Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 5. März 2010
Aktenzeichen: 21 L 1851/09

(VG Köln: Beschluss v. 05.03.2010, Az.: 21 L 1851/09)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 250,000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt in Baden-Württemberg ein Kabelnetz, über das sie Free- und Pay-TV- Angebote sowie Internet- Zugänge anbietet.

Nachdem u.a. als Folge der Digitalisierung von Rundfunkanwendungen Frequenzen im Bereich von 800 MHz für eine anderweitige Nutzung frei geworden waren (sog. "Digitale Dividende"), erließ die Bundesnetzagentur in der Form einer Allgemeinverfügung die "Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12. Oktober 2009 über die Verbindung der Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz und 1805 bis 1820 MHz mit dem Verfahren zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten sowie über die Festlegungen und Regelungen für die Durchführung des Verfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten; Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 9, 61 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und 5, 132 Abs. 1 und 3 TKG" (Verfügung Nr. 59/2009 - Az. BK 1a-09/002 - Abl. BNetzA Nr. 20/2009 vom 21. Oktober 2009).

Mit dieser Allgemeinverfügung ordnete die Bundesnetzagentur u.a. an, dass der Zuteilung von Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Bereichen 790 bis 862 MHz ein Vergabeverfahren nach § 61 TKG voranzugehen hat (Ziffer II. der Allgemeinverfügung) und dass das Vergabeverfahren als Versteigerungsverfahren durchgeführt wird (Ziffer III. der Allgemeinverfügung). Außerdem enthält die Allgemeinverfügung in den Ziffer IV. Festlegungen und Regeln des Vergabeverfahrens, u.a. Regelungen zur Voraussetzung für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren (Ziffer IV.1.), über die Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes, für den die zu vergebenden Frequenzen verwendet werden dürfen (Ziffer IV.2.), über die Grundausstattung an Frequenzen und die Beschränkung der Bietrechte (Ziffer IV.3.), über die Frequenznutzungsbedingungen einschließlich des Versorgungsgrades bei der Frequenznutzung (Ziffer IV.4.) und das Mindestgebot (Ziffer IV.5.). Unter Ziffer V. der Allgemeinverfügung sind die Versteigerungsregeln im Einzelnen festgelegt. Hinsichtlich der Frequenznutzungsbestimmungen für den Frequenzbereich 800 MHz verweist die Allgemeinverfügung in Ziffer IV.4.2. auf die in einer Anlage 2 zur Allgemeinverfügung enthaltenen vorläufigen Frequenznutzungsbestimmungen. Zudem ist dort ein Vorbehalt der nachträglichen Änderung der Frequenznutzungsbestimmungen für den Fall geregelt, dass dies zur Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung oder aufgrund internationaler Harmonisierungsvereinbarungen erforderlich wird.

Die Antragsgegnerin bereitet derzeit die Versteigerung der Frequenzen vor; sie soll im April 2010 stattfinden.

Die Antragstellerin befürchtet, dass die vorgesehene Nutzung der Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz für den Mobilfunk zu Störungen ihrer kabelgestützten Anwendungen, insbesondere zu Interferenzen mit den von ihren Kunden genutzten Kabelmodems und Set-Top Boxen führt. Sie stützt diese Befürchtungen vornehmlich auf eine Technische Studie des Verbands deutscher Kabelnetzbetreiber e.V. - ANGA - und des Instituts für Rundfunktechnik - IRT - vom 8. April 2009 (Abschlussbericht Beeinflussung der Dienste auf TV-Kabel-Infrastrukturen durch bidirektionale terrestrische Anwendungen LTE im UHF-Bereich), auf ein im Auftrag des österreichischen Fachverbands der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen erstelltes Privatgutachten des Ingenieurs Frank Lesnik vom 9. Februar 2009 (Messtechnische Untersuchung über "Einfluss der Belegung in den UHF-Kanälen K61 - 69 mit UMTS - 3G FDD oder WiMAX Signalen und Auswirkungen auf die Übertragung in Kabel-TV Netzen", auf eine Studie der niederländischen Agentschap Telecom (Radio Communication Agency Netherlands) vom 27. November 2009 (Study of interference to digital cable TV caused by 800 MHz mobile LTE applications), auf den "Measurement Report - Immunity of integrated TV receivers, set top boxes and data modems connected to broadband cable and TV networks against radiation from LTE user equipment" der Bundesnetzagentur vom 28. Januar 2010 und auf ein Gutachten der SBR Juconomy Consulting AG "zur Nutzung der Digitalen Dividende durch Mobilfunknetzbetreiber und den technisch-ökonomischen Konsequenzen für den Betrieb von Kabelnetzen" vom 12. Februar 2010.

