boden inklusiv der Installationselemente für Heizung Elektro, Klima und Lüftung, die fugenlose selbsttätige Anpassung der Tragkonstruktion an auch sehr unebene Untergründe und Höhenunterschiede, die durch die flexible Anpassungsfähigkeit der bauseits gegossenen Unterkonstruktion ausgeglichen werden.

In einer anderen Ausgestaltung der Erfindung können in diesem Hohl- und Doppelbodensystem Isolierungen gegen Feuchtigkeit, Schall und thermische Verluste zusätzlich vor und nach der Vergießung der Tragkonstruktion integriert und jedwede statische Anforderung durch die Tragkonstruktion erfüllt werden, soweit diese bisher in Bauten vorgekommen sind.

In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung kann der Hohlraum unter dem Oberboden, zusätzlich zu seiner Hauptfunktion als Installationsraum noch für die Klimatisierung und Lüftung der darüber liegenden Räume genutzt werden.

Ein wesentliches Merkmal der Erfindung ist auch, dass die Unterkonstruktion allein ohne tragenden Boden in die zuvor montierte verlorene Schalung gegossen und mit einem handelsüblichen Edelstahlglätter abgezogen werden kann. Dadurch entseht in dieser weiteren Ausgestaltung der Erfindung eine verlegereife Tragkonstruktion in Gitterform, bestehend aus tragenden Säulen und einem horizontalen Balkengitter für die Verlegung von Fußbodenplatten, wie z.B. Natursteinböden, die gleichzeitig nach der Aushärtung der Vergussmasse, unverrückbar feststeht und die vollständige Installation der Elektro-, Klima- und Lüftungseinrichtungen vor der Verlegung des Oberbodens ermöglicht."

Bezüglich der ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 42 bzw der weiteren, dem Beschluss zu Grunde liegenden Patentansprüche 2 bis 42 wird auf die Akten verwiesen.

Der Beschluss war damit begründet, dass die zugrunde liegende Anspruchsfassung gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei, dass der beschriebenen technischen Lehre die erforderliche Klarheit fehle und dass gegenüber dem ermittelten Stand der Technik in Form von sieben Druckschriften und dem Wissen des Fachmanns kein erfinderischer Überschuss verbleibe.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin fristgerecht Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2003 eine neue Anspruchsfassung eingereicht. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 11 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Hohl- oder Doppelbodensystems mit folgenden Merkmalen - es werden Festpunkte in der Form von höhenverstellbaren Stützen eingesetzt, die nur zur präzisen Höhenausrichtung und Aufnahme der Hilfskonstruktionen dienen, ohne nach Fertigstellung der Hohl- oder Doppelbodendecke noch eine Funktion zu haben,

- diese für die Höhenverstellung benötigten Stützen sind aus einer leichten Blechkonstruktion gefertigt, die nach der Montage und Grobausrichtung mit Schlagdübeln oder vergleichbaren Befestigungen auf der Rohdecke befestigt werden,

- die Stützen enthalten in der Mitte eine stufenlos höhenverstellbare Schraube, an deren Kopf sich eine Konstruktion für die Aufnahme von Längsträgern befindet,

- die Längsträger und die Stützen bilden ggf mit den einzulegenden Querträgern ein Rastersystem innerhalb des Raumes, bei dem man mit cirka einem Festpunkt je 2 Quadratmeter, oder weniger, je nach Raumgröße auskommt,

- nach dieser Montage werden die Festpunkte und die Randabschlusselemente in der Höhe justiert und fixiert,

- im Anschluss daran werden, sofern erforderlich, die Querträger in die vorgefertigten Aussparungen der Längsträger eingehangen,

- in die aus zwei Teilen bestehenden Längs- und Querträger werden Rahmen mit daran befestigten Foliensäcken eingehangen, die entsprechend der gewünschten Aufbauhöhe des Hohl- oder Doppelbodens vorkonfiguriert werden, wobei sich der Abstand der Foliensäcke und die Form der Konfigurierung nach statischen Anforderungen richtet,

- die Zwischenräume zwischen den Foliensäcken werden durch vorgefertigte Distanzstücke abgedeckt,

- danach wird diese Gesamtkonstruktion mit Fließestrich vergossen, wonach die verfüllten Foliensäcke, Längs- und ggf Querträger ein geschlossenes tragendes System bilden, in dem die verfüllten Foliensäcke die tragenden Säulen der Bodenkonstruktion bilden,

- anschließend werden entwedera) auf die Oberkante der vergossenen zweiteiligen Quer- und Längsträger die vorgesehenen Bodenplatten, z. B. Natursteinplatten oder sonstige Werkstoffe aufgelegt oderb) falls eine geschlossene Bodenfläche aus Estrich bauseits verlangt wird, werden vor dem Vergießen der Tragkonstruktion quadratische tiefgezogene Bleche unter Nutzung der in den Längs- und Querträgern vorhandenen Aufnahmen ausgelegt und so eine dichte Fläche geschaffen, die im Anschluss mit der Tragkonstruktion zusammen, ggf in einem Arbeitsgang, mit Fließestrich ausgegossen wird, wobei alternativ auch gewölbte Blechkuppeln verwendet werden können, die nur über die Längsträger gespannt werden und insgesamt keine Querträger in der Unterkonstruktion benötigen.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsträger und Querträger aus Blechteilen bestehen.

