Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 25. Januar 2006
Aktenzeichen: 16 O 120/05

(LG Bielefeld: Urteil v. 25.01.2006, Az.: 16 O 120/05)

Tenor

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - zu vollstrecken an dem Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) Telekommunikation- und/oder Internet-Dienstleistungen im Wegen eines Preis-

vergleichs unter Herausstellung einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben

und/oder bewerben zu lassen, ohne zugleich auch unmittelbar in dem Preis-

vergleich darauf hinzuweisen, daß bei dem Produkt „DSL NoLimit 2000 XL“ eine

Mindestvertragslaufzeit besteht und die in dem Preisvergleich genannten Wett-

bewerbsprodukte keiner Mindestvertragslaufzeit unterliegen, wenn dies geschieht

wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der „Neuen Westfäli-

schen Zeitung“ vom 11./12.12.2004;

und/oder

b) einen Preisvergleich, insbesondere einen Preisvergleich mit einer behaupteten

maximalen Jahresersparnis, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn

die zugrundeliegenden Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen

nicht identisch sind, ohne auf die bestehenden Unterschiede unmittelbar und

hinreichend deutlich hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in der als Anlage K 34

beigefügten Werbeanzeige aus der „Neuen Westfälischen Zeitung“ vom

11./12.12.2004;

und/oder

einen Preisvergleich mit einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben und/oder

bewerben zu lassen, wenn zur Gleichartigkeit der verglichenen Telekommunika-

tions- und/oder Internet-Dientleistungen bei „Y.“ Aufpreise bezahlt werden

müssen und dadurch die behauptete maximale Jahresersparnis nicht erreichbar

wird, wenn dies geschieht wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige

aus der „Neuen Westfälischen Zeitung“ vom 11./12.12.2004;

2. an die Klägerin € 792,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Ba-siszinssatz seit dem 21.05.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,-- € und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüg-lich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch. Dem Klagebegehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist das auf dem Gebiet der Telekommunikations-Dienstleistungen größte deutsche Unternehmen. Sie bietet vielfältige Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation an. Sie verfügt über ein Telekommunikationsnetz und stellt ihren Kunden im Rahmen ihres Dienstleistungsangebots u.a. diverse Telefonanschlüsse in verschiedenen technischen Ausführungen zur Verfügung, insbesondere analoge, digitale (ISDN-) und DSL (Digital Subscriber Line) -Telefonanschlüsse. Die Klägerin stellt die technische Plattform für den von ihrer Tochtergesellschaft, der Firma X. AG, angebotenen Online-Dienst "X" zur Verfügung. Den Online-Dienst ihrer Tochtergesellschaft bewirbt und vermarktet die Klägerin umfassend.

Der Markt auf dem Gebiet der Vermittlung von Telefongesprächen im Festnetz ist seit dem 01.01.1998 vollständig liberalisiert worden. Seither bietet eine Vielzahl von Unternehmen ihre lizenzpflichtigen Dienstleistungen an. Grundsätzlich besitzt der Telefonkunde zwei Möglichkeiten, die Dienstleistungen der neuen Anbieter in Anspruch zu nehmen. So können sich die Verbraucher über eine sogen. dauerhafte Voreinstellung (Pre-Selection) dafür entscheiden, daß automatisch alle Gespräche, die mit einer Ortsnetzkennzahl beginnen, durch einen bestimmten Wettbewerber vermittelt werden. Ferner können sie sich dafür entscheiden, den jeweiligen Wettbewerber, der ein konkretes Gespräch vermitteln soll, durch die jeweilige Angabe der entsprechenden, dem Wettbewerber zugeteilten Verbindungsnetzbetreiberkennzahl auszuwählen. Dieses Verfahren wird als "Callby-Call" bezeichnet. Beide Verfahren sind auch für Telefonate in den Ortsbereichen verwendbar.

Die Verbraucher besitzen die Möglichkeit, ihren Telefonanschluß sowohl von der Klägerin als auch von einem Wettbewerber der Klägerin zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die entsprechenden Gespräche werden sodann entweder von der Klägerin für ihre Telefonanschlüsse oder durch den Wettbewerber für dessen Telefonanschluß abgerechnet. Entscheidet sich der Verbraucher dazu, seinen Telefonanschluß als Vollanschluß von einem Wettbewerber zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist das "Pre-Selection"- bzw. das "Callby-Call"-Verfahren nicht oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen möglich.

