Landgericht Köln:
Urteil vom 20. September 2005
Aktenzeichen: 33 O 87/05

(LG Köln: Urteil v. 20.09.2005, Az.: 33 O 87/05)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt.

Ab Juli 1997 führte der Kläger Gespräche mit den Gesellschaftern der Dr. X3 - Dr. X über den Aufbau einer Anwaltsgesellschaft mit dem Ziel, dass die neu zu gründende Anwalts-GmbH ihre Tätigkeit zum 01.01.1998 aufnehmen sollte. In diesem Zusammenhang erzielte man Übereinstimmung, dass die Gesellschaft eine Firma erhalten sollte, in der der Name S vorangestellt werden sollte, und dass der Kläger zum 30.06.2003, frühestens zum 30 06.2002 aus der Gesellschaft ausscheiden und seine Anteile an einen oder mehrere Gesellschafter abtreten sollte.

Im Zuge der Verhandlungen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 18.11.1997, auf das Bezug genommen wird (Anlage K 3 zur Klageschrift - Bl. 44 f. d. A.), an seine Verhandlungspartner. Darin führte der Kläger unter Ziffer 3. aus:

"Kaufpreis für die Abtretung meiner GmbH-Anteile bei Ausscheiden: Dabei handelt es sich um eine Abfindung für die Überführung und im Ausscheidenszeitpunkt noch bestehender Mandate, für die Fortführung meines Namens in der Anwalts-GmbH sowie um eine Vergütung für das vorgesehene Wettbewerbsverbot (§ 21 Abs. 4). In unserer Besprechung vom 20. Oktober 1997 hatten Sie mir mitgeteilt, "angedacht seien 1,5 Punkte"; die Frage blieb aber offen. Ich verstehe die vorgesehene Regelung nach Studium der Verträge dahingehend, daß 1,5 Zählerpunkte der Gewinnquote gemeint sind, also nach derzeitiger Situation ca. DM 300.000,00. Wenn ich von einem eingebrachten Jahresumsatz von ca. DM 2,0 Mio. ausgehe, sehe ich keinen rechten Zusammenhang mit dem Betrag von 1,5 Zählerpunkten, vor allem, wenn man die für mich vorgesehene Konkurrenzklausel (Ergänzung zu § 21 Abs. 4) berücksichtigt, vor allem fehlt ein Bezug zu der Situation der Anwalts-GmbH."

In der Folgezeit einigte sich der Kläger mit seinen Verhandlungspartnern, dass es zu keiner höheren Kaufpreiszahlung kommen sollte, im Gegenzug aber der Umfang der von dem Kläger zu erbringenden Gegenleistungen reduziert werden sollte.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11.12.1997, auf den Bezug genommen wird (Anlage K 4 zur Klageschrift - Bl. 48 ff. d.A.), wurde zunächst die S & X4 Rechtsanwaltsgesellschaft mbh gegründet. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 30.12.1997, auf den Bezug genommen wird (Anlage K 5 zur Klageschrift - Bl. 62 ff. d. A.) veräußerte einer der Gesellschafter dieser GmbH einen Teilgeschäftsanteil an den Kläger. In der im Anschluß an die Übertragung der Geschäftsanteile an den Kläger abgehaltenen Gesellschafterversammlung wurde die Änderung der Firma der Beklagten in S & S mbH beschlossen und der Kläger neben weiteren Personen zum Geschäftsführer bestellt.

Mit Wirkung vom 01.01.1998 wurde der Kläger ferner als Kommanditist in die Dr. X2. F KG X aufgenommen, wobei die den Kläger betreffenden Änderungen des Gesellschaftsvertrages in der Ergänzung XV. festgehalten wurden, auf die Bezug genommen wird (Anlage K 8 zur Klageschrift - Bl. 79 f. d.A.).

Am 21.12.2001 übertrugen die Gesellschafter der Beklagten ihre Geschäftsanteile an die S & X3-F Beteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck das Halten und Verwalten der Beteiligung an der Beklagten war. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlagen K 9 zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen - Bl. 81 ff. d.A.).

