Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 2. Mai 1997
Aktenzeichen: 6 U 24/97

(OLG Köln: Urteil v. 02.05.1997, Az.: 6 U 24/97)

Es verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb, bei der Werbesendung für ein ,Handbuch für Selbständige und Unternehmer" Briefumschläge zu verwenden, die einen hervorgehobenen Warnhinweis und im Kontext mit namentlich aufgeführten, angeblich bereits wirtschaftlich gescheiterten Unternehmen bzw. Unternehmern die deutlich erkennbare Frage an den Adressaten enthalten: ,Sind Sie der nächste€"

Tenor

1.) Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 10.12. 1996 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 11 O 189/96 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen

Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht dem Antragsgegner die Bewerbung des

von ihm herausgegebenen "Handbuch für Selbständige und Unternehmer"

unter Verwendung des angegriffenen, im Original in Hülle Bl.8

befindlichen Werbebriefumschlages, der Bestandteil der

Einstweiligen Verfügung ist, untersagt.

Es bestehen zunächst keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des

dieser Entscheidung des Landgerichts zugrundeliegenden Antrags.

Dieser ist, insbesondere durch die konkrete Bezugnahme auf den

angegriffenen Umschlag entgegen den in erster Instanz von dem

Antragsgegner geäußerten Zweifeln hinreichend bestimmt und die sich

aus § 25 UWG ergebende Vermutung der Dringlichkeit ist, was der

Antragsgegner im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Abrede

stellt, durch das Verhalten der Antragstellerin nicht widerlegt.

Diese erfüllt schließlich die Anforderungen des § 13 Abs.2 Ziff.2

UWG an die Antragsbefugnis.

Der Unterlassungsantrag ist aus den Gründen der

landgerichtlichen Entscheidung, auf die gem. § 543 Abs.1 ZPO zur

Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, gemäß §§ 1,13

Abs.2 Ziff.2 UWG auch begründet.

Es liegt aus den von dem Landgericht auf den Seiten 8 f seiner

Entscheidung im einzelnen dargelegten Gründen ein Verstoß gegen § 1

UWG unter dem Gesichtspunkt der Angstwerbung vor. Der Empfänger

wird durch den Text verängstigt und eingeschüchtert und veranlaßt,

sich dem Angebot des Antragsgegner in der Annahme zuzuwenden, so

einen Ausweg aus der bedrohlichen Lage zu finden. Damit schafft der

Antragsgegner eine Situation, in der der Empfänger des

Werbeschreibens seine Entscheidung über das Angebot nicht mehr

sachlich, sondern - wenn auch möglicherweise teilweise

unterschwellig - aus Verängstigung trifft. Es handelt sich damit um

ein unlauteres Verhalten, das als sittenwidrige Angstwerbung (vgl.

dazu näher Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19.Aufl., § 1 UWG

RZ 176 a m.w.N.) zu untersagen ist. Dem steht auch nicht entgegen,

daß der Antragsgegner - wie er meint - dem Empfänger mit der

Werbesendung eine "Vermeidungsstrategie" anbietet. Im Gegenteil

belegt dieses Konzept gerade, daß er eben die zu diesem Zweck

zunächst geschürte Angst ausnutzt, um sein Produkt zu bewerben.

Schließlich ändert das dem Empfänger zugesagte Recht, das Handbuch

6 Wochen kostenlos zu testen, nichts daran, daß die angegriffene

Werbung für dieses Produkt aus den vorstehenden Gründen als

sittenwidrige "Angstwerbung" unlauter ist.

Im übrigen ist der Unlauterkeitsvorwurf auch dadurch begründet,

daß die - von dem Landgericht ebenfalls im Einzelnen dargelegte -

Gefahr besteht, daß Unbefugte den Umschlag sehen und annehmen, der

Empfänger gehöre zu dem Kreis derer, die bereits in wirtschaftliche

Bedrängnis geraten seien. Dies liegt zumindest hinsichtlich der

Mitarbeiter der Betriebsinhaber sogar nahe, die im übrigen entgegen

der Behauptung des Antragsgegners keineswegs immer über die

wirtschaftliche Situation ihres Arbeitgebers informiert sind.

Schließlich ist die Aussendung des Werbeschreibens auch im Sinne

des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG geeignet, den Wettbewerb auf dem

betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich

schon aus der Tatsache, daß die Schreiben nicht regional begrenzt

und in einer erheblichen Anzahl versendet worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung

rechtskräftig.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 20.000 DM






OLG Köln:
Urteil v. 02.05.1997
Az: 6 U 24/97


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