Die Antragstellerin hat gegen die Allgemeinverfügung am 04. Dezember 2009 Klage erhoben (21 K 8194/09). Zugleich hat sie den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Sie hält die Allgemeinverfügung für rechtswidrig und trägt vor, bei Eintritt der zu erwartenden und durch die erwähnten gutachterlichen Stellungnahmen belegten Interferenzen komme es zu einer Unzufriedenheit ihrer Kabelkunden insbesondere aus der Wohnungswirtschaft. Sie - die Antragstellerin - sehe sich dann Mehrkosten durch die Behandlung von Beanstandungen und die verstärkte Inanspruchnahme ihres Kunden-Service ausgesetzt. Zudem seien Nachteile durch Vertragskündigungen von Bestandskunden und erhebliche Beeinträchtigungen der Vermarktungsmöglichkeiten ihrer Kabelanwendungen zu befürchten. Schließlich komme es zu einer weitgehenden Entwertung der in ihrem Eigentum stehenden Set-Top-Boxen und Kabelmodems, die zur Vermeidung von Interferenzen durch besser abgeschirmte Nachfolgegeräte ersetzt werden müssten. Deswegen seien die Frequenznutzungsbestimmungen mangels wirksamer Vorkehrungen zu ihrem Schutze unzureichend. Es stehe zu befürchten, dass ihre berechtigten Belange nach der Versteigerung nicht mehr durchsetzbar seien, da spätere Ergänzungen der Frequenznutzungsbestimmungen durch weitere, die zu erwartenden Interferenzen ausschließende oder abmildernde Nebenbestimmungen gegen den Willen der erfolgreichen Bieter in der Auktion nicht mehr möglich seien.

Die Bundesnetzagentur sei verpflichtet, die Allgemeinverfügung durch weitere, ihre - der Antragstellerin - Belange absichernde Nebenbestimmungen zu versehen. Dies sei erforderlich, weil sich der in Ziffer IV.4.2 der Allgemeinverfügung enthaltene Vorbehalt einer späteren Änderung der Frequenznutzungsbestimmungen nach Auffassung der Bundesnetzagentur nicht auf Änderungen zu Gunsten der Kabelnetzbetreiberin beziehe.

Die Antragstellerin beantragt,

gem. §§ 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 21 K 8194/09 gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin - BK 1a-09/002 - anzuordnen, soweit diese Verfügung sich auf den Frequenzbereich 790 bis 862 MHz bezieht und solange nicht - entweder durch geeignete Nebenbestimmungen (in Ergänzung der bisherigen Ziff. IV.4.2. der Verfügung) oder auf andere Weise - sichergestellt ist, dass die Nutzung der zu vergebenden Frequenzen in Baden-Württemberg nicht zu einer Störung von Frequenznutzungen in und längs vorhandener Breitbandkabelnetze, namentlich zu einer Störung des Kabelnetzbetriebs der Antragstellerin einschließlich angeschlossener Kabel-Modems und Set-Top-Boxen führt,

hilfsweise,

gem. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Antragsgegnerin zu untersagen, Frequenzen im Frequenzbereich 790 bis 862 MHz für Baden-Württemberg zu vergeben, solange nicht sichergestellt ist, dass die Nutzung der zu vergebenden Frequenzen nicht zu einer Störung von Frequenznutzungen in und längs vorhandener Breitbandkabelnetze, namentlich zu einer Störung des Kabelnetzbetriebs der Antragstellerin einschließlich angeschlossener Kabel-Modems und Set-Top-Boxen führt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt zunächst vor, das durch Endgeräte nach dem künftigen LTE - Standard befürchtete Störpotential sei keineswegs gewiss. Die von der Antragstellerin hierzu angeführten Untersuchungen und Überlegungen beruhten auf theoretischen Annahmen oder Labormessungen unter Anwendung von Signalgeneratoren. Echte LTE-Geräte hätten dabei nicht zum Einsatz kommen können, da es diese noch nicht gebe. Deswegen wisse man derzeit auch noch nicht, ob und in welchem Umfang es zu Störungen mit demnächst verfügbaren LTE-Geräten kommen werde. Dass die bei den technischen Versuchsanordnungen gefundenen Beobachtungen nicht uneingeschränkt auf andere Verteilanlagen bzw. andere Fabrikate von Endgeräten übertragbar seien, werde in dem Privatgutachten des Ingenieurs Frank Lesnik ausdrücklich betont.

Zudem sei das befürchtete Störszenario überhaupt erst denkbar, wenn LTE-Geräte eine große Verbreitung in von der Antragstellerin versorgten Gebieten erreicht hätten. Damit sei vorerst nicht zu rechnen, da die Nutzung der Frequenzen im Bereich von 800 MHz mit strengen Auflagen zur Flächenversorgung verbunden sei und erst nach deren Erfüllung mit dem Aufbau der nächsten Prioritätsstufe begonnen werden könne. Die Gebiete, in denen die Antragstellerin tätig sei, gehörten aber nicht zu den primären Ausbaugebieten. Deswegen seien die befürchteten Störszenarien keineswegs gewiss und erst in der ferneren Zukunft denkbar.