Sowohl die Klägerin als auch ihre Wettbewerber bieten eine Vielzahl von Tarifen für die einzelnen Telefongespräche an, die jeweils nach bestimmten Zeiten und Entfernungen zwischen den Gesprächsteilnehmern gestaffelt sind.

Zu dem Produktportfolio der Klägerin zählt u.a. der digitale Telefonanschluß "X.-ISDN standard". Für diesen hatten die umworbenen Verkehrskreise zum maßgeblichen Zeitpunkt monatlich einen Betrag in Höhe von 23,60 € zu bezahlen. Dieses Produkt der Klägerin unterliegt keiner Mindestvertragslaufzeit. Verbraucher, die über den Telefonanschluß "X-ISDN standard" der Klägerin verfügen, erhalten ohne Aufpreis von der Klägerin monatlich ihre Telefonrechnung in Papierform. Registriert sich der Verbraucher bei dem Angebot "Rechnung online" erhält er von der Klägerin zudem eine einmalige Gutschrift in Höhe von 5,-- €.

Ende 2004 waren etwa 6,7 Mio. DSL-Anschlüsse in Betrieb, davon wurden 5,5 Mio. von der Klägerin für ihre Endkunden bereitgestellt, der Rest entfiel auf Wettbewerber der Klägerin.

Die Beklagte verfügt über Lizenzen der Klassen 3 und 4. Sie bietet eigene Festnetz-Übertragungswege, Datenübermittlungsdienste, Netzmanagementdienste und Sprachmehrwertdienste an. Sie hält u.a. das Produkt "DSL NoLimit 2000 XL" vor. Für dieses Produkt berechnet die Beklagte einen monatlich zu bezahlenden Betrag in Höhe von 39,99 €. Dieses Produkt kann nur als Gesamtpaket bei der Beklagten abgenommen werden. Die Einzelkomponenten (DSL-Flatrate, DSL-Zugang und ISDN-Anschluß) kann der Verbraucher nicht einzeln buchen. Entscheidet sich der Verbraucher dazu, dieses Produkt in Anspruch zu nehmen, erhält er standardmäßig seine Rechnung elektronisch. Für eine Rechnung in Papierform hat er einen monatlichen Aufpreis von 1,50 € zu zahlen.

Die Dienstleistungen der "Y-Gruppe" werden in Teilen Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens, Schleswig-Holsteins sowie den Städten Berlin, Hamburg, München und den Großraum Nürnberg angeboten. Die Beklagte, die Firma Y Westdeutschland GmbH & Co. KG, ist in Teilen Nordrhein-Westfalens tätig. Die Beklagte ist mit den von ihr für Telefongespräche berechneten Preisen in einer relevanten Anzahl von Fällen nicht billiger als die Klägerin.

Die von ihr angebotenen Telekommunikations- bzw. Internet-Dienstleistungen über das Produkt "DSL NoLimit 2000 XL" hat die Beklagte am 11. bzw. 12.12.2004 in der "Neuen Westfälischen Zeitung" beworben. Wegen der Einzelheiten der Werbeanzeige wird auf die Anlage K 34 Bezug genommen. Die Klägerin ist der Auffassung, die Aussagen der Beklagten in dieser Anzeige seien insoweit wettbewerbswidrig, als sie - die Klägerin - die Unterlassung dieses Aussagen im Rahmen ihres Klageantrages begehre.

Wegen dieser behaupteten Wettbewerbsverstöße hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 15.04.2005 abgemahnt und unter Fristsetzung bis zum 20.04.2005 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe von 150.000,-- € hat die Klägerin ihrer Abmahnung eine Kostennote mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 3.190,-- € beigefügt. Wegen der Abmahnung wird auf die Anlage K 35 Bezug genommen. Die Beklagte hat auf diese Abmahnung nicht reagiert.

Die Klägerin beantragt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - zu vollstrecken an dem (n) Geschäftsführer(n) ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a)

Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen mit der Angabe zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:

"Y sucht Bielefelds cleverste DSL-Nutzer",

wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 11./12.12.2004;

und/oder

b)

