Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. März 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 324/03

(BPatG: Beschluss v. 17.03.2005, Az.: 23 W (pat) 324/03)

Tenor

Das Patent wird beschränkt in der Form aufrechterhalten, dass im ersten Merkmal des kennzeichnenden Teils des erteilten Patentanspruchs 1 nach dem Wort "Anschlusselemente" die Funktionsangabe "als Widerhaken wirkende" eingefügt wird.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf die am 9. Mai 1997 eingegangene Patentanmeldung das am 10. April 2003 veröffentlichte Patent 197 19 703 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Leistungshalbleitermodul mit Keramiksubstrat" erteilt.

Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 8. Juli 2003, beim Patentamt eingegangenen am nächsten Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent nach § 61 PatG aus den Gründen des § 21 PatG in vollem Umfang zu widerrufen, weil sein Gegenstand nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei. Dabei hat sie zum Stand der Technik auf die Druckschriften - EP 0 513 410 A1 (Druckschrift D1) und - DE 41 35 183 A1 (Druckschrift D2)

zusätzlich zu den im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Entgegenhaltungen - JP 7-153906 A in Patent Abstracts of Japan (1995) (Druckschrift D3) und - US-Patentschrift 5 408 128 (Druckschrift D4)

hingewiesen und die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 des Streitpatents insofern nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, als er sich von dem Leistungshalbleitermodul nach der Druckschrift D1 lediglich durch die Verwendung von Bonddrähten zum Anschluss der Anschlusselemente an die Halbleiterbauelemente unterscheide, was nicht erfinderisch sei. Denn gemäß der Druckschrift D1 seien die Anschlusselemente zwar direkt mit Anschlussflächen auf dem Substrat verlötet. Für die mit der Entwicklung von Halbleitermoduln befassten Fachleute seien Bonddraht-Verbindungen zwischen Anschlusselementen und Halbleiterbauelementen jedoch eine allgemein bekannte konstruktive Maßnahme, die eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen könne. Zudem biete sich bei dem Halbleitermodul nach der Druckschrift D1 aufgrund der ausreichenden Fixierung der Anschlusselemente eine Bonddraht-Verbindung zwischen den Anschlusselementen und den Halbleiterbauelementen sogar besonders an. Die Ausführungsformen nach den erteilten Patentansprüchen 2 bis 4 des Streitpatents seien aus der Druckschrift D1 bekannt. Das Abdecken des Substrats mit einer Vergießmasse gemäß dem erteilten Patentanspruch 5 des Streitpatents sei durch das in der Druckschrift D1 offenbarte Vergießen mit einer Silikonmasse nahegelegt. Die Verwendung einer Weichvergussmasse und einer darüber angeordneten Hartvergussmasse im Sinne des erteilten Patentanspruchs 6 des Streitpatents sei aus der Druckschrift D2 bekannt.

Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 20. Februar 2004 beantragt, das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, weil der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D1 nicht nur neu sei, sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 30. April 2004 an ihrem Antrag, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, festgehalten. Die von der Patentinhaberin aufgeführten Unterschiede kämen mit Ausnahme der Bondverbindung im erteilten Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht vor.

Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 14. März 2005 - vorweg per Telex - einen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2005 hat die Patentinhaberin das Streitpatent mit der Maßgabe beschränkt verteidigt, dass im ersten Merkmal des kennzeichnenden Teils des erteilten Patentanspruchs 1 nach dem Wort "Anschlusselemente" die Funktionsangabe "als Widerhaken wirkende" eingefügt wird, und die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen sei.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt in der Form aufrechtzuerhalten, dass im ersten Merkmal des kennzeichnenden Teils des erteilten Patentanspruchs 1 nach dem Wort "Anschlusselemente" die Funktionsangabe "als Widerhaken wirkende" eingefügt wird.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet (nach Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers in der ersten Zeile):