Im Übrigen hält sie den Antrag bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Unabhängig davon führe auch eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug der Allgemeinverfügung. Jede Aussetzung des Vergabeverfahrens führe sicher zu einer nicht hinnehmbaren und nicht mehr aufholbaren Verzögerung bei der Vergabe der Frequenzen im 800 MHz-Bereich und damit des Aufbaus einer Breitbandinfrastruktur in unterversorgten Gebieten. Demgegenüber seien Beeinträchtigungen der Antragstellerin keineswegs sicher und jedenfalls vorerst nicht zu befürchten. Eine relevante Marktpenetration mit Endgeräten zur Nutzung drahtloser Breitbanddienste sei erst in der zweiten Hälfte der 2010er-Jahre zu erwarten - bis dahin dürfte aber das Hauptsacheverfahren abgeschlossen sein. Zudem müsse die Antragstellerin wegen des sukzessiven Ausbaus der Breitbandinfrastruktur nicht zeitgleich alle Geräte austauschen. Dazu bestehe eine Notwendigkeit nur im Einzelfall, wenn es zu konkreten Störungen komme. Es sei nicht vorstellbar, dass die Notwendigkeit des Austauschs schlecht abgeschirmter Geräte die Antragstellerin in ihrer wirtschaftlichen Existenz oder Leistungsfähigkeit bedrohen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte sowie der Verfahrensakte im Verfahren 21 K 8194/09 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der Hauptantrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebende Wirkung ihrer Klage 21 K 8194/09 begehrt, hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig. Soweit die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen, solange nicht durch geeignete Nebenbestimmungen oder auf andere Weise die Störungsfreiheit der Frequenznutzungen sichergestellt ist, ergeben sich zwar Bedenken nicht nur im Hinblick auf die Bestimmtheit der so erstrebten Auflage bzw. Befristung i.S. von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, sondern auch im Hinblick darauf, dass es dem Gericht verwehrt ist, seine Anordnung mit einer aufschiebenden Bedingung zu verbinden mit der Folge, dass zukünftig mögliche rechtliche Schlussfolgerungen aus zukünftig möglichen tatsächlichen Entwicklungen im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses in einer gerichtlichen Entscheidungsformel vorab festgelegt werden,

OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 1978 - IV B 171/77 -, DÖV 1978, 332 f. = Juris, Rdnr. 19.

Das Gericht legt den Antrag aber im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin dahingehend aus, dass diese die aufschiebende Wirkung ihrer Klage zunächst ohne die genannte Einschränkung begehrt und im Hinblick auf die beim Eintritt bestimmter Bedingungen aus ihrer Sicht nicht weiter notwendige aufschiebende Wirkung ihrer Klage auf die Änderungsmöglichkeit der gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO verweist.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Es ist nicht in jeder Hinsicht ausgeschlossen, dass sie durch Regelungen in der angegriffenen Allgemeinverfügung jedenfalls in ihrem in Art. 14 Abs. 1 GG verankerten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt wird. Nach ihrem Vortrag steht ein Großteil der betroffenen Kabel-Modems, Receiver und Set-Top-Boxen in ihrem Eigentum. Es ist denkbar, dass es insoweit zu einer Entwertung kommt, sollten diese Geräte sich auf Grund von Störungen als nicht mehr brauchbar und austauschbedürftig erweisen.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt zum Nachteil der Antragstellerin aus. Bei dieser Abwägung bleibt die gerichtliche Prüfung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vornehmlich auf solche Einwendungen beschränkt, die der Rechtsschutzsuchende geltend macht, es sei denn, sonstige Mängel der angegriffenen Behördenentscheidung stellen sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich dar.

Vorliegend spricht bereits Vieles dafür, dass die Klage der Antragstellerin zur Hauptsache (21 K 8194/09) erfolglos bleiben wird. Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Allgemeinverfügung kann mithin nicht die Rede sein (1). Eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen geht zum Nachteil der Antragstellerin aus (2).

(1) Soweit die Antragstellerin sich mit ihrer Klage zur Hauptsache auch gegen die in Ziffer I. der angegriffenen Allgemeinverfügung angeordnete Verbindung von Verwaltungsverfahren, gegen die in Ziffer II. getroffene Anordnung eines Vergabeverfahren nach § 61 TKG, gegen die in Ziffer III. getroffene Entscheidung, das Vergabeverfahren als Versteigerungsverfahren durchzuführen, gegen die in Ziffer IV.1., IV.2., IV.3. und IV.5. getroffenen Festlegungen und Regeln des Vergabeverfahrens sowie gegen die in Ziffer V. erfolgte Festlegung der Versteigerungsregeln wendet, dürfte die Klage mangels Betroffenheit der Antragstellerin in eigenen subjektiven Rechten unzulässig, jedenfalls aber mangels Rechtsverletzung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet sein. Die Antragstellerin beruft sich nämlich weder auf eigene Rechtspositionen hinsichtlich der zu vergebenden Frequenzen noch hat sie die Absicht, Nutzungsrechte an diesen Frequenzen durch Teilnahme am Vergabeverfahren zu erwerben.

Soweit sich die Antragstellerin gegen die in Ziffer IV.4. der Allgemeinverfügung getroffenen Frequenznutzungsbestimmungen wendet und diese deswegen für rechtswidrig hält, weil sie keine ihrem Schutz dienenden weiteren Beschränkungen enthalten, spricht viel für die Unbegründet der Klage.

