Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 21. Oktober 2009
Aktenzeichen: 21 K 5902/07

(VG Köln: Urteil v. 21.10.2009, Az.: 21 K 5902/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin hat im Wege der Rechtsnachfolge das Eigentum an den von der Deutschen Bundespost bzw. der Deutschen Bundespost Telekom aufgebauten Telekommunikationsnetzen und den hierzu gehörenden Einrichtungen erworben. Mit zahlreichen ihrer Wettbewerber hat sie vertragliche Vereinbarungen über den Zugang zu den in ihrem Eigentum stehenden Teilnehmeranschlussleitungen getroffen. Diese vertraglichen Vereinbarungen sehen u. a. Regelungen über den erforderlichen räumlichen Zugang (Kollokation) und die dafür zu entrichtenden Entgelte vor. Mit - insoweit - bestandskräftiger Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 entschied die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur), dass die Entgelte der Klägerin für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation nach Maßgabe des § 31 Telekommunikationsgesetz - TKG - der Genehmigung unterliegen.

Am 21. September 2007 beantragte die Klägerin bei der Bundesnetzagentur u.a. die Genehmigung von Entgelten für die physische Kollokation und die virtuelle Kollokation für die Zeit ab dem 01. Dezember 2007. Die Bundesnetzagentur entsprach hinsichtlich dieser Entgelte dem Antrag der Klägerin durch Beschluss vom 30. November 2007 nur teilweise und genehmigte diese für die Zeit ab dem 01. Dezember 2007, befristet bis zum 30. November 2009, wie folgt (Ziffer 1.2.1 des Beschlusses):

Nutzungsentgelte für die physische Kollokation und die virtuelle Kollokation

(Produktvariante Outdoor-Kabine):

Region

Preis/Monat in EUR für 2 m² Kollokationsfläche

Preis/Monat in EUR für jeden weiteren m² Kollokationsfläche bis max. 18m²

Frankfurt

48,00

12,00

Düsseldorf

40,00

10,00

Köln

36,00

9,00

Stuttgart

36,00

9,00

München

42,00

10,50

Dortmund

30,00

7,50

Duisburg

34,00

8,50

Hamburg

31,60

7,90

Berlin

28,00

7,00

Dresden

24,00

6,00

Nürnberg

27,16

6,79

Essen

24,00

6,00

Hannover

22,00

5,50

100.000 - 500.000 Einwohner sowie Bremen und Leipzig

23,74

5,94

Bis zu 100.000 Einwohner

21,34

5,34

Nutzungsentgelte für die Produktvariante virtuelle Kollokation

(Produktvariante Outdoor-Box mit 6 m²) je ÓVt-KVz:

Region

Preis/Monat in EUR

Frankfurt

72,00

Düsseldorf

60,00

Köln

54,00

Stuttgart

54,00

München

63,00

Dortmund

45,00

Duisburg

51,00

Hamburg

47,40

Berlin

42,00

Dresden

36,00

Nürnberg

40,74

Essen

36,00

Hannover

33,00

100.000 - 500.000 Einwohner sowie Bremen und Leipzig

35,62

Bis zu 100.000 Einwohner

32,01

Den auf höhere Entgelte gerichteten weitergehenden Antrag lehnte die Bundesnetzagentur ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Klägerin zum Nachweis der Kollokationsraummieten vorgelegten Kostenunterlagen, welche auf die an ein Tochterunternehmen zu entrichtenden Mietpreise abstellen, als Kostennachweis im Sinne von § 33 Abs. 2 TKG nicht akzeptiert werden könnten. Die Beschlusskammer habe die Entgelte für Raummieten gleichwohl anhand einer alternativen Erkenntnisquelle, dem IVD-Gewerbeimmobilien-Preisspiegel 2007/2008, teilgenehmigen können. Diese Erkenntnisquelle weise Marktpreise aus, die die Vollkosten widerspiegelten. Eine Beaufschlagung der dort angegebenen Mietpreise um von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungen nach § 31 Abs. 3 TKG komme nicht in Betracht, weil die Beschlusskammer hinsichtlich der Kollokationsraummieten ein Vergleichsmarktkonzept verfolgt habe.

