Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2003
Aktenzeichen: 23 W (pat) 310/03

(BPatG: Beschluss v. 23.10.2003, Az.: 23 W (pat) 310/03)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten: aufrechterhalten:

Patentanspruch 1 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten und hilfsweise eingeschränkten Fassung, Ansprüche 2 bis 14, Beschreibung und Zeichnung, Figuren 1 bis 4 in der erteilten Fassung.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf die am 9. April 1998 eingereichte Patentanmeldung das am 31. Oktober 2002 veröffentlichte Patent 198 16 170 mit der Bezeichnung "Steuerungsmodul" (Streitpatent) erteilt. Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 14. Januar 2003 Einspruch erhoben und beantragt, das Patent zu widerrufen. Zur Begründung ist im Einspruchsschriftsatz ausgeführt, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 im Hinblick auf den aus der Entgegenhaltung - deutsche Offenlegungsschrift 40 05 086 [= D2]

bekannten Stand der Technik nicht neu sei, im Hinblick auf diese Druckschrift sowie die - deutsche Offenlegungsschrift 39 37 190 [= D1]

zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Auch durch die - deutsche Offenlegungsschrift 196 16 551 [= D3]

würde die erfinderische Tätigkeit des Streitpatentgegenstandes gemäß Patentanspruch 1 in Frage gestellt. Die Einsprechende hat ferner geltend gemacht, dass auch die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 8 sowie 11 und 12 aus den Druckschriften D1, D2 und D3 bekannt seien; die Merkmale der Unteransprüche 9, 10, 13 und 14 seien dem Fachmann nahegelegt.

Im Prüfungsverfahren sind außerdem noch die Entgegenhaltungen - europäische Offenlegungsschrift 0 661 915

- deutsche Patentschrift 44 12 270

- deutsche Offenlegungsschrift 34 38 422

- deutsches Gebrauchsmuster 297 13 960 und - deutsche Offenlegungsschrift 196 10 559 in Betracht gezogen worden.

Darüber hinaus hat die Patentinhaberin in der Beschreibungseinleitung noch auf die beiden Druckschriften - deutsches Gebrauchsmuster 297 16 575 und - europäische Patentschrift 0 323 579 verwiesen.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents einen neuen Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag vorgelegt und die Auffassung vertreten, dass weder der Gegenstand des neugefassten Anspruchs 1 nach Hauptantrag noch der des neugefassten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag durch den nachgewiesenen Stand der Technik patenthindernd getroffen sei.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung, Ansprüche 2 bis 14, Beschreibung und Zeichnung, Figuren 1 bis 4 in der erteilten Fassung, hilfsweise das Patent mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass in Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vor das Wort "Öffnungen" die Wörter "steckerfreie, geöffnete" stehen.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Steuerungsmodul mit einer elektronischen Schaltung (1), insbesondere umfassend Mikroprozessor, Speicher und Logikbausteinen, mit einem Gehäuse (10), umfassendein Gehäuseunterteil (20);

ein Gehäuseoberteil (30), das dicht und fest, also in hoher Schutzart, mit dem Gehäuseunterteil (20) verbindbar ist;

eine Übergabe-Steckereinrichtung (40), deren 1. Steckerteil (41) derart im Gehäuseoberteil (30) fest montiert ist, dass es beim Aufsetzen des Gehäuseoberteils (30) auf das Gehäuseunterteil (20) mit einem 2., im Gehäuseunterteil (20) fest montierten Steckerteil (42) der Übergabe-Steckereinrichtung (40) in Kontaktverbindung gebracht wird;

wobei im Gehäuseunterteil (20) eine oder mehrere Verbindungseinrichtungen (43) oder Anschlusseinrichtungen wie Klemmleiste oder dergleichen zum Verbinden einer Verkabelung (44) mit dem 2. Steckerteil (42) und im Gehäuseoberteil (30) die elektronische Schaltung (1) montiert sind, wobei das Gehäuseunterteil (20) derart plan an mindestens einer Seitenfläche (21) ausgestaltet und zur Aufnahme (25) einer Dichtung geformt ist, dass mindestens ein weiteres Gehäuse (10) in hoher Schutzart und in elektrischer Verbindung der Gehäuse (10,10') miteinander anschließbar ist, wobei dann zwischen den Gehäusen (10,10') die Dichtungen rings um Öffnungen (23,23') jeweils zwei nebeneinanderliegende Gehäuse (10,10') dicht miteinander verbinden."