Zunächst ergeben sich auch insoweit Bedenken an der für einen Erfolg der Klage erforderlichen Rechtsverletzung der Antragstellerin i.S. von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO daraus, dass mit der angefochtenen Allgemeinverfügung noch keine Frequenzen i.S. von § 55 TKG zugeteilt werden, sondern die mit ihr getroffenen Entscheidungen der Zuteilung i.S. von §§ 55 Abs. 9, 61 Abs. 1 Satz 1 TKG "vorangehen", die Zuteilung nach § 61 Abs. 1 Satz 3, § 55 TKG mithin erst nach Durchführung des Vergabeverfahrens erfolgt. Die in Ziffer IV.4. der Allgemeinverfügung niedergelegten Frequenznutzungsbedingungen erhalten damit noch keine Verbindlichkeit, sondern dienen dazu, den Interessenten an der Frequenznutzung eine Entscheidungsgrundlage für oder gegen die Teilnahme am Vergabeverfahren zu verschaffen. In diesem Zusammenhang wird allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass ein erfolgreicher Teilnehmer am Vergabeverfahren einen Rechtsanspruch auf Zuteilung von Frequenzen zu den in der Allgemeinverfügung niedergelegten Nutzungsbedingungen hat und grundsätzlich auch vor nachträglichen Beschränkungen der Nutzung geschützt ist, sofern eine solche Möglichkeit in der Allgemeinverfügung nicht vorgesehen war und sich eine Befugnis dazu auch nicht aus anderen Rechtsvorschriften - etwa aus § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG - ergibt. Rechtlich könnte den in der Allgemeinverfügung enthaltenen Frequenznutzungsbestimmungen damit die Wirkung einer unter dem Vorbehalt des Zuschlags stehende Zusicherung der späteren Frequenzzuteilung unter eben diesen Bedingungen i.S. von § 38 Abs. 1 VwVfG zukommen, die Dritte in ihren Rechten verletzen kann,

vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., § 38, Rdnr. 119.

Einer Beantwortung dieser Frage bedarf es vorliegend allerdings nicht, denn auch bei angenommener Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich, dass diese aus anderen Gründen erheblichen Zweifeln unterliegt.

Auf einen Verstoß der Frequenznutzungsbedingungen gegen § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG kann die Antragstellerin sich voraussichtlich nicht erfolgreich berufen. Es spricht bereits viel für die Annahme der Bundesnetzagentur, nach der der hier in Rede stehende Konflikt zwischen leitungsgebundenen Frequenznutzungen und Funkfrequenznutzungen von vornherein nicht dem Regime der §§ 52 ff. TKG unterliegt. Dafür streitet neben den von der Bundesnetzagentur angeführten Erwägungen maßgeblich auch das in den einschlägigen Bestimmungen der Genehmigungsrichtlinie, deren Umsetzung die §§ 52 ff. TKG in weiten Teilen dienen, angelegte Begriffsverständnis. Namentlich wird in Artikel 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie eine "funktechnische Störung", deren Besorgnis nach Buchstabe B Ziffer 3. des Anhangs zur Richtlinie zum Erlass technischer Betriebsbedingungen berechtigt, definiert als ein Störeffekt, der - soweit hier von Bedeutung - einen Funkdienst schwerwiegend beeinträchtigt, behindert oder wiederholt unterbricht. Die leitungsgebundene Frequenznutzung ist aber kein "Funkdienst" in diesem Sinne. Demgegenüber unterliegt der Schutz von Telekommunikationsnetzen und an diesen angeschlossenen Geräten gegen elektromagnetische Störungen der Richtlinie 2004/1008/EG des Europäischen Parlamentes und des Rats vom 15. Dezember 2004 über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und zur Aufhebung der Richtlinie 89/336/EWG 8 (hier Erwägungsgrund 2), die im Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) ihre Umsetzung in nationales Recht gefunden hat.

Ob die Antragstellerin sich darüber hinaus auch deshalb nicht auf § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG wird berufen können, weil die kabelgebundene Signalübertragung keine Frequenznutzung darstellt und diese Vorschrift eine Frequenzvergabe nur dann hindern bzw. die Bundesnetzagentur nur dann zu Maßnahmen zur Sicherstellung der Verträglichkeit verpflichten kann, wenn zu befürchten ist, dass die Nutzung der zu vergebenden Frequenzen zu Störungen anderer Frequenznutzungen führt, kann offen bleiben. Zwar spricht einiges für die Annahme der Bundesnetzagentur, dass die kabelgebundene Signalübertragung jedenfalls dann keine Frequenznutzung i.S. von § 3 Nr. 9 TKG darstellt, wenn sie Freizügigkeit nach § 53 Abs. 2 Satz 3 TKG genießt. Jedenfalls bis zum Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vom 14. Juli 2009 (BGBl. I, 1809) war auf der Grundlage der Nutzungsbestimmung 30 in Teil B der Anlage zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vom 28. September 2004 (BGBl. I, 2499) nicht zweifelhaft, dass - sofern man überhaupt davon auszugehen hat, dass die Antragstellerin elektromagnetische Wellen "führt" - es sich um eine freizügige Nutzung handelt.