Telekommunikation- und/oder Internet-Dienstleistungen im Wegen eines Preisvergleichs unter Herausstellung einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne zugleich auch unmittelbar in dem Preisvergleich darauf hinzuweisen, daß bei dem Produkt "DSL NoLimit 2000 XL" eine Mindestvertragslaufzeit besteht und die in dem Preisvergleich genannten Wettbewerbsprodukte keiner Mindestvertragslaufzeit unterliegen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 11./12.12.2004;

und/oder

c)

einen Preisvergleich, insbesondere einen Preisvergleich mit einer behaupteten maximalen Jahresersparnis, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn die zugrundeliegenden Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen nicht identisch sind, ohne auf die bestehenden Unterschiede unmittelbar und hinreichend deutlich hinzuweisen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 11./12.12.2004;

und/oder

einen Preisvergleich mit einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn zur Gleichartigkeit der verglichenen Telekommunikations- und/oder Internet-Dientleistungen bei "Y" Aufpreise bezahlt werden müssen und dadurch die behauptete maximale Jahresersparnis nicht erreichbar wird, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 11./12.12.2004;

und/oder

d)

für ein nur einheitlich abnehmbares Gesamtangebot mit der Angabe von Einzelpreisen zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 11./12.12.2004;

und/oder

e)

Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen, die in einigen Regionen der Bundesrepublik Deutschland (aktuell in Teilen Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holsteins sowie den Städten Berlin, Hamburg, München und den Großraum Nürnberg [Erlangen, Fürth, Nürnberg]) und auch dort nicht uneingeschränkt angeboten werden, mit der Angabe zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, die "Y-Leistungen" seien schon in vielen Gebieten verfügbar;

2.

an die Klägerin € 1.585,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß dem § 247 BGB seit dem 21.05.2005 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Rechtsauffassung der Klägerin entgegen und trägt im einzelnen dazu vor:

Ihre Aussage "Y sucht Bielefelds cleverste DSL-Nutzer" beziehe sich lediglich auf die Kunden, nicht auf ihre - der Beklagten - Leistung und besage nichts zur Vorteilhaftigkeit des Angebotes.

Der Antrag zu Ziffer 1. b) seit unzulässig, weil unbestimmt und sei im übrigen auch unbegründet, da sie - die Beklagte - ausreichend auf Mindestlaufzeiten hinweise. Im übrigen bestünden auch bei der Klägerin bei bestimmten Leistungen Mindestvertragslaufzeiten.

Auch der Antrag zu Ziffer 1. c) sei zu unbestimmt. Im übrigen sei nicht erforderlich, daß die verglichenen Produkte identisch seien. Im übrigen betreffe das Ausstellen von Rechnungen keine Eigenschaft. Darüber hinaus seien Rechnungskosten für den Verbraucher ohne Relevanz.

Auch der Antrag zu Ziffer 1. d) sei unzulässig, weil er zu weit und zu abstrakt gefaßt sei. Der Antrag sei aber auch insoweit unbegründet, da die Klägerin zum einen selbst aggressiv mit Kosten für die Flatrate werbe. Darüber hinaus würde im Telekommunikationsbereich häufig mit Kopplungsangeboten geworben. Sie - die Beklagte - mache in ihrer Werbung hinreichend deutlich, daß die einzelnen Leistungen nicht getrennt erworben werden könnten.

Der Antrag zu Ziffer 1. e) sei ebenfalls zu unbestimmt, darüber hinaus unbegründet, da beim Verbraucher durch diese Aussage keine relevante Fehlvorstellung veranlaßt werde.

Nach alledem seien auch die Abmahnkosten unbegründet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die wettbewerbsrechlichen Unterlassungsansprüche sind nur zum Teil begründet, haben aber im übrigen keinen Erfolg.

