Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2005
Aktenzeichen: 15 W (pat) 63/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2005, Az.: 15 W (pat) 63/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 22. August 1997 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 197 36 535 mit der Bezeichnung

"Basislackzusammensetzung sowie Verfahren zur Herstellung von mehrschichtigen Überzügen"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 28. Januar 1999.

Nach Prüfung des erhobenen Einspruchs wurde das Patent mit Beschluss der Patentabteilung 43 vom 14. Oktober 2003 widerrufen. Dem Beschluss lagen die Patentansprüche 1 bis 6 der DE 197 36 535 C1 zugrunde. Die zueinander in Nebenordnung stehenden Patentansprüche 1 und 5 haben folgenden Wortlaut:

"1. Basislackzusammensetzung enthaltend als Bindemittelbestandteile

(i) eine an sich bekannte Acrylatdispersion mit einem Gehalt von 30 bis 60 Gew.-% C1-C8-Alkyl(meth)acrylathaltigen Monomeren, 30 bis 60 Gew.-% vinylaromatischen Monomeren und 0,5 bis 10 Gew.-% (Meth)acrylsäure im Polymerisat, sowie

(ii) eine Dispersion eines Polymeren, das in an sich bekannter Weise erhältlich ist, indem in einer wässrigen Dispersion eines Polyurethanharzes, das ein zahlenmittleres Molekulargewicht Mn von 1000 bis 30.000 Dalton aufweist und im statistischen Mittel pro Molekül 0,05 bis 1,1 polymerisierbare Doppelbindungen enthält, ein ethylenisch ungesättigtes Monomer oder ein Gemisch aus ethylenisch ungesättigten Monomeren in Gegenwart eines wasserunlöslichen Initiators oder eines Gemischs aus wasserunlöslichen Initiatoren radikalisch polymerisiert wird, wobei das Gewichtsverhältnis zwischen dem Polyurethanharz und dem ethylenisch ungesättigten Monomeren bzw. dem Gemisch aus ethylenisch ungesättigten Monomeren zwischen 1:10 und 10:1 liegt, und

(iii) ein Rheologiehilfsmittel, das ein synthetisches Polymer mit ionischen und/oder assoziativ wirkenden Gruppen enthält, wobei der Anteil der Komponente (i) zwischen 10 und 80 Gew.-% und der Anteil der Komponente (ii) zwischen 20 und 90 Gew.-%, jeweils bezogen auf die Summe der Gewichtsanteile der Komponenten (i) und (ii), beträgt.

5. Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs auf einer Substratoberfläche, bei dem

(A) auf eine mit einem üblichen Füller oder gegebenenfalls mit einem bekannten wässrigen Wasserbasislack beschichtete Substratoberfläche gegebenenfalls nach Abdunsten die Basislackzusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 4 aufgebracht wird, welche man ebenfalls gegebenenfalls abdunsten lässt,

(B) auf die so erhaltene Basisschicht eine geeignete transparente Decklackzusammensetzung aufgebracht wird und

(C) die Basisschicht sowie gegebenenfalls die Füllerschicht bzw. die erste Basislackschicht zusammen mit der Deckschicht eingebrannt wird."

Wegen des Wortlauts der jeweiligen darauf rückbezogenen Unteransprüche wird auf die DE 197 36 535 C1 verwiesen.

Der Widerruf des Patents wurde damit begründet, dass die beanspruchte Basislackzusammensetzung gegenüber der Lehre der Druckschriften WO 97/23306 A1 (1), DE 43 39 870 A1 (2) sowie DE 41 22 265 A1 (3) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Sie verteidigt das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 6 in der erteilten Fassung gemäß DE 197 36 535 C1 (Hauptantrag), hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung am 10. November 2005 überreichten Patentansprüchen 1 bis 4 folgenden Wortlauts:

"1. Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs auf einer Substratoberfläche, bei dem

(A) auf eine mit einem üblichen Füller oder gegebenenfalls mit einem bekannten wässrigen Wasserbasislack beschichtete Substratoberfläche gegebenenfalls nach Abdunsten eine Basislackzusammensetzung aufgebracht wird, welche man ebenfalls gegebenenfalls abdunsten lässt,

(B) auf die so erhaltene Basisschicht eine geeignete transparente Decklackzusammensetzung aufgebracht wird und