Aber auch unter Berücksichtigung der im Jahre 2009 erfolgten Änderungen der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung dürfte im Ergebnis nichts anderes gelten. Diese Änderungen haben u.a. dazu geführt, dass sich in der derzeit geltenden Verordnung keine Regelungen zu Frequenznutzungen in und längs von Leitern mehr finden. Damit ist verbunden, dass auch die nach § 53 Abs. 2 Satz 3 TKG erforderlichen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Festlegungen, bei deren Einhaltung eine freizügige Nutzung von Frequenzen in und längs von Leitern zulässig ist, entfallen sind. Wollte man daraus die rechtliche Konsequenz ziehen, dass nunmehr keine Frequenznutzungen in und längs von Leitern mehr freizügig i.S.v. § 3 Nr. 9 Satz 2 und § 53 Abs. 2 Satz 3 TKG sind, dann würde die Antragstellerin die Voraussetzungen einer Frequenznutzung i.S. von § 3 Nr. 9 Satz 2 TKG zwar möglicherweise erfüllen. Gleichwohl könnte sie sich aber nicht auf einen über § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG vermittelten Schutz vor störenden Einwirkungen berufen, da ihre Frequenznutzung mangels Zuteilung und wegen Fehlens eines Ausnahmetatbestandes gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 TKG dann unberechtigt wäre. Dass in diesem Fall dem Frequenznutzungsplan eine Allgemeinzuteilung i.S. von § 55 Abs. 2 TKG zu entnehmen wäre - wie die Antragstellerin dies meint - erscheint dem Gericht wegen der Zugehörigkeit des Frequenznutzungsplans nach § 54 TKG zur Planungsebene und einer Allgemeinzuteilung nach § 55 Abs. 2 TKG zur Zuteilungsebene als nicht naheliegend. Geht man demgegenüber mit der Antragsgegnerin davon aus, dass auf Grund von gesetzgeberischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, 2409) erfolgten Änderung des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln Regelungen zur Frequenznutzung in und längs von Leitern dem Regime des Telekommunikationsgesetzes entzogen worden und in das EMVG überführt worden sind - wobei die dabei an sich erforderlichen Änderungen von § 3 Nr. 9 Satz 2 und § 53 Abs. 2 Satz 3 TKG in Folge eines "Redaktionsversehens" unterblieben sind -, bliebe für die Anwendung von § 3 Nr. 9 Satz 2 TKG kein Raum mehr. In diesem Fall bliebe es voraussichtlich dabei, dass die Antragstellerin keine Frequenznutzung betreibt.

Letztlich bedürfen aber auch diese Fragen im vorliegenden Zusammenhang keiner abschließenden Beantwortung. Denn selbst wenn man annähme, dass die Bundesnetzagentur auch zu Gunsten der Antragstellerin vor der Zuteilung sicherzustellen hätte, dass die zukünftige Nutzung der Frequenzen im Bereich von 800 MHz mit den Anwendungen und Diensten der Antragstellerin "verträglich" i.S. von § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG ist, führte dies jedenfalls nicht zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit der in der Allgemeinverfügung niedergelegten Frequenznutzungsbestimmungen. Anders als in § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 55 Abs. 4, 7 und 5 Nr. 4, § 60 Abs. 1 und 2 und § 2 Abs. 1 Nr. 7 TKG stellt das Gesetz in § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG nicht auf eine "störungsfreie" Frequenznutzung ab, sondern lässt die "Verträglichkeit" mit anderen Frequenznutzungen ausreichen. Der Begriff der "Verträglichkeit" geht deutlich weiter als der der "Störungsfreiheit", wie sich auch aus den gesetzlichen Definitionen der Begriffe der "elektromagnetischen Verträglichkeit" und der "elektromagnetischen Störung" in § 3 Nr. 4 und Nr. 5 EMVG ergibt. Während danach unter einer "Störung" bereits "jede elektromagnetische Erscheinung, die die Funktion eines Betriebsmittels beeinträchtigen könnte", verstanden wird, setzt die "Verträglichkeit" (nur) voraus, dass ein Betriebsmittel "zufriedenstellend" arbeiten kann, ohne Störungen zu verursachen, die "unannehmbar" wären. Hiervon ausgehend spricht viel dafür, dass eine Unverträglichkeit von Nutzungen nicht schon dann gegeben ist, wenn sich die in Rede stehenden Nutzungen stören, sondern erst dann, wenn sich solche Störungen nicht im Wege gegenseitiger Rücksichtnahmen und ohne Inkaufnahme unverhältnismäßiger Nachteile vermeiden oder auf ein erträgliches Maß verringern lassen. Dass dies vorliegend der Fall sein könnte, lässt sich aus den bisher vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen und Studien nicht ableiten. Diesen lässt sich zwar entnehmen, dass bei Nutzung der Frequenzen im Bereich von 800 MHz der Einsatz von Mobilfunkendgeräten in der Nähe von Kabel-Modems, Receivern und Set-Top-Boxen zu Störungen dieser Geräte führen kann und dass solche Störungen auch nicht unwahrscheinlich sind. Ihnen lässt sich aber nicht entnehmen, dass diese Störungen unvermeidbar sind und sich nicht durch den Einsatz entsprechend abgeschirmter Geräte oder die Beschränkung von Sendeleistungen vermeiden oder zumindest auf ein erträgliches Maß zurückführen ließen. Eine die Frequenzzuteilung sperrende Unverträglichkeit der Frequenznutzungen durch Mobilfunknetzbetreiber einerseits und Kabelnetzbetreiber andererseits i.S. von § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG erscheint deswegen wenig wahrscheinlich. Dass gegebenenfalls Maßnahmen zur Störungsvermeidung bzw. -verringerung erforderlich werden, ist jedenfalls kein Umstand, der die Verträglichkeit der Frequenznutzungen i.S. von § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG beseitigt und damit eine Frequenzvergabe hindert.

