Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Januar 2009
Aktenzeichen: 15 W (pat) 20/05

(BPatG: Beschluss v. 12.01.2009, Az.: 15 W (pat) 20/05)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Patentanmeldung hat den 10. November 1999 als Anmeldetag und nimmt die Unionspriorität TW 88113573 vom 9. August 1999 in Anspruch. Die Patentanmeldung trägt die Bezeichnung "Härtbares System aus selbstemulgiertem wäßrigem Epoxidharz und dessen Polymerhybriden". Die Offenlegung erfolgte am 22. Februar 2001 in Form der DE 199 55 379 A1.

Die Prüfungsstelle für Klasse C 08 L hat die Anmeldung mit Beschluss vom 14. Januar 2005 zurückgewiesen.

Dem Beschluss lagen die in den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 7 offenbarten Ansprüche 1 bis 6, vom 9. Dezember 2003, eingegangen am 10. Dezember 2003, mit folgendem Wortlaut zugrunde:

"1. Doppelt härtbares wäßriges Einkomponenten-Harzsystem, das ein Epoxyund Carboxylgruppen enthaltendes wäßriges Harz und ein Polyaziridin als Vernetzungsmittel umfaßt.

2.

Härtbares System nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das wäßrige Harz eine selbstemulgierte wäßrige Epoxidharzdispersion ist, die erhalten wurde durch eine Halbveresterungsreaktion zwischen einem Dicarbonsäureanhydrid und der Hydroxygruppe eines Epoxidharzes und durchdarauffolgende Neutralisierung der so in das Epoxidharz eingebauten Carboxylgruppen mit einem tertiären Amin in einem wäßrigen Medium.

3.

Härtbares System nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Dicarbonsäureanhydrid 3 bis 8 Kohlenstoffatome aufweist.

4.

Härtbares System nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Dicarbonsäureanhydrid Ethan-1,2-dicarbonsäureanhydrid oder Maleinsäureanhydrid ist.

5.

Härtbares System nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das wäßrige Harz ein epoxyhaltiges Acrylathomopolymer und/oder -copolymer ist.

6.

Die Verwendung des härtbaren Systems nach Anspruch 1 zur Herstellung des härtbaren Einkomponenten-Hybridharzsystems, wobei das Hybridharzsystem aus dem härtbaren System nach Anspruch 1 besteht, und einem oder mehreren wäßrigen Harzen, ausgewählt unter einer carboxylhaltigen Acrylatemulsion, einer wäßrigen Polyurethandispersion und einem epoxyhaltigen Acrylathomopolymer und/oder -copolymer."

Die Zurückweisung der Anmeldung wurde damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu sei, und zwar gegenüber dem in der Druckschrift

(6) US 5 439952A beschriebenen Stand der Technik.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Darin führt sie u. a. sinngemäß aus, dass das US-Patent 5 439 952 eine wasserbasierende lagerungsbeständige Beschichtungszusammensetzung offenbare, die vier kritische Komponenten a) bis d) enthalte. Die Komponenten a) und b) würden nur eine wässrige Dispersion eines Vinylpolymers und eine Polyurethan-Dispersion umfassen. Die Komponente c) (ein Vernetzungs-Katalysator) würde nur zur Vernetzung eines Vinyl-Polymers und eines Polyurethans benutzt und Komponente d) (ein polyfunktionales Aziridin etc.) würde zur Vermeidung der Verfärbung benutzt. Über Epoxy-Harze oder wasserreduzierbare Epoxy-Harze, wie sie in der vorliegenden Patenanmeldung benutzt werden, sei dort nichts vermerkt.

In der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2009 beantragt der Vertreter der Anmelderin, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Patentansprüche vom 9. Dezember 2003 zu erteilen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist fristund formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch aus nachstehenden Gründen keinen Erfolg.

1. Anspruch 1, mit Gliederungspunkten versehen, lautet folgendermaßen:

1. Ein doppelt härtbares wässriges Einkomponenten-Harzsystem, umfassend 1.1 ein wässriges Harz, das 1.1.1 Epoxyund 1.1.2 und Carboxylgruppen enthält und 1.2 ein Polyazirdin als Vernetzungsmittel.

Nebenanspruch 6 der Anmeldung betrifft -die Verwendung des härtbaren Systems nach Anspruch 1 zur Herstellung des härtbaren Einkomponenten-Hybridharzsystem, wobei das Hybridharzsystem aus dem härtbaren System nach Anspruch 1 besteht,

-und einem oder mehreren wässrigen Harzen, ausgewählt unter einer carboxylhaltigen Acrylatemulsion, einer wässrigen Polyurethandispersion und einem epoxyhaltigen Acrylathomopolymer und/oder -copolymer.

2.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 6 sind formal zulässig, denn die darin angegebenen Merkmale finden ihre Grundlage in den am Anmeldetag eingereichen Ansprüchen 1 bis 7.

3.

In der US 5 439 952 A (6) ist eine Wasser basierende Zusammensetzung zur Beschichtung beschrieben -vgl. Sp. 1 Abs. 1. Die Zusammensetzung soll bei Raumtemperatur selbsthärtend, auf Wasser basieren, gebrauchsfertig anzuwenden sein und eine höchst unverwüstliche Beschichtung ermöglichen. Dabei darf sie sich bei Lagerung nicht verfärben -vgl. Sp. 1 Zn. 35 bis 45.