(C) die Basisschicht sowie gegebenenfalls die Füllerschicht bzw. die erste Basislackschicht zusammen mit der Deckschicht eingebrannt wird, dadurch gekennzeichnet, dass als transparente Decklackzusammensetzung in der Stufe (B) ein Pulverslurry-Klarlack eingesetzt wird und dass in der Stufe (A) eine Basislackzusammensetzung enthaltend als Bindemittelbestandteile

(i) eine an sich bekannte Acrylatdispersion mit einem Gehalt von 30 bis 60 Gew.-% C1-C8-Alkyl(meth)acrylathaltigen Monomeren, 30 bis 60 Gew.-% vinylaromatischen Monomeren und 0,5 bis 10 Gew.-% (Meth)acrylsäure im Polymerisat, sowie

(ii) eine Dispersion eines Polymeren, das in an sich bekannter Weise erhältlich ist, indem in einer wässrigen Dispersion eines Polyurethanharzes, das ein zahlenmittleres Molekulargewicht Mn von 1000 bis 30.000 Dalton aufweist und im statistischen Mittel pro Molekül 0,05 bis 1,1 polymerisierbare Doppelbindungen enthält, ein ethylenisch ungesättigtes Monomer oder ein Gemisch aus ethylenisch ungesättigten Monomeren in Gegenwart eines wasserunlöslichen Initiators oder eines Gemischs aus wasserunlöslichen Initiatoren radikalisch polymerisiert wird, wobei das Gewichtsverhältnis zwischen dem Polyurethanharz und dem ethylenisch ungesättigten Monomeren bzw. dem Gemisch aus ethylenisch ungesättigten Monomeren zwischen 1:10 und 10:1 liegt, und

(iii) ein Rheologiehilfsmittel, das ein synthetisches Polymer mit ionischen und/oder assoziativ wirkenden Gruppen enthält, wobei der Anteil der Komponente (i) zwischen 10 und 80 Gew.-% und der Anteil der Komponente (ii) zwischen 20 und 90 Gew.-%, jeweils bezogen auf die Summe der Gewichtsanteile der Komponenten (i) und (ii), beträgt, eingesetzt wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der Komponente (i) zwischen 20 und 60 Gew.-% und der Anteil der Komponente (ii) zwischen 40 und 80 Gew.-%, jeweils bezogen auf die Summe der Gewichtsanteile der Komponenten (i) und (ii) beträgt.

3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente (iii) zusätzlich ein ionisches Schichtsilikat enthält.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Basislackzusammensetzung von 3 bis 65 Gew.-%, bezogen auf den Festkörpergehalt, Pigmente und Füllstoffe enthält."

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, die Patentabteilung sei bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unzutreffenderweise davon ausgegangen, dass der Fachmann angeregt durch die Druckschrift (3) eine Kombination der Lehren der Druckschriften (1) und (2) vornehmen werde und damit ohne weiteres zum Gegenstand des Streitpatents gelangen könne (vgl. Schrifts. v. 3. November 2005 S. 4 Abs. 2 i. V. m. Beschl. d. Patentabt. vom 14. Oktober 2003 S. 6 Abs. 3 und 4).

In der hilfsweise verteidigten, auf ein Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs aus einer Substratoberfläche mit einem Pulverslurry-Klarlack als Deckschicht eingeschränkten Fassung werde zudem das insbesondere bei einer Deckschicht aus Pulverslurry-Klarlack auftretende Mudcracking vermieden, wofür es im vorgebrachten Stand der Technik keine Anregung gegeben habe (vgl. hierzu Schrifts. v. 3. November 2005 S. 2 Abs. 4 und 5).

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent gemäß Hauptantrag in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß den Ansprüchen 1 - 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, und einer ggfls. anzupassenden Beschreibung.

Die Einsprechende tritt dem Vorbringen der Patentinhaberin entgegen und stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73). Sie führt jedoch nicht zum Erfolg.

