Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 92/03

(BPatG: Beschluss v. 15.10.2003, Az.: 28 W (pat) 92/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 7 vom 9.Januar 2003 aufgehoben.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 094 781 wird die Löschung der angegriffenen Marke 300 45 758 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die für eine Vielzahl von Waren der Klasse 7, u.a.

"Sauggeräte, Unterdruckbehälter, Pumpen, Skimmer, Ölabscheider"

eingetragene Wortmarke LIVAC ist Widerspruch erhoben aus der seit dem 4.August 1986 u.a. für die Waren "Hydropneumatische Speicher, Filtergeräte, Ventile, Hydraulikpumpen" eingetragenen Wortmarke 1094781 HYDAC.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Marken selbst vor dem Hintergrund einer großen Warenähnlichkeit für den ausschließlich beteiligten Fachverkehr auf Grund der unterschiedlichen Wortanfänge und Begriffsanklänge noch einen ausreichenden Abstand in Klang und Bild einhielten, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die erstmals eine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marke als Firmenname geltend macht und die Markenwörter in Klang und Bild für hochgradig ähnlich hält, was vor dem Hintergrund hochgradig ähnlicher Waren zwingend zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führe.

Die Markeninhaberin hat keine Anträge gestellt, sondern nur mitgeteilt, dass sie den Abstand der Marken zueinander für ausreichend halte. An der mündlichen Verhandlung hat sie nicht teilgenommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und auch begründet, da die Vergleichsmarken verwechselbar ähnlich im Sinne von §§ 42 Abs 2 Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG sind.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Nach diesen Grundsätzen muss im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr bejaht werden.

Dass die Markenstelle zunächst zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, ist nach den im dortigen Verfahren getroffenen Feststellungen allerdings nachvollziehbar. Zwar können sich nach der Registerlage identische bzw. hochgradig ähnliche Waren gegenüber stehen, doch wirkt kollisionshemmend, dass von diesen ausschließlich Fachverkehr angesprochen wird, der im Umgang mit Kennzeichnungen erfahrungsgemäß eine größere Sorgfalt walten lässt. Bei dieser Ausgangslage lässt sich trotz aller Übereinstimmungen der Markenwörter in Silbenzahl, Sprechrhythmus und Vokalfolge wegen der unterschiedlichen Wortanfänge eine Verneinung der Verwechslungsgefahr noch durchaus rechtfertigen. Anders liegen die Dinge indes, wenn der Widerspruchsmarke eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein erhöhter Schutzumfang zugebilligt werden muss, wie das vorliegend aufgrund des unwidersprochen gebliebenen, in sich schlüssigen Vorbringens der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung der Fall ist. So hat die Widersprechende unter Vorlage entsprechender Belege dargetan, dass die Widerspruchsmarke in einem weltweit tätigen Firmenverbund als Dachmarke für eine Vielzahl von Produkten eingesetzt wird und mit ihr allein im Jahr 2002 ein Umsatz von über ... € erzielt worden ist. Des weiteren werde die Widerspruchsmarke auf der ganzen Welt seit Jahren geschützt und verteidigt und genieße in der Fachwelt eine überragende Bekanntheit. Angesichts dieses Vorbringens hat der Senat davon auszugehen, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zumindest über dem Durchschnitt liegt mit der Folge, dass im System der Wechselwirkung zwischen Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Bekanntheit der Widerspruchsmarke die Anforderungen an den zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr einzuhaltenden Abstand der Marken wesentlich höher anzusetzen sind, als das die Markenstelle getan hat. Diesen erhöhten Anforderungen werden die Marken aber nicht mehr gerecht, da die Unterschiede im Wortanfang bzw. der Wortmitte nicht ausreichend ins Gewicht fallen, zumal die Gefahr besteht, dass sie bei zB schlechten Übermittlungsbedingungen im verbalen Bereich untergehen. Im übrigen bieten die Bezeichnungen von der Wort- und Begriffsbildung her auch keine Hilfestellung gegen ein eventuelles Verhören oder ein fehlerhaftes Erinnerungsbild, die Übereinstimmungen vor allem in den betonten und prägnanten Endungen ausgesprochen markant sind. Wegen der klanglichen wie schriftbildlichen Nähe der Markenwörter tangiert die angegriffene Marke damit in einem nicht mehr hinnehmbaren Umfang zumindest den erweiterten Schutzbereich der Widerspruchsmarke, so dass auf den Widerspruch ihre Löschung anzuordnen war.

Der angefochtene Beschluss der Markenstelle war damit auf die Beschwerde der Widersprechenden aufzuheben. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand nach der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb






BPatG:
Beschluss v. 15.10.2003
Az: 28 W (pat) 92/03


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