Bundespatentgericht:
Urteil vom 22. Juli 2008
Aktenzeichen: 4 Ni 23/07

(BPatG: Urteil v. 22.07.2008, Az.: 4 Ni 23/07)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 888 093 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 888 093 (Streitpatent), das am 5. März 1997 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der kanadischen Patentanmeldungen CA 2171047 vom 5. März 1996, CA 2175722 vom 3. Mai 1996, CA 2185740 vom 17. September 1996 und CA 2192520 vom 10. Dezember 1996, angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 697 05 706 geführt. Es betrifft einen expandierbaren Stent und umfasst nach einem durchgeführten Einspruchsverfahren 14 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Anspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch ohne Bezugszeichen wie folgt:

An unexpanded stent comprising a proximal end and a distal end in communication with one another, a tubular wall disposed between the proximal end and the distal end, the tubular wall having a longitudinal axis and a porous surface defined by a plurality of rows of intersecting members, adjacent rows of intersecting members being interconnected by a series of longitudinal struts substantially parallel to the longitudinal axis, the stent being expandable from a first, contracted position to a second, expanded position upon the application of radially outward force on the stent; each longitudinal strut comprising an arcuate flexure means disposed in the longitudinal strut between a first straight section and a second straight section and between apices of adjacent rows of intersecting members to allow for substantially complementary extension and compression of a diametrically opposed pair of the longitudinal struts upon flexure of the stent characterised in that at least one of the apices is substantially flat, and in that the stent is produced by laser cutting techniques applied to a tubular starting material dependent claims as in letter of Feb, 3, 2006.

In der deutschen Übersetzung lautet Anspruch 1 ohne Bezugszeichen wie folgt:

Nichtexpandierter Stent mit einem proximalen und einem distalen Ende, die miteinander in Verbindung stehen, einer zwischen dem proximalen Ende und dem distalen Ende angeordneten hülsenförmigen Wand, wobei die hülsenförmige Wand eine Längsachse und eine poröse Fläche aufweist, die durch eine Anzahl von Reihen sich schneidender Elementen gebildet wird, wobei benachbarte Reihen sich schneidender Elemente durch eine Anzahl von Längsstreben miteinander verbunden sind, die im Wesentlichen parallel zur Längsachse sind, wobei der Stent bei Aufbringen einer radial nach außen gerichteten Kraft von einer ersten, zusammengezogenen Position zu einer zweiten, expandierten Position, expandierbar ist, jede Längsstrebe ein bogenförmiges Biegeelement umfasst, das in der Längsstrebe zwischen einem ersten geradlinigen Abschnitt und einem zweiten geradlinigen Abschnitt und zwischen Scheiteln von benachbarten Reihen sich schneidender Elemente angeordnet ist, um eine im Wesentlichen komplementäre Ausdehnung und Kompression von diametral gegenüberliegenden Paaren der Längsstreben bei Biegen des Stents zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einer der Scheitel im Wesentlichen flach ist und dass der Stent durch Laserstrahlschneidtechniken hergestellt ist, die auf hülsenförmiges Ausgangsmaterial angewendet werden.

Wegen des Wortlauts der übrigen, unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen, Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 888 093 B2 Bezug genommen.

Die Klägerinnen behaupten, der Gegenstand des Streitpatents sei infolge fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Zudem seien die Prioritäten zu Unrecht in Anspruch genommen worden, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der Prioritätsanmeldungen hinausgehe. Zur Begründung führen sie ferner an, im Stand der Technik seien zum maßgebenden Zeitpunkt bereits Stents mit den Merkmalen des Patentgegenstandes bekannt gewesen. Hierzu legen die Klägerinnen die Prioritätsdokumente vor und berufen sich im Übrigen insbesondere auf folgende Druckschriften und Dokumente:

K5 WO 96/03092 A1 K6 WO 95/26695 A2 K7 US 5 397 355 A K8 US 5 449 373 A K9 EP 0 669 114 A1 K10 US 5 192 307 A K11 US 4 733 665 K12 US 4 762 128 K13 EP 0 709 067 A2 K14 EP 0 790 041 A2 K15 FR 2 710 834 K16 DE 88 12 719 U1 K17 WO 92/11824 A1 K18 WO 97/33532 A2 K19 WO 98/30173 A1 K20 US 5 607 442 A K27 Prospekt "PALMAZ-SCHATZ balloon expandable STENT"

K28 International Medicine World Report, Symposium Issue, Cardiology Update, März 1996 K29 Kopie von Deckblatt und 2 Seiten aus: Ernst, R.: "Wörterbuch der industriellen Technik", Bd. II, 5. Aufl. 1985, zu den Begriffen "arcuate(d)", "bow" und "bowed filling, ~handle"

Die Klägerinnen beantragen, das europäische Patent EP 0 888 093 B2 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisenhilfsweise verteidigt sie ihr Patent nach Maßgabe dreier, in der mündlichen Verhandlung übergebener Hilfsanträge zur Fassung des Anspruchs 1.