Voraussichtlich wird sich die Antragstellerin daneben auch nicht erfolgreich auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG berufen können mit der Folge, dass sie ein subjektives Recht auf Sicherstellung der Störungsfreiheit einer zukünftigen Frequenznutzung hätte. Es spricht nämlich Überwiegendes dafür, dass die in § 52 Abs. 1 TKG normierten Aufgaben der Frequenzordnung und die in § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG normierten Regulierungsziele ausschließlich öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt sind und keine subjektiven (Abwehr-) Rechte zu Gunsten der Antragstellerin begründen. Ob eine Norm nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm zumindest auch dem Schutz der Interessen eines bestimmten Personenkreises zu dienen bestimmt ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei insbesondere auch dem Kriterium der Individualisierbarkeit des von einer Norm rechtlich betroffenen Personenkreises eine entscheidende Bedeutung zukommt. An der Individualisierbarkeit des von dem Erfordernis der Sicherstellung einer störungsfreien Frequenznutzung i.S.v. § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG betroffenen Personenkreises fehlt es in Anbetracht der denkbaren zahlreichen und unterschiedlichen Störpotentiale vorliegend aber, so dass sich der Kreis der potentiell von Störungen Betroffenen nicht hinreichend deutlich von der Allgemeinheit abgrenzen lässt.

Aber selbst wenn man annähme, die Antragstellerin könne sich als Unternehmen, das leitungsgebundene Frequenznutzungen betreibt oder unter dem Gesichtspunkt der in § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG angesprochenen "Belange des Rundfunks" insoweit auf subjektive Rechtspositionen berufen, wäre die Feststellung eines Verstoßes der angefochtenen Allgemeinverfügung gegen § 52 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG in hohem Maße fraglich. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Gebot der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung eine Zielvorgabe für die Frequenzordnung (§ 52 Abs. 1 TKG) bzw. ein allgemeines Regulierungsziel (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG) darstellt, das im Wege der Abwägung mit anderen Regulierungszielen in Einklang zu bringen ist. Das ergibt sich schon daraus, dass selbst innerhalb dieser Zielvorgabe die Effizienz und die Störungsfreiheit konfligierende Ziele sind, die nicht im Sinne eines Maximierungsgebots des einen auf Kosten des anderen zu verstehen, sondern im Wege wertender Abwägung badarfsgerecht zum Ausgleich zu bringen sind. Das Gebot der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung verpflichtet die Bundesnetzagentur damit nicht zur Herstellung maximaler Störungsfreiheit, sondern dazu, funktechnische Störungen auf ein akzeptables Maß im Sinne einer Herstellung größtmöglicher Störungsfreiheit bei größtmöglicher Effizienz der Frequenznutzung zu reduzieren.

Vgl. Wegmann in Säcker, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 52 Rdnr. 35: § 55 Rdnr. 32; Marwinski in Arndt/Fezer, Telekommunikationsgesetz, § 55 Rdnr. 25, § 52 Rdnr. 4.

Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs zwischen dem Ziel der effizienten und dem Ziel der störungsfreien Frequenznutzung verfügt die Bundesnetzagentur über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Zwar ist die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe regelmäßig Sache der Gerichte, die die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen haben. Doch reicht die Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung nicht weiter als die materiellrechtliche Bindung der Exekutive. Sie endet dort, wo das materielle Recht der Verwaltungsbehörde in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht Gesetzen unter anderem dann eine Beurteilungsermächtigung für die Verwaltung entnommen, wenn der von ihr zu treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das mit besonderer fachlicher Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet, zumal wenn es sich um ein Kollegialorgan handelt, das mögliche Auffassungsunterschiede bereits in sich zum Ausgleich bringt und die Entscheidung damit zugleich versachlicht, BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 ; Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 ; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 -, BVerwGE 129, 27, Rn. 27 = Buchholz 418.72 WeinG Nr. 30 m.w.N.; Urteil vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 -, Buchholz 442.066 § 132 TKG Nr. 1, Rn. 29 f.; Urteil vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 2, Rdnr. 16 ff..

Diese Voraussetzungen treffen auf die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe der §§ 52 Abs. 1, 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG innerhalb des in den §§ 132 ff. TKG geregelten förmlichen Verfahrens durch die Bundesnetzagentur zu. Das Abwägungsergebnis wäre demgemäß vom Gericht nur daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat,

vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 1, Rdnr. 14 ff.; Urteil vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 -, a.a.O., Rdnr. 18.