Die Zusammensetzung gemäß (6) umfasst eine wässrige Dispersion (Merkmal 1.1) mit einem selbsthärtenden Vinylpolymer, hergestellt durch Additionspolymerisation (Merkmal 1.1) von vier Monomerbausteinen, darunter einem ethylenisch ungesättigten polymerisierbaren Monomer mit einer Epoxygruppe (Merkmal 1.1.1) und einem ethylenisch ungesättigten polymerisierbaren Monomer mit einer Carboxylsäuregruppe (Merkmal 1.1.2) -vgl. Anspr. 1a) in Dokument (6).

Die wässrige Dispersion umfasst auch ein polyfunktionales Aziridin (Merkmal 1.2) -vgl. Anspr. 1d) u. Sp. 9 Zn. 13 bis 14 -, d. h. ein Polyaziridin.

Die wässrige Dispersion gemäß (6) umfasst demnach ein wässriges Harzsystem in Form des Vinylpolymeren mit Epoxyund Carboxylgruppen; sie umfasst auch ein Polyaziridin.

Dies entspricht dem Harzsystem gemäß Anspruch 1 der Anmeldung.

Der im Anspruch 1 der Patentanmeldung angegebene Verwendungszweck bezüglich des Polyaziridins kann dem beanspruchten Harzsystem gegenüber (6) nicht zur Neuheit verhelfen. Das Auffinden bisher nicht erkannter Eigenschaften oder Wirkungen, die keine technischen Unterscheidungsmerkmale darstellen, sind nach ständiger Rechtssprechung nicht dazu geeignet, die Neuheit eines bekannten, eindeutig identifizierten und bereits hergestellten Erzeugnissen zu begründen (BGH "Imidazoline" GRUR, 1972, 541; BGH "Befestigungsvorrichtung II" GRUR, 1991, 436). Entsprechendes gilt für das Teilmerkmal "doppelt härtbares" im Merkmal 1.

Auch können die Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 der Anmeldung aufgrund des offenbarten Inhalts auch noch andere Verbindungen enthalten, so dass der Hinweis der Anmelderin und Beschwerdeführerin auf den Katalysator sowie andere Komponenten, die gemäß (6) auch zugegen sind, unerheblich ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist gegenüber der in Dokument (6) offenbarten technischen Lehre nicht mehr neu.

Aus der Entgegenhaltung (6) ist auch der Gegenstand des Nebenanspruchs 6 der Anmeldung bekannt.

Dort ist die Verwendung einer Zusammensetzung zur Herstellung einer Wasser basierenden, lagerbeständigen und bei Raumtemperatur selbsthärtenden wässrigen Zusammensetzung beschrieben -vgl. Anspr. 16 in Dokument (6).

Die Zusammensetzung umfasst eine wässrige Dispersion mit einem selbsthärtenden Vinylpolymer, hergestellt durch Additionspolymerisation von vier Monomerbausteinen, darunter einem ethylenisch ungesättigten polymerisierbaren Monomer mit einer Epoxygruppe und einem ethylenisch ungesättigten polymerisierbaren Monomer mit einer Carboxylsäuregruppe -vgl. Anspr. 16a) in Dokument (6) -und ein polyfunktionales Aziridin -vgl. Anspr. 16d) -, d. h. ein Polyaziridin. Dieser Teil entspricht dem härtbaren Harzsystem gemäß Anspruch 1 der Anmeldung -vgl. obige Ausführungen zu Anspruch 1. Sie umfasst auch eine wässrige Polyurethandispersion -vgl. Anspr. 16b) i. V. m. Sp. 7 Z. 12 -, eine carboxylhaltige Acrylatemulsion -vgl. Sp. 4 Z. 6 -und ein epoxyhaltiges Acrylathomopolymer und/oder Coplymer aus ethylenisch ungesättigtem polymerisierbaren Monomer mit einer Epoxygruppe wie Glycidylacrylat und/oder Glycidylmethacrylat -vgl. Sp. 3 Zn. 57 bis 68.

Der Gegenstand des Nebenanspruchs 6 ist demnach gegenüber (6) nicht mehr neu.

Anspruch 1 als auch Nebenanspruch 6 sind wegen fehlender Neuheit nicht gewährbar.

4. Die Anmelderin hat sich sachlich ausführlich zur Beschwerde geäußert und ihren Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Ansprüche vom 9. Dezember 2003 zu erteilen, auch in der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2009 wiederholt. Somit hat die Anmelderin die Patenterteilung erkennbar nur im Umfang eines Anspruchssatzes beantragt, der nicht rechtsbeständige Ansprüche enthält. Deshalb war die Beschwerde zurückzuweisen. Auf die übrigen Ansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH "Informationsübermittlungsverfahren II" GRUR, 2007, 862; Fortführung von BGH "Elektrisches Speicherheizgerät" GRUR 1997, 120).

Dr. Feuerlein Dr. Egerer Dr. Kortbein Dr. Lange Me






BPatG:
Beschluss v. 12.01.2009
Az: 15 W (pat) 20/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a5239da78d14/BPatG_Beschluss_vom_12-Januar-2009_Az_15-W-pat-20-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share