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom demjenigen gemäß Hauptantrag lediglich im letzten Merkmalskomplex, der folgenden Wortlaut hat:

"wobei dann zwischen den Gehäusen (10,10') die Dichtungen rings um steckerfreie, geöffnete Öffnungen (23,23') jeweils zwei nebeneinanderliegende Gehäuse (10,10') dicht miteinander verbinden."

Hinsichtlich der geltenden, erteilten Unteransprüche 2 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift und hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Die Zuständigkeit des (technischen) Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn -- wie im vorliegenden Fall -- die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Januar 2005 eingelegt worden ist. Der Einspruch ist jedoch nur insoweit begründet, als er nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag führt.

1.) Gegen die Zulässigkeit des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag bestehen keine Bedenken, da diese ihre inhaltliche Stütze sowohl in der Streitpatentschrift als auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen finden. So umfasst der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und die zur beanspruchten Erfindung gehörenden Merkmale der Beschreibung des Ausführungsbeispiels gemäß Figur 1 in Spalte 5, Zeilen 9 bis 17 der Streitpatentschrift (vgl hierzu BGH GRUR 1991, 307 Ls, 308 liSp vorle Abs - "Bodenwalze"). Die ursprüngliche Offenbarung ist durch die ursprünglichen Ansprüche 1 und 5 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung Seite 7, Zeile 36 bis Seite 8, Zeile 6 zur Figur 1 gedeckt.

Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist das letzte Merkmal dahingehend eingeschränkt worden, dass die besagten Öffnungen (23,23') steckerfrei und geöffnet sind. Auch dieses Merkmal ergibt sich für den Fachmann unmittelbar aus der Figur 1 sowie der die Figur 4 erläuternden Beschreibung, in welcher ausgeführt ist, dass die in den Gehäusen befindlichen Steuerungen direkt über eine Kabelverbindung durch die Öffnungen (23,23') in den Seitenwänden (21) verbunden werden können (vgl die ursprüngliche Beschreibung Seite 9, letzter Absatz bis Seite 10, 1. Absatz bzw Absatz [0044] der Streitpatentschrift).

Die Zulässigkeit der Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag ist im übrigen von der Einsprechenden nicht in Frage gestellt worden.

2.) Das Streitpatent betrifft einen Steuerungsmodul mit einer elektronischen Schaltung und einem Gehäuse (Streitpatentschrift Absatz [0001]). Derartige Steuerungsmodule werden in modernen Fertigungseinrichtungen mit elektronischer Steuerungstechnik verwendet, wo sie als sog. Feldbus-Systeme der Übertragung von Informationen vom Zentralrechner-System an einzelne Feldgeräte dienen, die beispielsweise durch Sensoren, Aktoren oder Antriebe realisiert sein können (Absatz [0002]).

Nach den Angaben in der Streitpatentschrift (Absatz [0008]) ist ein Steuerungsmodul der in Rede stehenden Art in der eingangs genannten Druckschrift D3 beschrieben (vgl insbesondere die Figuren 1, 2 und 4 mit zugehöriger Beschreibung Spalte 2, Zeile 23 bis Spalte 4, Zeile 20 und Spalte 4, Zeile 29 bis 43). Das bekannte Steuerungsmodul verfügt ebenso wie das im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Modul über eine (nicht bezeichnete) elektronische Schaltung sowie ein Gehäuse, welches ein Gehäuseunterteil (Basismodulunterteil BMU) und ein Gehäuseoberteil (Basismoduloberteil BMO) umfasst, das zweifelsohne dicht und fest, also in hoher Schutzart -- nämlich in der Schutzart IP65 gemäß DIN IEC 529 (vgl Spalte 2, Zeile 46 bis 56) -- mit dem Gehäuseunterteil (BMU) verbindbar ist. Darüber hinaus ist offensichtlich auch bei diesem Stand der Technik eine Übergabe-Steckereinrichtung vorgesehen, deren erstes, in Form sog. TIMER-Kontakte ausgebildetes Steckerteil zusammen mit der auf einer Leiterplatte (LP) angeordneten elektronischen Schaltung derart im Gehäuseoberteil (BMO) fest montiert ist, dass es beim Aufsetzen des Gehäuseoberteils (BMO) auf das Gehäuseunterteil (BMU) mit einem zweiten, im Gehäuseunterteil (BMU) fest montierten Steckerteil (interne Messerkontaktleiste IML) der Übergabesteckereinrichtung in Verbindung gebracht wird (Spalte 5, Zeile 59 bis Spalte 6, Zeile 9). Unbestritten verfügt auch das Gehäuseunterteil (BMU) des bekannten Steuerungsmoduls über eine -- in Figur 4 im Gehäuseunterteil (BMU) angedeutete - Anschlusseinrichtung zum Verbinden einer an die Anschlusskontakte (AS1, AS2, AS3) herangeführten Verkabelung mit dem zweiten Steckerteil (IML). Schließlich ist beim Stand der Technik nach der D3 vorgesehen, das Gehäuseunterteil (BMU) derart plan an mindestens einer (horizontal verlaufenden) Begrenzungsfläche auszugestalten und mittels einer umlaufenden Nut (N) zur Aufnahme einer Dichtung zu formen, dass mindestens ein weiteres Gehäuse (Erweiterungsmodulunterteil EMU, Erweiterungsmoduloberteil EMO) in hoher Schutzart und in elektrischer Verbindung der Gehäuse (BMU, BMO; EMU, EMO) anschließbar ist. Die elektrische Verbindung zwischen den Gehäusen wird durch die vertikal nach oben gerichteten Steckkontakte einer externen Messerkontaktleiste (EML) bewirkt, die aus Öffnungen des Basismodulunterteils (BMU) heraus- und in entsprechende Öffnungen des Erweiterungsmodulunterteils (EMU) hineinragen.

