Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2002
Aktenzeichen: 25 W (pat) 72/01

(BPatG: Beschluss v. 01.08.2002, Az.: 25 W (pat) 72/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Die am 8. April 1997 angemeldete Bezeichnung Entenalmsoll für

"Verpflegung von Gästen in Bars, Cafes, Cafeterias, Kantinen, Restaurants, Selbstbedienungsrestaurants und Snack-Bars; Beherbergung von Gästen in Hotels, Gasthöfen sowie Pensionen; Zimmerreservierung, Zimmervermittlung; Vermietung von Gästezimmern, Betrieb einer Bar, Cafes, Cafeterias, Kantinen, Restaurants, Selbstbedienungsrestaurants und Snack-Bars; Dienstleistung von Pensionen, Erholungsheimen, Genesungsheimen und Alten- sowie Seniorenheimen; Veranstaltung und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, Seminaren, Kolloquien, Ausstellungen und Wettbewerben; Theateraufführungen; Produktion von Shows; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen im Gastronomiebereich"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke mit Beschluss vom 18. Januar 2000 in vollem Umfang zurückgewiesen. Der Eintragung der angemeldete Marke ständen ein Freihaltungsbedürfnis und mangelnde Unterscheidungskraft entgegen. Es könne dahinstehen, ob es sich bei "Entenalm" um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung oder um einen gewöhnlichen Begriff handelt, da die Wortzusammenstellung sprachüblich gebildet und für die beteiligten Verkehrskreise eine ohne weiteres verständliche Bezeichnung sei. Sie beschreibe eine ländlich ausgestattete, im Stil einer Alm eingerichtete Gaststätte, in der Entengerichte als Spezialität angeboten werden bzw stelle lediglich einen Hinweis auf den möglichen typischen Ort der Erbringung der Dienstleistungen dar. "Alm" sei nicht nur eine Bezeichnung einer landwirtschaftlichen Fläche in den Bergen, sondern auch von Gastronomiebetrieben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2000 aufzuheben.

Zur Begründung der Beschwerde verweist er auf das bisherige Vorbringen im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt. Dort wurde ausgeführt, dass Almen, auf denen Enten zwecks Weidehaltung gehalten werden, nicht bekannt seien, und die beteiligten Verkehrskreise die angemeldete Marke daher als Phantasiewort auffassten. Ein möglicher Bezug zwischen der Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen ergäbe sich allenfalls erst bei einer analytischen Betrachtungsweise. Es sei auf den Gesamtbegriff abzustellen, weshalb es nicht darauf ankomme, dass die Bestandteile "Enten" und "Alm" jeweils für sich möglicherweise einen beschreibenden Inhalt in Bezug auf die Dienstleistungen aufwiesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen noch handelt es sich dabei um eine beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st BGH GRUR 2002, 64 - INDI-VIDUELLE; BGH WRP 2002, 455 - OMEPRAZOK; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo). Nicht unterscheidungskräftig sind Ausdrücke, bei denen ein auf die Ware oder Dienstleistung bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich um einen Herkunftshinweis handeln.

Unter diesen Voraussetzungen kann der angemeldeten Marke als Gesamtbezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, zumal es zur Begründung von Unterscheidungskraft auch keines weiteren Phantasieüberschusses, sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder Besonderheiten der Markenbildung bedarf (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV: EuG MarkenR 2001, 181, 184 Tz 39 und Tz 40 - EASYBANK) und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen ist (vgl BGH MarkenR 2001, 368, 369 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" mwN).

Dabei spricht der Umstand, dass die einzelnen Wörter "Enten" sowie "Alm", aus denen die angemeldete Marke zusammengesetzt ist, dienstleistungsbeschreibenden Charakter haben können und für sich genommen wohl auch nicht eintragungsfähig sind, weder unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Unterscheidungskraft noch unter dem eines Freihaltungsbedürfnisses gegen die Eintragungsfähigkeit der Gesamtbezeichnung.

Eine gegenwärtige beschreibende Verwendung der Gesamtbezeichnung "Entenalm" konnte zwar weder von der Markenstelle belegt werden noch hat der Senat hierfür durch Recherchen im Internet, wo ausschließlich eine firmenmäßige Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für entsprechende Restaurants im Raum München nachweisbar ist, Anhaltspunkte gefunden. Jedoch bedarf es zur Zurückweisung der Anmeldung des Nachweises einer bereits erfolgten beschreibenden Verwendung der angemeldeten Marke dann nicht, wenn deren Sinngehalt feststeht oder eine Wortverbindung eine verständliche beschreibende Gesamtaussage vermittelt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 74 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.