Die Klägerin hat am 28. Dezember 2007 gegen den Beschluss vom 30. November 2007 Klage erhoben, mit der sie die Genehmigung höherer Óberlassungsentgelte für den räumlichen Zugang mit der Begründung begehrt, dass die Beklagte den von ihr geltend gemachten und nachgewiesenen neutralen Aufwand nach § 31 Abs. 3 TKG zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Bei diesem neutralen Aufwand handele es sich um die Kosten eines Abfindungs- und Vorruhestandsprogramms. Diese Kosten habe die Beklagte bei der Genehmigung anderer Entgelte als berücksichtigungsfähig anerkannt. Die Nichtberücksichtigung dieses neutralen Aufwands bei den streitigen Entgelten könne nicht damit begründet werden, dass diese Entgelte aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung genehmigt worden seien.

Ziehe die Bundesnetzagentur Preise auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG heran, so spiegelten diese die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Sinne von § 31 Abs. 2 TKG wider. Dieser Annahme stehe nicht entgegen, dass in dieser Vorschrift - anders als in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG - ein expliziter Hinweis auf die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung fehle. Denn der unterschiedliche Wortlaut beider Bestimmungen beruhe darauf, dass die sektorspezifische Vergleichsmarktbetrachtung auch im nachträglichen Entgeltgenehmigungsverfahren verwendet werde. Auch lasse weder der Wortlaut noch die systematische Stellung des § 31 Abs. 3 TKG die Schlussfolgerung zu, dass neutrale Aufwendungen nur dann anerkennungsfähig seien, wenn die Entgeltgenehmigung kostenbasiert erfolgt. Insbesondere regele § 31 nicht ausschließlich die Voraussetzungen einer auf Kostennachweisen beruhenden Entgeltgenehmigung, wie namentlich die Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG verdeutliche, der ausnahmsweise eine Vergleichsmarktbetrachtung zulasse. Auch § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG zeige, dass der Gesetzgeber keine "Systemreinheit" der Entgeltgenehmigungsmethodik verfolge; vielmehr lasse er, wie die Verwendung des Wortes "soweit" zeige, auch eine Vermischung der Methoden zu.

§ 31 Abs. 3 Satz 1 TKG fordere lediglich, dass die als neutraler Aufwand geltend gemachten Kosten nicht bereits Bestandteil der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung sind. Eine weitergehende Begrenzung der neutralen Aufwendungen sehe die Vorschrift, wie sich auch aus den Gesetzesmaterialien ergebe, nicht vor. Die Kosten des Abfindungs- und Vorruhestandsprogramms seien keine Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, da sie für die Leistungsbereitstellung nicht notwendig, wohl aber im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG nachgewiesenermaßen sachlich gerechtfertigt seien. Ihrer Berücksichtigung könne nicht entgegengehalten werden, dass die der Entgeltgenehmigung zugrunde gelegten Mietpreise die Vollkosten der Vermieter vergleichbarer Flächen widerspiegelten; denn § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG ermögliche die Berücksichtigung von Sonderkosten, die sich naturgemäß nicht in dem durch die Vergleichsmarktbetrachtung gewonnenen Entgeltniveau widerspiegelten. Es handele sich um Sonderlasten, die die Vermieter solcher Flächen nicht träfen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des Beschlusses der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas , Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 30. November 2007 (BK 3c-07-030/E21.09.07) zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01. Dezember 2007 bis zum 30. November 2009 Entgelte für die Gewährung des räumlichen Zugangs (Kollokation) mit Ausnahme der Service-Kosten und Nebenkosten in einer Höhe zu genehmigen, die die Höhe der entsprechenden in Ziffer 1.2.1 des angegriffenen Beschlusses genehmigten Entgelte um jeweils 0,74 % übersteigt,

2. hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung von Ziffer 1.2.1 des Beschlusses vom 30. November 2007 (BK 3c-07-030/E21.09.07) zu verpflichten, über den Entgeltgenehmigungsantrag der Klägerin vom 21. September 2007 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Beschluss rechtmäßig sei, weil die Klägerin nicht beanspruchen könne, dass bei der Genehmigung der streitigen Entgelte neutrale Aufwendungen berücksichtigt werden. Der Genehmigungsentscheidung habe wegen der Unzulänglichkeit der vorgelegten Kostenunterlagen nur eine Vergleichsmarktbetrachtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG zugrunde gelegt werden können. Eine Berücksichtigung neutraler Aufwendungen scheide in einem solchen Falle aus. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Satzteile "bei der Prüfung der Kostennachweise" und "nachgewiesene Kosten" in § 31 Abs. 3 Satz 2 TKG. Danach setze die Anerkennung neutraler Aufwendungen voraus, dass eine Prüfung der nachgewiesenen Kosten stattgefunden habe, mithin die Entgelte, hinsichtlich derer der Aufschlag begehrt wird, kostenbasiert nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG geprüft worden seien. Daraus folge, dass dort, wo Kostenunterlagen nicht ausreichend sind und deshalb eine Vergleichsmarktbetrachtung vorgenommen werden muss, die Anerkennung neutralen Aufwands bereits im Grundsatz ausgeschlossen sei. Auch der Sinn und Zweck des § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG, dem regulierten Unternehmen eine Refinanzierung von Aufwendungen zu ermöglichen, die zwar nicht effizient, aber aufgrund rechtlicher Vorgaben oder anderer sachlicher Gründe notwendig sind, stehe im vorliegenden Fall der begehrten Berücksichtigung von neutralem Aufwand entgegen. Der genannte Zweck schließe eine Beaufschlagung um neutralen Aufwand in einem Fall aus, in dem die im Rahmen einer kostenbasierten Entgeltprüfung ermittelten Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung über den ausgewiesenen Ist-Kosten liegen. Dann trete eine Unterdeckung, die durch § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG vermieden werden soll, auf Basis des am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ermittelten Entgelts gar nicht auf. Wenn demgegenüber die Entgeltgenehmigung nach dem Vergleichsmarktkonzept erfolgt, sei es bereits strukturell nicht möglich zu prüfen, ob die Ist-Kosten geringer sind als die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Zur Vermeidung einer Bevorteilung des antragstellenden Unternehmens durch Berücksichtigung neutraler Aufwendungen sei eine solche Prüfung unerlässlich. Wo diese Prüfung nicht möglich ist und die zu genehmigenden Entgelte nach der Vergleichsmarktmethode ermittelt werden, scheide deshalb eine Beaufschlagung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG aus. Schließlich ergebe sich auch in systematischer Hinsicht aus dem TKG kein Hinweis darauf, dass Kosten, die nach dem Vergleichsmarktprinzip ermittelt wurden, weiter beaufschlagt werden dürften. Derartiges lasse sich ebenso wenig den Gesetzesmaterialien entnehmen.

Die Kammer hat durch Beschluss vom 13. August 2008 - 21 L 273/08 - den Antrag abgelehnt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit vom 01. Dezember 2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren, längstens bis zum 30. November 2009, Entgelte für die Gewährung des räumlichen Zugangs (Kollokation) zu genehmigen, die die gemäß Ziffer 1.2.1 des vorliegend angefochtenen Beschlusses genehmigten entsprechenden Entgelte um jeweils 0,74 % übersteigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 21 L 273/08 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag begründet. Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 ist, soweit er Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, d.h. soweit die Klägerin die Zuerkennung eines Aufschlages von 0,74 % auf die ihr in Ziffer 1.2.1 genehmigten Entgelte mit Ausnahme der Positionen "Service-Kosten" und "Nebenkosten" verfolgt, rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

1. Die mit dem Hauptantrag erhobene Klage ist unbegründet, weil der Klägerin kein Anspruch auf Genehmigung der in Rede stehenden Entgelte in einer um den geltend gemachten neutralen Aufwand beaufschlagten Höhe zusteht.

Als Rechtsgrundlage für die hier in Rede stehende Genehmigung der Óberlassungsentgelte hat die Bundesnetzagentur § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 TKG herangezogen. Eine nach der Systematik der Entgeltgenehmigungsvorschriften der §§ 31 ff. TKG vorrangige Genehmigung auf der Grundlage der Kosten der effektiven Leistungsbereitstellung (§§ 32 Nr. 1, 33 TKG) hat sie mit der Begründung abgelehnt, dass die von der Klägerin vorgelegten Kosteninformationen nicht den an Kostennachweise gemäß § 33 Abs. 2 TKG zu stellenden Anforderungen genügen. Diese rechtliche Bewertung ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, und für das Gericht besteht kein Anlass, sie in Zweifel zu ziehen. Entsprechendes gilt - mit Ausnahme der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit des streitigen Aufschlags für neutrale Aufwendungen - auch für das Verfahren und das Ergebnis der von der Bundesnetzagentur durchgeführten Vergleichsmarktbetrachtung.

Auf diesem Hintergrund gewinnt für die Beurteilung des mit dem Hauptantrag verfolgten Begehrens der Klägerin der Umstand entscheidende Bedeutung, dass die die Rechtsgrundlage für die hier erörterte Genehmigungsentscheidung bildende Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG es in das Ermessen der Bundesnetzagentur stellt, eine Entgeltgenehmigung auf der Grundlage einer Vergleichsmarktbetrachtung zu erteilen.