Die Offenbarung der Patentansprüche beider Anträge ist gegeben. Eine Basislackzusammensetzung gemäß den Patentansprüchen 1 bis 6 nach Hauptantrag, die der erteilten Fassung entsprechen, ergibt sich aus den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 3 sowie 8 bis 11 (vgl. urspr. Unterl. S. 31 bis 33). Entsprechendes trifft für ein Verfahren gemäß den Patentansprüchen 1 bis 4 nach Hilfsantrag zu, das sich sowohl aus den ursprünglichen Unterlagen als auch aus der Streitpatentschrift herleiten lässt (vgl. urspr. Unterl. S. 33 Anspr. 10 i. V. m. Anspr. 11 und 1, sowie Anspr. 3, 8 und 9; DE 197 36 535 C1 S. 10 Anspr. 5 i. V. m. Anspr. 6 und 1, sowie Anspr. 2 bis 4).

Hinsichtlich der im Übrigen nicht angegriffenen Ausführbarkeit bestehen keine Bedenken.

Einer Basislackzusammensetzung mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sowie einem Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs enthaltend betreffende Basislackzusammensetzung auf einem Substrat gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag mangelt es jedoch im Hinblick auf den vorgebrachten Stand der Technik an der Patentfähigkeit.

Dabei kann dahinstehen, ob es der beanspruchten Basislackzusammensetzung oder des hilfsweise beanspruchten Verfahrens zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs enthaltend betreffende Basislackzusammensetzung gegenüber der Druckschrift WO 97/23306 A1 (1) - wie von der Einsprechenden zwar im Einspruchsverfahren schriftsätzlich vorgetragen, im Einspruchsbeschwerdeverfahren jedoch nicht mehr behauptet - bereits an der erforderlichen Neuheit mangelt.

Denn der Gegenstand des Streitpatents beruht sowohl in der Fassung des Hauptantrags als auch in der Fassung des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, die darin besteht, die verhältnismäßig schlechte Haftung der Basislacke zu den transparenten Decklackbeschichtungen, insbesondere zu 2-Komponenten- und zu Pulverslurry-Klarlacken, bei gleichzeitig hoher Schwitzwasserbeständigkeit zu verbessern und darüber hinaus auch eine optische Beeinträchtigung des Lacksystems, beispielsweise durch das so genannte Mudcracking, zu vermeiden (vgl. DE 197 36 535 C1, S. 2 Z. 60 bis 65 i. V. m. Schrifts. d. Patentinh. v. 3. November 2005 S. 2 Abs. 4 und 5).

Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch eine Basislackzusammensetzung enthaltend Bestandteile mit den Merkmalen:

1) eine Acrylatdispersion basierend auf den folgenden Monomer(struktur)anteilen im Polymerisat 1.1) 30-60 Gew-% C1-C8 Alkyl(meth)acrylat 1.2) 30-60 Gew-% vinylaromatische Monomereinheiten 1.3) 0,5-10 Gew-% (Meth)Acrylsäure 2) eine Polymerdispersion, die in an sich bekannter Weise erhältlich ist, indem 2.1) in einer wässrigen Dispersion eines Polyurethanharzes mit Mn 1000 bis 30000 Dalton und mit statistisch gemittelten 0,05 bis 1,1 polymerisierbaren Doppelbindungen pro Molekül radikalisch polymerisiert wird 2.1.1) ein ethylenisch ungesättigtes Monomer oder ein Gemisch aus ethylenisch ungesättigten Monomeren 2.1.2) in Gegenwart eines wasserunlöslichen Initiators oder eines Gemisches aus wasserunlöslichen Initiatoren 2.1.3) im Gewichtsverhältnis Polyurethanharz zu ethylenisch ungesättigtem Monomer(gemisch) zwischen 1:10 und 10:1 3) ein Rheologiehilfsmittel enthaltend ein synthetisches Polymer 3.1) mit ionischen Gruppenund/oder 3.2) mit assoziativ wirkenden Gruppen 4. wobei der Anteil der Komponente 1) zwischen 10 und 80 Gew-% und der Anteil der Komponente 2) zwischen 20 und 90 Gew-% beträgt, jeweils bezogen auf die Summe der Gewichtsanteile von 1) und 2).

Diese Lösung war indessen für einen Fachmann ausgehend von der Lehre der am 3. Juli 1997 und damit gegenüber dem Anmeldetag 22. August 1997 des Streitpatents vorveröffentlichten WO 97/23306 A1 (1) nahe liegend.