"Leistungshalbleitermodul (1) mit einem Kunststoffgehäuse (2), in das als Gehäuseboden (3) ein Substrat (4) eingesetzt ist, das aus einer Keramikplatte (5) besteht, die auf ihrer oberen und unteren Seite (6, 7) mit einer Metallisierung versehen ist, wobei die Metallisierung auf der oberen, dem Gehäuseinneren zugewandten Seite (6) der Keramikplatte (5) zur Bildung von Leiterbahnen strukturiert ist und mit Halbleiterbauelementen (10) und Verbindungselementen (8) bestückt ist, und in dem Anschlusselemente (11) für äußere Anschlüsse eingebracht sind, wobei an den Anschlusselementen (11) im Gehäuseinneren Drähte aufgebondet sind, deren anderes Ende an den Halbleiterbauelementen angebondet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Anschlusselemente als Widerhaken wirkende Nasen aufweisen, dass die Anschlusselemente (11) im Bereich der Nasen (13) in Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingepresst sind und an der Innenseite des Kunststoffgehäuses anliegen, wobei die Nasen (13) an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) anliegen und die Anschlusselemente (11) in ihrer Lage fixieren."

Hinsichtlich der geltenden erteilten Unteransprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Januar 2005 eingelegt worden ist.

III.

Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Der Einspruch ist jedoch nur insoweit begründet, als er nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt.

1. Zulässigkeit des Einspruchs Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin zwar nicht in Frage gestellt worden. Jedoch haben Patentamt und Gericht auch ohne Antrag der Patentinhaberin die Zulässigkeit des Einspruchs in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (vgl. Schulte, PatG, 7. Auflage, § 59, Rdn 145), da ein unzulässiger - einziger - Einspruch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents führt (vgl. hierzu Schulte, PatG, 7. Auflage, § 61, Rdn 24; BGH GRUR 1987, 513, II.1. - "Streichgarn").

Gegen die Zulässigkeit des Einspruchs bestehen im vorliegenden Fall aber insofern keine Bedenken, als die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist zur Substantiierung des geltend gemachten Widerrufsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit zur gesamten Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 anhand des Standes der Technik nach der vorgenannten Druckschrift D1 iVm dem fachmännischen Wissen die Tatsachen im einzelnen angegeben hat, aus denen sich ergeben soll, dass das Patent zu widerrufen ist (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs 1 - "Epoxidation"; Schulte PatG 7. Aufl. § 59 Rdn 77 bis 82). Ob die dabei vorgetragenen Tatsachen den Widerruf des Patents auch tatsächlich rechtfertigen, ist nämlich nicht bei der Zulässigkeit, sondern bei der Begründetheit des Einspruchs zu prüfen (vgl. BGH BlPMZ 1987, 203, 204, liSp, vorle Abs - "Streichgarn"; BlPMZ 1985, 142, Leitsatz - "Sicherheitsvorrichtung"; BlPMZ 1988, 289, 290, Abschn II.1. - "Meßdatenregistrierung"; Schulte, PatG, 7. Auflage, § 59 Rdn 84).

2. Zulässigkeit der Patentansprüche Im Einspruchsverfahren ist die Zulässigkeit der Patentansprüche von Amts wegen auch dann zu überprüfen, wenn die Einsprechende - wie vorliegend - den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung nicht geltend gemacht hat (vgl. BGH Mitt 1995, 243, Leitsatz 2 - "Aluminium-Trihydroxid").

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 6 sind zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 ist aus dem erteilten Patentanspruch 1 durch Einfügung der in der Streitpatentschrift (vgl. Spalte 2, Zeilen 23 bis 26) sowie auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (vgl. Beschreibungsseite 4, Zeilen 9 bis 11) als erfindungswesentlich offenbarten Funktionsangabe hervorgegangen, wonach die Nasen (13) als Widerhaken wirken. Der erteilte Patentanspruch 1 findet wiederum inhaltlich eine ausreichende Stütze in den ursprünglichen Patentansprüchen 1 und 2 iVm mit dem in der ursprünglichen Beschreibung erläuterten Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 (vgl. Seite 4, Absatz 2 hinsichtlich des letzten Merkmals nach dem Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1, wonach an den Anschlusselementen (11) im Gehäuseinneren Drähte aufgebondet sind, deren anderes Ende an den Halbleiterbauelementen angebondet ist, sowie hinsichtlich des Merkmals nach dem kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1, wonach die Anschlusselemente (11) im Bereich der Nasen (13) in Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingepresst sind ........ , wobei die Nasen (13) an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) anliegen; vgl. zu letzterem insbesondere auch den Pfeil mit der Angabe "Verkrallung" in der ursprünglichen Fig. 2).

