Bundespatentgericht:
Urteil vom 21. Dezember 2005
Aktenzeichen: 4 Ni 43/04

(BPatG: Urteil v. 21.12.2005, Az.: 4 Ni 43/04)

Tenor

1. Das europäische Patent EP 0 789 176 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 789 176 (Streitpatent), das am 29. Januar 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 196 04 311 vom 7. Februar 1996 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 597 02 650 geführt. Es betrifft ein Verbundrohr mit Muffe sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung und umfasst in der erteilten Fassung 5 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Die Ansprüche 1 und 5 der erteilten Fassung lauten wie folgt:

1. Verbundrohr mit - einem Innen-Rohr (4),

- einem gewellten Außen-Rohr (5),

-- mit aufeinanderfolgenden, jeweils durch einen Fußabschnitt (12) miteinander verbundenen Wellabschnitten (6), wobei die Fußabschnitte (12) mit dem Innen-Rohr (4) verschweißt sind,

- einer gemeinsamen Mittel-Längs-Achse (10), und - einer einstückig mit dem Innen-Rohr (4) und dem Außen-Rohr (5) ausgebildeten Muffe (3),

-- mit einem Verbindungsabschnitt (13) mit im wesentlichen zylindrischer Grundform, dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem Polyolefin besteht unddass zur Erhöhung der Ringsteifigkeit der Muffe (3) auf der Außenseite des Verbindungsabschnitts (13) mindestens ein Verstärkungssteg (17) ausgebildet ist, für dessen Länge b in Richtung der Mittel-Längs-Achse (10) im Verhältnis zu seiner Dicke a radial zur Mittel-Längs-Achse (10) gilt: a<=2b.

5. Verfahren zur Herstellung eines Verbundrohres nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit folgenden Verfahrensschritten:

- Extrusion eines Außen-Schlauches (66),

- jeweils aufeinanderfolgendes abschnittsweises Verformen des Außen-Schlauches (66)

-- in einem ersten Abschnitt zu den Außenquerschnitt des Verbundrohres (1, 2) bildenden Wellabschnitten (6) und -- in einem zweiten Abschnitt zu dem Außenquerschnitt eines Muffenabschnitts (3'),

- Verschweißen des Innen-Schlauches (68) und des Außen-Schlauches (66)

-- jeweils teilweise im ersten Abschnitt und -- vollflächig im zweiten Abschnitt,

- Durchtrennen des endlosen Rohres im Bereich eines Muffenabschnitts (3'), und - Aufweiten des Muffenabschnitts (3') zu einer Muffe (3), dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Abschnitt während der Verformung zu dem Außenquerschnitt eines Muffenabschnitts (3') mit mindestens einem einen Freiraum (72) aufweisenden Verstärkungssteg (17') versehen wird unddass der Freiraum (72) in jedem Verstärkungssteg (17') aufgefüllt wird.

Wegen der auf Anspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 789 176 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch erfinderisch. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik sei zum Prioritätszeitpunkt ein Verbundrohr mit den Merkmalen des Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen; im Übrigen sei es dem Fachmann durch vorveröffentlichte Druckschriften nahe gelegt worden. Die Klägerin bietet hierfür Zeugenbeweis an und legt Prospektkopien vor. Sie beruft sich auf folgende Schriftstücke und Druckschriften:

K4 DE 36 03 481 A1 K5 DE 42 40 268 A1 K6 DE 691 00 542 T2 K7 Prospektkopie "Corma Inc. Doublewall Pipe Production Systems" mit der Datumsangabe 18. Mai 1995 bei den Abmessungsangaben und in der mündlichen Verhandlung hierzu vorgelegte Prospektkopie der Fa CORMA Inc. "Doublewall Pipe Production Programm" von 12/1992 K8 Prospektkopie "Corma Inc. Corrugated Pipe and Lightweight Profile Pipe Systems", angeblich veröffentlicht 1992 K9 Prospektkopie "Corma Inc. Corrugated Pipe and Lightweight Profile Pipe Systems", angeblich veröffentlicht 1993 K10 EP 0 563 575 A2 K11 EP 0 385 465 A2 K12 US 4 131 407 K13 US 5 320 797 Außerdem verweist die Klägerin unter Vorlage der Anlagen K17 bis K21 auf ein aus dem Jahre 1989 stammendes Muster eines Rohres, dessen Vorveröffentlichung von der Klägerin in weiteren Verfahren bisher nicht bestritten worden sei.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, das europäische Patent EP 0 789 176 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Der Beklagte verteidigt die erteilten Ansprüche 1 bis 4 nicht mehr.