Soweit die Klägerin die Unterlassung der Werbeaussage "Y sucht Bielefelds cleverste DSL-Nutzer" begehrt, bleibt der Anspruch ohne Erfolg. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, diese Werbeaussage sei irreführend und verstoße danach gegen §§ 3, 5 UWG, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Daß mit diesem Teil der Werbung dem angesprochenen Verbraucher suggeriert werden soll, daß die Beklagte der günstigste Anbieter von DSL-Dienstleistungen auf dem relevanten Markt ist, erschließt sich bei unbefangener Betrachtung der Aussage nicht. Vor allem ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte damit aussagt, daß ihre Dienstleistungen in allen Teilbereichen günstiger seien als die der Klägerin. Der Werbeslogan spricht den Kunden als jemanden an, der das Angebot der Beklagten prüfen soll, macht jedoch keine Aussage zum Preis oder der Leistungsfähigkeit der beworbenen Angebote. Den Kunden zur Prüfung der Angebote aufzufordern, ist Sinn der Werbung und sachgerecht. Die Richter der Kammer sind Mitglieder der angesprochenen Verkehrskreise, so daß ihre Wertung der Aussage ausreichend ist. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens in Form einer Verkehrsbefragung bedarf es danach nicht. Die Werbeaussage beinhaltet nach dem oben Gesagten auch nicht einen unsachlichen und herabsetzenden Vergleich zu Lasten der Klägerin und erzeugt auch kein schiefes Bild der Machtverhältnisse auf dem einschlägigen Markt. Durch die Aufforderung durch die Beklagte wird der Kunde zur Prüfung aller für ihn relevanten Angebotsteile veranlaßt. Das ist in keiner Weise herabsetzend, jedenfalls vermag die Kammer eine solche Tendenz der Aussage nicht zu entnehmen. Soweit die Klägerin unter Ziffer 1. b) ihres Klageantrages die Unterlassung der Herausstellung einer maximalen Jahresersparnis ohne Hinweis auf bestehende Mindestvertragslaufzeiten begehrt, ist der Anspruch begründet. Der Anspruch ist zulässig. Er zielt auf das Verbot einer wettbewerbswidrigen Handlung und ist auch ausreichend bestimmt. Den Einwand der anderweitigen Rechtskraft hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan. Der Anspruch ist begründet. Dieser Teil der Werbeaussage verstößt gegen §§ 3, 5 UWG. Durch die Angabe der Jahresersparnis stellt die Beklagte ihre Leistung der der Klägerin gegenüber. Ein Vergleich von Leistungen in jedoch nur dann zulässig, wenn - Unterschiede in den Leistungen vorausgesetzt - diese Unterschiede deutlich herausgestellt werden. Unstreitig besteht bei dem Produkt der Beklagten "DSL NoLimit 2000 XL" eine Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren. Diese Laufzeit gibt es bei der Klägerin nicht. Soweit die Beklagte insoweit vorträgt, auch bei der Klägerin bestünden Mindestvertragslaufzeiten, ist dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar, denn die Beklagte weist in der Fußnote 3 ihrer Werbung ausdrücklich darauf hin, daß bei der Klägerin eben keine solche Mindestvertragslaufzeiten gelten. Der Anspruch ist aber auch aus einem anderen Grund begründet. Die Beklagte weist in der beanstandeten Aussage über eine maximale Jahresersparnis nicht ausreichend darauf hin, daß der angesprochene Kunde eine Mindestlaufzeit des Vertrages von zwei Jahren hinnehmen muß. Der Hinweis auf Ziffer 4. im Fließtext hinter der "maximalen Jahresersparnis" reicht nicht aus, um den Kunden vor Augen zu führen, daß er sich bei der Beklagten für zwei Jahre binden muß. Fußnote Nr. 4 weist nämlich auf die Mindestvertragslaufzeit nicht hin. Soweit die Klägerin in Ziffer 1. c) 1. Alternative die Unterlassung begehrt, daß die Beklagte in ihrem Preisvergleich mit einer maximalen Jahresersparnis wirbt, ohne auf bestehende Unterschiede zwischen ihrem Leistungsangebot und dem der Klägerin hinzuweisen, ist auch dieser Anspruch begründet. Der Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 3, 5, 6, 8 I UWG. Der Antrag ist ausreichend bestimmt, denn die Beklagte kann anhand des Verbotes durchaus feststellen, was und warum ihr etwas verboten worden ist. Der Anspruch ist auch im übrigen begründet. Der Beklagten ist zwar grundsätzlich zuzugeben, daß bei einem Produktvergleich die Waren nicht identisch zu sein brauchen, es muß sich dabei lediglich um vergleichbare Waren und Dienstleistungen handeln (Baumbach/Hefermehl/Bornkamm Wettbewerbsrecht 23. Aufl. § 5 Rdnr. 7.66). Das Unterlassungsbegehren der Klägerin zielt aber nicht auf identische Dienstleistungen ab, sondern das Verbot bezieht sich nur darauf, daß bei nicht identischen Dienstleistungen nicht auf