Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. November 2008
Aktenzeichen: 9 W (pat) 49/04

(BPatG: Beschluss v. 26.11.2008, Az.: 9 W (pat) 49/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. November 2003 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

-Patentansprüche 1 bis 6, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 27. November 2003;

-Beschreibung Seiten 3 bis 8, 8a, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 30. November 2001;

-Beschreibung Seiten 9 bis 23, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 22. Dezember 1998;

-Figuren 1 bis 5, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 22. Dezember 1998.

Anmeldetag ist der 4. Oktober 1994.

Die Priorität der japanischen Voranmeldungen 5-294107, 5-294108 und 5-294109 vom 29. Oktober 1993 sind in Anspruch genommen.

Die Bezeichnung lautet:

"Drucker mit einer öffenund schließbaren Abdeckung des Gehäuses".

Gründe

I.

Die Patentanmeldung ist durch Ausscheidungserklärung vom 5. November 1998 aus der beim Deutschen Patentund Markenamt am 4. Oktober 1994 eingegangenen Patentanmeldung 44 35 452.5 (Stammanmeldung) entstanden. Mit Beschluss vom 27. November 2003 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 41 J des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung nach Hauptund Hilfsantrag I zurückgewiesen und ein Patent nach Hilfsantrag II erteilt. Sie ist der Auffassung, dass der mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Drucker aus dem Stand der Technik bekannt sei. Der mit Patentanspruch 1 des Hilfsantrags I beanspruchte Drucker sei zwar patentfähig, die Beschreibung enthalte jedoch Passagen, die von der Ausscheidungserklärung nicht umfasst seien und die daher nicht Gegenstand der Ausscheidungsanmeldung seien. Diese Passagen müssten aus der Anmeldung gestrichen werden. Sie seien zum Erläutern der Erfindung offensichtlich nicht notwendig. Die Beschreibung verstoße daher gegen die Bestimmungen des § 10 Abs. 3 der Patentverordnung bzw. des § 5 Absatz 3 Satz 1 der am Anmeldetag geltenden Patentanmeldeverordnung. Die in den betroffenen Passagen beschriebenen Gegenstände stünden zueinander nicht in einheitlichem Zusammenhang. Vorliegende Anmeldung betreffe die sichere Positionierung einer Andruckrolle durch Gestaltung der Befestigung einer Gehäuseabdeckung. Besagte Beschreibungsteile beträfen jedoch das Verschließen von Gehäuseöffnungen durch das ausgegebene Blatt zur Lärmvermeidung und/oder die Ausgestaltung der Blattausgaberollen und der Blattführung zwecks Erhöhung der Druckqualität. Die einzelnen Gegenstände seien durch die Ausscheidungserklärung getrennt, durch die Beschreibung jedoch wieder zusammengeführt worden. Die betroffenen Beschreibungsteile seien:

Seite 4, Zeile 16, bis Seite 6, Zeile 35, eingegangen am 30.11.2001; Seite 9, Zeile 10, bis Seite 10, Zeile 7, Seite 13, Zeilen 8 bis 30, Seite 14, Zeile 18, bis Seite 15, Zeile 2, Seite 17, Zeile 11, bis Seite 20, Zeile 2, Seite 22, Zeile 22, bis Seite 23, Zeile 20, jeweils eingegangen am 22.12.1998;

sowie Figur 1 vom 22.12.1998.

Die Unterlagen nach Hilfsantrag II hätten diese Mängel nicht und der damit beanspruchte Gegenstand sei patentfähig, so dass mit diesen Unterlagen ein Patent erteilt werde.

Gegen diesen Beschluss über mehrere Anträge wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Insbesondere meint sie, die Beschreibung könne keine Uneinheitlichkeit nach § 34 Abs. 5 PatG begründen. Die beanstandeten Teile der Beschreibung bezögen sich auf Drucker aus dem Stand der Technik und ein Ausführungsbeispiel des beanspruchten Druckers. Einheitlichkeit der Anmeldung sei daher gegeben. Darüber hinaus umfasse die geltende Beschreibung keine Angaben, die zum Erläutern der Erfindung offensichtlich nicht notwendig seien. Nach der Patentanmeldeverordnung seien von der Aufnahme bzw. dem Verbleib in der Beschreibung nur solche Angaben ausgeschlossen, deren mangelnde Notwendigkeit zur Erläuterung der Erfindung offensichtlich sei. Es sei keinesfalls offensichtlich, dass diese Merkmale nicht zu dem beanspruchten Drucker gehörten. Ein Verstoß gegen die Vorschrift der Patentanmeldeverordnung liege nicht vor. Die Zurückweisung der Anmeldung aufgrund der Patentanmeldeverordnung sei deshalb nicht begründet.

