Landgericht Köln:
Urteil vom 11. Januar 2012
Aktenzeichen: 84 O 201/11

(LG Köln: Urteil v. 11.01.2012, Az.: 84 O 201/11)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Preisen zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis einschließlich der anfallenden Überführungskosten anzugeben.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine beim Amtsgericht Bonn eingetragene rechtsfähige Vereinigung von Gewerbetreibenden und Verbänden von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes auf dem Gebiet des Kraftfahrzeuggewerbes, die satzungsgemäß die Einhaltung von Wettbewerbsbestimmungen überwacht und Wettbewerbsverstöße verfolgt. Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Die unselbständige Niederlassung der Beklagten in Nürnberg veröffentlichte unter dem Datum des 30.03.2011 in der Zeitung Nürnberger Nachrichten eine Werbeanzeige, mit der sie das Fahrzeugmodell Citroen C4 VTI 120 Exclusive unter Angabe eines Preises von 21.800 € bewarb. Hinter der Preisangabe befand sich eine hochgestellte "1". Diese wurde im kleingedruckten Fließtext wie folgt erläutet: "Preis zzgl. Überführung in Höhe von: 790,- € ...". Wegen der Einzelheiten und der Gestaltung verweist die Kammer auf die im Original als Anlage K 3 vorgelegte Werbeanzeige.

Die Klägerin, die hierin einen Verstoß sowohl gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV als auch gegen §§ 3, 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG sieht, mahnte die Beklagte unter dem 28.04.2011 erfolglos ab. Insoweit nimmt die Kammer auf die Anlage K 4 Bezug.

In der Klageerwiderung gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung mit folgendem Inhalt ab:

"Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber der Klägerin bei Meidung einer Vertragsstrafe von bis zu 3.200 € es zu unterlassen, wie in der nachstehend abgebildeten Originalanzeige der Beklagten in den Nürnberger Nachrichten vom 30.03.2011 zu werben, wenn nicht der Hinweis auf die zusätzlich anfallenden Überführungskosten mindestens in 6 Punkt-Schriftgröße angegeben ist:

(es folgt die Abbildung der Werbeanzeige wie in Anlage K 3)

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die getrennte Angabe von Fahrzeugpreis und Überführungskosten stelle jedenfalls keine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der geschützten Marktteilnehmer im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG dar. Der interessierte Verbraucher könne die genannten Einzelpreise - unter der Prämisse, dass die Überführungskosten mindestens in einer 6 Punkt-Schriftgröße angegeben werden - ohne weiteres zuordnen und addieren.

Auch nach den europarechtlichen Vorgaben müssten die zusätzlich anfallenden Überführungskosten nicht in den Endpreis einbezogen werden, sondern lediglich neben dem Preis für das Kraftfahrzeug aufgeführt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Werbung der Beklagten verstößt sowohl gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV als auch gegen §§ 3, 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG.

Im Einzelnen:

I. Sowohl aus dem Klageantrag als auch der Klagebegründung geht eindeutig hervor, dass das Klagebegehren der Klägerin - ebenso wie bereits das in der vorprozessualen Abmahnung geäußerte Petitum - dahin geht, dass die Beklagte den Endpreis einschließlich der zusätzlich anfallenden Überführungskosten als Gesamtpreis anzugeben hat. Dies hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Befragen (nochmals) betont.

II. Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV

Dass die getrennte Angabe von Fahrzeugpreis und Überführungskosten grundsätzlich einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV darstellt und die Überführungskosten in den Endpreis aufzunehmen sind, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen (vgl. BGH GRUR 1983, 443, 445 - Kfz-Endpreis; Köhler, UWG, § 1 PangV, Rn. 18).

Dieser Verstoß stellt entgegen der Ansicht der Beklagten auch eine spürbare Beeinträchtigung der geschützten Marktteilnehmer im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG dar.

Zwar ist nicht jeder Verstoß gegen die Preisangabenverordnung wettbewerbsrechtlich relevant. Eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der von diesen Normen geschützten Marktteilnehmer liegt jedoch dann vor, wenn der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung geeignet ist, die Verbraucher irrezuführen oder die Möglichkeit des Preisvergleichs erheblich erschwert wird (Köhler, UWG, § 3 Rn. 147).

So liegt der Fall hier.

Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden kann, dass auch der situationsadäquat aufmerksame Leser eines Flyers oder einer Werbung die Fußnoten im Einzelnen zur Kenntnis nimmt (OLG Köln, Urteil vom 17.06.2011 - 6 U 5/11-, Seite 7). Ein relevanter Teil der Verbraucher wird daher die hochgestellte "1" hinter der Preisangabe sowie die Fußnote, in der die zusätzlich zu zahlenden Überführungskosten - wenn auch entsprechend der Unterlassungserklärung der Beklagten mindestens in 6 Punkt-Schriftgröße - mitgeteilt werden, nicht zur Kenntnis nehmen. Dieser Teil der Verbraucher wird daher über den tatsächlich zu zahlenden Endpreis in relevanter Weise in die Irre geführt.

Für den anderen Teil der Verbraucher, der die Fußnote mit der Angabe der Höhe der Überführungskosten zur Kenntnis nimmt, wird jedenfalls die Möglichkeit des Preisvergleichs erheblich erschwert. Der Verbraucher, der sich für ein neues Kraftfahrzeug interessiert, wird sich beim Preisvergleich in erster Linie an dem in der jeweiligen Werbung der Beklagten und ihrer Mitbewerber herausgestellten Preis des Kraftfahrzeuges orientieren und diese Preise miteinander vergleichen. Würde man die Werbepraxis der Beklagten für zulässig erachten, müsste der Verbraucher jede Werbung der Beklagten und ihrer Mitbewerber einer genauen und sorgfältigen Überprüfung unterziehen, ob es sich bei dem herausgestellten Preis des Kraftfahrzeuges - den Vorgaben der Preisangabenverordnung entsprechend - tatsächlich um den Endpreis handelt oder ob nicht doch über den herausgestellten Preis hinaus zusätzliche Kosten anfallen. Diese werden sich im Allgemeinen - wie bei der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten - erst aus dem Kleingedruckten erschließen, so dass der Verbraucher Klarheit über den jeweiligen Endpreis nur erlangen kann, wenn er sämtliche Angebote vollständig liest und auch das Kleingedruckte zur Kenntnis nimmt. Dies läuft dem Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung zuwider. Diese soll dem Verbraucher Klarheit über die Preise und deren Gestaltung verschaffen und zugleich verhindern, dass er seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarere Preise gewinnen muss (BGH GRUR 2004, 435, 436 - FrühlingsgeFlüge; Köhler, UWG, Vorb PAngV, Rn. 2).

Aus der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des BGH "FrühlingsgeFlüge" (a.a.O.) folgt keine andere Beurteilung.

In der dort zugrunde liegenden Werbung waren die Angaben über die anfallenden Steuern den genannten Zielflughäfen zuzuordnen, weil diese Angaben unmittelbar unter den übrigen Preisangaben aufgeführt waren. In der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten werden die zusätzlich zu zahlenden Überführungskosten hingegen in einer Fußnote gleichsam "versteckt". Ein Bagatellverstoß kann hierin nicht gesehen werden.

III. Verstoß gegen § 5 a Abs. 3 Nr. 3 UWG

Die Werbung der Beklagten verstößt damit kumulativ auch gegen § 5 a Abs. 3 Nr. 3 UWG. Auch nach dieser Norm ist der Endpreis einschließlich der zusätzlich anfallenden Überführungskosten anzugeben.

Auch der Hinweis der Beklagten auf die europarechtlichen Vorgaben führt zu keiner anderen Auslegung. Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 c der UGP-Richtlinie kann nur dahingehend verstanden werden, dass unter dem Begriff "Preis" der Endpreis zu verstehen ist, anderenfalls würde die sprachliche Formulierung "oder" keinen Sinn machen. Die zusätzlichen Fracht-, Liefer-, und Zustellkosten sind nur dann gesondert aufzuführen, wenn sie im Vorhinein nicht berechnet und in den Endpreis mit einbezogen werden können. Da dies vorliegend möglich ist, sind die Überführungskosten in den Endpreis einzubeziehen. Der deutsche Gesetzgeber hat die UGP-Richtlinie insoweit konform umgesetzt.

Der Hinweis der Beklagten auf die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV ist unbehelflich. Diese Norm stellt zusätzliche Erfordernisse für Onlineverträge vor, entbindet die Beklagte jedoch nicht zu der Verpflichtung zur Angabe des Endpreises nach § 1 Abs. 1 PAngV.

IV. Die von der Beklagten in der Klageerwiderung abgegebene Unterlassungserklärung schöpft das berechtigte Petitum der Klägerin nicht in vollem Umfang aus und ist daher nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 16.000,00 €






LG Köln:
Urteil v. 11.01.2012
Az: 84 O 201/11


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