Bundespatentgericht:
Urteil vom 10. März 2009
Aktenzeichen: 3 Ni 73/06

(BPatG: Urteil v. 10.03.2009, Az.: 3 Ni 73/06)

Tenor

1.

Das europäische Patent 1 061 198 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise im Umfang des Patentanspruchs 1, des Patentanspruchs 3, soweit er auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist, des Patentanspruchs 4, soweit er auf Patentanspruch 3 in dessen Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist, weiterhin im Umfang des Patentanspruchs 7, des Patentanspruchs 9, soweit er auf Patentanspruch 7 rückbezogen ist, und des Patentanspruchs 10, soweit er auf Patentanspruch 9 in dessen Rückbeziehung auf Patentanspruch 7 rückbezogen ist, für nichtig erklärt.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 061 198 (Streitpatent), das am 9. Juni 2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der Unionspriorität DK 86899 vom 18. Juni 1999 angemeldet worden ist, und das vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer DE 600 04 927 geführt wird. Das in der Verfahrenssprache englisch erteilte Streitpatent mit der Bezeichnung "Ein Fenster für den Einbau in eine Dachstruktur und die Verwendung einer dazugehörigen Halterung" umfasst 12 Patentansprüche. Die Patentansprüche 1 und 7 lauten:

1. Fenster (1; 101) zum Einbau in eine Dachstruktur, aufweisend einen Rahmen mit einer Anzahl von Rahmenelementen (2; 102) und mehreren Befestigungsbügeln (7; 107), von denen jeder einen ersten Schenkel (7a, 7b; 107a) zur Verbindung mit der Außenseite eines Rahmenelements und einen im Wesentlichen senkrecht dazu verlaufenden zweiten Schenkel (7b, 7a; 107b) zur Verbindung mit der Dachstruktur aufweist, der mit dem ersten Schenkel an einem Verbindungspunkt (7c; 107c) verbunden ist, und bei dem die mit den Befestigungsbügeln zu verbindende Außenseite zumindest der Rahmenelemente eine längliche Kennzeichnung (16; 116) hat, die sich in Längsrichtung des Rahmenelements erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Befestigungsbügel mindestens eine Kennzeichnung aufweist, die eine geteilte Skala (17, 18; 117) zum Zusammenwirken mit der länglichen Kennzeichnung (16; 116) des Rahmenelements hat.

7. Verwendung des Befestigungsbügels für den Einbau eines Elements, insbesondere eines Fensters, in eine Dachstruktur, aufweisend einen ersten Schenkel (7a, 7b; 107a) zur Verbindung mit der Außenseite des Elements und einen zweiten, im Wesentlichen senkrecht dazu verlaufenden Schenkel (7b, 7a; 107 b) zur Verbindung mit der Dachstruktur, der mit dem ersten Schenkel an einem Verbindungspunkt (7c; 107c) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Befestigungsbügel zumindest eine Kennzeichnung aufweist, die eine geteilte Skala (17, 18; 117) zum Zusammenwirken mit der Kennzeichnung (16; 116) am Element hat.

Die Klägerin, die das Streitpatent nur teilweise im Umfang der Patentansprüche 1, 3, 4, 7, 9 und 10 angreift, macht geltend, dass die Gegenstände der angegriffenen Patentansprüche gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik mangels erfinderischer Tätigkeit nicht bestandsfähig seien und das Streitpatent deshalb im angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären sei.