Dem Streitpatent liegt das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, eine derartige Steuerungsbaugruppe dahingehend auszubilden, dass ihre Benutzbarkeit, insbesondere die Installation, die Einsatzmöglichkeit und Wartungsfreundlichkeit im Feld verbessert werden und der Aufwand für Verkabelungen, insbesondere die Länge der Verkabelungen reduziert werden (Streitpatentschrift Absatz [0013]).

Gelöst wird diese Aufgabe insbesondere durch die im vorletzten Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag gelehrte Maßnahme, das Gehäuseunterteil (20) an mindestens einer Seitenfläche (21) plan auszugestalten und zur Aufnahme (25) einer Dichtung zu formen, sowie durch das letzte Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, wonach zwischen den Gehäusen (10,10') die Dichtungen rings um Öffnungen (23,23') jeweils zwei nebeneinander liegende Gehäuse (10,10') dicht miteinander verbinden.

Gemäß Hilfsantrag wird die durch dieses letzte Merkmal vermittelte Lehre dahingehend weiter konkretisiert, dass die besagten Öffnungen (23,23') steckerfrei und geöffnet sein sollen.

3.) Das im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Steuerungsmodul ist gegenüber dem aus der Druckschrift D3 bekannten Stand der Technik nicht neu.

Wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung zutreffend festgestellt hat, zeigen zwar die in sämtlichen Figuren dieser Entgegenhaltung dargestellten Ausführungsbeispiele -- im Gegensatz zum beanspruchten Gegenstand -- ausschließlich Steuerungsmodule, bei welchen die einzelnen Gehäuse ein anreihfähiges Profil (Stufenprofil) bilden, indem nämlich beispielsweise das erste Gehäuseunterteil (BMU) an seiner horizontalen, das Gehäuseoberteil (BMO) überragenden Begrenzungsfläche plan ausgestaltet und vermöge einer Nut (N) zur Aufnahme einer Dichtung geformt ist, während das daran dicht anschließende zweite Gehäuseunterteil (EMU) den vorstehenden Abschnitt des ersten Gehäuseunterteils (BMU) mittels einer Gehäuseabstufung übergreift. Jedoch lehrt die Druckschrift D3 unter Hinweis auf ein zeichnerisch nicht dargestelltes Ausführungsbeispiel, dass - anstelle des anreihfähigen Profils -- auch ein formschlüssiges Anreihen der einzelnen Modul-Gehäuse möglich ist (Spalte 1, Zeile 60 bis 63 und Spalte 6, Zeile 28 bis 48).

Der hier zuständige Durchschnittsfachmann ist ein mit der Herstellung und Entwicklung von Steuerungsmodulen befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik. Dieser Fachmann entnimmt den beiden vorstehend zitierten Textstellen ohne weiteres, dass der elektrische Kontakt zwischen den zu verbindenden Gehäusen auch über eine externe Messerkontaktleiste (EML) bewerkstelligt werden kann, deren Steckkontakte -- im Gegensatz zu den in den Figuren der Druckschrift D3 dargestellten Ausführungsbeispielen -- aus Öffnungen einer Seitenfläche der Gehäuseunterteile (BMU, EMU) ragen. Dass auch bei dieser alternativen Ausführungsform auf die plane Ausgestaltung der für die Aneinanderreihung benutzten Seitenflächen der Gehäuseunterteile nicht verzichtet werden sollte, versteht sich für den Fachmann hierbei von selbst. Denn nach wie vor müssen die Gehäuseunterteile im Hinblick auf die angestrebte hohe Schutzart dicht miteinander verbunden werden. Dies lässt sich -- ebenso wie bei dem in der Figur 2 der D3 gezeigten Ausführungsbeispiel -- zweckmäßigerweise mittels einer in einer ebenen Nut umlaufenden O-Ring-Dichtung bewerkstelligen, welche somit entsprechend dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag rings um Öffnungen jeweils zwei nebeneinanderliegende Gehäuse dicht miteinander verbindet. Soweit also beim Stand der Technik nach der D3 Formschlusselemente zur formschlüssigen Aneinanderreihung der Module vorgesehen sind, sind diese nach dem Verständnis des Fachmanns außerhalb der Dichtungsflächen anzubringen, so dass sie deren plane Ausgestaltung jedenfalls nicht beeinträchtigen.