Die erteilten Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen inhaltlich - in dieser Reihenfolge - den ursprünglichen Patentansprüchen 3 bis 7.

3. Patentgegenstand Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung (vgl. Spalte 1, Absätze [0001] bis [0003] der Streitpatentschrift) geht die Erfindung von einem Leistungshalbleitermodul aus, wie es in der Streitpatentschrift anhand der Fig. 1 erläutert ist (vgl. das dortige Leistungshalbleitermodul 1 mit dem Kunststoffgehäuse 2, dem als Gehäuseboden dienenden Substrat 4, das als auf beiden Seiten mit einer Metallisierung versehene Keramikplatte 5 ausgebildet ist, deren dem Gehäuseinneren zugewandte Metallisierung zu Leiterbahnen für die Bestückung mit Halbleiterbauelementen 10 strukturiert ist, die über Bonddrähte 8 mit in das Kunststoffgehäuse 2 eingespritzten Anschlusselementen 11 für äußere Anschlüsse verbunden sind).

Bei diesem Leistungshalbleitermodul wird von der Patentinhaberin als nachteilig angesehen, dass die in der Regel aus Kupfer bestehenden Anschlusselemente in das Kunststoffgehäuse eingespritzt sind. Da der Kunststoff nach dem Einspritzen beim Erkalten schrumpfe, seien die Anschlusselemente in dem Kunststoff normalerweise nicht fest verankert. Infolge der schlechten mechanischen Fixierung der Anschlusselemente im Kunststoffgehäuse könne es zur Lösung der Bondverbindung zwischen den Anschlusselementen und den Halbleiterbauelementen kommen. Durch das Rütteln beim Bonden würden die Anschlusselemente zudem so stark wie bei keiner anderen Verbindungsart mechanisch beansprucht, weshalb das Bonden zu einer weiteren Lockerung der Verankerung der Anschlusselemente im Kunststoffgehäuse und damit zum Abreißen der Bonddrähte durch sich bewegende Anschlusselemente führen könne (vgl. den Schriftsatz der Patentinhaberin vom 20. Februar 2004, Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, Absatz 1).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatentgegenstand als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Leistungshalbleitermodul der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 genannten Art bereitzustellen, bei dem eine sehr gute mechanische Fixierung der Anschlusselemente insbesondere beim Bonden vorliegt (vgl. Spalte 1, Absatz [0004] der Streitpatentschrift).

Diese Aufgabe wird bei einem gattungsgemäßen Leistungshalbleitermodul mit den Merkmalen nach dem kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1 gelöst.

Denn dadurch, dass die Anschlusselemente (11) im Bereich der Nasen (13) derart in Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingepresst sind, dass sie - auf der den Nasen (13) abgewandten Seite (vgl. die Fig. 2) - an der Innenseite des Kunststoffgehäuses (2) anliegen, während die als Widerhaken wirkenden Nasen (13) an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) anliegen - d.h. dort verkrallt sind (vgl. hierzu den Pfeil mit der Angabe "Verkrallung" in der ursprünglichen Fig. 2) -, sind die Anschlusselemente in den Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) so gut fixiert bzw. verankert, dass zuverlässige Bondverbindungen zwischen den Anschlusselementen und den Halbleiterbauelementen im Gehäuseinneren ermöglicht werden (vgl. Spalte 1, Absatz [0007] der Streitpatentschrift) - d.h. die Verankerung der Anschlusselemente auch durch die starke Rüttelbeanspruchung beim Bonden nicht gelockert wird -, wobei die als Widerhaken wirkenden Nasen (13) die Anschlusselemente (11) zudem gegen unbeabsichtigtes Herausziehen sichern (vgl. Spalte 2, Zeilen 23 bis 26 der Streitpatentschrift). Die Merkmale nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 ergänzen und fördern sich also bei der festen Verankerung der Anschlusselemente im Kunststoffgehäuse und bilden daher eine Merkmalskombination.

4. Patentfähigkeit A) Patentanspruch 1 Der - unbestritten neue - Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruht gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Leistungshalbleitermoduln befasster, berufserfahrener Physiker oder an einer Fachhochschule ausgebildeter Ingenieur der Fachrichtung Halbleitertechnik zu definieren ist.