Wegen des Wortlauts der Hilfsanträge wird auf die Anlagen zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Im Übrigen tritt die Beklagte dem klägerischen Vorbringen insgesamt entgegen, behauptet eine ordnungsgemäße Inanspruchnahme der Prioritäten und hält das Patent wenigstens in der beschränkt verteidigten Fassung für schutzfähig..

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 in den vorliegenden Fassungen geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c), 123 Abs. 2 EPÜ).

II.

1. Das Streitpatent betrifft einen Stent, also nach der Einleitung der Streitpatentschrift jede expandierbare Protheseneinrichtung ("expandable prosthetic device for implantation in a body passageway") zur Einführung in Körpergefäße [0002]. Solche Vorrichtungen sind nach der Streitpatentschrift seit langem bekannt, wobei die anfänglichen Stents selbstexpandierende, federnde Einrichtungen waren, die im kontrahierten Zustand eingesetzt und sodann freigegeben wurden, wie etwa der "Wallstent" [0004]. Da sich dabei die Gefahr einer übermäßigen Belastung der Wände des Gefäßes und eine unvorhersagbare Verkürzung herausstellte, wurden nachfolgend Stents entwickelt, die am Zielort steuerbar auszudehnen waren [0005], etwa mithilfe eines Ballons [0006]. Derartige Stents sind aus verschiedenen, im Streitpatent genannten, Patenten bekannt, etwa der "Palmaz-Schatz-Balloon-Expandable Stent" [0007] oder der "Gianturco Roubin Flex Stent" [0008]. Zur Verbesserung der erzielbaren Wirkung wurden expandierbare Stents entwickelt, die sich von einer ersten, zusammen gezogenen Position zu einer zweiten expandierten Position durch Anwendung einer radialen, auf den Stent ausgeübten Kraft ausdehnen lassen [0011]. Als nachteilig soll sich herausgestellt haben, dass hierzu eine nicht unerhebliche Kraft aufzuwenden ist und zudem, dass die Implantation dort schwierig sein kann, wo der nicht expandierte Stent über einen gekrümmten Weg zum Zielort verbracht werden muss [0013]. Dazu sind im Stand der Technik Nachentfaltungs-Stentstrukturen gemäß EP-A-0 669 114 bekannt, wo die von einem S-förmigen Abschnitt empfangenen Kräfte direkt auf einen Punkt fokussiert werden und dieses Element mit den benachbarten Ringen verbunden ist [0015]. Auch Lösungen mit Mäandermustern werden in der Einleitung des Streitpatents als bekannt vorausgesetzt (WO-A-96/03092) [0016].

2. Vor diesem Hintergrund soll die Streitpatentschrift einen neuartigen, verbesserten expandierbaren Stent zur Verfügung stellen, der die Nachteile der bekannten Stents vermeidet beziehungsweise lindert.

3. Diese Aufgabe soll durch den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gelöst werden, der mit Gliederungspunkten versehen in deutscher Übersetzung lautet:

M1 Nichtexpandierter Stent M2 mit einem proximalen und einem distalen Ende, die miteinander in Verbindung stehen, M3 einer zwischen dem proximalen Ende und dem distalen Ende angeordneten hülsenförmigen Wand, wobei die hülsenförmige Wand eine Längsachse und eine poröse Fläche aufweist, die durch eine Anzahl von Reihen sich schneidender Elementen (750, 760, 850, 860, 950, 960) gebildet wird, M4 wobei benachbarte Reihen sich schneidender Elemente durch eine Anzahl von Längsstreben (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) miteinander verbunden sind, die im Wesentlichen parallel zur Längsachse sind, M5 wobei der Stent bei Aufbringen einer radial nach außen gerichteten Kraft von einer ersten, zusammengezogenen Position zu einer zweiten, expandierten Position, expandierbar ist, M6 jede Längsstrebe (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) ein bogenförmiges Biegeelement (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971) umfasst, M7 das in der Längsstrebe zwischen einem ersten geradlinigen Abschnitt und einem zweiten geradlinigem Abschnitt und zwischen Scheiteln von benachbarten Reihen sich schneidender Elemente (750, 760, 850, 860, 950, 960) angeordnet ist, M8 um eine im Wesentlichen komplementäre Ausdehnung und Kompression von diametral einander gegenüberliegenden Paaren der Längsstreben (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) bei Biegen des Stents zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, M9 dass wenigstens einer der Scheitel im Wesentlichen flach ist M10 und dass der Stent durch Laserstrahlschneidtechniken hergestellt ist, die auf hülsenförmiges Ausgangsmaterial angewendet werden.