4.) Dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag stehen jedoch Schutzhindernisse nicht entgegen. Denn das hilfsweise beanspruchte -- zweifelsohne gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) -- Steuerungsmodul ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu (§ 3 PatG) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des vorstehend definierten Durchschnittsfachmanns.

a) Die Entgegenhaltung D3 nimmt den beanspruchten Gegenstand gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag nicht vorweg, da bei diesem Stand der Technik die Öffnungen, über welche die Gehäuseunterteile (BMU, EMU) elektrisch miteinander verbunden werden, offensichtlich nicht steckerfrei und geöffnet sind, sondern vielmehr, wie bereits erwähnt, von Steckern, nämlich den Steckkontakten der externen Messerkontaktleisten (EML), bündig durchsetzt werden.

Die eine Anschlusseinheit für die Hausleittechnik betreffende Druckschrift D2 offenbart zwar einen Steuerungsmodul, dessen Gehäuseunterteil (Basisteil 10) an mindestens einer Seitenfläche (stirnseitige Seitenwand 13) plan ausgestaltet ist und dort steckerfreie, geöffnete Öffnungen (Kabeldurchtrittsöffnungen 14) aufweist (Figuren 1, 4 und 7 mit zugehöriger Beschreibung Spalte 2, Zeile 48 bis Spalte 3, letzter Absatz sowie Spalte 4, Zeile 31 bis 48). Jedoch ist bei diesem Stand der Technik nicht vorgesehen, jeweils zwei nebeneinanderliegende Gehäuse dicht miteinander zu verbinden, so dass die mindestens eine Seitenfläche (13) dementsprechend auch nicht zur Aufnahme einer Dichtung ausgeformt ist, wie dies insoweit der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lehrt. Vielmehr weisen die steckerfreien, geöffneten Öffnungen (14) Schraubgewinde zum Einsetzen abdichtender (nicht dargestellter) Schraubstopfen auf, die einen feuchtigkeitsdichten Durchtritt von Datenkabeln (33,34) ermöglichen (Spalte 2, Zeilen 51 bis 56).

Die von der Einsprechenden noch in Betracht gezogene, ein Gehäuse für eine elektronische Schaltung betreffende Druckschrift D1 vermag den Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ebenfalls nicht vorwegzunehmen, weil auch bei diesem Stand der Technik nicht vorgesehen ist, zwei nebeneinanderliegende Gehäuse dicht miteinander zu verbinden. Insofern ist das Gehäuseunterteil (zweites Gehäuseteil 5) im Bereich der für den elektrischen Anschluss vorgesehenen Seitenfläche (Seitenwand 25) auch nicht plan ausgestaltet und zur Aufnahme einer Dichtung geformt. Statt dessen weist das Gehäuseunterteil (5) in diesem Bereich eine von einer vorstehenden Zugentlastung (Unterteil 28, Druckstück 29) gebildete Kabeleinführung (26) für Informations- und Versorgungsleitungen (27) auf (vgl die Figur 1 und die Beschreibung Spalte 3, Zeile 48 bis Spalte 4, Zeile 59).

Auch die übrigen, eingangs genannten Druckschriften nehmen den im Anspruch 1 nach Hilfsantrag beanspruchten Gegenstand nicht vorweg.

b) Die Entgegenhaltung D3 vermag dem hier zuständigen Durchschnittsfachmann den im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag angegebenen Gegenstand weder für sich, noch in einer Zusammenschau mit dem übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahezulegen.