Die Druckschrift D1 offenbart ein Leistungshalbleitermodul (1), das folgende Merkmale des verteidigten Patentanspruchs 1 des Streitpatents aufweist:

- ein Kunststoffgehäuse (2) (vgl. Spalte 3, Zeilen 37 bis 43 zu den Figuren 1, 2 und 4 bis 6),

- ein Substrat (5) als Gehäuseboden, das aus einer Keramikplatte besteht, die auf der oberen und der unteren Seite mit Metallisierungen versehen ist, wobei die Metallisierung auf der oberen, dem Gehäuseinneren zugewandten Seite der Keramikplatte zur Bildung von Leiterbahnen (11) strukturiert und mit Halbleiterbauelementen (6) und modulinternen Verbindungselementen (7) bestückt ist (vgl. zusätzlich Spalte 4, Absatz 2), und - Anschlusselemente (Anschlusslaschen 3) für äußere Anschlüsse, die in das Kunststoffgehäuse (2) eingesteckt sind (vgl. Spalte 3, Zeilen 43 bis 46) und mit den Halbleiterbauelementen (6) elektrisch verbunden sind (vgl. Spalte 4, Zeilen 47 bis 50 iVm Spalte 5, Zeilen 5 bis 12), wobei die Anschlusselemente (3) Nasen (Ausbeulungen bzw. Rastnasen 15) aufweisen, in deren Bereich sie derart in - von Führungselementen (8) gebildete - Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingesteckt sind, dass sie - auf der von den Nasen (15) abgewandten Seite - an der Innenseite des Kunststoffgehäuses (2) anliegen, während die Nasen (15) dem Modulinneren zugewandt sind (vgl. Anspruch 3 iVm Spalte 4, Zeilen 32 bis 46 und 55 bis 57 zu den Figuren 1 bis 6).

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem Leistungshalbleitermodul nach der Druckschrift D1 somit noch dadurch, dass bei ihm:

- an den Anschlusselementen (11) im Gehäuseinnern Drähte aufgebondet sind, deren anderes Ende an den Halbleiterbauelementen angebondet ist,

- die Nasen (13) als Widerhaken wirken - die Anschlusselemente (11) im Bereich der Nasen (13) in Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingepresst sind und - die Nasen (13) an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnungen anliegen und die Anschlusselemente (11) in ihrer Lage fixieren.

Die Druckschrift D1 führt den Fachmann von diesen Unterschiedsmerkmalen - soweit sie zu der Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 gehören - jedoch insofern weg, als dort eine feste Verankerung der Anschlusselemente (3) in den Öffnungen des Kunststoffgehäuses mittels der Rastnasen (15) weder beabsichtigt noch zufällig gegeben ist. Denn gemäß der Druckschrift D1 sollen die Nasen (15) lediglich ein Herausfallen der Anschlusselemente (3) aus den Führungsschächten der Führungselemente (8) während weiterer Fertigungsschritte verhindern (vgl. Spalte 4, Zeilen 38 bis 46 zu den Figuren 1, 4 und 6). In diesem Zusammenhang sind die Führungsschächte der Führungselemente (8) außer im Bereich eines Querbalkens (16) nach dem Modulinneren hin offen ausgebildet (vgl. die Figuren 1 und 2). Die Anschlusselemente (3) werden von unten in die Führungsschächte der Führungselemente (8) des Kunststoffgehäuses (2) eingesteckt, wobei der nachgiebige Querbalken (16) ein Durchschieben und Einschnappen der Nasen (15) oberhalb des Querbalkens (16) ermöglicht. Das Einschnappen erfolgt dabei ersichtlich mit Spiel zwischen Nase (15) und Querbalken (16), denn ausweislich der Figuren 1 und 4 bis 6 sind Nase (15) und Querbalken (16) voneinander beabstandet. Zudem ist die Nase (15) als Ausbeulung ausgebildet (vgl. den Anspruch 3 iVm Spalte 4, Zeilen 55 bis 57 zu den Figuren 1 bis 6), weshalb sie nicht als Widerhaken wirken kann, zumal sie auch nicht an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnung des Kunststoffgehäuses (2) - d.h. des Führungsschachtes des Führungselements (8) - anliegt, wie dies die Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 zusätzlich fordert, sondern in einem Schlitz des oberhalb des Querbalkens (16) nach dem Modulinneren hin offenen Führungsschachtes des Führungselements (8) freiliegt (vgl. die Figuren 1 und 4 bis 6). Da die Anschlusselemente (3) in diesem Zustand gegenüber äußeren Zug-, Druck- und Scherkräften nicht gesichert wären, schlägt die Druckschrift D1 zur mechanisch festen Fixierung der Anschlusselemente (3) im Kunststoffgehäuse (2) vor, dass der Kunststoff eines oberen Teils (25) des Führungselements (8) mittels einer speziell geformten Ultraschallsonotrode (24) in Einkerbungen (14) des Anschlusselements (3) hineingedrückt wird (vgl. den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 iVm dem Anspruch 2 und dem Merkmal g) des Verfahrensanspruchs 5 sowie Spalte 5, Zeilen 27 bis 37 zu den Figuren 4 und 5). Wegen dieser vom Gegenstand des geltenden Patentanspruch 1 wegführenden Art der Fixierung der Anschlusselemente findet sich in der Druckschrift D1 aber keinerlei Hinweis darauf, dass es von Vorteil sein könnte, die Anschlusselemente entsprechend der Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents in dem Kunststoffgehäuse zu fixieren.