Die Klägerin bezieht sich im Wesentlichen auf eine behauptete offenkundige Vorbenutzung und legt hierzu in der mündlichen Verhandlung eine Einbauanleitung für Dachfenster Braas Junior 07/96 (NK18) im Original vor, dessen Echtheit die Beklagte nicht bestreitet.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das europäische Patent 1 061 198 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise im Umfang des Patentanspruchs 1, des Patentanspruchs 3, soweit er auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist, des Patentanspruchs 4, soweit er auf Patentanspruch 3 in dessen Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist, weiterhin im Umfang des Patentanspruchs 7, des Patentanspruchs 9, soweit er auf Patentanspruch 7 rückbezogen ist, und des Patentanspruchs 10, soweit er auf Patentanspruch 9 in dessen Rückbeziehung auf Patentanspruch 7 rückbezogen ist, nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass die Einbauanleitung NK18 sowie die behaupteten Vorbenutzungshandlungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, und macht geltend, dass unabhängig hiervon die Lehre des Streitpatents auch bei unterstellter Richtigkeit des klägerischen Tatsachenvortrages und unter Berücksichtigung des geltend gemachten Standes der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Hinsichtlich des Inhalts der weiteren Patentansprüche, des weiteren Vorbringens der Parteien sowie der vorgelegten Dokumente wird auf den Akteninhalt und die Sitzungsniederschrift vom 10. März 2009 verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige auf den Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage erweist sich als begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang des Urteilsausspruchs.

1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift betrifft die Erfindung ein Fenster zum Einbau in eine Dachstruktur, aufweisend einen Rahmen mit einer Anzahl von Rahmenelementen und mehreren Befestigungsbügeln, von denen jeder einen ersten Schenkel zur Verbindung mit der Außenseite eines Rahmenelements und einen zweiten im Wesentlichen senkrecht dazu verlaufenden Schenkel zur Verbindung mit der Dachstruktur aufweist, der mit dem ersten Schenkel an einem Verbindungspunkt verbunden ist, und bei dem die mit den Befestigungsbügeln zu verbindende Außenseite zumindest der Rahmenelemente mit einer länglichen Markierung versehen ist, die sich in Längsrichtung des Rahmenelements erstreckt [0001 der PS].

Wenn derartige Fenster montiert werden, werden üblicherweise während des Einbaus zwei oder drei winkelförmige Befestigungsbügel in jedes der Rahmenseitenelemente geschraubt, worauf das Fenster in der Dachöffnung positioniert und mittels der zweiten Schenkel an der benachbarten Dachstruktur befestigt wird. Die längliche Kennzeichnung, die beispielsweise eine Nut und/oder eine farbige Kennzeichnungslinie sein kann, ermöglicht ein korrektes Positionieren der Bügel in Querrichtung der Rahmenelemente, so dass der zur Verbindung mit der Dachstruktur vorgesehene Schenkel auf gewünschter Höhe im Hinblick auf die Verkleidung positioniert wird, was für die Sicherstellung einer Abdichtung zwischen Fenster und umgebender Dachabdeckung erforderlich ist [0002].

Die Verkleidung wird normalerweise zusammen mit dem Fenster im einbaufertigen Zustand geliefert und weist im Allgemeinen einen L-förmigen Teil auf, dessen erster Lappen geeignet ist, sich aufwärts entlang den Seitenelementen des Rahmens zu erstrecken und so in der befestigten Stellung zumindest teilweise den entsprechenden Schenkel des Befestigungsbügels zu überlappen, während der zweite Lappen derart positioniert wird, dass er die Dachabdeckung dichtend überlappt. Abhängig von dem Aufbau der Dachstruktur ruht der zweite Lappen entweder direkt auf dem entsprechenden Schenkel des Befestigungsbügels, auf einem Unterdach oder auf einem Isoliermaterial, die unterschiedliche Dicke haben können. Da es nicht erwünscht ist, die Abdeckung am Montageort anzupassen, soll die längliche Markierung des Rahmens in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass die Befestigung des Befestigungsbügels so erfolgt, dass die Entfernung zwischen oberer Fläche des Rahmens und Anlagefläche der Verkleidung auf der Dachstruktur im Wesentlichen konstant ist, unabhängig vom Aufbau der Dachstruktur, so dass der erste Lappen der Verkleidung sich ausreichend weit nach oben auf dem zugehörigen Rahmenelement erstreckt, wodurch andererseits der Befestigungspunkt des Befestigungsbügels am Rahmenelement abhängig vom Aufbau der Dachstruktur unterschiedlich ist [0003]. Um den Befestigungsbügel am in Frage stehenden Rahmenelement zu befestigen, müssen die in Frage stehenden Teile der Dachstruktur daher vor der Befestigung ausgemessen werden. Eine solche Messung ist eine offensichtliche Fehlerquelle, durch die sich die Montage erheblich verzögern kann [0004]. Aus WO 88/04348 ist ein Montagewinkel bekannt, der diesen Mangel teilweise beseitigt. Der aus dieser Schrift bekannte Montagewinkel ist für den Einbau eines Fensters mit drei Halterungsnuten beabsichtigt. Die Halterungsnuten verlaufen beabstandet in der Querrichtung der Blendrahmen-Seitenstücke in deren Längsrichtung. Der Montagewinkel kann vorläufig an das Blendrahmen-Seitenstück befestigt werden durch Flachdorne, die in einem der Schenkel des Montagewinkels angeordnet sind, und die in einer der Halterungsnuten aufgenommen sind [0005].

