Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 22/00

(BPatG: Beschluss v. 20.06.2001, Az.: 29 W (pat) 22/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke

"Smart Shop"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"elektrische, elektronische, optische, Messe-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (so weit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 7. Oktober 1999 in vollem Umfang zurückgewiesen. Der angemeldeten Marke fehle für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Zwar sei das Wort nicht nachweisbar. Die angemeldete Marke bestehe aus dem englischsprachigen Begriffen "Smart" und "Shop" (= intelligentes Geschäft), die jeweils für sich gesehen schutzunfähig seien und auch keinen schutzfähigen Gesamtbegriff darstellten. Die angemeldete Wortzusammensetzung stelle lediglich einen in der Fach- und Werbesprache gebräuchlichen Ausdruck für kundenorientierte bzw preisgünstige Einkaufsmöglichkeiten dar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Wortmarke sei unterscheidungskräftig, weil es keine konkreten Anhaltspunkte für die Schutzunfähigkeit in Bezug auf die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen gebe. Nach Rechtsprechung und Lehre sei es kaum noch möglich, Wortmarken wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückzuweisen. Der vorliegenden Kennzeichnung könne weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden noch handele es sich um einen gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache. Es bestehe kein direkter oder übertragener Zusammenhang zwischen der angemeldeten Wortkombination und den angemeldeten Waren und Dienstleistungen insbesondere werde ein guter und Gewinn bringender Geschäftsabschluss nicht mit "Smart Shop" bezeichnet werden. Auch ein Freihaltungsbedürfnis sei nicht gegeben, weil die nicht nachweisbare angemeldete Wortzusammenstellung keinen hinreichend klaren und konkreten beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen aufweise.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf das Ergebnis einer Internet-Recherche des Senats, Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen, weil für einige der Waren und Dienstleistungen ein Freihaltungsbedürfnis besteht und der Marke jedenfalls für sämtliche Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).

1. Die angemeldete Marke stellt eine Wortfolge dar, die als beschreibende Angabe für einige der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann, von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen als rein beschreibende Angabe verstanden und vom inländischen Verkehr benötigt wird (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Wie die Internetrecherche des Senats zu der Wortfolge "Smart Shop", die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, ergeben hat, handelt es sich bei "Smart Shop" zwar auch um die Bezeichnung für ein bestimmtes Programm der Anmelderin. Diese Zusammensetzung aus den auch in Deutschland gebräuchlichen englischen Wörtern "smart" (= chic, flott, clever, gewitzt, im technischen Bereich heute auch für technische und elektronische Verknüpfung und Integration; Loskant, Das neue Trendwörterlexikon, 1998, Stichwort "Smart ..., "oder für gerätetechnische Intelligenz vgl zB BGH GRUR 1990, 517 "Smartware"; BPatG 30 W (pat) 187, 98 mwN veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM) und "shop" (= Geschäft, Laden) wird jedoch häufig für virtuelle Verkaufsstätten und Verkaufsmethoden im Internet von verschiedensten Anbietern sowohl auf deutschsprachigen Websites als auch international verwendet (vgl etwa Website http://shop.iscenter.de/smart_shop.htm "Der Smart-Shop"; Google-Recherche vom 27.4.2001 "The Smart Shop Shopping Card System", "A Smart Shop", "Sjamaan Smart Shop", "Indiainfo Smart Shop", "Rate A Smart Shop" usw). Auch gibt es den Begriff "Smart Shopping", der sogar als Rubrik bei Suchmaschinen (etwa Lycos) auftaucht und eine bestimmte Art des elektronischen (Online) Vertriebs bezeichnet (vgl Website http://www.fah.unisg.ch/org/fah/fah_web.nsf/ 756ce9fccc81efe4c12568460026a "Alternative Vertriebswege - Factory Outlet Center ...., Smart Shopping) . Es liegt nahe, dass "Smart Shopping" in oder durch "Smart Shops" stattfindet (vgl auch Loskant, Das neue Trendwörterlexikon, 1998, Stichworte "Smart ..., Smart Shopper"). Der Verkehr wird aus allen diesen Gründen ohne weiteres die angemeldete Wortzusammenstellung im Sinne der Bezeichnung für eine Vertriebsart im Internet, nämlich eine virtuelle Vertriebsstätte, einen virtuellen Verkaufsbetrieb, einen virtuellen Laden, ein virtuelles Geschäft, ansehen (vgl zur Bedeutung solcher Vertriebsformen 29 W (pat) 261/00 "onlineDruckBörse"; 29 W (pat) 210/99 "ONLINE - KIOSK"). Die og Bedeutung drängt sich besonders in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Bei diesen handelt sich um Geräte, um Software und hauptsächlich um Dienstleistungen, die den Betrieb oder die Errichtungen einer virtuellen Verkaufsstätte zum Gegenstand haben können oder deren verkehrswesentliche Eigenschaft der Vertrieb über einen virtuellen Verkaufsbetrieb ist. So können etwa Programme zur Erstellung von "Smart Shops" auf den beanspruchten Datenträgern enthalten oder Gegenstand der angebotenen Dienstleistungen wie Erstellen von Programmen sein. Typisch für den Betrieb eines Online-Shop ist auch das Sammeln und Bereitstellen von Daten - sei es von Daten über das Angebot dieses Shops oder seien es Kunden- und Bestelldaten, die für den Betrieb des Shops (Überweisungen, Versandadressen) oder auch für die kundenorientierte Gestaltung des Sortiments unerlässlich sind (vgl dazu etwa auch das Angebot auf der Website http://shop.iscenter.de/smart_shop.htm "Der Smart-Shop"). Indessen liegen solche konkret beschreibenden Zusammenhänge für verschiedene multifunktionale Waren, wie "elektrische, elektronische, optische, Messe-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (so weit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer" oder für Dienstleistungen, die solche multifunktionalen Geräte oder Einrichtungen betreffen, wie "Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation" nicht ganz so nahe, so dass man daran zweifeln kann, ob noch eine unmittelbare Beschreibung für diese beanspruchten Waren und Dienstleistungen vorliegt und insofern ein ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis jedenfalls zweifelhaft ist. Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben.

2. Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls für sämtliche Waren und Dienstleistungen des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"; WRP 2000, 741 "LOGO"; BGH WRP 2001, 35 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"). Dies ist hier der Fall. Die angemeldete Wortkombination eignet sich als Hinweis auf die Beschaffenheit oder Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die angemeldete Marke nimmt damit auf eine konkrete vorteilhafte Eigenschaft aller zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Marke in werbeüblicher, leicht verständlicher Form Bezug und wirkt wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für sämtliche dieser beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als Sachhinweis, nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb. Dies gilt auch für die Waren und Dienstleistungen, die nicht unmittelbar und konkret beschrieben werden, weil zu diesen Waren und Dienstleistungen jedenfalls ein enger sachlicher Bezug besteht. So gehört das Erstellen, Betreiben, Überwachen, Abrufen und Vorhalten von virtuellen Verkaufsstätten zu dem typischen Verwendungszweck elektronischer Geräte und Einrichtungen. Ebenso sind die angemeldeten Dienstleistungen sämtlich für das Erstellen und Betreiben eines virtuellen Shops unerlässlich.

3. Diesem Ergebnis kann nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt entgegengehalten werden. Zum einen handelt es sich bei der Marke - anders als bei den zitierten Entscheidungen - um eine für die entscheidungserheblichen Waren und Dienstleistungen klare, unmissverständliche Sachangabe, die keine noch so geringe Unterscheidungskraft besitzt. Solche Marken aber sind auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und des HABM schutzunfähig, wie etwa auch die deutsche Markenanmeldung "Smart Shopper" (vgl BPatG 30 W (pat) 187, 98, veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, Version 5.3). Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand von Entscheidungen über Drittzeichen, sondern jeweils im Einzelfall zu beurteilen (vgl zur Problematik von Paralleleintragungen BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").

Baumgärtner Pagenberg Guth Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.06.2001
Az: 29 W (pat) 22/00


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