Hinsichtlich des Wortlauts der übrigen, unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen, erteilten Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 888 093 B2 Bezug genommen.

Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

M1a An unexpanded stent M2a comprising a proximal end and a distal end in communication with one another, M3a a tubular wall disposed between the proximal end and the distal end, the tubular wall having a longitudinal axis and a porous surface defined by a plurality of rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960), M4a adjacent rows of intersecting members beeing interconnected by a series of longitudinal struts substantially parallel to the longitudinal axis (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970), M5a the stent being expandable from a first, contracted position to a second, expanded position upon the application of a radially outward force on the stent;

M6a each longitudinal strut (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) comprising an arcuate flexure means (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971)

M7a disposed in the longitudinal strut between a first straight section and a second straight section and between apices of adjacent rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960)

M8a to allow for substantially complementary extension and compression of a diametrically opposed pair of the longitudinal struts (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) upon flexure of the stentcharacterised M9a in that at least one the apices is substantially flat, M10a and in that the stent is produced by laser cutting techniques applied to a tubular starting material, M11a wherein the arcuate flexure means (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971) comprises at least one lateral section disposed in each longitudinal strut (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970), M12a and wherein the at least one lateral section comprises a rounded apex.

Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

M1a An unexpanded stent M2a comprising a proximal end and a distal end in communication with one another, M3a a tubular wall disposed between the proximal end and the distal end, the tubular wall having a longitudinal axis and a porous surface defined by a plurality of rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960), M4a adjacent rows of intersecting members beeing interconnected by a series of longitudinal struts substantially parallel to the longitudinal axis (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970), M5a the stent being expandable from a first, contracted position to a second, expanded position upon the application of a radially outward force on the stent;

M6a each longitudinal strut (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) comprising an arcuate flexure means (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971)

M7a disposed in the longitudinal strut between a first straight section and a second straight section and between apices of adjacent rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960)

M8a to allow for substantially complementary extension and compression of a diametrically opposed pair of the longitudinal struts (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) upon flexure of the stentcharacterised M9a in that at least one the apices is substantially flat, M10a and in that the stent is produced by laser cutting techniques applied to a tubular starting material, M13a a plurality of intersecting members being aranged to define a repeating pattern comprised of a polygon M14a having a pair pair of side walls substantially parallel to the longitudinal axis, a first wall having a first apex and a second wall having a second apex, M15a wherein the segments of the first and second wall connecting to the respective apex are curved.

Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:

M1a An unexpanded stent M2a comprising a proximal end and a distal end in communication with one another, M3a a tubular wall disposed between the proximal end and the distal end, the tubular wall having a longitudinal axis and a porous surface defined by a plurality of rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960), M4a adjacent rows of intersecting members beeing interconnected by a series of longitudinal struts substantially parallel to the longitudinal axis (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970), M5a the stent being expandable from a first, contracted position to a second, expanded position upon the application of a radially outward force on the stent;

M6a each longitudinal strut (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) comprising an arcuate flexure means (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971)

M7a disposed in the longitudinal strut between a first straight section and a second straight section and between apices of adjacent rows of intersecting members (750, 760, 850, 860, 950, 960)

M8a to allow for substantially complementary extension and compression of a diametrically opposed pair of the longitudinal struts (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) upon flexure of the stentcharacterised M 9a in that at least one the apices is substantially flat, M10a and in that the stent is produced by laser cutting techniques applied to a tubular starting material, M11a wherein the arcuate flexure means (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971) comprises at least one lateral section disposed in each longitudinal strut (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970), M12a and wherein the at least one lateral section comprises a rounded apex, M13a a plurality of intersecting members being aranged to define a repeating pattern comprised of a polygon M14a having a pair pair of side walls substantially parallel to the longitudinal axis, a first wall having a first apex and a second wall having a second apex, M15a herein the segments of the first and second wall connecting to the respective apex are curved.

