Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 65/00

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2002, Az.: 26 W (pat) 65/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 1998 und 16. November 1999 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren und Dienstleistungen

"Kl. 03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel.

Kl. 04: Technische Öle und Fette; Schmiermittel; Staubabsorbierungs-, Staubbenetzungs- und Staubbindemittel; Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und Leuchtstoffe; Kerzen, Dochte.

Kl. 05: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide.

Kl. 08: Handbetätigte Werkzeuge und Geräte Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Hieb- und Stichwaffen; Rasierapparate.

Kl. 09: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Computer.

Kl. 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen.

Kl. 13.: Feuerwerkskörper Kl. 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke.

Kl. 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut soweit in Klasse 21 enthalten.

Kl. 23: Garne und Fäden für textile Zwecke.

Kl. 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

Kl. 26: Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln; künstliche Blumen.

Kl. 27: Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und Bodenbeläge, Tapeten (ausgenommen aus textilem Material).

Kl. 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck.

Kl. 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette.

Kl. 30: Kaffe, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis.

Kl. 31: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz.

Kl. 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Kl. 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

Kl. 34: Tabak; Raucherartikel; Streichhölzer.

Dienstleistungen:

Erstellung von Standort- und Mitbewerberanalysen, Umsatzprognosen, Rentabilitätsberechnungen, Durchführung von Kaufkraftermittlungen, Erstellung von Bau- und Ausstattungsbeschreibungen; Bauplanung und -ausführung, Bauberatung, Dienstleistungen eines Gartenbauarchitekten, Gartenarbeiten, Gartenbauarbeiten; Bauüberwachung, Einrichtungsplanung, Planerstellung; technische, betriebswirtschaftliche, organisatorische und kaufmännische Beratung; Sortimentsplanung; Beratung bei der Einrichtung und Ausstattung von Ladenlokalen; Personalschulung, Schulung von Azubis, Facharbeitern bis hin zum Unternehmer, Ablauforganisation; Erstellung einer überregionalen Werbung nach festgelegten Marketingstrategien; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Computerberatungsdienste Aktualisieren von Computer-Software, Design von Computersoftware, Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Aufbereitung von Führungsdaten zur Steuerung des Unternehmens; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten"

zur farbigen Eintragung angemeldete Markesiehe Abb. 1 am Endemit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil es sich bei ihr um eine beschreibende, freihaltungsbedürftige Angabe handele, der zudem jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Wort "extra" decke nach seinem objektiven Wortsinn zwar ein gewisses Bedeutungsspektrum ab. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen verengten sich die möglichen Bedeutungen aber auf die insoweit gebräuchlichen Begriffe "besonders, ausgesucht, über das Übliche hinausgehend" sowie "Zusätzliches, zusätzliche Sonderleistung, insbesondere Zubehörteile". In diesen Bedeutungen könne der Begriff "extra" zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen, weil mit ihm auf besondere, über das Übliche hinausgehende oder mit zusätzlichen Eigenschaften versehene Leistungen hingewiesen werden könne. Die grafische Gestaltung der Marke weise keine schutzbegründende Eigenart auf, sondern bewege sich im Rahmen werbegrafisch üblicher Schriftzuggestaltungen. Die verwendeten fetten und eckigen Buchstaben hielten sich im Rahmen des gängigen Formenschatzes der auf dem Markt erhältlichen Schrifttypen. Auch die in der Marke weiterhin enthaltenen geraden Linien seien zur Unterstreichung bzw. Umrahmung von Wörtern üblich. Nicht schutzbegründend sei auch die Verlängerung des senkrechten Strichs des Buchstaben "t" nach oben und die Verlängerung eines Teils des Buchstaben "x" nach unten. Sie prägten sich dem Verkehr nicht hinreichend ein. Gerade qualitätsanpreisende werbliche Schlagwörter wie "extra" würden, wie durch die dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Beispiele aus der Werbung belegt sei, häufig optisch auffallend gestaltet. Aus diesem Grunde sei auch ein Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten grafischen und farblichen Aufmachung des Wortes "extra" zu bejahen. Wegen des festgestellten Freihaltungsbedürfnisses sei der Beurteilungsmaßstab für die Unterscheidungskraft eher streng zu bemessen. Deshalb fehle der angemeldeten Marke angesichts ihres konkret beschreibenden, qualitätsanpreisenden Aussagegehaltes und der werbeüblichen grafischen Gestaltung auch die Eignung, als betriebliches Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bereits das Wort "extra" als solches sei schutzfähig, weil es bei einer Verwendung ohne weitere Zusätze nicht konkret und eindeutig erkennen lasse, was an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen "extra" sein solle. Erst in Wortverbindungen mit Adjektiven, Substantiven oder Verben, wie z.B. "extra günstig", werde deutlich, was an den so bezeichneten Waren und Dienstleistungen besonders sei. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass mit dem Schlagwort "extra" auch die Aufmerksamkeit des Verkehrs geweckt und auf die damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen gelenkt werde. Das reiche jedoch nicht aus, um hierin eine beschreibende Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu sehen. Es fehle an einer konkret warenbezogenen beschreibenden Sachaussage, die auf eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nehme. Auch die grafische Gestaltung der Marke sei nicht so üblich, wie von der Markenstelle angenommen. Die verwendeten Schrifttypen würden wenig benutzt und seien bei anderen Marktteilnehmern nicht nachweisbar. Wie sich aus den BPatG-Beschlüssen "Visa-Streifenbild" (GRUR 1997, 293) und "TAX FREE" (GRUR 1997, 285) ergebe, sei die konkret beanspruchte farbliche Gestaltung einer angemeldeten Marke in Verbindung mit deren weiteren grafischen Gestaltungselementen geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu überwinden. Die angemeldete Marke gehe über das grafische Gestaltungsniveau der von der Markenstelle ermittelten, dem angefochtenen Beschluss beigefügten Werbeanzeigen weit hinaus. Nicht zuletzt wegen ihrer grafischen Gestaltung verfüge die angemeldete Marke auch über die erforderliche Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 1998 und 16. November 1999 aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Wort-Bild-Marke in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen.