2.

Es ist die Aufgabe der Erfindung, ein Fenster der erwähnten Art mit einer Verbesserung zu versehen, durch die der Einbau des Fensters vereinfacht und daher wirtschaftlicher wird, wobei gleichzeitig das Risiko fehlerhafter Messungen verringert wird [0006].

3.

Die Aufgabe gemäß der Erfindung wird dadurch gelöst, dass jeder Befestigungsbügel mindestens eine Kennzeichnung aufweist, die eine geteilte Skala zum Zusammenwirken mit der länglichen Kennzeichnung des Rahmenelements hat [0007]. Patentanspruch 1 beschreibt danach, nach Merkmalen gegliedert, ein 1. Fenster (1; 101) zum Einbau in eine Dachstruktur, 1.1. aufweisend einen Rahmen mit 1.1.1. einer Anzahl von Rahmenelementen (2; 102)

1.1.2.

und mehreren Befestigungsbügeln (7; 107), 2.

von denen jeder 2.1. einen ersten Schenkel (7a, 7b; 107a) zur Verbindung mit der Außenseite eines Rahmenelements und 2.2. einen zweiten Schenkel (7b, 7a; 107b) zur Verbindung mit der Dachstruktur aufweist, 2.2.1 wobei der zweite Schenkel im Wesentlichen senkrecht zum ersten Schenkel verläuft 2.2.2.

und mit dem ersten Schenkel an einem Verbindungspunkt (7c; 107c) verbunden ist.

3.

Die Außenseite zumindest der Rahmenelemente, die mit den Befestigungsbügeln zu verbinden sind, hat eine längliche Kennzeichnung (16; 116), 4.

die sich in Längsrichtung des Rahmenelements erstreckt.

5.

Jeder der Befestigungsbügel weist mindestens eine Kennzeichnung zum Zusammenwirken mit der länglichen Kennzeichnung (16; 116) des Rahmenelements auf.

6.

Die mindestens eine Kennzeichnung des Befestigungsbügels hat eine geteilte Skala (17, 18; 117).

4.

Als zuständiger Fachmann ist im Streitfall in Bautechniker mit langjähriger Erfahrung in der Konstruktion und der Fertigung von Dachfenstern anzusehen.

II.

Der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 beruht gegenüber dem dokumentierten Stand der Technik, insbesondere nach der NK18, nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

1.