Denn in der D3 findet sich kein Hinweis darauf, dass es von Vorteil sein könnte, anstelle der von den Steckkontakten der externen Messerkontaktleiste (EML) bündig durchsetzten Öffnungen in den Gehäuseunterteilen (BMU, EMU) steckerfreie, geöffnete Öffnungen vorzusehen, wie dies insoweit der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lehrt. Vielmehr wird bei diesem Stand der Technik der Nachteil in Kauf genommen, dass die besagten Steckkontakte am jeweiligen Gehäuseunterteil (BMU, EMU) stets vorhanden sind, was zur Folge hat, dass es -- falls eine formschlüssige Anreihung eines Moduls oder weiterer Module nicht vorgesehen ist -- eines die Steckkontakte abdeckenden speziellen Endstücks (ES) bedarf, durch das ein Berührungsschutz sowie die für die hohe Schutzart geforderte Abdichtung erreicht werden (vgl die Figuren 1 und 2 und die Beschreibung Spalte 4, 2. Absatz).

Eine Anregung, die von Steckern durchsetzten Öffnungen des aus der Entgegenhaltung D3 bekannten Steuerungsmoduls durch steckerfreie, geöffnete Öffnungen zu ersetzen, um sodann mittels einer Dichtung rings um diese Öffnungen zwei nebeneinanderliegende Gehäuse dicht miteinander zu verbinden, vermag auch die D2 dem zuständigen Fachmann nicht zu geben, da bei diesem Stand der Technik -- wie im Rahmen der Neuheitsdiskussion bereits erörtert worden ist -- eine Verbindung der Module, sofern überhaupt vorgesehen, durch Kabel erfolgt, die mit Hilfe abdichtender Schraubstopfen in das jeweilige Gehäuseunterteil geführt sind. Entsprechendes gilt auch für die Entgegenhaltung D1, welche -- wie dargelegt -- lehrt, elektrische Anschlusskabel mittels einer Zugentlastung dicht mit dem Gehäuseunterteil eines Steuerungsmoduls zu verbinden.

Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D3 hätte der Fachmann - ohne Kenntnis der Erfindung -- der Entgegenhaltung D2 bzw der Entgegenhaltung D1 somit allenfalls die Lehre entnommen, einzelne Module beabstandet voneinander anzuordnen und ihre elektrische Verbindung über dicht in das jeweilige Gehäuseunterteil geführte Kabel zu bewerkstelligen, um auf diese Weise die geforderte hohe Schutzart zu gewährleisten.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist ferner zu berücksichtigen, dass -- wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt -- die Druckschriften D3 sowie D2 bzw D1 hinsichtlich der Verbindung der Steuerungsmodule zwei unterschiedliche, mit Nachteilen behaftete Entwicklungsrichtungen aufzeigen. Es ist demgegenüber als Verdienst der Patentinhaberin anzusehen, diese Nachteile erkannt und die beiden eingefahrenen Wege zur Verbindung von Steuerungsmodulen in hoher Schutzart verlassen zu haben, indem sie einerseits -- im Gegensatz zur Lehre der D3 -- steckerfreie, geöffnete Öffnungen zwischen den Modulen vorsieht, und indem sie andererseits -- im Gegensatz zur Lehre der D2 bzw der D1 - jeweils zwei Module unmittelbar nebeneinander anordnet und mittels Dichtungen rings um diese Öffnungen dicht miteinander verbindet (vgl hierzu BGH GRUR 1999, 145, Ls2, 148 - "Stoßwellen-Lithotripter"; BGH GRUR 1985, 369, 370, III. - "Körperstativ"). Die steckerfreien, geöffneten Öffnungen zwischen den Steuerungsmodulen können -- wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat -- relativ klein gehalten und für die Abdichtung mittels herkömmlicher O-Ring-Dichtungen vorzugsweise rund ausgebildet sein. Sie erlauben die Durchführung konventioneller mehradriger Kabel, wobei sich nicht nur unmittelbar benachbarte Module elektrisch miteinander verbinden lassen, sondern beispielsweise auch solche, die durch dazwischenliegende Module voneinander beabstandet sind.

Die übrigen im Verfahren befindlichen og Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag noch weiter entfernt. Sie haben in der mündlichen Verhandlung im übrigen keine Rolle gespielt.

Das Steuerungsmodul nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist somit patentfähig.

5.) Die erteilten Unteransprüche 2 bis 14 sind nunmehr auf den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag rückbezogen. Sie betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsarten seines Gegenstandes und werden von dessen Patentfähigkeit mitgetragen.

6.) Die geltende Beschreibung gemäß der Streitpatentschrift erfüllt die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Wiedergabe des Standes der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, und in Verbindung mit der Zeichnung hinsichtlich der Erläuterung des beanspruchten Steuerungsmoduls.

Dr. Meinel Knoll Lokys Dr. Häußler Pü






BPatG:
Beschluss v. 23.10.2003
Az: 23 W (pat) 310/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a3118b758259/BPatG_Beschluss_vom_23-Oktober-2003_Az_23-W-pat-310-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share