Er beantragt, das Patent insoweit beschränkt aufrecht zu erhalten, als an die Stelle der erteilten Ansprüche 1 bis 4 ein neuer Anspruch 1 tritt und die Rückbeziehung im erteilten Anspruch 5 an Anspruch 1 in der verteidigten Fassung angepasst wird. Anspruch 1 in der veteidigten Fassung lautet:

Verbundrohr mit - einem Innen-Rohr (4)

- einem gewellten Außen-Rohr (5),

-- mit aufeinanderfolgenden, jeweils durch einen Fußabschnitt (12) miteinander verbundenen Wellabschnitten (6), wobei die Fußabschnitte (12) mit dem Innen-Rohr (4) verschweißt sind,

- einer gemeinsamen Mittel-Längs-Achse (10), und - einer einstückig mit dem Innen-Rohr (4) und dem Außen-Rohr (5) ausgebildeten Muffe (3),

-- mit einem Verbindungsabschnitt (13) mit im wesentlichen zylindrischer Grundform,

-- mit glatt zylindrischer Innenwand (15), und -- mit einem Innendurchmesser d', der geringfügig größer ist als der Außendurchmesser D des Verbundrohres (1, 2), dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem Polyolefin besteht unddass zur Erhöhung der Ringsteifigkeit der Muffe (3) auf der Außenseite des Verbindungsabschnitts (13) mindestens ein massiver Verstärkungssteg (17) ausgebildet ist, für dessen Länge b in Richtung der Mittel-Längs-Achse (10) im Verhältnis zu seiner Dicke a radial zur Mittel-Längs-Achse (10) gilt: a<b.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Streitpatent im Umfang der verteidigten Fassung für nichtig zu erklären.

Der nunmehr geltende Patentanspruch1 enthalte ein Merkmal, dass in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig offenbart sei. Außerdem seien auch die geltenden Patentansprüche nicht patentfähig.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 und das Verfahren nach Patentanspruch 5 des Streitpatents in der vom Beklagten verteidigten Fassung nicht patentfähig sind (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a i. V. m. Art. 56 EPÜ).

1. Nach der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes ist es bekannt, dass Verbundrohre mit einem Innenrohr und einem gewellten Außenrohr durch zwei koextrudierte Schläuche erzeugt werden. An den Enden werden die beiden Schläuche vollständig zusammengeführt und miteinander verschweißt. Anschließend werden diese Enden in einer Muffmaschine aufgeweitet und zu Muffen verformt.

Zur Herstellung einer Rohrverbindung wird das Rohr in diese aufgeweitete Muffe eingeführt. Die Abdichtung erfolgt üblicherweise über einen Dichtring, der an der Innenseite der Muffe anliegt und diese von innen her belastet. Übliche Werkstoffe für Verbundrohre sind PVC und Polyolefine. Da bei Polyolefinen ein ausgeprägter Kriechprozess stattfindet, besteht die Gefahr, dass sich die jeweilige Muffe unter der Kraft der von innen an ihr anliegenden Dichtung aufweitet, wodurch die Rohrverbindung undicht werden kann.

Mit dem Streitpatent sollen daher ein Verbundrohr und ein Verfahren zu seiner Herstellung so ausgestaltet werden, dass die Rohrverbindung auf Dauer dicht ist.