In diesem Zusammenhang spricht - wie ausgeführt - zunächst viel für die Annahme der Bundesnetzagentur, nach der der hier in Rede stehende Konflikt zwischen leitungsgebundenen Frequenznutzungen und Funkfrequenznutzungen nicht dem Regime der §§ 52 ff. TKG unterliegt. Unabhängig davon dürfte auch der Ansatzpunkt der Bundesnetzagentur, dass ein Ausgleich über die Bestimmungen des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln gefunden werden kann und dass bei der zunächst zu erwartenden Funkstellendichte auf absehbare Zeit mit einer nur relativ geringfügigen Störwahrscheinlichkeit zu rechnen sei, so dass auf beiden Seiten noch Möglichkeiten zur Verbesserung der Koexistenzbedingungen bestehen, im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums jedenfalls nicht offensichtlich defizitär sein. In diesem Zusammenhang fällt sicherlich ebenfalls ins Gewicht, dass auch auf Seiten der Mobilfunkbetreiber ein hohes wirtschaftliches Interesse daran bestehen dürfte, durch entsprechende technische Maßnahmen Interferenzen, die sich nachteilig auf den Rundfunk- und Fernsehempfang bei ihren Kunden auswirken, zu vermeiden. Die Akzeptanz ihrer Produkte und Dienstleistungen hängt nämlich nicht weniger als bei den Kabelnetzbetreibern maßgeblich auch von deren störungsfreier Nutzbarkeit ab, wobei der Endnutzer, der die Dienste der Antragstellerin bislang störungsfrei genutzt hat, eher geneigt sein wird, die Verantwortlichkeit für (plötzlich) auftretende Störungen dem Mobilfunkbetreiber und nicht der Antragstellerin zuzuweisen.

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus auch einen Schutzanspruch zu ihren Gunsten aus § 55 Abs. 10 Satz 1 TKG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 TKG herleitet, gilt im Ergebnis nichts anderes. Zunächst spricht schon nichts Durchgreifendes dafür, dass sich das von der Bundesnetzagentur nach § 55 Abs. 10 TKG auszuübende Ermessen nur im Sinne eines Anspruchs auf Erlass entsprechender Nebenbestimmungen zu Gunsten der Antragstellerin verdichten könnte. Im Weiteren gilt aber auch in diesem Zusammenhang, dass der Behörde bei der Beantwortung der Frage, ob eine Frequenznutzung mit den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG unvereinbar ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet ist, in dessen Ausfüllung der Gesichtspunkt der Vermeidbarkeit und späteren Lösbarkeit behaupteter Nutzungskonflikte eine abwägungsrelevante Tatsache bzw. Annahme darstellt. In diesem Zusammenhang erscheint die von der Antragstellerin befürchtete einseitige Verpflichtung der Kabelnetzbetreiber, Störungen ausschließlich auf ihre Kosten zu vermeiden, jedenfalls nicht zwingend. Im Übrigen sind auch die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 TKG nicht im Sinne eines Maximierungsgebots der dort genannten Belange gegenüber den anderen in § 2 Abs. 2 TKG genannten Regulierungszielen zu verstehen.

Soweit die Antragstellerin aus dem Umstand, dass ihre Kabelnutzung älter als die nun beabsichtigte Mobilfunknutzung ist, sowie aus dem Umstand, dass sie über ihr Kabelnetz überwiegend Fernseh- und Rundfunksignale verteilt, ableitet, dass ihre Nutzung auch im Hinblick auf die Störungsvermeidung gegenüber der Mobilfunknutzung Priorität genießen müsse, führt auch dies nicht zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit der in der Allgemeinverfügung niedergelegten Frequenznutzungsbestimmungen. Die Antragstellerin weist in diesem Zusammengang zu Recht darauf hin, dass die Verträglichkeit neu hinzukommender Frequenznutzungen mit vorhandenen Frequenznutzungen nach § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG Voraussetzung der Zuteilung ist. Wie oben ausgeführt, lässt sich den von der Antragstellerin in Bezug genommenen Untersuchungen aber nicht mit hinreichender Gewissheit entnehmen, dass die hier in Rede stehenden Nutzungen unverträglich sind. Dass Maßnahmen zur Störungsbeseitigung erforderlich werden können, hindert - wie ausgeführt - nämlich aller Voraussicht nach nicht die Verträglichkeit.

(2) Auch eine unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage vorgenommene Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an dem Sofortvollzug der mit der Allgemeinverfügung getroffenen Entscheidungen gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin am Aufschub des Vergabeverfahrens. Würde dem vorliegenden Antrag stattgegeben, hätte dies zur Folge, dass bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren die geplante Vergabe von Funkfrequenzen, deren bestimmungsgemäße Nutzung im Interesse der Allgemeinheit liegt, nicht durchgeführt werden könnte - die in Rede stehenden Frequenzen könnten dann vorerst nicht genutzt werden und lägen brach. Sie würden damit nicht nur der Nutzung durch die Allgemeinheit, sondern auch der weiteren Entwicklung des Wettbewerbs entzogen. Insbesondere der politisch für dringlich gehaltene Ausbau der Breitbandversorgung in den bislang unterversorgten Gebieten würde sich dadurch auf nicht absehbare Zeit verzögern. Dass die Antragsgegnerin mit der beabsichtigten Versteigerung demgegenüber "offenkundig nur das Ziel" verfolgt, "größtmögliche Versteigerungsgewinne zu generieren", wie die Antragstellerin vorträgt, erschließt sich dem Gericht in Ansehung der vom Bundeskabinett im Februar 2009 beschlossenen Breitbandstrategie nicht.