Der Kläger schied mit Wirkung zum 30.06.2003 aus der die Anteile an der Beklagten haltenden Beteiligungs-GbR aus. In der Folgezeit war er auf der Grundlage des als Anlage K 10 zur Klageschrift zur Akte gereichten Beratervertrages, auf den Bezug genommen wird (Bl. 109 ff. d.A.), noch bis zum 30.06.2004 für die Beklagte tätig.

Der Kläger meint, ihm stünden namensrechtliche Ansprüche auf Unterlassung der weiteren Verwendung seines Namens als Bestandteil der Firma der Beklagten zu. Er habe der Beklagten nicht die Nutzung seines Namens für die Zeit nach Beendigung seiner Tätigkeit gestattet. Mit der fortgesetzten Benutzung des Namens S verletzte die Beklagte seine Namensrechte gemäß § 12 BGB, da es hierdurch zu einer Identitäts- und Zuordnungsverwirrung komme. Auch stehe ihm ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Gestattung zur Namensfortführung zu. Jedenfalls sei die Namensfortführung aber wettbewerbswidrig.

Wegen der näheren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags des Klägers wird Bezug genommen auf die Seiten 20 bis 26 der Klageschrift (Bl. 20 bis 26 d.A.) sowie seinen Schriftsatz vom 17.06.2005 (Bl. 205 ff. d.A.)

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen

1.

für ihren auf die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten gerichteten Geschäftsbetrieb eine Kanzleibezeichnung unter Verwendung des Namens

zu benutzen, insbesondere die Firma

S & S

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

zu benutzen;

2.

die Domain

www.S.we.de

zu benutzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erforderliche Abrede über die ausdrückliche Befristung der Namensüberlassung an eine GmbH sei nicht geschlossen worden, weil die Namensüberlassung an die Beklagte nach dem übereinstimmenden Willen aller an ihrer Gründung beteiligten Personen dauerhaft und nicht auf Zeit erfolgen sollte.

Wegen der näheren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung vom 10.05.2005 (Bl. 128 ff. d.A.) sowie ihren Schriftsatz vom 12.08.2005 (Bl. 355 ff. d.A.)

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht Unterlassung der Verwendung des Namens S in ihrer Unternehmensbezeichnung bzw. ihrer Domain verlangen.

Ein solcher Anspruch steht dem Kläger aus § 12 BGB nicht zu.

Spätestens mit seiner Zustimmung zur Änderung der Firma der Beklagten in "S & S mbH"" in der Gesellschafterversammlung vom 30.12.1997 hat der Kläger nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten sein Einverständnis mit einer dauerhaften Führung dieser Firma unabhängig von seiner Stellung als Gesellschafter erteilt.

Dies ergibt sich daraus, dass eine ausdrückliche Regelung über die Begrenzung der Nutzungsdauer unstreitig nicht getroffen worden ist. Gerade im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten im Schreiben vom 18.11.1997 wäre dies aber geboten gewesen. Danach ging der Beklagte seinerzeit davon aus, dass der vorgesehene Kaufpreis für die Abtretung der GmbH-Anteile bei Ausscheiden, eine Abfindung für die Überführung bestehender Mandate, die Fortführung des Namens und eine Vergütung für das Wettbewerbsverbot sein sollte. Unstreitig ist man in der Folge zu einer Änderung der bereits vorgesehenen vertraglichen Regelungen gelangt, da dem Beklagten die vorgesehene Summen angesichts seiner "Gegenleistungen" zu gering erschien. Eine solche Abänderung ist aber nur in Bezug auf die Überführung der Mandate und das Wettbewerbsverbot erfolgt. Eine ausdrückliche Beschränkung der Namensfortführung ist hingegen nicht vereinbart worden. Diese - und nicht eine Festschreibung des Rechts zur Namensfortführung - wäre aber auch nach dem Vortrag des Klägers aus der Sicht der Parteien erforderlich gewesen. Unstreitig ist über die Namensfortführung zwischen den damaligen Verhandlungspartnern nicht ausdrücklich gesprochen worden. Dementsprechend hat der Kläger auch keinen Vertragsentwurf vorgelegt, in dem eine solches Recht zunächst einmal ausdrücklich geregelt war. Wenn er gleichwohl im Schreiben vom 18.11.1997 unter Bezugnahme auf das "Studium der Verträge" von einer Abfindung für die Namensfortführung sprechen konnte, dann nur deshalb, weil alle Beteiligten übereinstimmend von diesem Recht der Beklagten ausgingen.