Die Patentanmelderin stellt schließlich den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

-Patentansprüche 1 bis 6, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 27. November 2003;

-Beschreibung Seiten 3 bis 8, 8a, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 30. November 2001; -Beschreibung Seiten 9 bis 23, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 22. Dezember 1998; -Figuren 1 bis 5, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 22. Dezember 1998.

Diese Unterlagen entsprechen denen des Hilfsantrags I des angefochtenen Beschlusses.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Drucker, umfassend: -einen Gehäusehauptkörper (10), -eine erste Blattausgaberolle (31), die an dem Gehäusehauptkörper (10) angebracht ist, -eine Abdeckung (13), die so an dem Gehäusehauptkörper (10) befestigt ist, dass sie geöffnet und geschlossen werden kann; -eine zweite Blattausgaberolle (32), die an der Abdeckung (13) angebracht ist, zur Ausgabe eines Blattes in Zusammenwirkung mit der ersten Blattausgaberolle (31); und -einen ersten Abdeckungsbefestigungsabschnitt (51) mit wenigstens einem abdeckungsseitigen Eingriffselement (13d) und einem korrespondierenden gehäuseseitigen Eingriffselement (12d), wobei die Abdeckung (13) bei miteinander in Eingriff stehenden abdeckungsseitigen und gehäuseseitigen Eingriffselementen (13d, 12d) durch Verdrehen öffenbar bzw. schließbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Blattausgaberolle (32) an einem dem ersten Abdeckungsbefestigungsabschnitt (51) zugeordneten Bereich der Abdeckung (13) an der Abdeckung (13) angeordnet ist, um in der Nähe des ersten Abdeckungsbefestigungsabschnitts (51) zu liegen."

Zum Wortlaut der Patentansprüche 2 bis 6 und der Beschreibung wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist fristund formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die im Prüfungsverfahren gerügten Mängel der Uneinheitlichkeit und des Verstoßes gegen die Patentanmeldeverordnung in der am Anmeldetag geltenden Fassung liegen nicht vor. Die Patentfähigkeit des beanspruchten Druckers wurde bereits von der Prüfungsstelle geprüft und als gegeben erachtet. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser zutreffenden Bewertung abzuweichen.

Die Patentanmeldung betrifft nach dem geltenden Antrag einen Drucker mit einer öffenund schließbaren Abdeckung des Gehäuses, an der eine zweite Blattausgaberolle angebracht ist, die mit einer ersten an einem Gehäusehauptkörper angebrachten Blattausgaberolle zur Ausgabe eines Blattes zusammenwirkt.

In der Beschreibung der geltenden Anmeldungsunterlagen ist zum Stand der Technik ausgeführt, dass das durch den Druckkopf erzeugte Druckgeräusch die Hauptlärmquelle bei einem solchen Drucker darstelle und dass auch der durch die Vibrationen des bedruckten Blattes erzeugte Lärm beachtet werden müsse. Der Lärm trete an der Blattausgabeöffnung aus. Das Anbringen von Geräuschabsorptionselementen an der Blattausgabeöffnung erhöhe die Anzahl der Teile und gestalte die Struktur kompliziert. Es sei auch versucht worden, das ausgegebene Blatt an den Rand der Blattausgabeöffnung zu drücken, um den Lärmaustritt zu verhindern. Ohne entsprechende Führungen sei ein Gleitkontakt des Blattes mit dem Randbereich und damit die Geräuschreduzierung jedoch nicht sicherzustellen.

Ein weiteres Problem bestehe darin, einen zufriedenstellenden Blattausgabevorgang durch das Paar von Blattausgaberollen zu gewährleisten. Hierzu werde für die Blattausgaberollen üblicherweise ein Material verwendet, das einen bezüglich Papier relativ großen Reibungskoeffizienten aufweise, z. B. Gummi. An diesem Material hafte aber leicht Tinte, was zu Verunreinigungen der Druckfläche führe. Material, dass diesen Nachteil nicht aufweise, z. B. Kunstharz, weise dagegen einen niedrigeren Reibungskoeffizienten auf, was dazu führe, dass eine Vorschubkraft auf das vordere Ende des bedruckten Blattes erst beim Einklemmen zwischen die Ausgaberollen ausgeübt werde. Zufriedenstellende Druckbedingungen könnten daher nicht immer gewährleistet werden.

Ein weiteres Problem stelle die Positioniergenauigkeit der an der Abdeckung befestigten Blattausgaberolle in Bezug auf die an dem Gehäusehauptkörper befestigte Blattausgaberolle dar, um den Blattausgabevorgang stabil zu gestalten.

