Sozialgericht Neuruppin:
Urteil vom 3. Juli 2014
Aktenzeichen: S 20 KR 329/11

(SG Neuruppin: Urteil v. 03.07.2014, Az.: S 20 KR 329/11)

1. Der den Vergütungsanspruch wegen einer stationären Krankenhausbehandlung im Land Brandenburg geltend machende Krankenhausträger ist gemäß § 18 Abs. 4 des Vertrags über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (ABK-Vertrag) auch dann beweisbelastet, wenn die Krankenkasse zunächst eine Zahlung vornimmt.

2. Die Beiziehung von Behandlungsunterlagen durch das Gericht ist dem Versicherten gegenüber ein Eingriff sowohl in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) als auch in sein Recht auf Datenschutz (Art. 11 LV) und bedarf entweder der Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten oder einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Eine solche ergibt sich weder aus § 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG, den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs oder des Bundesdatenschutzgesetzes noch aus §§ 29, 27 Abs. 3 BbgKHEG.

3. Behandlungsunterlagen, die ohne das Vorliegen einer Schweigepflichtentbindungserklärung oder auf nicht hinreichender gesetzlicher Grundlage dem Gericht zu Lebzeiten des Versicherten übersandt worden sind, dürfen im sozialgerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden und sind daher ohne Einsichtnahme durch das Gericht zurückzusenden. Ein auf Einsicht in diese Behandlungsunterlagen gerichteter Antrag der Krankenkasse erledigt sich daher bzw. ihm kann mangels rechtlicher Verfügungsbefugnis des Gerichts nicht nachgekommen werden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten zu tragen.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für einen stationären Aufenthalt einer Versicherten der Beklagten.

1. Die bei der Beklagten versicherte Frau R S, geboren am 1974, wurde zur operativen Behandlung einer Rektusdiastase vom 11. Mai 2009 bis zum 16. Mai 2009 in dem A K U in 16303 S vollstationär behandelt. Die Beklagte zahlte den auf Grundlage der DRG I27D (€Eingriffe am Weichteilgewebe ohne äußerst schwere oder schwere CC, außer bei bösartiger Neubildung€) in Rechnung gestellten Betrag i. H. v. 2.383,84 € an die Klägerin und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 9. Juni 2009 mit einer Einzelfallprüfung zu den Fragestellungen: €Ist/sind die Prozedur(en) korrekt€ Detailfrage: Liegt hier eine kosmetische OP vor€€. Der MDK zeigte der Klägerin unter dem 16. Juni 2009 die Einleitung des Prüfverfahrens an und forderte bei ihr unter dem 17. Juni 2009 alle €zur Beantwortung der Krankenkassenfrage notwendigen Krankenhausunterlagen€, insbesondere Arztbrief, OP-Bericht, Aufnahmestatus und Anamnese an. Dem kam die Klägerin nicht nach, so dass der MDK in seiner Einzelfallbegutachtung vom 19. August 2009 feststellte: €Das Krankenhaus hat damit die Korrektheit der abgerechneten Prozeduren und insbesondere eine medizinische Indikation für die Op. nicht belegt.€

Nachdem die Klägerin die angeforderten Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte, beauftragte die Beklagte am 4. September 2009 erneut den MDK. Dieser kam in seiner Einzelfallbegutachtung vom 5. März 2010 zu dem Ergebnis, dass statt der von der Klägerin gewählten Hauptdiagnose (ICD-10) M62.08 (sonstige Muskeldiastase) die Hauptdiagnose E65 (Lokalisierte Adipositas) zutreffend ist. Auch die weiteren Diagnosen wurden abweichend, die Prozeduren hingegen in Übereinstimmung mit der Klägerin beurteilt. Wegen der festgestellten Abweichungen habe die Abrechnung daher auf Grundlage der DRG K07Z (€Andere Eingriffe bei Adipositas€) zu erfolgen. Es wurde weiter ausgeführt:

€Im ärztlichen Anamnese- und Statusbogen wird unter jetzigen Beschwerden €schlaffe Bauchdecke€ dokumentiert. Im klinischen Befund im Bereich des Abdomens dokumentiert €große Fettschürze, schlaffe Haut, Bauch weich, kein DD€. Ein weiterer pathologischer Befund wird nicht dokumentiert, insbesondere findet sich im Aufnahmebefund keine Dokumentation einer Herniation.

Eine alleinige Rektusdiastase ohne Beschwerden und insbesondere ohne Herniation stellt keine medizinische Op.-Indikation dar. Den vorliegenden Unterlagen ist deutlich zu entnehmen, dass die Operation allein zur Fettschürzen-Operation erfolgte. In den Unterlagen werden weder funktionelle Beeinträchtigungen durch die Fettschürze, noch chronisch rezidivierende Entzündungen angegeben, die bei entsprechendem Ausmaß eine medizinische Indikation für eine Fettschürzenreduktion nach sich ziehen könnten.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass anhand vorliegender Unterlagen eine medizinische Indikation für die erfolgte Operation nicht bestätigt werden kann. Es muss von einem kosmetisch begründeten Eingriff ausgegangen werden.€

Die Beklagte verrechnete daraufhin unter dem 17. August 2010 den zunächst gezahlten Betrag mit einem anderen Vergütungsfall. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 8. Oktober 2010 Einspruch und legte die €entsprechende medizinische Begründung€ in einem geschlossenen Umschlag zur Weiterleitung an den MDK bei. Der MDK führte am 10. Januar 2011 eine Krankenhausbegehung unter Einsichtnahme in die Krankenunterlagen durch. Seine Einzelfallbegutachtung vom 14. Januar 2011, die die medizinische Begründung des Einspruchs der Klägerin wörtlich wiedergibt, bestätigt das Vorgutachten.

2. Mit der am 26. Oktober 2011 bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, hält an der Erforderlichkeit der stationären Behandlung fest und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.383,84 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat nach Beantragung der Einsicht in die Behandlungsunterlagen durch die Beklagte die Versicherte mit Schreiben vom 17. Juli 2012 und vom 20. August 2012 - dieses mit Postzustellungsurkunde am 21. August 2012 der Versicherten zugestellt - unter Übersendung einer entsprechenden vorgefertigten Erklärung gebeten, ihr Einverständnis für die Beiziehung der Behandlungsunterlagen bzgl. des streitgegenständlichen stationären Aufenthalts zu erklären und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Schweigepflichtentbindungserklärung ist dem Gericht nicht zugegangen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 25. April 2013 Kopien der Behandlungsunterlagen übersandt, die ohne vorherige Durchsicht mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Juli 2013 unter Hinweis auf das Fehlen der Schweigepflichtentbindungserklärung zurückgereicht worden sind.