Das beanspruchte Verbundrohr weist nach dem geltenden Patentanspruch 1 folgende Merkmale auf:

1. Verbundrohr, mit 1.1 einem Innen-Rohr (4), 1.2 einem gewellten Außen-Rohr (5), wobei 1.2.1 das Außen-Rohr (5) aufeinander folgende, jeweils durch einen Fußabschnitt (12) miteinander verbundene Wellabschnitte (6) aufweist, und 1.2.2 die Fußabschnitte (12) mit dem Innen-Rohr (4) verschweißt sind, 1.3 einer gemeinsamen Mittel-Längs-Achse (10), 1.4 einer einstückig mit dem Innen-Rohr (4) und dem Außen-Rohr (5) ausgebildeten Muffe (3) mit 1.4.1 einem Verbindungsabschnitt (13) mit im Wesentlichen zylindrischer Grundform, 1.4.2 einer glatt zylindrischen Innenwand (15) und 1.4.3 einem Innendurchmesser d', der geringfügig größer ist als der Außendurchmesser D des Verbundrohres (1, 2), wobei 1.5 das Verbundrohr aus einem Polyolefin besteht, 1.6 zur Erhöhung der Ringsteifigkeit der Muffe (3) auf der Außenseite des Verbindungsabschnittes (13) mindestens ein massiver Verstärkungssteg (17) ausgebildet ist, und 1.7 für den Verstärkungssteg (17) a < b gilt, wobei b die Länge des Verstärkungssteges (17) in Richtung der Mittel-Längs-Achse (10) ist und a die Dicke des Verstärkungssteges (17) radial zur Mittel-Längs-Achse (10) ist.

Der Patentinhaber erklärt in der mündlichen Verhandlung, dass der ein Verfahren betreffende Patentanspruch 5 allein auf diesen geltenden Patentanspruch 1 rückbezogen sei. Das Verfahren nach Patentanspruch 5 weist folgende Merkmale auf:

5. Verfahren zur Herstellung eines Verbundrohres nach Anspruch 1, mit den Verfahrensschritten:

5.1 Extrusion eines Außen-Schlauches (66), 5.2 Verformen des Außen-Schlauches (66) in einem ersten Abschnitt zu den den Außenquerschnitt des Verbundrohres (1, 2) bildenden Wellabschnitten (6), 5.3 teilweises Verschweißen eines Innen-Schlauches (68) in dem ersten Abschnitt mit dem Außen-Schlauch (66), 5.4 Verformen des Außen-Schlauches (66) in einem zweiten Abschnitt zu dem Außenquerschnitt eines Muffenabschnittes (3Ô), und 5.5 vollflächiges Verschweißen des Innen-Schlauches (68) in dem zweiten Abschnitt mit dem Außen-Schlauch (66), wobei 5.5.1 der zweite Abschnitt während der Verformung zu dem Außenquerschnitt eines Muffenabschnitts (3') mit mindestens einem einen Freiraum (72) aufweisenden Verstärkungssteg (17Ô) versehen wird und 5.5.2 der Freiraum (72) in jedem Verstärkungssteg (17Ô) aufgefüllt wird, 5.6 die Schritte 5.2 und 5.4 werden jeweils aufeinanderfolgend abschnittsweise durchgeführt, 5.7 Durchtrennen des endlosen Rohres im Bereich des Muffenabschnitts (3Ô), und 5.8 Aufweiten des Muffenabschnitts (3Ô) zu einer Muffe (3).

Die erfindungsgemäße Muffe weist durch die Anordnung von Verstärkungsstegen eine hohe Ringsteifigkeit auf, die durch geeignete Dimensionierung so eingestellt werden kann, dass die Ringsteifigkeit der Muffe einerseits und die Ringsteifigkeit des in sie eingeschobenen Rohres etwa gleich sind (Sp. 1, Z. 41 bis 45 der Streitpatentschrift).

2. Es kann dahinstehen, ob der Patentanspruch 1 im Merkmal 1.6 durch die Aufnahme des Wortes "massiver" Verstärkungssteg eine unzulässige Erweiterung enthält. Denn selbst unter Berücksichtigung dieses Merkmals wird das beanspruchte Verbundrohr dem zuständigen Fachmann durch den angeführten Stand der Technik nahegelegt.

Der Senat folgt zu Gunsten des Beklagten seinem Verständnis vom geltenden Patentanspruch 1 und vom Patentanspruch 5, nämlich dass die Muffe eine durchgehende glattzylindrische Innenwand aufweist und dass unter einem massiven Verstärkungssteg ein Verstärkungssteg ohne Hohlräume zu verstehen ist.

Zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Kunststofftechnik, der eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Rohrleitungstechnik, insbesondere von Wellrohren, aufweist.