Aus (1) ist ein Verfahren zur Herstellung einer Mehrschichtlackierung mit einem Basislack bekannt, der eine wässrige Dispersion eines Acrylat-Polymerisats basierend auf 30 bis 60 Gew.-% C1-C8-Alkyl(meth)acrylat-Monomeren, 30 bis 60 Gew.-% vinylaromatischen Monomeren und 0,5 bis 10 Gew.-% (Meth)acrylsäure sowie eines Acrylat-Copolymers basierend auf C1-C6-Alkyl(meth)acrylat und (Meth)acrylsäure als nichtassoziativ wirkenden, ionischen Verdickers enthält und damit die Merkmale 1 bis 1.3 sowie 3 und 3.1 aufweist (vgl. (1) S. 17 Anspr. 12 (i), (ii)). Der Basislack kann dabei noch weitere Komponenten unterschiedlicher Funktion enthalten (vgl. (1), S. 5 Abs. 3 bis S. 7 vorle. Abs.), so auch Polyurethane sowie acrylierte Polyurethane und urethanisiere Acrylate als verträgliche wasserverdünnbare Harze zum Zweck einer verbesserten Haftung (vgl. (1) S. 5 le. Abs.).

Zur Verbesserung der Haftung des Basislacks und damit unter Berücksichtigung einer Teilaufgabe des Streitpatents wird ein Fachmann nicht umhin können, gerade solche acrylierten Polyurethane in Erwägung zu ziehen, deren Einsatz - zum Zeitpunkt von (1) - bereits zu diesem Zweck in Basislackierungen vorbeschrieben ist. Dabei wird er zwangsläufig auch die gegenüber (1) vorveröffentlichte Lehre der DE 43 39 870 A1 (2), wonach sich eine ausgezeichnete Haftung zwischen Basislackschicht und Klarlack-Deckschicht erzielen läßt, wenn der Basislack als Bindemittel ein Polymer aufweist, das exakt nach den Vorgaben der Merkmale 2 bis 2.1.3 erhältlich ist (vgl. (2) Sp. 2 Z. 45 bis 59 i. V. m. Sp. 13 Anspr. 1 Z. 40 bis 55), in seine Überlegungen miteinbeziehen und somit ohne weiteres zu einer Basislackzusammensetzung mit den Merkmalen 1 bis 3 bzw. 3.2 gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelangen.

Was den Anteil der Komponenten (i) und (ii) der Basislackzusammensetzung gemäß dem Merkmal 4 anbelangt, so wird ein Fachmann ohne weiteres Zusammensetzungen im Anteilsbereich von 10 bis 80 Gew.-% für die Komponente (i) und 20 bis 90 Gew.-% für die Komponente (ii) im Zuge routinemäßigen Optimierens in Betracht ziehen, wofür es schon im Hinblick auf die sehr große Bereichsbreite keines erfinderischen Zutuns bedarf. Zudem ist wegen der im Hinblick auf die Formulierung "enthaltend" offenen Anspruchsfassung, wie die Einsprechende und Beschwerdegegnerin vorgebracht hat, durch das Merkmal 4 die Festlegung auf eine bestimmte Basislackzusammensetzung ohnehin nicht gegeben.

Sofern die Patentinhaberin darauf verwiesen hat, es habe im vorgebrachten Stand der Technik weder einen Hinweis auf die beiden Teilaufgaben verbesserte Schwitzwasserbeständigkeit sowie Vermeiden von Mudcracking noch eine Anregung zur Lösung dieser beiden Teilaufgaben gegeben, so führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Denn für den Fachmann ergibt sich bereits aus der Druckschrift (2) der Hinweis auf eine verbesserte Stabilität gegenüber kondensierter Feuchtigkeit und damit auf die Schwitzwasserbeständigkeit als weitere Teilaufgabe des Streitpatents (vgl. (2) Sp. 2 Z. 51 bis 54 i. V. m. Sp. 2 Z. 17 bis 25 sowie Sp. 1 Z. 37 bis 41).