Die sich dem Fachmann stellende Aufgabe sieht die Patentanmelderin in der Weiterbildung eines Druckers, um eine zuverlässigere Blattausgabe zu ermöglichen (vgl. S. 8, Z. 8 bis 11 der geltenden Unterlagen).

Ein Drucker mit diese Aufgabe lösenden Eigenschaften ist im geltenden Patentanspruch 1 angegeben.

Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 5. November 1998, eingegangen am 11. November 1998, erklärt, dass sie den Gegenstand der Patentansprüche 7 bis 10 (entsprechend dem Ausführungsbeispiel der Figuren 3 und 4) aus der Stammanmeldung ausscheide und in einer Ausscheidungsanmeldung weiterverfolge. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Ausscheidungserklärung der Anmelderin war die Stammanmeldung anhängig. Der ausgeschiedene Gegenstand war in der Stammanmeldung vorhanden. Damit ist die Ausscheidungserklärung wirksam geworden und durch sie ist festgelegt, dass der Gegenstand der damals geltenden Patentansprüche 7 bis 10 zusammen mit dem entsprechenden Ausführungsbeispiel in der Beschreibung aus der Stammanmeldung ausgeschieden sind. Demnach ist die Befestigung einer Abdeckung an einem Gehäusekörper eines Druckers mit dem Ziel einer genaueren Positionierung einer an der Abdeckung angebrachten Blattausgaberolle Bestandteil der vorliegenden Anmeldung. Der damals geltende Patentanspruch 7 der Stammanmeldung und ausgeschiedene Gegenstand enthält als Alternativen Rückbezüge auf weitere Ausgestaltungen von Druckern, die das Verschließen von Gehäuseöffnungen durch das ausgegebene Blatt zur Lärmvermeidung und/oder die Ausgestaltung der Blattausgaberollen und der Blattführung zwecks Erhöhung der Druckqualität betreffen. Daher sind in der Ausscheidungsanmeldung auch Drucker enthalten, die über die Befestigung einer Abdeckung an einem Gehäusekörper hinausgehend ausgestaltet sind.

Es mag zutreffen, dass in den geltenden Patentansprüchen ausschließlich Lösungen zur Problematik des Positionierens der Blattausgaberollen zueinander durch die Gestaltung der Befestigung für die die Blattausgaberolle tragende Druckerabdeckung eine Rolle spielen. Gleichwohl ist durch die Ausscheidungserklärung festgelegt, dass auch Gegenstände ausgeschieden sind, bei denen mehrere Maßnahmen möglicherweise additiv wirken (ursprünglicher Patentanspruch 7 und folgende der Stammanmeldung), wie im Beschluss 9 W (pat) 45/04 zur Stammanmeldung vom 7. Juli 2008 festgestellt. Die Anmelderin ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei, den weitestgehenden Schutzumfang für eine Erfindung zu beanspruchen. Es kann ihr nicht verwehrt werden, in einer Anmeldung auf eine Kombination mehrerer Maßnahmen zurückzugreifen, die möglicherweise jede für sich erfinderisch ist. Ein Zusammenhang zwischen den die Befestigung der Abdeckung am Gehäuse umfassenden geltenden Patentansprüchen und den beanstandeten Beschreibungsteilen kann nicht grundsätzlich verneint werden. Nicht nur allein das Positionieren der Blattausgaberollen zueinander durch die Gestaltung der Befestigung für die die Blattausgaberolle tragende Druckerabdeckung kann eine zuverlässigere Blattausgabe ermöglichen. Diese kann auch im Zusammenwirken mit der Gestaltung der Blattausgaberollen und der eines Blattführungselements erreicht werden. Das Zusammenwirken dieser einzelnen Maßnahmen ergibt sich aus den beanstandeten Beschreibungsteilen. Diese Beschreibungsteile mögen zur Beschreibung des mit den geltenden Ansprüchen beanspruchten Druckers nicht unbedingt erforderlich sein. Zum Verständnis der weiteren Ausgestaltung des beanspruchten Druckers können sie jedoch sehr wohl beitragen. Da nicht alle Merkmale eines Ausführungsbeispiels des beanspruchten Gegenstandes sich im Patentanspruch wiederfinden müssen, sondern nur in dem Umfang, um den beanspruchten Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik als neu und nicht naheliegend abzuheben, kann nicht gefolgert werden, dass diese darüber hinausgehenden Merkmale offensichtlich nicht zum Erfindungsgegenstand gehören oder zu diesem uneinheitlich sind.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

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