Die Klägerin hat auf Anforderung des Gerichts blanko-Formulare u. a. des Vertrags Wahlleistungen bei Durchführung ambulanter Operationen, des Behandlungsvertrags, der Wahlleistungsvereinbarung, des Behandlungsvertrags für ambulante Operationen und die Zusatzvereinbarung Selbstzahlerleistungen, wie sie auch von der Versicherten mit Bezug auf den hier streitigen stationären Aufenthalt unterzeichnet worden sein sollen, ferner die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin nebst Anlagen 1 bis 3 zur Gerichtsakte gereicht.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

1. Die als Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. Bundessozialgericht in st. Rspr., etwa: Urteile vom 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R - m. w. N. [juris] und vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/08 KR R - m. w. N. [juris]) war abzuweisen, da der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zusteht.

a) Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2009. Der Vergütungsanspruch besteht unabhängig von etwaigen - lediglich deklaratorischen - Erklärungen der Beklagten zur Kostenübernahme mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch die Versicherte, wenn deren Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und diese Versorgung erforderlich ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V; vgl. Bundessozialgericht a.a.O., m. w. N.).

b) Der Rechtsstreit ist nicht bereits aus formalen Gründen, die mit dem MDK-Prüfverfahren im Zusammenhang stehen, zu entscheiden.

Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise den MDK mit der Prüfung des Einzelfalls beauftragt. Dass insoweit die Prüfung der €Prozeduren€ beauftragt, die Hauptdiagnose dann jedoch durch den MDK beanstandet worden ist, schadet hier jedenfalls nicht, da die Beklagte weitergehend die medizinische Erforderlichkeit der stationären Behandlung in Frage gestellt und die Beantwortung dieser Fragestellung durch den MDK zur Verrechnung der zunächst gezahlten Vergütung geführt hat.

Auch ist das dreischrittige Prüfverfahren (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 KR 24/07 R - [juris]) eingehalten worden. Insbesondere hat die Klägerin die Übersendung der angeforderten Unterlagen den Umständen nach noch zeitnah nachgeholt, zumal der Zugang des (ersten) Anforderungsschreibens vom 17. Juni 2009 nicht nachgewiesen ist. Die Klägerin ist insoweit jedenfalls nicht mit ihren Rügen bzw. dem Vergütungsanspruch ausgeschlossen.

c) Das Gericht ist von der Erforderlichkeit der stationären Behandlung nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht überzeugt (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG).

aa) Der Große Senat des Bundessozialgerichts hat zur Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung und zum Prüfungsumfang der Gerichte ausgeführt (Beschluss vom 25. September 2007 - GS 1/06 - [juris]):

€Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zur Verfügung steht.

... Fest steht nach dem Wortlaut nur, dass der Aufenthalt im Krankenhaus einem Behandlungszweck dienen muss und die Krankenkasse deshalb nicht leistungspflichtig ist, wenn der Patient aktuell keiner ärztlichen Behandlung (mehr) bedarf, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit, zur Verwahrung oder zum Schutz der Öffentlichkeit, im Krankenhaus behalten oder dort untergebracht wird (ständige Rechtsprechung des BSG; siehe zuletzt BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4 RdNr 13 mwN; zum früheren Recht der RVO: BSGE 47, 83, 85 f = SozR 2200 § 216 Nr 2 S 3 f; BSGE 59, 116 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 22 S 32 f und Nr 28 S 41 ff). Davon geht auch der 3. Senat ausdrücklich aus (Beschluss vom 3. August 2006 - B 3 KR 1/06 S - Umdruck RdNr 5 und 8).

... Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten einer dennoch durchgeführten stationären Krankenhausbehandlung auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt, die gegenwärtig außerhalb des Krankenhauses nicht gewährleistet ist.

€ Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat jedoch von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen.

Die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, obliegt nicht dem Krankenhaus, sondern der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet (BSGE 65, 94, 97 = SozR 2200 § 182 Nr 115 S 264 f; BSGE 82, 158, 161 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5 S 26 f; Urteil des BSG vom 11. Oktober 1988 - 3/8 RK 20/87 - USK 88157; siehe auch Beschluss des 3. Senats vom 3. August 2006 - B 3 KR 1/06 S - Umdruck RdNr 10). Die Entscheidungsabläufe sind unterschiedlich, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt die Kasse mit dem Leistungsbegehren befasst wird. Beantragt der Versicherte vorab die Genehmigung einer gemäß § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 iVm Abs 4 SGB V vertragsärztlich verordneten Krankenhausbehandlung, so entscheidet die Krankenkasse ihm gegenüber durch Verwaltungsakt. Wird er dagegen, wie zumeist, wegen einer akuten Erkrankung oder eines Krankheitsverdachts ohne vorherige Konsultation der Krankenkasse stationär aufgenommen, so entscheidet diese über den Behandlungsanspruch lediglich indirekt, indem sie, erforderlichenfalls nach Einschaltung des MDK, dem die Leistung erbringenden Krankenhaus eine - in der Regel befristete - Kostenzusage (Kostenübernahmeerklärung) erteilt (zur rechtlichen Wirkung der Kostenübernahmeerklärung siehe: BSGE 86, 166, 170 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 5 f; BSGE 89, 104, 106 = SozR 3- 2500 § 112 Nr 2 S 12 f). Dieser Vorgang wiederholt sich, wenn zu einem späteren Zeitpunkt über eine Verlängerung des Krankenhausaufenthalts zu befinden ist. In allen Fällen hat die Krankenkasse vor ihrer Entscheidung die Erforderlichkeit der stationären Behandlung eigenständig und ohne Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes zu prüfen. Nichts anderes gilt für das Gericht, das gegebenenfalls in einem nachfolgenden Rechtsstreit über den Behandlungsanspruch des Versicherten oder den Vergütungsanspruch des Krankenhauses zu entscheiden hat.€

bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend, denen das erkennende Gericht uneingeschränkt folgt, hat die Klägerin die Erforderlichkeit der streitigen stationären Krankenhausbehandlung nicht nachgewiesen, so dass nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Klägerin zu entscheiden war (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/08 KR R - [juris]).

(1) Beweisbelastet ist die Klägerin. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die objektive Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, Rn. 19a zu § 103 m.w.N.). Hier hat die Klägerin das Vorliegen der medizinischen Erforderlichkeit der stationären Behandlung zu beweisen, auf die sie ihren Vergütungsanspruch stützt.