bestehende Unterschiede hingewiesen wird. Bei dem beanstandeten Preisvergleich fehlt es an der Angabe bestehender Unterschiede zum Angebotsspektrum der Parteien. Unstreitig hat der Kunde der Klägerin die - kostensparende - Möglichkeit, über das "Callby-Call"- bzw. das "Pre Selection"-Verfahren Angebote von Wettbewerbern in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit bietet die Beklagte ihren Kunden nicht. Darüber hinaus erhält der Verbraucher bei der Klägerin seine Rechnung in Papierform ohne Aufpreis. Für diese Leistung muß der "Y"-Kunde gesondert bezahlen. Auf diese Unterschiede, die die Kammer für erheblich hält, hätte die Beklagte hinweisen müssen, denn dem Kunden wird eine Gleichwertigkeit der Leistungen vorgespiegelt. Das jedoch ist irreführend und begründet den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Aus dem im vorangegangenen Gesagten ist auch der Unterlassungsanspruch in Ziffer 1. c) 2. Alternative begründet. Zum Erreichen der Gleichartigkeit der gegenübergestellten Leistungsangebote müssen bei der Beklagten Aufpreise für die Papierrechnung bezahlt werden, auf die die Beklagte hätte hinweisen müssen. Unbegründet ist hingegen der Klageantrag zu Ziffer 1. d), mit dem die Klägerin die Werbung mit Einzelpreisen für ein nur einheitlich abnehmbares Gesamtangebot verbieten lassen möchte. Zutreffend ist zwar, daß die Beklagte im Rahmen der Werbung für die Berechnung ihrer maximalen Jahresersparnis Einzelleistungen mit entsprechenden Einzelpreisen bewirbt, tatsächlich können jedoch die Einzelleistungen nur im Paket abgenommen werden. Die Beklagte weist jedoch auf diesen Umstand nach Auffassung der Kammer hinreichend hin. Zum einen steht hinter jedem Preis für die Einzelleistung die Fußnote 1. Diese verweist auf einen Hinweis im Fließtext, aus dem ersichtlich ist, daß die Einzelangebote nur im Paket abgenommen werden können. Hinzu kommt der Hinweis vor jeder Einzelleistung "inkl". Fußnote und "inkl"-Zusatz machen ausreichend deutlich, daß hier nur eine "Paketabnahme" der Leistungen der Beklagten im Rahmen des "DSL NoLimit 2000 XL"-Angebotes durch den Kunden möglich ist. Danach besteht kein Irrtum auf Seiten der potentiellen Kunden. Daß für die Einzelleistungen Einzelpreise ausgeworfen werden und daß für die DSL Flatrate noch dieser Einzelpreis besonders hervorgehoben wird, ist angesichts der im Ergebnis klaren und verständlichen Aussage "Paketpreis" nach Auffassung der Kammer nicht von entscheidender Bedeutung. Für den potentiellen Kunden ist die Kalkulation der Beklagten unerheblich, für ihn zählt der - einzig relevante - Gesamtpreis. Ein Irrtum im Rahmen der Einzelpreise ist danach unbeachtlich. Unbegründet ist auch der Anspruch der Klägerin zu Ziffer 1. e) gerichtet auf das Verbot der Werbeaussage, die Y-Leistungen seien schon in vielen Gebieten verfügbar. Unstreitig bietet die Beklagte ihre Leistungen nicht flächendeckend an. Ebenso unstreitig ist es aber auch, daß die Beklagte in einigen Teilen Deutschlands ihre Leistungen anbietet, unstreitig in Teilen Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens, Schleswig-Holsteins und den Städten Berlin, Hamburg, München und im Großraum Nürnberg. Schon daraus ergibt sich, daß die Beklagte mit ihrer Werbeaussage keine relevante Fehlvorstellung bei dem Verbraucher erweckt. Hinzu kommt, daß die Werbung sich an Bielefelder Verbraucher wendet und in Bielefeld Y in vielen Gebieten tatsächlich verfügbar ist. Der Zahlungsanspruch ist lediglich in Höhe von 792,50 € begründet. Dem Grunde nach folgt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein berechtigtes Abmahnschreiben aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB. Die Hälfte der angefallenen Geschäftsgebühr wird auf die Verfahrensgebühr in diesem Verfahren angerechnet. Danach stehen der Klägerin dem Grunde nach 50 % der Geschäftsgebühr in Höhe von 3.170,-- € zu. Dabei ist der Streitwert angesichts der Bedeutung und der Größe des Marktes und der behaupteten Wettbewerbsverstöße mit 150.000,-- € angemessen bewertet. Die Abmahnung durch die Klägerin vom 15.04.2005 war - wie oben ausgeführt - nur zu einem Teil berechtigt, den die Kammer mit insgesamt 50 % bewertet, so daß sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 792,-- € ergibt. Mit der Zahlung dieses Betrages befindet sich die Beklagte jedenfalls seit dem 21.05.2005 in Verzug. Die Höhe des Verzugszinses folgt aus § 288 I BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 25.01.2006
Az: 16 O 120/05


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