Ferner führt die Druckschrift D1 den Fachmann auch insofern in eine andere Richtung, als die dortigen Anschlusselemente (3) mit den Halbleiterbauelementen (6) auf dem Substrat (5) durch Verlöten mit Anschlussflächen (12) des Substrats (5) verbunden sind (vgl. Spalte 4, Absatz 2 zur Fig. 1) - weshalb sich dort das dem Streitpatentgegenstand zugrundeliegende Bonding-Problem gar nicht stellt -, und zwar obwohl für die modulinternen Verbindungselemente (7) ersichtlich Bonddrähte vorgesehen sind (vgl. die Fig. 1). Daher hat der Fachmann aufgrund der Druckschrift D1 auch keinerlei Veranlassung, an den Anschlusselementen im Gehäuseinnern Drähte aufzubonden, deren anderes Ende an den Halbleiterbauelementen aufgebondet ist, wie dies dem letzten Merkmal nach dem Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents entspricht.

Eine Anregung zu der Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des verteidigten Patentanspruch 1 des Streitpatents erhält der Fachmann auch nicht bei Einbeziehungen der Druckschriften D2 bis D4.

Die Druckschrift D2 ist von der Einsprechenden nur zu den Unteransprüchen 5 und 6 des Streitpatents genannt worden (vgl. den Einspruchsschriftsatz vom 8. Juli 2003, Seite 6, Absatz 5). Die Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents kann dem Fachmann durch diese Druckschrift schon deshalb nicht nahegelegt sein, weil die dortigen Anschlusselemente (11) keine Nasen im Sinne des Streitpatents aufweisen.

Gemäß der Druckschrift D3 sind die Anschlusselemente (external drawer terminals 10) auf völlig andere Weise dadurch im Kunststoffgehäuse (resin case 4) eines Leistungshalbleitermoduls festgelegt, dass das Gehäuse auf der Innenseite mit einem oberen Vorsprung (pinching section 4a) und im Abstand davon mit einem unteren Vorsprung (susceptor 4b) versehen ist, wobei das durch einen Schlitz (slot 4c) des oberen Vorsprungs (4a) hindurchgeführte Anschlusselement (10) mit einer abgespreizten Rastzunge (click 10b) an der Unterseite des oberen Vorsprungs (4a) verrastet ist, während ein abgewinkelter Bereich (bending section 10c) des Anschlusselements (10) auf der Oberseite des unteren Vorsprungs (4b) abgestützt ist (vgl. die Absätze [0008] bis [0010] der englischsprachigen Computerübersetzung zu den Figuren 1 und 2). Dementsprechend findet sich auch in dieser Druckschrift kein Hinweis in Richtung der Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