Nichts anderes ergibt sich aus der durch die Beklagte zunächst vorgenommenen Zahlung. Hierin liegt weder ein Anerkenntnis noch ergibt sich daraus eine Umkehr der Beweislast. Denn die Beklagte ist zur vollständigen Zahlung binnen 14 Kalendertagen nach Eingang der Rechnung in vollem Umfang auch dann verpflichtet, wenn sie eine Kürzung der Rechnung für zumindest möglich hält und deshalb den MDK mit einer Einzelfallprüfung beauftragt. Der zwischen den Krankenkassen bzw. ihren Landesverbänden und der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg e. V. für das Land Brandenburg gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V geschlossene Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (ABK-Vertrag) bestimmt in § 18 Abs. 4 und 5:

(4) Die zusta€ndige Krankenkasse bezahlt die Rechnungen innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der U€bergabe des U€berweisungsauftrages an ein Geldinstitut oder der U€bersendung von Zahlungsmitteln an das Krankenhaus. Ist der Fa€lligkeitstag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, verschiebt er sich auf den na€chstfolgenden Arbeitstag. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art ko€nnen auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und die Differenzbetra€ge verrechnet werden.

(5) Erfolgt die Zahlung nicht fristgema€ß, kann das Krankenhaus ab Fa€lligkeitstag ohne vorherige Mahnung Zinsen in Ho€he von 2 % u€ber dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank berechnen.

Aus dieser einvernehmlich getroffenen, auch die Beteiligten dieses Rechtsstreits bindenden Regelung ergibt sich einerseits, dass die Finanzierung der Krankenhäuser im Land Brandenburg in einem ersten Schritt durch die unbedingte und kurzfristige Pflicht zur Zahlung der Vergütung gesichert werden soll, den Krankenkassen dann jedoch in einem zweiten Schritt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen die Möglichkeit offen stehen soll, die Abrechnung sowohl rechnerisch als auch in sachlicher Hinsicht zu überprüfen. Diese Abfolge ist für alle Abrechnungsfälle als Regelfall vereinbart und wird durch die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen in § 18 Abs. 5 ABK-Vertrag flankiert. Die Klägerin kann daher aus einer in Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung vorgenommenen Zahlung der Beklagten nicht den Schluss ziehen, dass diese - innerhalb der gesetzlichen Fristen und unter Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens - eine Einzelfallprüfung nicht anstrengen wird. § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag belässt die objektive Beweislast für die vergütungsrechtlich maßgeblichen Tatsachen daher bei der Klägerin (vgl. §§ 133, 157, 242 Bürgerliches Gesetzbuch).

(2) Das Gericht ist von der Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung nicht überzeugt. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass es sich bei der hier streitigen stationären Behandlung nicht um eine Schönheitsoperation ohne medizinische Indikation gehandelt hat. In diesem Fall wäre sie mit ihrem Vergütungsanspruch bereits auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber insbesondere auch gemäß § 7 Abs. 1 d) ABK-Vertrag ausgeschlossen:

§7Ausschluss der Krankenhausbehandlung

(1) Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen ist nur gegeben wenn sie aus medizinischen Gru€nden erforderlich ist (§ 39 Abs. 1 SGB V). Medizinische Erforderlichkeit in diesem Sinne liegt in jedem Fall nicht vor bei:

a) einem Pflegefall,

b) Unterbringung aus sozialen Gru€nden,

c) Unterbringung aus Gru€nden der o€ffentlichen Sicherheit und Ordnung,

d) bei Scho€nheitsoperationen ohne medizinische Indikationen.

Die Angaben und Ausführungen der Klägerin vorprozessual und im Klageverfahren sind zwar in sich schlüssig und lassen eine medizinische Indikation als möglich erscheinen. Es verbleiben auf Grundlage der Begutachtungen des MDK vom 5. März 2010 und vom 14. Januar 2011 aber gewichtige Zweifel. Diese MDK-Begutachtungen können nach kritischer Würdigung durch das Gericht auch im gerichtlichen Verfahren verwertet werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 3 P 5/00 R - [juris]; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, Rn. 7f zu § 128 m.w.N.). Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass die Bauchdeckenplastik nicht mit Gewissheit medizinisch erforderlich war, da es an einem belastbaren Nachweis über das Vorliegen einer Herniation fehlt und auch sonst keine Beschwerden (z. B. chronische therapieresistente Ekzeme oder funktionelle Beeinträchtigungen der Flektion aufgrund der Fettschürze) dokumentiert sind. Auf nur kosmetische Aspekte lässt sich die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung nicht stützen. Die Begutachtungen durch den MDK sind insoweit verständlich sowie für sich genommen nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei.

(3) Das Gericht ist auf Grundlage der MDK-Gutachten jedoch auch nicht zweifelsfrei vom Vorliegen einer Schönheitsoperation ohne medizinische Indikation überzeugt. Insoweit hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Januar 2012 auf die Konsiliaranforderung, den Konsiliarbefund vom 1. April 2009 sowie den Operationsbericht vom 12. Mai 2009 hingewiesen und das Vorliegen einer medizinischen Indikation für die stationäre Behandlung behauptet und rügt mit Schriftsatz vom 23. April 2012 ergänzend, dass sich der MDK €mit den vorliegenden Unterlagen€ nicht einmal zutreffend befasst hat. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sind daher die Behandlungsunterlagen unter Einschluss der von der Klägerin angeführten Unterlagen erforderlich.

d) Für das Gericht bestand im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) keine Möglichkeit, den Sachverhalt medizinisch weiter aufzuklären, etwa durch die Beiziehung bzw. durch die Verwertung der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. April 2013 übersandten Behandlungsunterlagen, die Vernehmung der Ärzte des Krankenhauses, die Vernehmung der die stationäre Krankenhausbehandlung verordnenden Ärztin und/oder schließlich (bzw. von Anfang an) durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Berücksichtigung der Behandlungsunterlagen ist vor dem Hintergrund des sich widersprechenden Vortrags der Beteiligten jedoch zunächst geboten. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer medizinischen Indikation könnten sich aus den von der Klägerin in Bezug genommenen Unterlagen, ferner aus den Aufnahmebefunden und den Behandlungsunterlagen der einweisenden Ärztin ergeben. Ferner könnten die behandelnden Ärzte des Krankenhauses als sachverständige Zeugen Auskunft geben.