Selbst wenn ein Fachmann nicht dazu in der Lage sein sollte, aus den betreffenden Textstellen der Druckschrift (2) (vgl. (2) Z. 51 bis 54 i. V. m. Sp. 1 Z. 37 bis 41) von einer sehr guten Beständigkeit gegenüber hoher Luftfeuchtigkeit zwanglos auf die weitere Teilaufgabe einer verbesserten Schwitzwasserbeständigkeit zu schließen, wie von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, so gibt ihm schließlich die gegenüber (2) vorveröffentlichte Lehre der Druckschrift DE 41 22 265 A1 (3) Anregung zur Lösung dieser Teilaufgabe durch Einsatz acrylierter Polyurethanharze in Basislacken bei guter Haftung (vgl. (3) S. 7 Z. 20 bis 28). Der Beschluss der Patentabteilung ist daher auch insofern nicht zu beanstanden.

Was die verbleibende Teilaufgabe des Vermeidens von Mudcracking anbelangt, so ist zunächst festzustellen, dass dieses Problem weder in den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents noch in der Patentschrift beschrieben ist.

Sofern die Patentinhaberin, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, darauf verweist, dass die Offenbarung des Zwecks der Vermeidung von Mudcracking durch den bereits in den ursprünglichen Unterlagen unter Bezugnahme auf den nächstkommenden Stand der Technik enthaltenen Hinweis auf die Bedeutung des Aussehen des Lacksystems impliziert werde (vgl. urspr. Unterl. S. 2 Z. 9 bis 16; DE 197 36 535 S. 2 Z. 22 bis 25), so muss eine entsprechende Anregung für den Fachmann auch von der betreffenden Textstelle in der vorveröffentlichten Druckschrift (1) ausgehen (vgl. (1) S. 1 le. Abs. bis S. 2 Abs. 1).

Im Übrigen vertritt der Senat die Ansicht, dass ein Effekt, der sich unter Berücksichtigung der bereits aus dem Stand der Technik expressis verbis bekannten Teilaufgaben zwangsläufig von selbst und damit quasi als Bonus einstellt, nicht patentbegründend sein kann (vgl. hierzu BGH GRUR 2003, 317 - Kosmetisches Sonnenschutzmittel).

Der Ansicht der Patentinhaberin, die mit dem Stand der Technik jeweils getrennt gemäß (1) oder (2) durchgeführten Vergleichsversuche zeigten erheblich schlechtere Ergebnisse als die streitpatentgemäße Lehre, sodass der Fachmann niemals auf die Idee gekommen wäre, die Lehre der beiden Druckschriften (1) und (2) zu kombinieren, kann der Senat nicht beitreten. Denn für die beiden Vergleichsversuche (vgl. Streitpatentschrift S. 8 Z. 66 bis S. 10 Z. 25) ist die Patentinhaberin nicht von den Ausführungsbeispielen der beiden Druckschriften des Standes der Technik ausgegangen, sondern sie hat das Beispiel 1 des Streitpatents als Ausgangspunkt genommen und nach eigenem Ermessen in Richtung der Lehre der Druckschrift (1) oder der Druckschrift (2) verändert.

b) Was ein Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs auf einem Substrat gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag anbelangt, so ergibt sich für das dementsprechend eingeschränkte Streitpatent kein anderes Ergebnis.

In dem beanspruchten Verfahren wird in Stufe (B) des üblichen, aus den Stufen (A), (B) und (C) bestehenden Lackierprozess (vgl. hierzu (1) ein Pulverslurry-Klarlack eingesetzt, während sich der Basislack gegenüber dem Hauptantrag unverändert aus den Bindemittelbestandteilen (i), (ii) und (iii) bzw. den Merkmalen 1 bis 4 zusammensetzt.

Dass ein Basislack mit den Merkmalen gemäß Hauptantrag zusammen mit einem Pulverslurry-Klarlack als transparente Decklack zur Herstellung eines mehrschichtigen Überzugs auf einer Substratoberfläche eingesetzt wird, ergibt sich für den Fachmann jedoch bereits unmittelbar aus der Druckschrift (1) (vgl. (1) Anspr. 1 i. V. m. S. 8 Abs. 5) und vermag daher die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen.

c) Mit den Patentansprüchen 1 nach Haupt- und nach Hilfsantrag fallen auch alle übrigen Patentansprüche, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese etwas Schutzfähiges enthalten (BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

Kahr Richter Dr. Jordanist wegen Urlaubsan der Unterschrifts-

leistung verhindert.

Kahr Klante Egerer Pü






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2005
Az: 15 W (pat) 63/03


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