Soweit die Beklagte bestritten hat, dass die "Einbauanleitung für Dachfenster "Braas Junior 07/96" (NK18) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, bestehen für den Senat keine vernünftigen Zweifel an dem Vorbringen der Klägerin, dass sie im Hinblick auf ihre im Zeitraum von 1995 bis 1997 erfolgte Zusammenarbeit mit der Firma Braas dieser entsprechende Druckexemplar der Einbauanleitung zur Verfügung gestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Die Klägerin hat insoweit in der mündlichen Verhandlung auch eine Originalrechnung der Firma Golddruck vom 29. August 1996 über die Druckkosten vorgelegt. Umstände, welche zu berechtigten Zweifeln Anlass geben, insbesondere, dass die NK18 bei der Firma Braas tatsächlich nicht verfügbar war, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Im Übrigen gilt der anerkannte Erfahrungssatz, dass die öffentliche Zugänglichkeit einer Druckschrift nach der Lebenserfahrung in unmittelbarem Anschluss nach ihrer Herstellung erfolgt und deshalb grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass der auf der Druckschrift angegebene Zeitpunkt mit demjenigen der öffentlichen Zugänglichkeit identisch ist. Konkrete Tatsachen, aus denen sich die ernsthafte und nicht nur vage Möglichkeit eines ungewöhnlichen Verlaufs hätten ergeben können, hat die Patentinhaberin nicht vorgetragen. Das bloße unsubstantiierte Bestreiten ist nicht geeignet, den insoweit bestehenden Anscheinsbeweis zu entkräften. Es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die einen solchen Geschehensablauf als ernsthafte Möglichkeit nahelegen (vgl. Moufang in Schulte, PatG, 8. Aufl., § 3 Rdn. 45; BPatG, Beschl. v. 9. Juli 1998 21 W (pat) 19/97, veröffentlicht in juris; BPatGE 32, 109, 114 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass es sich vorliegend um eine Druckschrift handelt, welche die Klägerin selbst erstellen ließ, rechtfertigen keine andere Bewertung. Dies gilt schon deshalb, weil die Druckschrift nicht von der Klägerin selbst erstellt worden ist und auch nicht für die Klägerin selbst bestimmt war, sondern für die Firma Braas und die Klägerin zudem eine Rechnung über die Druckkosten einer Vielzahl von Einbauanleitungen vorgelegt hat. Es kommt hinzu, dass jedenfalls bei einer für den Kunden erstellten Einbauanleitung auch keine Gründe dafür bestehen, dass für eine solche Druckschrift der Klägerin andere Anforderungen an die Annahme eines typischen, der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs und des hieraus folgenden Anscheinsbeweises für eine öffentliche Zugänglichkeit zu stellen sind, als bei Druckschriften anderer Urheber.

2.