2.1 Zum Patentanspruch 1:

Aus der DE 36 03 481 A1 (K4) ist ein Verbundrohr bekannt, das ein Innenrohr 3 und ein gewelltes Außenrohr 4 aufweist (Sp. 3, Z. 55 bis 57 i. V. m. Fign. 1, 2 der K4). Das Außenrohr weist - wie bei Wellrohren allgemein üblich - aufeinander folgende, jeweils durch einen Fußabschnitt im Bereich des Wellentales 6 miteinander verbundene Wellenabschnitte (Kreisringe 5) auf. Die Fußabschnitte sind mit dem Innenrohr 3 verschweißt (Sp. 3, Z. 57 bis 66 der K4). Außen- und Innenrohr besitzen offensichtlich eine gemeinsame Mittel-Längs-Achse (Fig. 1 der K4). Am Ende des Rohres ist eine einstückig mit dem Innen- und dem Außenrohr ausgebildete Muffe 7 ausgebildet (Sp. 3, Z. 66 bis Sp. 4, Z. 2 der K4). Somit weist das bekannte Verbundrohr die Merkmale 1. bis 1.3 des geltenden Patentanspruchs 1 auf.

Die Muffe umfasst einen Verbindungsabschnitt mit im wesentlichen zylindrischer Grundform. Die Innenwand der Muffe ist im Unterschied zum Merkmal 1.4.2 nicht vollständig, sondern lediglich nahezu durchgehend glatt zylindrisch ausgebildet. Eine Abweichung hiervon liegt nämlich im Bereich einer Außensicke 17 vor (Fig. 1, 2 der K4). Wie der Figur 2 der K4 zu entnehmen ist, ist der Innendurchmesser d der Muffe in Übereinstimmung mit Merkmal 1.4.3 geringfügig größer als der um die radiale Erstreckung h der abdichtenden Erhöhungen 12 verringerte Außendurchmesser (D-2h) des Verbundrohres (Sp. 4, Z. 22 bis 54 der K4).

Die Muffe nach der K4 weist im Bereich ihres Einführabschnittes 13 eine die Ringsteifigkeit der Muffe verstärkende Außensicke 17 auf (Sp. 5, Z. 17 bis 19 und Fign. 1, 2 der K4). Außerdem ist aus diesem Dokument bekannt, dass die Ringsteifigkeit einer Muffe durch an eine Muffe außen angeformte ringförmige Wülste erhöht werden kann (Sp. 3, Z. 27 bis 45 der K4). Diese Druckschrift gibt dem Fachmann somit die Lehre, zur Erhöhung der Ringsteifigkeit entweder eine Außensicke oder als Alternative hierzu von der Außenseite des Verbindungsabschnittes der Muffe vorstehende ringförmige Wülste vorzusehen. Jeder dieser Wülste bildet einen massiven Verstärkungssteg, da die Innenwand der Muffe auch im Bereich des Wulstes in Längsrichtung glatt ausgebildet ist (Sp. 3, Z. 27 bis 32 der K4). Somit ergibt sich für die Muffe eine durchgehend glattzylindrische Innenwand, so dass neben dem Merkmal 1.6 auch das Merkmal 1.4.2 erfüllt ist. Dabei liegt es für den Fachmann auf der Hand, dass diese aus dem Stand der Technik bekannten Verstärkungsstege gleichzeitig eine Abschwächung des Kriechprozesses in der Muffenwand zur Folge haben, da die Verstärkungsstege einen Teil der von einer Dichtung von innen auf die Muffenwand ausgeübten Kräfte aufnehmen und somit die Belastung der Muffenwand verringern mit der Folge einer Abschwächung des von dieser Belastung abhängigen Kriechprozesses.

Bei einer in K4 angegebenen praktischen Ausführung weist jeder Verstärkungssteg eine radiale Erstreckung von 0,1 mm auf, die kleiner ist als seine axiale Erstreckung von 0,4 mm (Sp. 3, Z. 40 bis 43 der K4). Dies fällt unter die Bemessungsregel des Verstärkungssteges nach Merkmal 1.7.