Es spricht bereits vieles dafür, dass der durch § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG eröffnete Ermessensspielraum nicht die Befugnis der Bundesnetzagentur umfasst, einen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 TKG ermittelten Preis in einer um neutrale Aufwendungen beaufschlagten Höhe als Entgelt zu genehmigen. Zum einen sieht § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG nicht vor, dass § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG entsprechend anwendbar ist. Zum anderen drängt der Wortlaut des § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG, wonach die "Entscheidung der Bundesnetzagentur auf einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 beruhen (kann)", die Annahme auf, dass neben einer (isolierten) Vergleichsmarktbetrachtung (oder einem Kostenmodell) bei der Ermittlung des genehmigungsfähigen Entgelts der ergänzende Rückgriff auf andere Grundlagen für eine Entgeltgenehmigung, wie etwa neutraler Aufwand i. S. v. § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG ausgeschlossen ist.

Aber selbst wenn man einen dergestalt eingegrenzten Ermessensspielraum der Bundesnetzagentur nicht annehmen und sie nach § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG für befugt halten wollte, auf die im Wege einer Vergleichsmarktbetrachtung ermittelten Preise Aufschläge wegen nachgewiesener neutraler Aufwendungen nach § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG vorzunehmen, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Denn Voraussetzung dieses Anspruches wäre es, dass das Ermessen der Bundesnetzagentur in der Weise beschränkt ist, dass allein die Entscheidung, den hier begehrten Aufschlag im Rahmen der Genehmigung der streitigen Óberlassungsentgelte zu berücksichtigen, sich als rechtmäßig erwiese. Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist indessen nicht erkennbar. Sie lässt sich insbesondere nicht aus § 31 Abs. 3 TKG herleiten.

§ 31 Abs. 3 Satz 1 TKG regelt die Voraussetzungen, unter denen "über Absatz 2 hinausgehende Aufwendungen" berücksichtigt werden. Die in Bezug genommene Vorschrift des § 31 Abs. 2 TKG umschreibt den Begriff der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, deren Ermittlung ihrerseits die Vorlage ausreichender, d.h. den Anforderungen des § 33 TKG genügender Kostenunterlagen erfordert. Daraus folgt, dass für die Feststellung, welche Aufwendungen im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG "über Absatz 2 hinausgehen", die Vorlage von Kostenunterlagen notwendig ist, die es ermöglichen, die auf die einzelnen Dienste entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu ermitteln. Fehlt es aber - wie hier hinsichtlich der Óberlassung von Kollokationsräumen und -flächen - an ausreichenden Kosteninformationen, um die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu ermitteln, und ist die Bundesnetzagentur deshalb für die Genehmigung der entsprechenden Entgelte nach § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 TKG verfahren, kann der ein kostenbasiertes Entgeltgenehmigungsverfahren betreffenden Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht eine das Ermessen im Rahmen der Entscheidung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 TKG lenkende, und schon gar nicht das Ermessen auf Null reduzierende Bedeutung zuerkannt werden.

Dieser Befund wird bestätigt durch § 31 Abs. 3 Satz 2 TKG, der sowohl aufgrund seines Wortlautes ["bei der Prüfung der Kostennachweise", "nachgewiesene(n) Kosten"] als auch wegen seiner systematischen Stellung im Regelungsgefüge des § 31 TKG verdeutlicht, dass die Berücksichtigung neutraler Aufwendungen dann in Betracht kommt, wenn die Bundesnetzagentur im Rahmen der Prüfung von Kosteninformationen wesentliche Bestandteile der nachgewiesenen Kosten für nicht effizient hält. Nur in diesem Falle

- und nicht für den hier vorliegenden Fall, dass die Kosteninformationen für eine Prüfung der genehmigungspflichtigen Entgelte nicht ausreichen - eröffnet das Gesetz dem regulierten Unternehmen auf entsprechende Aufforderung der Bundesnetzagentur die Möglichkeit darzulegen, ob und inwieweit es sich bei den betreffenden Kostenbestandteilen um Aufwendungen im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG handelt.

Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass eine Vergleichsmarktbetrachtung die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung i. S. v. § 31 Abs. 2 TKG widerspiegele und es deshalb unerheblich sei, wenn diese Kosten nicht auf der Grundlage einer Prüfung der Kosteninformationen ermittelt worden sind, sondern das Verfahren der Vergleichsmarktbetrachtung zur Anwendung gekommen ist. Diese Erwägung vermag nicht zu überzeugen, weil Gegenstand einer Vergleichsmarktbetrachtung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 TKG ausschließlich die Preise von Unternehmen sind, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren Märkten anbieten, nicht hingegen die Kosten dieser Unternehmen und die Frage, auf welcher Grundlage die Preise kalkuliert wurden. Der Umstand, dass die Entgeltgenehmigungsentscheidung der Bundesnetzagentur bei nicht ausreichenden Kosteninformationen nach der genannten Bestimmung auf einer Prüfung nach der Vergleichsmarktmethode beruhen kann, rechtfertigt nicht den Schluss, dass das auf einer solchen Grundlage genehmigte Entgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung widerspiegelt. Denn wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass das auf der Grundlage einer Vergleichsmarktbetrachtung ermittelte Entgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zutreffend abbilde, hätte er das Verfahren der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung anhand von Kostenunterlagen und das Verfahren der Vergleichsmarktbetrachtung gleichberechtigt nebeneinander stellen können. Davon hat er indessen abgesehen und in den Vorschriften der §§ 31 ff. TKG einen eindeutigen Vorrang der "kostenbasierten" Entgeltprüfung gegenüber der Vergleichsmarktmethode festgelegt.

Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung, dass ein Anspruch auf Berücksichtigung neutralen Aufwands auch dann bestehe, wenn die Entgeltgenehmigungsentscheidung auf der Vergleichsmarktmethode beruht, auch nicht mit Erfolg auf § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG berufen. Denn die Vergleichsmarktbetrachtung, auf der der hier streitbefangene Teil der angegriffenen Genehmigungsentscheidung beruht, ist nicht wegen Vorliegens eines begründeten Einzelfall im Sinne dieser Vorschrift, sondern in Anwendung von § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 TKG vorgenommen worden. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Bundesnetzagentur bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit von Entgelten nach dem Vergleichsmarktprinzip in "begründeten Einzelfällen" i. S: d. § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG zusätzlich neutralen Aufwand nach § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG berücksichtigen könnte, folgte daraus für den hier gegebenen Fall einer Entgeltgenehmigung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 TKG nicht, dass § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG das Ermessen der Bundesnetzagentur dahin einschränkt, dass neutrale Aufwendungen zu berücksichtigen sind.

2. Steht der Klägerin hiernach ein Anspruch auf Berücksichtigung neutraler Aufwendungen bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der streitigen Óberlassungsentgelte nicht zu und kann sie deshalb mit ihrem Hauptantrag nicht durchdringen, bleibt auch ihr hilfsweise verfolgtes Neubescheidungsbegehren ohne Erfolg. Denn die von der Bundesnetzagentur in Ausübung des ihr durch § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG eröffneten Ermessens getroffene Entscheidung, im Rahmen der nach Maßgabe dieser Vorschrift vorgenommenen Vergleichsmarktbetrachtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG einen Aufschlag für einen von der Klägerin geltend gemachten, durch ihr Abfindungs- und Vorruhestandsprogramm hervorgerufenen neutralen Aufwand nicht zu berücksichtigen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Diese Ermessensentscheidung kann vom Verwaltungsgericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich dahin überprüft werden, ob durch die angefochtene Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten werden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Nach diesen Maßstäben erweist sich die beanstandete Entscheidung der Bundesnetzagentur, neutralen Aufwand bei der Genehmigung der streitbefangenen

Óberlassungsentgelte nicht zu berücksichtigen, als rechtmäßig.

Die Bundesnetzagentur hat zur Begründung ihrer Weigerung, neutrale Aufwendungen i. S. v. § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG bei der Genehmigung der in Rede stehenden Óberlassungsentgelte zu berücksichtigen, darauf verwiesen, dass die im Rahmen der angestellten Vergleichsmarktbetrachtung herangezogenen Mietpreise, die im Immobilienpreisspiegel des IVD ausgewiesen sind, Marktpreise seien, die Vollkosten widerspiegelten. Dieser Begründung liegt erkennbar die Auffassung der Bundesnetzagentur zugrunde, dass es als nicht sachgerecht erachtet werde, bei der Óberprüfung der Genehmigungsfähigkeit der Óberlassungsentgelte die nach § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG zur Anwendung gelangte Vergleichsmarktmethode, die auf der Heranziehung von Marktpreisen beruht, zum Zwecke der Berücksichtigung neutraler Aufwendungen um eine auf Kosteninformationen gestützte und auf nachgewiesene Kosten abhebende Methode zu ergänzen. Diese Vorgehensweise widerspricht weder dem Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG noch werden mit ihr die Grenzen des durch diese Vorschrift eröffneten Ermessens überschritten.