aa) Das Gericht ist nicht gehalten, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage ohne Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen bzw. ohne die Vernehmung der behandelnden Ärzte zu erheben. Unabhängig davon, ob auch insoweit die Erteilung der Schweigepflichtentbindungserklärung durch die Versicherte erforderlich wäre, könnte ein Sachverständiger nur auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen - mithin auf unvollständiger Tatsachengrundlage - mit der Begutachtung beauftragt werden. Denn Gegenstand der Begutachtung wäre die Frage, ob sich auf Grundlage der dem Sachverständigen durch das Gericht an die Hand zu gebenden medizinischen Tatsachen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 404a Abs. 3 Zivilprozessordnung) konkrete Rückschlüsse darauf ergeben, dass sich die Durchführung der Bauchdeckenplastik jenseits kosmetischer Bedürfnisse auf verobjektivierbare Erkrankungen bzw. zumindest Beschwerden gründet und sich daher als medizinisch erforderlich darstellt. Ein Sachverständiger könnte derzeit jedoch nur den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte seiner Begutachtung zu Grunde legen. Eigenständige und vollständige Erkenntnismöglichkeiten des Sachverständigen setzen hingegen die unmittelbare Kenntnis aller maßgeblichen medizinischen Anknüpfungstatsachen voraus, die sich nur aus den Behandlungsunterlagen sowie ggf. ergänzend aus den Bekundungen der behandelnden Ärzte ergeben können. Ein auf dieser unvollständigen Tatsachengrundlage erstelltes Gutachten wird sich jedoch stets dem Vorwurf einer ungenügenden Auswertung der tatsächlichen Verhältnisse ausgesetzt sehen und zur Überzeugungsbildung des Gerichts nicht entscheidend beitragen können.

bb) Die Aufklärung der medizinischen Tatsachen durch die Vernehmung der behandelnden Ärzte scheitert an der fehlenden Erteilung der Schweigepflichtentbindungserklärung durch die Versicherte. Denn ohne deren Erteilung würden diese Ärzte ihre Schweigepflicht mit den Konsequenzen des § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch verletzen. Es ist keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, die vorliegend eine Ausnahme von der ärztlichen Schweigepflicht begründet. Auch ergibt sich eine solche mit Bezug auf die behandelnden Ärzte des Krankenhauses für das gerichtliche Verfahren nicht aus § 17 Abs. 6 Allgemeine Vertragsbedingungen der Klägerin, da die Auskunftserteilung nicht nur gegenüber der Klinikumverwaltung erforderlich wäre (s. u.).

cc) Die Aufklärung der medizinischen Tatsachen durch Beiziehung der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses und/oder der die stationäre Krankenhausbehandlung verordnenden Ärztin scheitert daran, dass die Versicherte eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung nicht erteilt hat. Deren Erteilung ist jedoch zwingend erforderlich, da eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Beiziehung der behandlungsunterlagen ohne Schweigepflichtentbindungserklärung nicht besteht.

(1) Die Beiziehung der Behandlungsunterlagen durch das Gericht stellt sich der Versicherten gegenüber als Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz - GG - i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) dar (vgl. Harks, NZS, 2013, 247 249 ff.). Dieses Grundrecht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83, 1 BvR 484/83 - [juris: Rn. 149]). Ebenso liegt ein Eingriff in das Recht auf Datenschutz der Versicherten (Art. 11 Verfassung des Landes Brandenburg - LV -) vor.

Auch das Gericht steht grundrechtsverpflichtet nicht außerhalb dieses Schutzes (Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 5 Abs. 1 LV; vgl. Bieresborn, Aktuelle Probleme des Sozialdatenschutzes in systematischer Darstellung, ZFSH 2010, 199, 209) und ist gehalten, das sozialgerichtliche Verfahrensrecht grundrechtskonform anzuwenden. Die Beiziehung der Behandlungsunterlagen ohne Erteilung der Schweigepflichtentbindungserklärung bzw. ohne hinreichende Rechtsgrundlage stellte sich als Grundrechtsverstoß gegenüber der Versicherten dar.

Dieser grundrechtliche Schutz der Daten der Versicherten gilt in gleichem Umfang für alle Behandlungsunterlagen der Versicherten. Es ist insbesondere nicht so, dass den bei der Klägerin gesammelten Behandlungsunterlagen datenschutzrechtlich ein geringerer Stellenwert zukommt. Es sprechen insoweit - anders als die Klägerin meint - keine datenschutzrechtlichen Besonderheiten dafür, die Beiziehung der Behandlungsunterlagen aus dem Haus der Klägerin anders zu beurteilen als die Beiziehung von Behandlungsunterlagen aus anderen Quellen, etwa von der einweisenden Ärztin. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang sich Einzelheiten der Behandlungsunterlagen unmittelbar in der Verwaltungsakte der Beklagten wiederfinden oder sich mittelbar aus den Stellungnahmen des MDK ergeben. Zur Gewährleistung des grundrechtlichen Schutzes der Versicherten ist insoweit eine schematische Abgrenzung der Erkenntnisquellen geboten.

(2) Eine hinreichende rechtliche Grundlage für den Eingriff in die Rechte der Versicherten besteht nicht.

(a) Das Sozialgericht ist zwar berechtigt, durch den Vorsitzenden Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beizuziehen (§ 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Diese Anordnungsbefugnis stellt sich aber als formelle Kompetenznorm ohne materiell-rechtlichen Gehalt dar und sagt nichts über die Herausgabepflicht des Adressaten (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, Rn. 10 zu § 106 und Rn. 6 ff. zu § 107). Die Norm genügt nach ihrer Ausgestaltung nicht den Anforderungen, die an eine bereichsspezifische Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu stellen sind (vgl. Bundesverfassungsgericht in st. Rspr., etwa: Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u. a. - [juris] und Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 - m. w. N. [juris]). Sie schränkt das Grundrecht der Versicherten daher nicht wirksam ein. Unabhängig davon, ob die Klägerin bzw. die behandelnden Ärzte verpflichtet wären, einer ohne erteiltes Einverständnis bzw. ohne Rechtsgrundlage ausgesprochenen Anordnung des Vorsitzenden nachzukommen, darf nach Überzeugung des Gerichts Entsprechendes nur dann verfügt werden, wenn sich diese Verfügung auf eine materiell-rechtliche Übermittlungsnorm oder aber auf das Einverständnis des Versicherten stützt (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 10 zu § 106 und Rn. 6 ff. zu § 107 m. w. N.). § 106 Abs. 3 SGG ist der Aufzählung der Handlungen nach, zu denen der Vorsitzende einer Kammer des Sozialgerichts zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung befugt ist, lediglich eine Kompetenz- bzw. Anordnungsnorm im Rahmen des Prozessrechts.