Die angemeldete Marke besteht i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Beschreibung von Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann.

Zwar handelt es sich bei dem in der Marke enthaltenen Wort "extra" als solchem, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, um eine Angabe, die im Verkehr als Hinweis auf eine besondere, mit dem Kauf der Ware oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung verbundene Zusatzleistung verwendet wird. Als solchermaßen beschreibender Begriff ist er für die Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten und dem gemäß auch als reine Wortmarke einer Markeneintragung für ein einzelnes Unternehmen nicht zugänglich.

Maßgebend für die Beurteilung einer angemeldeten Marke ist jedoch deren Gesamteindruck. Dabei ist auch eine auf den ersten Blick nicht unmittelbar eingängige besondere Ausgestaltung einer angemeldeten Marke zu berücksichtigen, die deren Schutzbereich bestimmt und gegebenenfalls auch beschränkt (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN).

Hiervon ausgehend kann der angemeldeten Marke die Eintragung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht versagt werden; denn bei der von der Anmelderin konkret beanspruchten farblichen und grafischen Gestaltung des Wortes "extra" handelt es sich entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht um eine solche, die insgesamt, also bei Berücksichtigung aller ihrer gestalterischen Elemente, als völlig einfach und allgemein üblich bezeichnet werden kann. Sie geht vielmehr in der Gesamtschau aller in ihr enthaltenen Gestaltungselemente über die im Verkehr feststellbaren und von der Markenstelle konkret festgestellten werbeüblichen Verwendungsformen grafisch ausgeschmückter beschreibender Angaben dadurch hinaus, dass sie sowohl eine Verbindung des Wortes "extra" mit den diesen Begriff einrahmenden Linien durch Verlängerung einzelner Buchstaben nach oben bzw unten aufweist, als auch dadurch, dass sie in einer nicht ganz alltäglichen Schrift gehalten ist, die sich durch eine charakteristische eckige Darstellung der einzelnen Buchstaben sowie den Umstand auszeichnet, dass das kleine "a" am Ende des Wortes "extra" durch Spiegelung des kleinen "e" am Anfang dieses Wortes gebildet ist. Diese Umstände zusammengenommen sind geeignet, das Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Wort-Bild-Marke zu beseitigen. Sie beschränken jedoch zugleich ihren Schutzbereich auf die konkret beanspruchte Gestaltung der Marke.

Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Auch für die Prüfung der Unterscheidungskraft ist die angemeldete Marke in ihrer konkret beanspruchten farblichen und grafischen Gestaltung maßgeblich (BGH aaO - NEW MAN). Dabei reicht jede noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (BGH GRUR 2001, 239 - Zahnpastastrang).

Hiervon ausgehend reichen die vorstehend dargestellten grafischen Besonderheiten der angemeldeten Marke, mögen sie auch einzeln betrachtet als nicht besonders augenfällig erscheinen, in ihrer Gesamtheit noch aus, um - bei der zu unterstellenden markenmäßigen Benutzung - von einem bloßen Verständnis als waren- bzw dienstleistungsbeschreibende Angabe wegzuführen und als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Anmelderin zu dienen. Die von der Markenstelle zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung ermittelten und dem angefochtenen Beschluss beigefügten Beispiele einer beschreibenden Benutzung des Wortes "extra" in der Werbung stehen einem solchen Verkehrsverständnis nicht entgegen, weil diese Beispiele nur eine Benutzung des Wortes "extra" als solches bzw. in deutlich einfacherer grafischer Ausgestaltung zeigen, die von einem rein beschreibenden Wortverständnis nicht in gleicher Weise wegführt wie die von der Anmelderin beanspruchte Darstellung.

Da auch die übrigen Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht vorliegen, war der Beschwerde der Anmelderin stattzugeben.

Kraft Eder Reker Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)65-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.07.2002
Az: 26 W (pat) 65/00


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