Die eine Berücksichtigung neutraler Aufwendungen im vorliegenden Fall ablehnende Entscheidung der Bundesnetzagentur ist nämlich im Hinblick auf die Zweckbestimmung des § 31 Abs. 3 TKG gerechtfertigt, auf die die Beklagte zu Recht hinweist. Die Vorschrift soll dem regulierten Unternehmen eine Refinanzierung von nachgewiesenen Kosten ermöglichen, die zwar für die effiziente Leistungsbereitstellung nicht notwendig sind (§ 31 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbsatz TKG), für deren Aufwendung aber eine rechtliche Verpflichtung besteht oder deren sonstige sachliche Rechtfertigung nachgewiesen wird. Bei der Prüfung eines Entgelts am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung kann es sich ergeben, dass die von dem regulierten Unternehmen nachgewiesenen Ist-Kosten unterhalb der von der Bundesnetzagentur ermittelten Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung liegen. In einem solchen Fall tritt die Unterdeckung, die durch § 31 Abs. 3 TKG vermieden werden soll, nicht auf, soweit der nachgewiesene neutrale Aufwand geringer ist als die Differenz zwischen den Ist-Kosten und den ermittelten Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung oder dieser Differenz entspricht. Die von § 31 Abs. 3 TKG bezweckte Refinanzierung des neutralen Aufwands ist in einer solchen Situation gewährleistet, für seine zusätzliche Berücksichtigung besteht keine Rechtfertigung. Wenn - wie hier - wegen nicht ausreichender Kosteninformationen eine Entgeltgenehmigung nach dem Vergleichsmarktprinzip vorgenommen wird, besteht von vorne herein schon gar keine Möglichkeit festzustellen, ob ein Fall vorliegt, in dem die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung die tatsächlichen Ist-Kosten des Unternehmens übersteigen. Kann aber ein solcher Fall nicht ausgeschlossen werden, ist es vertretbar, neutrale Aufwendungen i. S. v. § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht zu berücksichtigen, um zu vermeiden, dass es zur Genehmigung eines Entgelts in einer sachlich nicht gerechtfertigten Höhe kommt. Dies gilt zumal, wenn man berücksichtigt, dass die Genehmigung überhöhter Entgelte dem Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG zuwiderliefe. Zudem streitet für die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung der Gesichtspunkt, dass es das regulierte Unternehmen selbst in der Hand hat, die Notwendigkeit einer Genehmigung der beantragten Entgelte auf der Grundlage einer (isolierten) Vergleichsmarktbetrachtung abzuwenden, indem es ausreichende Kostenunterlagen vorlegt und sich damit die Möglichkeit der Berücksichtigung neutralen Aufwands nach § 31 Abs. 3 TKG eröffnet. Ferner rechtfertigt sich die Entscheidung der Bundesnetzagentur, eine Beaufschlagung der in Anwendung von § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 TKG nach der Vergleichsmarktmethode ermittelten Preise um neutralen Aufwendungen nach § 31 Abs. 3 TKG abzulehnen, aus der Erwägung, dass damit einem nicht auszuschließenden Anreiz für das regulierte Unternehmen begegnet werden kann, durch die Vorlage nicht ausreichender Kostenunterlagen auf die Durchführung einer Vergleichsmarktbetrachtung hinzuwirken, wenn es sich nach deren Ergebnis die Genehmigung höherer Entgelte verspricht als diejenigen, die bei einer Prüfung nach dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung genehmigungsfähig wären. Ein solcher Anreiz, dem entgegenzuwirken im Hinblick auf den Vorrang der Prüfung der Entgelte nach dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ohne weiteres gerechtfertigt ist, kann insbesondere dann nicht ausgeschlossen werden, wenn das regulierte Unternehmen - wie hier - die die maßgebenden Kosten prägenden Kollokationsraummieten ganz überwiegend oder gar ausschließlich einem Tochterunternehmen schuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen, § 135 VwGO i. V. m. § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.






VG Köln:
Urteil v. 21.10.2009
Az: 21 K 5902/07


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