Hinsichtlich des Wortlauts der übrigen, unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 3 rückbezogenen Patentansprüche 4 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 888 093 B2 hingewiesen.

4. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 gehen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

So wird im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag in den Merkmalen M6 und M7 beansprucht, dass jede Längsstrebe (735, 740, 770, 835, 840, 870, 935, 940, 970) ein bogenförmiges Biegeelement (736, 741, 771, 836, 841, 936, 941, 971) umfasst, das in der Längsstrebe zwischen einem ersten geradlinigen Abschnitt und einem zweiten geradlinigem Abschnitt und zwischen Scheiteln von benachbarten Reihen sich schneidender Elemente (750, 760, 850, 860, 950, 960) angeordnet ist.

Dies ist in den ursprünglichen Unterlagen jedoch nicht offenbart.

Wie aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung WO 97/32543 A1 (vgl. die Figuren 8 bis 10, Beschreibung Seite 5, letzter Absatz, "Preferably, the sinusoidal or S-shaped portion is adjacent the second apex of the polygon and the remaining portion of the strut is substantially straight") hervorgeht, ist ein bogenförmiges Biegeelement in der Längsstrebe auf einer Seite unmittelbar benachbart zu einem ersten Scheitel sich schneidender Elemente und auf der anderen Seite durch einen geradlinigen Abschnitt beabstandet zu einem zweiten Scheitel sich schneidender Elemente angeordnet. Somit weist jede Längsstrebe zwischen Scheiteln von benachbarten Reihen sich schneidender Elemente neben dem bogenförmigen Biegeelement lediglich einen geradlinigen Abschnitt auf und nicht zwei, zwischen denen sich das bogenförmige Element befinden soll, wie im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beansprucht ist.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist somit durch die ursprüngliche Offenbarung nicht gedeckt.

Auch die Argumente der Beklagten, wonach das bogenförmige Biegeelement lediglich benachbart zu den Scheiteln sich schneidender Elemente angeordnet und somit noch eine geradliniger Zwischenraum möglich sei, konnte den Senat nicht überzeugen, da mit der oben genannten Formulierung "adjacent" unmittelbar benachbart zu verstehen ist und ein Zwischenraum somit nicht offenbart ist.

Außerdem handelt es sich bei dem kurzen geraden Stück (vgl. die Figuren 8 bis 10) zwischen dem bogenförmigen Biegeelement und dem Scheitel sich schneidender Elemente nicht um einen geradlinigen Abschnitt der Längsstrebe, wie von der Beklagten behauptet, sondern um einen Teil des bogenförmigen Biegeelements wie im Übrigen auch den Figuren 12d, 12e, 12f und 12g der WO 97/32543 A1, in denen unterschiedliche bogenförmige Elemente dargestellt sind, zu entnehmen ist.

Außerdem würde auch das Weglassen jeder zweiten Reihe sich schneidender Elemente, wie von der Beklagten als mögliches Ausführungsbeispiel angegeben wurde, das auf Seite 13, Zeile 27, bis Seite 14, Zeile 2 ursprünglich offenbart sein soll, nicht zu einer Ausbildung der Längsstrebe mit zwei geraden Abschnitten und einem dazwischen liegenden bogenförmigen Biegeelement führen, da in diesem Fall (vgl. die Figuren 8 und 10) neben zwei geraden Abschnitten auch zwei bogenförmige Biegeelemente in der Längsstrebe zwischen den verbleibenden Scheiteln von benachbarten Reihen sich schneidender Elemente vorhanden wären.

Mangels eines gewährbaren Patentanspruchs 1 ist auch den weiter angegriffenen und mittelbar oder unmittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen erteilten Unteransprüchen 2 bis 14 die Grundlage entzogen. Sie teilen das Rechtsschicksal des erteilten Patentanspruchs 1.

Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 weisen ebenfalls die genannten als ursprünglich nicht offenbart angesehen Merkmale in den englisch formulierten Merkmalen M6a und M7a auf. Es gilt deshalb die oben dargelegte Beurteilung in gleicher Weise auch für die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 die somit ebenfalls über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen.

Mangels eines gewährbaren Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 3 ist auch den weiter angegriffenen und mittelbar oder unmittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 4 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1 und 3 die Grundlage entzogen. Sie teilen das Rechtsschicksal der Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 3.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Winkler Richter Voit ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert.

Winkler Dr. Morawek Bernhart Dr. Müller Pr






BPatG:
Urteil v. 22.07.2008
Az: 4 Ni 23/07


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