Dies entsprach im übrigen der damaligen und bis heute fortgeltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 24 Abs. 2 HGB und der Firmenfortführung bei der GmbH. Dass die Beteiligten davon ausgegangen sein könnten, dass diese Rechtsprechung auf die noch "junge" Rechtsform der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH keine Anwendung finden könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht dargetan, dass man sich an den Entwürfen zur Änderung der BRAO orientiert hätte. Gerade wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte angesichts der unsicheren Gesetzeslage erst recht aller Anlaß zu einer ausdrückliche Regelung bestanden. Unstreitig ist indessen, dass noch nicht einmal ausdrücklich über die Firmenfortführung gesprochen worden ist.

Schließlich machte die in der Folgezeit beibehaltene Regelung der vom Kläger zunächst monierten Berechnung der Abfindung über 1,5 Zählerpunkte wirtschaftlich nur Sinn, wenn die Beklagte - nach Wegfall der Pflicht zur Übertragung bestehender Mandate und des Wettbewerbsverbotes - damit das Recht zur Namensfortführung abgelten sollte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass auch ohne Namensfortführung diese Regelung den Wert der abzutretenden GmbH-Anteile entgelten sollte. Zum einen dürften diese Anteile durch Mandatsfortführung und Wettbewerbsmöglichkeit nachhaltig entwertet worden sein, zum anderen ist der Kläger selber nicht davon ausgegangen, dass dieser Wert ausgeglichen werden sollte. Im Schreiben vom 18.11.1997 ist an keiner Stelle die Rede davon, dass neben der Abfindung für Mandatsüberführung, Wettbewerbsverbot und Namensfortführung auch der Wert der Gesellschaftsanteile ausglichen werden sollte. Vielmehr waren danach allein diese drei angedachten "Gegenleistungen" der Bestimmungsfaktor für den Wert der abzutretenden Anteile.

Der übereinstimmende Wille zur Namensfortführung durch die zu gründende GmbH entsprach auch der Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluss. Denn danach sollte eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH unter Hervorhebung des bekannten Namens des Klägers neu gegründet und am Markt plaziert werden, obwohl das Ausscheiden des Klägers frühestens in 5 ½ spätestens in 6 ½ Jahren fest vereinbart war.

Wirtschaftlich sinnvoll konnte dies nur sein, wenn dabei eine Namensfortführung vorausgesetzt wurde. Dementsprechend ist die Firma auch nach Ausscheiden des Klägers aus der die Anteile an der Beklagten haltenden GbR unverändert fortgeführt worden, ohne dass einer der Beteiligten einen Regelungsbedarf gesehen hätte. Gerade wenn der Kläger davon ausgegangen wäre, dass die Namensfortführung von seiner Gesellschafterstellung abhängen sollte, hätte aus seiner Sicht zu diesem Zeitpunkt Klärungsbedarf bestehen müssen. Jedenfalls erscheint für einen solchen Fall der bloße Abschluß eines Beratervertrages ohne Regelung der Firmenfortführung durch die Beklagte nicht nachvollziehbar.

Die Gestattung zur zeitlich unbegrenzten Namensfortfürhung ist auch nicht durch die außerordentliche Kündigung des Klägers wirksam beendet worden. Der Kläger hat nicht dargetan, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung (vgl. dazu BGB GRUR 2002, 2093, 2095 - "Vossius & Partner") vorlag. Allein der Umstand, dass sich die personelle Besetzung auf seiten der Beklagten und deren fachliche Ausrichtung nicht so entwickelt haben sollen, wie es den Vorstellungen des Klägers entsprach, begründet noch keine Unzumutbarkeit der Namensfortführung.

Dass schließlich in Fällen der vorliegenden Art wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Fortführung des Namens in der Firma nicht gegeben sind, wenn sich der aus der Gesellschaft ausscheidende Anwalt entschließt, seine berufliche Tätigkeit anderweitig fortzusetzen, ist bereits höchstrichterlich entscheiden worden (vgl. BGH a.a.O.). Die dortigen Erwägungen gelten auch im vorliegenden Fall.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 ZPO.

Streitwert: 100.000,-- €






LG Köln:
Urteil v. 20.09.2005
Az: 33 O 87/05


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