Die Druckschrift D4 sieht bei einem Hochleistungshalbleitermodul vor, dass die Haupt-Anschlusselemente (55 bis 57) und die Steuer-Anschlusselemente (60 bis 63) von einer besonderen Anschlussplatte (90) getragen werden, die in das aus einer Kappe (50) und einem Substrat (51) bestehende Gehäuse des Hochleistungshalbleitermoduls eingesetzt wird (vgl. die Figuren 1, 6 und 10 bis 22 nebst der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 38 bis 42 zur Fig. 1, Spalte 4, Zeile 27 bis Spalte 5, Zeile 3 zur den Figuren 6, 10 bis 12, 21 und 22 bzw. Spalte 5, Zeilen 4 bis 53 zu den Figuren 13 bis 20). Das aus Aluminium bestehende Substrat (51) ist auf der dem Gehäuseinneren zugewandten Seite mit einer dünner Isolierschicht (51a) versehen, auf der eine strukturierte Kupferschicht mit voneinander isolierten Kupferbereichen (150 bis 156) ausgebildet ist (vgl. die Figuren 6, 23 und 24 mit der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 3, Z 63 bis Spalte 4, Z 2 und Spalte 5, vorletzter Absatz bis Spalte 6, Absatz 1). Eine Halbleiterschaltung in Form einer Halbbrücke (vgl. die Fig. 5 nebst der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 3, letzter Absatz) ist mit ihren Halbleiterbauelementen (172 bis 174a und 175 bis 178) auf einer Wärmeableiteinrichtung (170) aus Aluminium angeordnet (vgl. die Figuren 25 und 26 mit der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 6, Absatz 2). Zwei derartige Wärmeableiteinrichtungen (170, 180) sind an zwei großflächigen Kupferbereichen (154, 155) des Substrats (51) angebracht, wobei die dazugehörigen Halbleiterbauelemente über Bonddrähte mit - weiteren - Kupferbereichen (150, 156, 190) des Substrats (51) verbunden sind (vgl. Spalte 6, Zeilen 3 bis 26 zur Fig. 27). Zudem sind Lötflächen (130, 134, 142 und 144) der Haupt-Anschlusselemente (55 bis 57) und der Steuer-Anschlusselemente (60 bis 63) mit Lötanschlüssen (solder pads) auf dem Substrat (51) verlötet (vgl. Spalte 5, Zeilen 47 bis 53 zu den Figuren 14, 16, 18 und 20). Die Haupt-Anschlußelemente (55 bis 57) und die Steuer-Anschlusselemente (60 bis 63) sind mit Schultern versehen (vgl. beispielsweise die Fig. 15 bei den Bezugszeichen 131 und 132), mit denen sie in Schlitze (95 bis 97 bzw.120 bis 123) der Anschlussplatte (90) eingepresst und auf diese Weise durch Reibung (in order to frictionally hold) gehalten sind (vgl. Spalte 5, Zeilen 4 bis 23 und 45 bis 47 zur Fig. 21). Folglich führt auch diese Druckschrift den Fachmann von der erfindungswesentlichen Merkmalskombination nach dem kennzeichnenden Teil des verteidigten Patentanspruchs 1 des Streitpatents weg, wonach - die Anschlusselemente als Widerhaken wirkende Nasen aufweisen,

- die Anschlusselemente (11) im Bereich der Nasen (13) in Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) eingepresst sind und an der Innenseite des Kunststoffgehäuses anliegen,

- wobei die Nasen (13) an der dem Modulinneren zugewandten Innenseite der Öffnungen des Kunststoffgehäuses (2) anliegen und die Anschlusselemente (11) in ihrer Lage fixieren.

Das Leistungshalbleitermodul mit Keramiksubstrat nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist demnach patentfähig.

B. Unteransprüche An den verteidigten Patentanspruch 1 können sich die darauf direkt oder indirekt zurückbezogenen erteilten Unteransprüche 2 bis 6 anschließen, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsarten des Gegenstands des Patentanspruchs 1 betreffen, von dessen Patentfähigkeit sie mitgetragen werden.

C. Beschreibung In der Beschreibung sind der maßgebliche Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, und das beanspruchte Leistungshalbleitermodul mit Keramiksubstrat anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.

Bei dieser Sachlage war das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten.

Dr. Tauchert Dr. Gottschalk Knoll Lokys Pr






BPatG:
Beschluss v. 17.03.2005
Az: 23 W (pat) 324/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/aa261287e704/BPatG_Beschluss_vom_17-Maerz-2005_Az_23-W-pat-324-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share