Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Februar 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 328/01

(BPatG: Beschluss v. 19.02.2002, Az.: 33 W (pat) 328/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung der Wortmarke

"digiMedia"

für folgende Waren und Dienstleistungen Klasse 35: Dienstleistungen einer Messegesellschaft (soweit in Klasse 35 enthalten);

Planen und Veranstalten von Messen, Ausstellungen, Präsentationen;

Klasse 41: Planen und Durchführen von Kongressen, Konferenzen und Lehrveranstaltungen; Unterhaltung;

Klasse 16: Druckereierzeugnissedurch Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 10. September 2001 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Markenstelle hat ausgeführt, daß die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung im Sinne von "digitale Medien" verstehen würden. Dieser Gesamtbegriff sei für sämtliche begehrten Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend. Daß die angemeldete Wortkombination lexikalisch nicht nachweisbar sei, sei für die markenrechtliche Beurteilung nicht entscheidend. Auch bisher unbekannte und deshalb besonders die Aufmerksamkeit erregende Sachaussagen könnten durchaus als solche erkannt werden, wenn - wie hier - die sachbezogene Information derart im Vordergrund stehe, daß ein betrieblicher Herkunftshinweis nicht mehr ersichtlich sei.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Sie trägt vor, daß es selbst unter der Annahme, daß der Bestandteil "digi" als Abkürzung für "digital" verstanden werde, zweifelhaft sei, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Marke bei einer die Gesamtheit würdigenden Betrachtung in der Bedeutung "digitale Medien" erkennen würden. "Media" sei nicht der Plural von "Medium", dieser müsse "Medien" lauten. Jedenfalls für die hier angemeldeten Dienstleistungen - insbesondere der Klasse 35 - sei ein glatt beschreibender Begriffsinhalt nicht zu erkennen. Beansprucht werde Schutz für die organisatorischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer Messe, nicht jedoch für die Produkte, die auf der Messe ausgestellt würden. Schließlich beruft sich die Anmelderin auf Voreintragungen mit dem Bestandteil "digi" und auf eine Eintragung der Marke durch das US-Markenamt.

Der Senat hat die Anmelderin mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung auf verschiedene Entscheidungen des Bundespatentgerichts hingewiesen. Daraufhin hat die Anmelderin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach Auffassung des Senats ist die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, so daß die Markenstelle des Patentamts die Anmeldung im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen hat.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehrs als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRsp vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU mwN).

Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den Begriffen "digi" und "Media" zusammen; "digi" wird als Kurzform für "digital" verwendet (vgl BPatGE 24 W (pat) 67/95 - DigiCenter; 30 W (pat) 267/99 - digilD; 30 W (pat) 191/00 - digiPhoto World; so auch deSola, Abbreviations Dicitionary, 1983, 251 und Wennrich, Angloamerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik Teil 1, 1976, 471 f, wo nachgewiesen wird, daß "digi" auch in der Zusammensetzung mit anderen Begriffen gebräuchlich ist, zB "DIGICOM" = digitales Kommunikationssystem, "DIGIFON" = digitales Telefon).

Aus der lateinischen Sprache stammend ist der Begriff "Media" - als Plural von "Medium" - sowohl ins Englische als auch ins Deutsche mit der Bedeutung "Medien, Kommunikationsmittel" eingegangen (vgl BPatGE 30 W (pat) 130/99 - CARMEDIA; 24 W (pat) 7/01 - Image Media; 24 W (pat) 16/01 - Media Performance; 30 W (pat) 311/94 - Media Vision; 30 W (pat)36/00 - MEDIANET; 30 W (pat) 31/97 - MEDIA-STATION; 33 W (pat) 75/98 - MediaWorld; 33 W pat) 196/99 - SuperMarket Media; so auch v. Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Band 2, 42; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 1989, 1000 f. unter "Media", "Medien", "Medium").

Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 41, insbesondere der Organisation von Messen, Kongressen und ähnlichen Veranstaltungen, besagt das angemeldete Zeichen - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt -, daß diese "digitale Medien" zum Gegenstand haben. Auch die Druckereierzeugnisse können sich inhaltlich, für die hier angesprochenen Verkehrskreise - neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum - ohne weiteres verständlich, inhaltlich mit dem Thema "digitale Medien" beschäftigen. Wie die Markenstelle insoweit zutreffend ausgeführt hat, sind die angemeldeten Dienstleistungen, selbst wenn es sich insoweit um überwiegend organisatorische Tätigkeiten handeln sollte, im Hinblick auf den Gesamtzweck der jeweiligen Veranstaltung zu sehen und werden dementsprechend durch den Themenschwerpunkt der Messen oder Kongresse charakterisiert.

Dem Zeichen kann die Schutzfähigkeit auch nicht deshalb zugebilligt werden, weil es nach Angabe der Markeninhaberin in den USA als Marke eingetragen worden ist. Denn diese Eintragungen lassen keine Rückschlüsse auf das Verständnis des Zeichens beim inländischen Publikum zu, auf das allein bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abzustellen ist (so auch Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Auflage, § 8 Rdn 86 ff.).

Die Anmelderin kann zur Frage der Schutzfähigkeit schließlich auch nicht auf eingetragene inländische Drittzeichen verweisen. Selbst eine Reihe gleicher oder ähnlicher Marken - die Anmelderin beruft sich insoweit auf Marken mit dem Bestandteil "digi" - kann nicht zu einer Selbstbindung des deutschen Patent- und Markenamts führen und ist erst Recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (vgl BGH GRUR 1989, 420 - K-Süd).

Der Senat neigt im übrigen zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, was hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.

Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 19.02.2002
Az: 33 W (pat) 328/01


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