Dieses Ergebnis korrespondiert mit der zumindest weit verbreiteten, wenn nicht ganz überwiegenden Vorgehensweise der erstinstanzlichen Sozialgerichte, bei Klagen von Versicherten bzw. Leistungsempfängern, bei denen es auf medizinische Sachverhalte ankommt, zunächst eine Schweigepflichtentbindungserklärung einzuholen, selbst wenn durch die Bezugnahme auf ärztliche Erkenntnisse durch den Kläger sogar von der konkludenten Erteilung des Einverständnisses ausgegangen werden könnte (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 10 zu § 106). Es entbehrt einer tragfähigen Begründung, dass in sozialgerichtlichen Verfahren, an denen Versicherte gar nicht beteiligt sind, in denen es jedoch auf deren Sozialdaten ankommt, Abweichendes gelten soll.

(b) Eine auf § 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG gestützte Anordnung gegenüber der Klägerin, die Behandlungsunterlagen zu übersenden, wäre nach Überzeugung des Gerichts rechtswidrig, da weder die Versicherte ihr Einverständnis hierzu erklärt hat, noch die Erklärung des Einverständnisses aufgrund gesetzlicher Vorschriften entbehrlich ist (vgl. bereits Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 22. Juni 2010 - S 20 KR 104/07 - [juris]).

(aa) Das für eine Beiziehung der Behandlungsunterlagen erforderliche Einverständnis der Versicherten ist jedenfalls auch nicht im Rahmen der durch die Klägerin nach eigenen Angaben üblicher Weise verwendeten Verträge nebst Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB), die im Vorfeld der stationären Aufnahme abgeschlossen werden, erklärt worden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich von der Versicherten unterzeichnet worden sind.

Insoweit kommt allein § 17 AVB in Betracht. Dieser lautet (Nummerierung der Absätze durch das Gericht):

ۤ 17 Aufzeichnungen und Daten

(1) Krankengeschichte, Untersuchungsbefunde, Röntgenaufnahmen und andere Aufzeichnungen sind Eigentum des Klinikums.

(2) Patienten oder Zahlungspflichtige haben keinen Anspruch auf Herausgabe der Aufzeichnungen. Die Aufzeichnungspflicht des behandelnden Arztes und das Recht des Benutzers oder eines von ihm Beauftragten auf Einsicht in die Aufzeichnungen bleiben unberührt.

(3) Der Patient erklärt sich damit einverstanden, dass im Rahmen des mit ihm, seinem gesetzlichen Vertreter bzw. des zu seinen Gunsten abgeschlossenen Vertrages Daten über seine Person sowie die für die Behandlung notwendigen medizinischen Daten gespeichert, geändert bzw. gelöscht werden, soweit dies zur Durchführung der Behandlung im Rahmen der Zweckbestimmung des Aufnahmevertrages zur Erfüllung der durch Rechtsvorschriften Krankenhäusern zugewiesenen öffentlichen Aufgabe oder für Zwecke der Pflegekostenabrechnung bzw. -prüfung erforderlich ist.

(4) Zur Verbesserung der diagnostischen Arbeit werden Patientendaten verschiedenen Fachdisziplinen, unter Wahrung der Vorschriften zur ärztlichen Schweigepflicht, zugänglich gemacht.

(5) Personenbezogene Daten werden in dem Umfang genutzt, wie dies zur verwaltungsmäßigen Abwicklung der Behandlung und Kostenerstattung notwendig ist.

(6) Diese Regelung ist eine Einwilligung im Sinne des Datenschutzgesetzes sowie eine Einwilligung, dass die behandelnden Ärzte insoweit gegenüber der Klinikumverwaltung nicht der Schweigepflicht unterliegen.

(7) Der Patient erklärt gegenüber dem A K U S sein Einverständnis, dass bereits vorhandene Unterlagen aus früheren Untersuchungen auch anderer Fachdisziplinen zur Behandlung herangezogen werden können. Diese Erklärung wird bei der Aufnahme in das Klinikum abgegeben.€

Die in Absatz 3 eingeräumte Befugnis der Klägerin zur Nutzung der €für die Behandlung notwendigen medizinischen Daten€ umfasst die Speicherung, Änderung und Löschung, nicht hingegen deren Übermittlung. Insoweit sind die unterschiedlichen Verarbeitungsformen des Datenschutzrechts zu trennen (vgl. § 3 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz - BDSG -). Eine wirksame Einwilligung muss sich auf die konkrete Form der jeweiligen Datenverarbeitung beziehen. Auch ist die Verwendung der Daten auf den bei ihrer Erhebung bestimmten Zweck begrenzt (vgl. Bundesverfassungsgericht, a.a.O. [juris: Rn. 156]; vgl. auch §§ 39, 14 Abs. 2 BDSG). Der Zweck, zu dem die Daten erhoben worden sind (€für Zwecke der Pflegekostenabrechnung bzw. -prüfung€) ist mit dem Zweck der Nutzung im gerichtlichen Verfahren nicht identisch.

Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich aus der in Absatz 5 eingeräumten Befugnis zur Nutzung der Daten. Denn die Nutzung ist jede Verwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt (§ 3 Abs. 5 BDSG). Ein Unterfall der Verarbeitung ist jedoch die hier maßgebliche Übermittlung (§ 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG).

Schließlich ist eine Beiziehung der Behandlungsunterlagen bzw. die Vernehmung der behandelnden Klinikärzte auch auf Grundlage von § 17 Abs. 6 AVB nicht zulässig. Die dort im ersten Halbsatz erteilte Einwilligung ist auf den Umfang begrenzt, wie er sich aus § 17 Abs. 3 und 5 AVB ergibt und vorliegend nicht einschlägig ist (s. o.). Die im zweiten Halbsatz vorgenommene Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht beschränkt sich auf das Verhältnis zur Klinikumverwaltung und gilt nicht gegenüber dem Sozialgericht.