Das dort beschriebene Verbundrohr besteht beispielsweise aus PVC. Eine Beschränkung auf diesen Werkstoff ergibt sich dadurch nicht. Vielmehr zieht der Fachmann als alternative Werkstoffe auch die Polyolefine PE oder PP in Betracht, da diese Polyolefine bei Verbundrohren und vor allem bei Wellrohren weit verbreitet sind. Beispielsweise ist den Prospekten K7 (S. 8, Abs. 1 der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Fassung dieses Prospektes), K8 (S. 4, linke Sp., Abs. 1) und K9 (S. 40, linke Sp., Abs. 2) sowie der Druckschrift K11 (Sp. 6, Z. 52 bis 54) zu entnehmen, dass PVC und Polyolefine wie PP und PE fachnotorisch austauschbare Werkstoffe für als Wellrohre ausgebildete Verbundrohre sind. Damit ergibt sich das noch verbleibende unterschiedliche Merkmal 1.5 des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatentes unmittelbar aus dem Fachwissen des zuständigen Fachmanns.

2.2 Zum Patentanspruch 5:

In der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes (Sp. 1, Z. 3 bis 13 der Streitpatentschrift) wird auf die EP 0 563 575 A2 (K10) hingewiesen, aus der die Herstellung von Verbundrohren einschließlich der Muffen in einem Extrusionsvorgang eines Außen- und eines Innenschlauches bekannt ist (K10, Fig. 3, 4 oder die inhaltsgleiche K13). Die Form des Außenschlauches 104 ist durch eine entsprechende Form der Halbkokillen 2, 2' bestimmt, wobei der Außenschlauch in einem ersten Abschnitt zu Wellabschnitten 105 und in einem zweiten Abschnitt zum Außenquerschnitt eines Muffenabschnittes 108 verformt wird. In den Außenschlauch 104 wird ein Innenschlauch 106 extrudiert, der im ersten Abschnitt mit den Fußabschnitten des Außenschlauches und im zweiten Abschnitt, also im Bereich des Muffenabschnittes 108, vollflächig mit dem Außenschlauch 104 verschweißt wird (Sp. 9, Z. 33 bis Sp. 10, Z. 19 der K10). Nach der Extrusion wird das endlose Rohr im Bereich des Muffenabschnittes durch Sägeschnitte 135, 136 durchtrennt (Sp. 13, Z. 12 bis 14 und Fig. 11 der K10). Dieses Verfahren zur Herstellung von Verbundrohren ist ebenfalls der K5 zu entnehmen. Bei den aus der K10 bekannten Verfahren wird der Muffenabschnitt bereits während der Extrusion durch entsprechende Formgebung der Kokillen erstellt. Alternativ hierzu ist aus der ebenfalls in der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes angeführten EP 0 385 465 A2 (K11) oder aus der K5 bekannt, dass Muffen nachträglich nach der Extrusion durch Aufweiten des Muffenbereiches eines entsprechend geformten Verbundrohres hergestellt werden können (K11, Sp. 6, Z. 32 bis 37 und Fig. 5 sowie K5, Sp. 5, Z. 10 bis 12 und Fig. 3). Somit ist dem Fachmann ein Verfahren zur Herstellung von Verbundrohren mit den im Patentanspruch 5 angegebenen Verfahrensschritten mit Ausnahme der Verfahrensschritte 5.5.1 und 5.5.2 geläufig.

Mit der Aufgabenstellung, ein Verbundrohr mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 herzustellen, ist es eine fachübliche Maßnahme, dieses bekannte Verfahren so abzuwandeln, dass sich derartiges Verbundrohr ergibt. Der Fachmann wird daher aufgabengemäß im Bereich der Muffe einen oder mehrere aufgefüllte Verstärkungsstege vorsehen. Das vollständige Auffüllen der Verstärkungsstege mit Kunststoff bereitet ihm keine Schwierigkeiten, da es sich um eine fachübliche Maßnahme zur Herstellung verdickter Wandbereiche handelt und da ihm aus der K5 bekannt ist, dass er beispielsweise durch Reduzierung der Geschwindigkeit der Form Kammern vollständig mit Schmelze füllen kann (Sp. 4, Z. 4 bis 12 und 24 bis 28 der K5).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 21.12.2005
Az: 4 Ni 43/04


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