3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen Armierungskörbe in die Foliensäcke einbringt.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Foliensäcke konfiguriert sind, um eine gewünschte Form der tragenden Säulen zu erreichen.

5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen die tragenden Säulen und die Stützkonstruktionen schalltechnisch vom Baukörper trennt.

6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen Revisionsklappen in die verlorene Schalung einhängt, die nach dem Vergießen herausnehmbar sind.

7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen Halterungselemente für Installationselemente an der verlorenen Schalung befestigt.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen Rohre für eine Fußbodenheizung an den Halterungselementen befestigt.

9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen Installationselemente an den höhenverstellbaren Halterungselementen befestigt und die Installationselemente höhenmäßig ausrichtet.

10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass man vor dem Vergießen die Zwischenräume der Tragkonstruktion mit Schalungskuppeln überdeckt und die Tragkonstruktion zusammen mit dem tragenden Boden in einem Arbeitsgang mit Fließestrich vergießt.

11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass unterhalb der Tragkonstruktion Isolierplatten oder isolierende Folien zur Verhinderung thermischer Verluste eingebaut werden."

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin vorgetragen, dass das weiterverfolgte Patentbegehren von den ursprünglich eingereichten Unterlagen gedeckt sei und die beschriebene technische Lehre im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik neu sei sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen aufgrund folgender Unterlagen:

Patentansprüche 1-11, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2003, Beschreibung Seiten 1, 1a, 2-8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2003, 11 Seiten Zeichnungen, Seiten 1-11 gemäß DE 100 04 144 A1.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (PatG § 73). Sie ist unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden Patentbegehrens in der Sache auch begründet.

Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstandes der geltenden Patentansprüche 1 bis 11 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen bzw daraus herleitbar sind (vgl Patentansprüche 9, 12 und 40 iVm S 2 Abs 1, S 4 Abs 1 bis S 5 Abs 1, S 5 Abs 3 bis S 6 Abs 1, S 6 Abs 3-4, S 7 Abs 1-2 sowie die Zeichnungen Anlagen 3 und 7).

Die Neuheit des Verfahrens gemäß geltender Anspruchsfassung ist anzuerkennen.

Nach dem Großteil der im Prüfungsverfahren als Stand der Technik ermittelten Druckschriften wird ein Estrich auf vorgefertigten, harten, eierkartonähnlich geformten Plastikfolien vergossen und so ein Hohlboden gebildet (vgl DE 33 21 046 A1 (1), DE 44 15 749 A1 (4) und DE 43 29 766 A1 (5), jeweils insbesondere Patentanspruch 1; DE 33 05 040 A1 (6), insbesondere Patentanspruch 15 sowie DE 88 09 824 U1 (3), insbesondere Anspruch 1 iVm S 1 Abs 3 bis S 2 Abs 3).

Die diesen Entgegenhaltungen entsprechenden Herstellungsverfahren für Hohlböden unterscheiden sich ua von der Lehre des gültigen Patentanspruchs 1 darin, dass die verlorenen Schalungen nicht mit Hilfe höhenverstellbarer Stützen nivelliert werden und darin, dass keine sich dem Rohboden anpassenden Plastiksäcke als Schalung für die tragenden Säulen aus Fließestrich verwendet werden. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für den von der Anmelderin selbst in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen angegebenen Stand der Technik (vgl dort S 2-3).

DE 34 15 581 A1 (2) betrifft einen klassischen Doppelboden mit auf stabilen Stützen aufgelegten Platten (ohne Verwendung von Fließestrich) und wurde im Prüfungsverfahren nur als Beispiel genannt, dass das Vorsehen von Brandabschottungen bei Doppelböden grundsätzlich bekannt ist.

Gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik, DE 21 64 897 A1 (7) bzw DE 31 13 633 A1 (8), werden zwar mit Hilfe von verformbaren, verlorenen Schalungen tragende Säulen aus Estrichmaterialien gegossen, jedoch ua nicht mit Hilfe von durch höhenverstellbare Stützen waagrecht eingestellten Längsträgern, in die Plastiksäcke als Schalung für die tragenden Säulen aus Fließestrich eingehangen werden und die durch eingelegte Distanzstücke selbst als verlorene Schalung für die letztlich aus Fließestrich bestehende Rahmenkonstruktion des Hohl- oder Doppelbodens dienen.

Das Verfahren gemäß geltender Anspruchsfassung beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anmeldungsgemäß gelöst wird die Aufgabe, eine einfache und kostengünstige Herstellung eines Hohl- oder Doppelbodensystems zu beschreiben (vgl ursprüngliche Unterlagen, S 2 Abs 1 Z 3-4).

Lösungsprinzip ist dabei die Verwendung einer leichten, da nur provisorisch eingesetzten, höhenverstellbar gelagerten, verlorenen Schalung nach den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1.

Ein Hinweis auf eine Herstellung von Hohl- oder Doppelböden unter Einsatz einer in solcher Weise erstellten, verlorenen Schalung kann den nächstliegenden Druckschriften (7) und (8) sowie den anderen ermittelten Schriften oder dem selbst genannten Stand der Technik weder einzeln noch in Zusammenschau entnommen werden.

Nach alledem ist das Verfahren gemäß der geltenden Patentansprüche 1 bis 11 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die vorliegende Anspruchsfassung gewährbar ist.

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