(bb) Auch die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bieten keine Rechtsgrundlage für die Anforderung bzw. Übermittlung der Behandlungsunterlagen. Das Bundessozialgericht hat zu deren Anwendungsbereich und Reichweite mit Bezug auf die Übermittlung von Daten an externe Abrechnungsstellen ausgeführt (Urteil vom 10. Dezember 2008 - B 6 KA 37/07 R - [juris]):

€Für eine Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer wie Krankenhäuser an externe Abrechnungsstellen fehlt - von wenigen Ausnahmen abgesehen - derzeit jedoch eine gesetzliche Grundlage. Die gesetzlichen Bestimmungen erscheinen insoweit allerdings als lückenhaft. So finden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB I wie des SGB X nach zutreffender Ansicht (Didong in jurisPK-SGB V, § 294 RdNr 7; Waschull in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand März 2008, § 294 SGB V RdNr 5; Kullmann, MedR 2001, S 343; Kamps/Kiesecker, MedR 1997, S 216; Mrozynski, NZS 1996, 545, 551; Lang, aaO S 66; im Sinne einer engen Auslegung auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005, L 10 KA 29/05 = GesR 2006, 456 = MedR 2006, 616 = Breith 2006, 904; offengelassen von BSGE 59, 172, 179 = SozR 2200 § 368 Nr 9 S 37) auf Leistungserbringer keine Anwendung, da sie allein den Schutz der Sozialdaten im Verwaltungsverfahren der Sozialleistungsträger regeln (Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 1.10.2008, § 35 SGB I RdNr 4). § 35 SGB I als Grundsatzbestimmung des sozialrechtlichen Datenschutzes (Seewald, aaO, RdNr 2), welche bestimmt, dass jeder Anspruch darauf hat, dass die ihn betreffenden Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs 1 SGB X nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis), gilt allein für Sozialleistungsträger und die weiteren in § 35 Abs 1 Satz 4 SGB I aufgeführten Stellen; die Aufzählung ist enumerativ und nicht analogiefähig (Paulus in jurisPK SGB I, § 35 RdNr 21; ebenso Seewald, aaO, RdNr 15). Nichts anderes gilt für die dieses Sozialgeheimnis konkretisierenden Normen in §§ 67 bis 85 SGB X. Aber auch das SGB V enthält in den §§ 284 ff (nahezu) ausschließlich Bestimmungen, die sich mit datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten durch Krankenkassen und KÄVen befassen, hingegen (nahezu) keine Regelungen, welche die Weitergabe von Patientendaten durch Leistungserbringer zum Gegenstand haben.

Der Umstand, dass die Datenweitergabe durch Leistungserbringer nur punktuell gesetzlich normiert ist, zwingt zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass sensible personenbezogene Daten ausschließlich zwischen den Leistungserbringern und den in § 35 SGB I näher bezeichneten Institutionen - also innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Bahnen - ausgetauscht werden. Dies bestätigt zudem die Annahme, dass der Gesetzgeber insbesondere die mögliche Einschaltung externer Abrechnungsstellen durch Leistungserbringer - über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Fälle hinaus - weder beabsichtigt noch in Betracht gezogen hat.€

Das erkennende Gericht folgt diesen Ausführungen und vermag insoweit einen tragenden Unterschied zwischen der durch das Bundessozialgericht entschiedenen Streitigkeit auf dem Gebiet des Kassenarztrechts zu dem hier zu entscheidenden Abrechnungsstreit auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts datenschutzrechtlich nicht zu erkennen. Denn auch die Gerichte zählen nicht zu den in § 35 Erstes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB I) näher bezeichneten Institutionen, sind jedoch ihrerseits gehalten, die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz zu beachten und den Umständen nach Geltung zu verschaffen. Es genügt nach Überzeugung des erkennenden Gerichts insoweit nicht, dass Sozialgerichte - anders als externe Abrechnungsstellen - im System des Sozialrechts - wenn auch nicht im Sozialgesetzbuch so doch im Sozialgerichtsgesetz - mitangelegt sind. Denn die Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze lassen eine lediglich an Sinn und Zweck orientierte, das grundgesetzlich gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. das landesverfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Datenschutz einengende Auslegung des § 35 SGB I bzw. der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs nicht zu. Entsprechende Festlegungen hat der Gesetzgeber eindeutig zu treffen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 - [juris: Rn. 169]):

€Ermächtigt eine gesetzliche Regelung zu einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, so hat das Gebot der Bestimmtheit und Klarheit auch die spezifische Funktion, eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen sicherzustellen. Auf diese Weise wird das verfassungsrechtliche Gebot der Zweckbindung der erhobenen Information verstärkt (vgl. BVerfGE 118, 168 <187>; 120, 378 <408>). Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs sind dabei durch den Gesetzgeber bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. BVerfGE 100, 313 <359 f., 372>; 113, 348 <375>; 125, 260 <328>; stRspr). Bei gestuften oder in verschiedene Eingriffe gegliederten Formen des Informationsaustauschs erstreckt sich das Gebot der Normenklarheit auf jede dieser Stufen.€

Der entgegenstehenden, auf den €Schutzzweck des Datenschutzes€ eher vom Ergebnis her abstellenden Sichtweise der Klägerin vermag sich das erkennende Gericht daher nicht anzuschließen. Auch an Personen, die von Berufs wegen datenschutzverpflichtet sind, dürfen Sozialdaten nur auf Grundlage gesetzlicher Regelungen bzw. auf Grundlage des Einverständnisses des Betroffenen übermittelt werden. Es gibt insoweit keine in sich geschlossene Sphäre der Datenschutzverpflichteten, innerhalb derer eine Übermittlung von Stelle zu Stelle ohne rechtliche Grundlage zulässig ist.

(cc) Eine hinreichende Rechtsgrundlage ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Entwicklung der Krankenhäuser im Land Brandenburg (Brandenburgisches Krankenhausentwicklungsgesetz - BbgKHEG - vom 8. Juli 2009, GVBl I 2009, S. 310, in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom 18. Dezember 2012, GVBl I 2012, Nr. 44).

Insoweit kommt allenfalls § 29 in Betracht:

ۤ 29

Übermittlung von Patientendaten

Eine Übermittlung von Patientendaten an Personen oder Stellen außerhalb des Krankenhauses ist nur zulässig, soweit dies

1. zur Durchführung des Behandlungsvertrages, der weiteren Behandlung, der Nachbehandlung, der Rehabilitation oder Pflege der Patientin oder des Patienten erforderlich ist, soweit nicht die Patientin oder der Patient nach Hinweis auf die beabsichtigte Übermittlung etwas anderes bestimmt hat,

2. zur Vorbereitung und Durchführung eines mit der Behandlung in Zusammenhang stehenden gerichtlichen Verfahrens oder

3. zur Unterrichtung der Angehörigen im erforderlichen Maß notwendig ist, sofern die Patientin oder der Patient nicht widersprochen hat oder sonstige Anhaltspunkte bestehen, dass eine Übermittlung nicht angebracht ist.