Der Gegenstand des Streitpatents erweist sich als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Unbestritten weist das in NK18 dargestellte, unzweifelhaft zum Einbau in eine Dachstruktur bestimmte Fenster die Merkmale 1 bis 2.2.2 des angegriffenen Patentanspruchs 1 auf, nämlich einen Rahmen mit einer Anzahl von Rahmenelementen und mehreren Befestigungsbügeln, von denen jeder einen ersten Schenkel zur Verbindung mit der Außenseite eines Rahmenelements und einen zweiten Schenkel zur Verbindung mit der Dachstruktur aufweist, wobei der zweite Schenkel im Wesentlichen senkrecht zum ersten Schenkel verläuft und mit dem ersten Schenkel an einem Verbindungspunkt verbunden ist (s. dort insbes. die Abbildungen auf den Seiten 13 und 14). Ferner hat dort die Außenseite der Rahmenelemente, die mit den Befestigungsbügeln zu verbinden sind, eine längliche Kennzeichnung (in Form mehrerer paralleler Nuten), die sich in Längsrichtung des Rahmenelements erstreckt (u. a. S. 13, Abb. 3, 5 und 6), so dass auch die Merkmale 3 und 4 des Patentanspruchs 1 erfüllt sind. Schließlich weist in Übereinstimmung mit Merkmal 5 des Patentanspruchs 1 jeder der Befestigungsbügel eine Kennzeichnung zum Zusammenwirken mit einer länglichen Kennzeichnung des Rahmenelements auf (a. a. O., durch Pfeile gekennzeichnet). Als hierzu unterschiedlich verbleibt beim Patentgegenstand somit lediglich das Merkmal 6 des Patentanspruchs 1, nämlich eine geteilte Skala auf mindestens einer Kennzeichnung des Befestigungsbügels, während bei dem Fenster nach der NK18 die Kennzeichnung des Rahmenelements skaliert ist, nämlich in Form mehrerer paralleler Rillen. Nach Überzeugung des Senats entspricht dies jedoch einer bloßen Umkehr gleichwirkender Mittel, die der Fachmann ohne weiteres trifft, Überlegungen erfinderischer Art anstellen zu müssen. Denn er erhält aus Beschreibung und Bebilderung der NK18 die entscheidende Anregung, sich zur lagerichtigen Montage eines Dachfensters eine auf den zusammengehörigen Bauteilen Rahmen und Bügel jeweils aufgebrachte Kennzeichnung zunutze zu machen, wobei die Kennzeichnung eines der beiden Elemente eine geteilte Skala aufweist, um die Markierung des Gegenelements möglichst exakt daran zu positionieren. Auf welchem der beiden Elemente die skalierte Kennzeichnung angebracht ist, ist hierfür unbeachtlich. Soweit die Beklagte dagegen eingewendet hat, der Bügel mit der geteilten Skala nach dem Streitpatent sei im Gegensatz zu dem nach der NK18 mit der bloßen Markierung in vorteilhafter Weise auch als Messwerkzeug zu benutzen, um ohne zeitraubenden Rückgriff auf einen separaten Maßstab direkt an der Dachkonstruktion Maß nehmen zu können, so geht dies nach Auffassung des Senats an der Realität vorbei. Denn einerseits hat die Klägerin hierzu überzeugend ausgeführt, dass die betroffenen Dachlatten in der Praxis in einigen definierten Stärken eingesetzt werden, die der geübte Monteur entweder per Augenschein erkennt oder aber mit einem kurzen Anlegen des ohnehin in der Montagesituation vorhandenen Zollstocks feststellt, um dann den zugehörigen Wert am mit entsprechenden diskreten Markierungen versehenen Rahmenelement ohne weiteres richtig zuzuordnen. Andererseits kann auch eine an dem als Messgerät dienenden Bügel aufgebrachte Skala Fehlmessungen grundsätzlich nicht verhindern, so dass ein die erfinderische Tätigkeit begründender Unterschied der Lokalisation von Markierung und Skala gemäß Merkmal 6 gegenüber dem Offenbarungsgehalt der NK18 letztlich nicht gesehen werden kann. Der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 ist daher nicht bestandsfähig.

3.

Auch in den auf den nicht bestandsfähigen Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 3 und 4 vermag der Senat nichts zu erkennen, was zur Patentfähigkeit ihrer Gegenstände beitragen könnte. Bei den dort beanspruchten Ausgestaltungen handelt es sich vielmehr um einfache, im handwerklichen Können des Fachmanns liegende Maßnahmen wie die Ausführung der Skala als mm-Teilung (Anspruch 3) und die Festlegung des Skalen-Nullpunkts am Verbindungspunkt der Schenkel eines Bügels (Anspruch 4).

Der ebenfalls angegriffene nebengeordnete Patentanspruch 7 ist auf die Verwendung des Befestigungsbügels für den Einbau eines Elements, insbesondere eines Fensters, in eine Dachstruktur gerichtet, wobei der Befestigungsbügel im Wesentlichen dieselben Merkmale umfasst wie der Befestigungsbügel in dem Vorrichtungsanspruch 1. Insbesondere weil die der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 entgegenstehende NK18 als Einbaueinleitung gerade auf die Verwendung der beteiligten Elemente abhebt, steht sie damit auch dem Gegenstand des Patentanspruchs 7 patenthindernd entgegen. Auch der Patentanspruch 7 ist somit nicht bestandsfähig.

Die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 9 und 10 schließlich sind, in Anpassung an die Kategorie einer Verwendung, mit den oben abgehandelten Ansprüchen 3 und 4 inhaltsgleich und damit ebenfalls entsprechend zu beurteilen. Auch die Patentansprüche 9 und 10 haben somit keinen Bestand.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Dr. Schermer Engels Dipl.-Ing. Hildebrandt Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Ing. Küest Ganzenmüller Be






BPatG:
Urteil v. 10.03.2009
Az: 3 Ni 73/06


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