Demgegenüber wiegen die Interessen der Antragstellerin an einem Aufschub des Vergabeverfahrens relativ gering. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass die von der Antragstellerin versorgten Gebiete nicht zu den primär mit entsprechenden Mobilfunktechniken zu versorgenden Gebieten gehören und dass der Einsatz der insoweit als besonders störempfindlich angesehenen LTE-Technik derzeit mangels Verfügbarkeit entsprechender massenmarkttauglicher Endkundengeräte in zeitlicher Hinsicht noch nicht absehbar ist. Selbst wenn sich die von der Antragstellerin befürchteten Störszenarien einstellen würden, wäre die Antragstellerin davon demnach zunächst nicht oder nur geringfügig betroffen. Dementsprechend würden sich die von ihr befürchteten Nachteile - geschäftliche Einbußen durch Kundenunzufriedenheit, Vermarktungsschwierigkeiten sowie erhöhte Service- und Gerätekosten - nicht in Kürze und in hoher Zahl und Dichte einstellen, sondern allenfalls allmählich. Da das Gericht bemüht ist, das vorliegende Hauptsacheverfahren zügig zu entscheiden, steht überdies zu erwarten, dass eine rechtskräftige Entscheidung in diesem Verfahren nicht so spät ergehen wird, dass zumindest ein erheblicher Teil dieser Nachteile nicht zu vermeiden bzw. abzumildern wäre.

Sollte sich als Ergebnis des Hauptsacheverfahrens herausstellen, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf den Erlass weiterer, ihrem Schutz dienender Nebenbestimmungen im Rahmen der zu erwartenden Zuteilungsentscheidungen hat, so lassen sich diese auch aller Voraussicht nach nachträglich noch gegenüber den Frequenznutzern durchsetzen. Die Frequenznutzungsbestimmungen in der angefochtenen Allgemeinverfügung enthalten unter Ziffer IV. 2. Abs. 3 nämlich die Bestimmung, dass sie nachträglich geändert werden können, insbesondere wenn dies zur Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung oder aufgrund internationaler Harmonisierungsvereinbarungen erforderlich wird. Zwar ist die Antragstellerin der Auffassung, bei "systematischer Auslegung" greife diese Befugnis zu ihren Gunsten deshalb nicht, weil die Antragsgegnerin in der Begründung der Allgemeinverfügung zum Ausdruck gebracht habe, dass Frequenznutzungen in und längs von Leitern nicht dem TKG unterliegen. Ob eine solche einschränkende Auslegung hier naheliegend ist, bedarf vorliegend keiner Beantwortung. Sie hätte jedenfalls voraussichtlich dann keine Grundlage mehr, wenn sich die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren mit ihrem - gegenteiligen - Rechtsstandpunkt durchsetzen und das Gericht die Antragsgegnerin entsprechend verpflichten würde. Überdies wäre die Antragstellerin aber auch dann für den Fall ihres Obsiegens im Hauptsacheverfahren hinreichend geschützt, wenn sich die Befugnis der Antragsgegnerin zur nachträglichen Änderung der Frequenznutzungsbestimmungen im vorliegenden Fall als untauglich erwiese. Denn die Antragsgegnerin hat inzwischen die beteiligten Kreise u.a. auch über die von der Antragstellerin gegen die Allgemeinverfügung anhängig gemachten Rechtsbehelfsverfahren informiert und dabei darauf hingewiesen, dass nunmehr alle zu vergebende Frequenzen "streitbefangen" im Sinne der Allgemeinverfügung seien (http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/18065.pdf). Danach unterfallen sie auch der Regelung unter Ziffer IV. 4.7. der Allgemeinverfügung, nach der die Frequenzzuteilungen mit einer auflösenden Bedingung versehen werden, wonach die Frequenzzuteilung wegfällt, wenn die gesetzlichen Zuteilungsvoraussetzungen aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts als zum Zeitpunkt der Zuteilung nicht gegeben anzusehen sind. Sollte das mit der Hauptsacheklage der Antragstellerin verfolgte Anfechtungsbegehren, dessen Sicherung der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dient, Erfolg haben, entfielen damit sogar die Frequenzzuteilungen in Gänze. Dass die damit verbundenen Unsicherheiten sich auf den wirtschaftlichen Wert der zu vergebenden Frequenzen auswirken können, ist naheliegend, stellt jedoch keinen Belang dar, der vorliegend im Rahmen der Bewertung des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin zu berücksichtigen wäre. Dies spricht vielmehr dafür, dass die Annahme der Antragstellerin, die Antragsgegnerin verfolge mit dem Versteigerungsverfahren allein das Ziel einer Einnahmenmaximierung, unzutreffend ist.

Dementsprechend bleibt auch der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gerichtete Hilfsantrag der Antragstellerin ohne Erfolg. Ungeachtet der sich in Anbetracht des grundsätzlichen Vorrangs des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ergebenden Zweifel an der Statthaftigkeit des Antrags hat die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt in Anlehnung an die oben getroffenen Feststellungen daraus, dass im Hinblick auf die nicht bereits mit der Durchführung des Vergabeverfahrens, sondern erst geraume Zeit später möglicherweise eintretenden Nachteile die Verwirklichung der vermeintlichen Rechte der Antragstellerin nicht vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1 u. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 137 Abs. 3 Satz 1 TKG).






VG Köln:
Beschluss v. 05.03.2010
Az: 21 L 1851/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a05f343675d9/VG-Koeln_Beschluss_vom_5-Maerz-2010_Az_21-L-1851-09




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