Eine Übermittlung der Daten nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn die Zwecke nicht mit anonymisierten Daten erreicht werden können und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen.€

§ 27 Abs. 3 BbgKHEG lautet:

€Patientendaten sind alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse

1. bestimmter oder bestimmbarer Patientinnen oder Patienten aus dem Bereich der Krankenhäuser,

2. von deren Angehörigen und anderen Bezugspersonen und

3. sonstiger Dritter,

die dem Krankenhaus im Zusammenhang mit einer stationären, teilstationären oder ambulanten Behandlung bekannt werden.€

((1)) Das Gericht hat bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm. Gegen diese könnte sprechen, dass dem Landesgesetzgeber auf dem Gebiet des Datenschutzrechts mit Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung wegen dessen umfassender bundesgesetzlicher Ausgestaltung im Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs keine Regelungskompetenz (mehr) zusteht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 - B 6 KA 37/07 R - [juris] mit Bezug auf das Bundesdatenschutzgesetz: €Angesichts der als abschließend zu verstehenden bereichsspezifischen Regelungen ist eine entsprechende oder ergänzende Anwendung des BDSG im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches daher ausgeschlossen.€). Ferner bestehen Bedenken, ob die Übermittlung von Patientendaten an Personen oder Stellen außerhalb des Krankenhauses, die ihrerseits datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht oder in einem geringeren Umfang als das Krankenhaus unterliegen, von Verfassungs wegen ohne weitere Vorgaben überhaupt zulässig ist. Insoweit könnte der Landesgesetzgeber gehalten sein, eine Übermittlung an solche Datenempfänger von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen, die die Einhaltung des besonderen Schutzes der Patientendaten auch bei diesen Empfängern sicherstellen (vgl. in diese Richtung gehend § 35 Abs. 2 und 3 Krankenhausgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern).

((2)) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bzw. an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 113 Nr. 3 LV) bedarf es vorliegend dennoch nicht, da die §§ 29, 27 Abs. 3 BbgKHEG insoweit letztlich nicht entscheidungserheblich sind.

((a)) Das Gericht ist bereits im Ausgangspunkt davon überzeugt, dass die hier maßgebliche Übermittlung von Behandlungsunterlagen nicht auf §§ 29, 27 Abs. 3 BbgKHEG gestützt werden kann. Zwar könnten bei einer weiten Wortlautauslegung die hier entscheidungserheblichen Behandlungsunterlagen auch €Patientendaten€ im Sinne dieser Vorschriften sein. Dagegen spricht aber, dass die Behandlungsunterlagen gerade die Gesamtheit aller erhobenen medizinischen Daten sind und daher in dokumentarischer, medizinischer und persönlichkeitsrelevanter Hinsicht um ein Vielfaches über die in § 27 Abs. 3 BbgKHEG als Patientendaten definierten €Einzelangaben€ hinausgehen. Oftmals sind erst aus dem Zusammenhang der Einzelangaben medizinische Rückschlüsse bzw. Beurteilungen möglich, die ein Abbild der höchstpersönlichen Verfassung des Versicherten geben.

Es liegt jedoch am Gesetzgeber, den Anwendungsbereich einer grundrechtsbeschränkenden Norm selber genau zu definieren und bereichsspezifische Regelungen für einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinreichend bestimmt und normenklar zu gestalten (vgl. Bundesverfassungsgerichts, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügen die §§ 29, 27 Abs. 3 BbgKHEG für die hier maßgebliche Übermittlung der Behandlungsunterlagen nicht und sind insoweit keine tragfähige Rechtsgrundlage. Da ihnen jedoch ein Restanwendungsbereich in anderen Bereichen der Datenübermittlung sowie mit Bezug auf einzelne Daten verbleibt, sind diese Vorschriften insoweit einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung noch zugänglich.

((b)) Das Gericht ist ferner - die klageabweisende Entscheidung eigenständig tragend - davon überzeugt, dass der Übermittlung der Behandlungsunterlagen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Versicherten entgegensteht (§ 29 Satz 2 BbgKHEG).

((aa)) Die Versicherte hat durch die Nichterteilung der Schweigepflichtentbindungserklärung ihr Einverständnis zur Übermittlung und der sich anschließenden Nutzung ihrer Daten verweigert. Ihr stehen daher im Rahmen der Interessenabwägung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. das Grundrecht auf Datenschutz zur Seite (s. o., 1. d) cc) (1)). Die vorliegend abzuwägende Beiziehung der Behandlungsunterlagen betrifft die Gesamtheit der in ihr gesammelten Befunde, Fotos, Diagnosen sowie OP- und sonstigen Berichte. Diese werden nicht nur für das erkennende Gericht und im Rechtsmittelfall für die Rechtsmittelgerichte einsehbar, sondern auch für die mit der Vertretung der Streitigkeit betrauten Mitarbeiter der Klägerin und die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten sowie ggf. für Sachverständige, ferner wegen der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung durch die Darstellung des Sachverhalts (§ 112 Abs. 1 Satz 2 SGG) und ggf. die mündliche Urteilsbegründung - jedenfalls grundsätzlich - für jedermann.

Einen Ausschluss der Öffentlichkeit wegen vorrangiger Datenschutzbelange eines Versicherten, der nicht Zeuge ist, sieht das sozialgerichtliche Verfahren nicht vor. § 61 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 171b Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) schützt nur den €persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, Zeugen oder durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 des Strafgesetzbuches) Verletzten€. Allein die grundsätzliche Möglichkeit, § 171b Abs. 1 GVG ggf. so auszulegen, dass die Belange des durch einen Abrechnungsstreit betroffenen Versicherten den Ausschluss der Öffentlichkeit rechtfertigen (vgl. in diesem Sinn: Harks, a.a.O., S. 252), genügt nicht. Denn die Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung ist ein hohes Gut, und der regelmäßige Ausschluss der Öffentlichkeit aus Datenschutzgründen läuft Gefahr, das Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Gegenteil zu verkehren.

Diesen Schutzansprüchen der Versicherten stehen die Interessen der Klägerin auf gerichtliche Durchsetzung ihres behaupteten Vergütungsanspruchs gegen die Beklagte entgegen. Sie ist insoweit auf Grundlage des Sozialgerichtsgesetzes auf die Rechtsverfolgung vor dem Sozialgericht angewiesen. Dieser darf ihr nicht unverhältnismäßig erschwert werden (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG). Auch haben die Beteiligten einen Anspruch auf Berücksichtigung ihrer prozessualen Rechte im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens.