Die angemeldete Marke beinhaltet keine im Vordergrund stehende Sachaussage, sondern stellt insoweit vielmehr eine ungewöhnliche Wortkombination dar, die dem Verkehr in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen zwar eine gewisse, wenn auch eher vage Vorstellung von dem Gegenstand, Ort oder der Art der Dienstleistungen vermitteln mag, jedoch einen hinreichend konkreten beschreibenden Aussagehalt über Merkmale der Leistungen nicht ohne weiteres erkennen lässt. Die Markenstelle hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass "Alm" nicht nur als übliche Bezeichnung für eine landwirtschaftlich, vorzugsweise zur Rinderhaltung genutzten Fläche in den Bergen, sondern auch für Gastronomiebetriebe verwendet wird. Soweit die Markenstelle ein Schutzhindernis darin gesehen hat, dass "Entenalm" eine ländlich eingerichtete und ausgestattete Gaststätte, in der Entengerichte als Spezialität angeboten werden, beschreibe, kann dem eine sinnvolle Sachaussage dann nicht entnommen werden, wenn man mit dem Bestandteil "Alm" die ursprüngliche Bedeutung der Bezeichnung einer zur Weidehaltung genutzten Bergwiese verbindet, zumal wenn es sich - wie hier bei Enten - um Tiere handelt, die üblicherweise - anders als insbesondere Rinder, Kühe oder auch Ziegen und Schafe - nicht auf Almen im herkömmlichen Sinne einer Bergweide gehalten werden.

Geht man von einem Verständnis von "Alm" als durchaus übliche Bezeichnung eines Gastronomie- und/oder Beherbergungsbetriebes aus, steht einer Bewertung der angemeldeten Marke als beschreibende Sachaussage in dem vorgenannten Sinne jedoch die Kombination mit dem Wort "Enten" entgegen. Denn nach den von der Markenstelle selbst genannten Beispielen kann lediglich von einer Gewöhnung des Verkehrs an eine Kombination von "Alm" als Gaststätten-Bezeichnung mit im weiteren Sinne geographischen Angaben bzw Eigennamen (zB: Mühlviertler Alm, Neubichler Alm, Reisingers Bayerische Alm, Gruber Alm, Seidl-Alm) ausgegangen werden, wohingegen die Verbindung mit einer Tierbezeichnung als unüblich anzusehen ist.

Ist die besondere, ungewöhnliche Wortkombination - wie dargelegt - schon für sich geeignet, der angemeldeten Marke die erforderliche Herkunftsfunktion zu verleihen, bewirkt sie in gewissem Umfang auch, dass der von der Markenstelle genannte Sinngehalt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls nicht unmittelbar und nicht mit der angenommenen Klarheit und Eindeutigkeit hervortritt. Ein solcher Bedeutungsgehalt würde sich zumindest nicht ohne gedankliche Ergänzungen, Zwischenschritte oder eine gewisse analysierende Betrachtung ergeben, die aber bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht zum Maßstab gemacht werden kann. Der Begriff "Entenalm" vermittelt damit einen noch hinreichend phantasievollen Gesamteindruck, um über eine beschreibende Aussage hinaus als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden.

Stellt die angemeldete Wortverbindung danach keine sprachübliche, konkrete und unmittelbar beschreibende Sachangabe dar, steht der Eintragung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegen. Die angemeldete Wortfolge besteht nicht im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl WRP 2000, 1140, 1141 "Bücher für eine bessere Welt" mwN). Anhaltspunkte dafür, dass die beanspruchte Wortverbindung von Mitbewerbern zur Beschreibung der in Rede stehenden Dienstleistung gegenwärtig oder im Hinblick auf eine künftige beschreibende Verwendung benötigt bzw bereits tatsächlich verwendet wird, sind nicht ersichtlich.

Nach alledem war der angefochtene Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 aufzuheben.

Brandt Engels Bayer Pü






BPatG:
Beschluss v. 01.08.2002
Az: 25 W (pat) 72/01


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