((bb)) Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegen die Rechte der Versicherten. Den Interessen der Beteiligten an der Durchsetzung bzw. Abwehr des im Streit befindlichen Vergütungsanspruchs stehen die durch die verfassungsrechtliche Werteordnung geschützten Rechte der Versicherten sich durchsetzend gegenüber. Denn die medizinischen Einzelheiten, wie sie für den stationären Aufenthalt maßgeblich waren, sind intim, höchstpersönlich und berühren die höchstsensiblen Verhältnisse der Versicherten. Der MDK führt aus, dass sich in den Behandlungsunterlagen Fotografien des Bereichs der Bauchdecke und der Fettschürze befinden. Die Kenntnis und Inaugenscheinnahme dieser Einzelheiten hat einen erheblichen Grundrechtseingriff zur Folge. Ferner steht der Versicherten, die an dem Abrechnungsstreit nicht beteiligt ist, im Rahmen dieses Verfahrens Rechtsschutz gegen die Beiziehung ihrer Behandlungsunterlagen nicht zur Verfügung. Sie wird von Gesetzes wegen noch nicht einmal darüber informiert.

Schließlich stellt sich der Vorrang der Rechte der Versicherten nicht als unverhältnismäßige Benachteiligung der Beteiligten dar. Denn es ist der Klägerin jedenfalls grundsätzlich möglich, im Rahmen der Krankenhausaufnahme von einem Versicherten seine Zustimmung in dem für einen möglichen späteren gerichtlichen Abrechnungsstreit erforderlichen Umfang einzuholen, wenn dieses datenschutzrechtliche Problem nicht ohnehin nur durch ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers gelöst werden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 - B 6 KA 37/07 R - [juris]).

((3)) Unabhängig davon unterfällt jedenfalls die Übermittlung der Behandlungsunterlagen der einweisenden Ärztin bereits im Ausgangspunkt nicht dem Anwendungsbereich der §§ 29, 27 BbgKHEG. Deren Beiziehung ist jedoch mit Blick darauf, dass Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen der Versicherten befundet sein könnten, die die stationäre Behandlung erforderlich gemacht haben können, ebenso erforderlich. Immerhin wurde die Erforderlichkeit der stationären Versorgung von dieser behandelnden Ärztin gerade bejaht und die stattgefundene stationäre Behandlung verordnet.

(dd) Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes ist für das spezialgesetzlich geregelte Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 - B 6 KA 37/07 R - [juris: Rn. 33 ff.]).

dd) Eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung durch (sachverständige) Auswertung der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. April 2013 übersandten Behandlungsunterlagen war nicht zulässig. Diese unterliegen einem Verwertungsverbot (vgl. bei Verletzung von § 200 Abs. 2 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuchs: Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Februar 2008 - B 2 U 8/07 R - [juris]; vgl. auch Bieresborn, Aktuelle Probleme des Sozialdatenschutzes in systematischer Darstellung, ZFSH 2010, 199, 210 f.) und waren daher ohne Einsichtnahme durch das Gericht und ohne sie zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, an die Klägerin zurückzusenden.

Dieses ergibt sich aus den durch die Verfassungen geschützten Rechtspositionen der Versicherten zu deren Wahrung und Durchsetzung. Ohne ein Verbot der Verwertung der Behandlungsunterlagen stünde es letztlich im Belieben der Klägerin, unter Umgehung der Rechte der Versicherten die Behandlungsunterlagen in das gerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. zum Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Übersendung: Bundessozialgericht, Urteil vom 13. November 2012 - B 1 KR 14/12 R - [juris: Rn. 35]). Die Versicherte stünde diesem Vorgehen schutzlos gegenüber und würde - jedenfalls in Anwendung der §§ 29, 27 Abs. 3 BbgKHEG - über die Einführung ihrer Behandlungsunterlagen in das gerichtliche Verfahren noch nicht einmal informiert werden. Die Einbeziehung der Behandlungsunterlagen in das gerichtliche Verfahren und deren Verwertung durch das Sozialgericht würden die Rechte der Versicherten erneut verletzen und den rechtswidrigen Zustand perpetuieren. Das Sozialgericht ist jedoch gehalten, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen.

Die Annahme eines Verwertungsverbots und die damit einhergehende Rücksendung der Behandlungsunterlagen an die Klägerin erweist sich als verhältnismäßig. Denn ein gleich wirksamer Schutz der Rechte der Versicherten, der den Beteiligten gegenüber aber weniger einschneidend ist, ist nicht möglich. Die Erkennbarkeit der Einzelheiten der Erkrankungen und Behandlungen der Versicherten für Dritte ergibt sich aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit des sozialgerichtlichen Verfahrens und ist daher systemimmanent (s. o.). Die Einbeziehung der Unterlagen in das gerichtliche Verfahren und deren Verwertung unter Fortführung des zunächst bestehenden Datenschutzes ist durch das Sozialgerichtsgesetz nicht vorgesehen (vgl. die Abwägung anderer Rechtsgüter in den Blick nehmend z. B. § 99 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der Versicherten mit denen der Beteiligten überwiegen die Rechtsgüter der Versicherten wegen des besonderen Stellenwertes und der jedenfalls grundsätzlichen Möglichkeit der Klägerin, im Rahmen der Krankenhausaufnahme von einem Versicherten seine Zustimmung in dem für einen möglichen späteren gerichtlichen Abrechnungsstreit erforderlichen Umfang einzuholen (s. o.), während die Beklagte ohnehin nicht beweisbelastet ist (s. o.).

Der unter dem 19. Juni 2012 gestellte Antrag der Beklagten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen hat sich daher erledigt bzw. ihm konnte mangels rechtlicher Verfügungsbefugnis des Gerichts nicht nachgekommen werden. Da die Behandlungsunterlagen nicht Gegenstand des Verfahrens geworden sind, ist die Beklagte weder in ihrem Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG), noch in ihrem Recht auf Akteneinsicht (§ 120 SGG), noch in ihrem Recht auf prozessuale Gleichbehandlung bzw. auf ein faires Verfahren vor Gericht auch nur im Ansatz berührt.

e) Falls und soweit das Urteil des Bundessozialgerichts auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung vom 12. Januar 2010 - B 2 U 28/08 R - [juris: Rn. 32] und/oder das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15. November 2007 - B 3 KR 13/07 R - [juris: Rn. 19] und/oder das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. April 2014 - L 4 KR 3980/12 - dieser Entscheidung entgegenstehen, schließt sich das erkennende Gericht diesen Entscheidungen aus den dargelegten Gründen nicht an.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Weder die Klägerin noch die Beklagte sind in der Eigenschaft als Versicherter oder Leistungsempfänger am Verfahren beteiligt und damit nicht gemäß § 183 SGG kostenmäßig privilegiert.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen (§§ 161 Abs. 2, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).






SG Neuruppin:
Urteil v. 03.07.2014
Az: S 20 KR 329/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a336430f1534/SG-Neuruppin_Urteil_vom_3-Juli-2014_Az_S-20-KR-329-11




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