Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. August 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 14/03

(BPatG: Beschluss v. 03.08.2004, Az.: 24 W (pat) 14/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Oktober 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Ware "Zahnputzmittel" zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die nachstehend abgebildete Darstellungist als dreidimensionale Marke für die Waren

"Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Parfümerien; Zahnputzmittel "

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß vom 8. Oktober 2002 durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil der angemeldeten Kennzeichnung die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Kennzeichnung sei zwar als dreidimensionale Gestaltung markenfähig, jedoch nicht als betriebliche Herkunftskennzeichnung geeignet. Die Gestaltung der angemeldeten Kennzeichnung unterscheide sich von üblichen Deo-Rollern nicht so signifikant, daß diese als individualisierende Eigenart betriebskennzeichnend wirken könne. Viele Verpackungen unterschiedlicher Hersteller auf dem betreffenden Warengebiet hätten mit der angemeldeten Form eines oder mehrere Merkmale gemeinsam. Gerade auf dem hier einschlägigen Markt der Kosmetikartikel sei der Verkehr an eine Vielzahl von verschiedenen dem Design dienenden Gestaltungselementen von Verpackungen gewöhnt und werde eine beliebige neue Kombination von bekannten oder ähnlichen Formgestaltungen nicht als solche wahrnehmen oder jedenfalls nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen. Auch Seifen würden in den unterschiedlichsten Verpackungsformen angeboten, genauso wie Mittel zur Körperpflege oder Parfümerien und Zahnputzmittel. Zwar weise die angemeldete Form neben typischen Gestaltungsmerkmalen geringfügige Abweichungen von der klassischen Form eines Behälters oder einer Verpackung von Waren der Klasse 3 auf. Diese Unterschiede beschränkten sich aber auf einzelne wenig einprägsame Merkmale, denen ein hohes Maß an Beliebigkeit anhafte und die nicht wesentlich aus dem verkehrsüblichen Formenschatz hervorträten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung der Beschwerde wird vorgetragen, für die Beurteilung der Schutzfähigkeit von dreidimensionalen Marken gälten gleiche Grundsätze wie für andere Markenformen. Auch wenn der Verkehr in der Regel nicht dazu neige, in der Form eines Produkts einen Herkunftshinweis zu sehen, schließe dies doch nicht aus, daß solche Formen im Einzelfall schutzfähig sein könnten. Nicht als Marke eintragungsfähig seien Verpackungsformen, die lediglich einen Hinweis auf ihren Inhalt gäben oder durch ganz einfache geometrische Formen oder sonst bloß schmückende Elemente bestimmt würden. Bei der angemeldeten Verpackung handele es sich jedoch nicht um eine auf dem betreffenden Warengebiet übliche Gestaltung. Insbesondere in der Form des unteren Teils unterscheide sich die angemeldete Kennzeichnung von der klassischen Form eines Deo-Rollers. Dieser Teil der angemeldeten Marke sei asymmetrisch; der breite Fußteil werde mit zunehmender Höhe schmaler bis zu einem Knick kurz unter dem Oberteil. Die rechte Seite gehe gerade herunter, während die linke Seite und deren Fuß so breit sei wie der Oberkörper. Von hinten gesehen falle insbesondere das Hervorspringen des oberen Teils ins Auge; dieser Teil des Deo-Rollers mache etwa 40 Prozent der Verpackung aus und bestehe aus einem abgerundeten Zylinder, wobei die Rundungen der sich im Roller befindlichen Roll-Kugel entsprächen. Damit weiche die angemeldete Form signifikant von den auf dem Gebiet der Kosmetika üblichen Verpackungsformen ab. Auf dem Gebiet der Parfümerien und der Seifen seien ohnehin andere, nämlich schlichtere Formen gebräuchlich.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die Internet-Recherche des Senats zur Form von Behältern und Verpackungen auf dem Gebiet der Klasse 3, die der Anmelderin übersandt worden ist.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache überwiegend nicht begründet. Die angemeldete Marke ist für die Waren der Anmeldung mit Ausnahme von "Zahnputzmittel" gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1) Wie die Markenstelle zu Recht festgestellt hat, werden die von der Anmeldung erfaßten Waren seit jeher aufgrund ihrer Konsistenz und zur besseren Handhabbarkeit in Behältern und Verpackungen angeboten. Bei Verpackungen von Waren, die aus mit der Art der Ware zusammenhängenden Gründen üblicherweise verpackt Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sind, ist markenrechtlich die Verpackung der Warenform gleichzusetzen (vgl. dazu EuGH GRUR 2004, 428, 430 Rn. 33, 35, 37 "Henkel").

2) Die Markenstelle ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Eintragung des angemeldeten Zeichens nicht § 3 Abs. 2 MarkenG entgegensteht. Insbesondere sind im vorliegenden Fall nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben. Nach dieser Vorschrift sind dem Markenschutz Zeichen nicht zugänglich, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes setzt dieser Ausschlußtatbestand nicht voraus, daß die konkrete angemeldete Form zwingend erforderlich ist, um eine bestimmte technische Wirkung zu erreichen. Vielmehr reicht es aus, daß die wesentlichen Formmerkmale technisch bedingt sind. Unerheblich ist insoweit, ob dieselbe technische Wirkung auch mit Hilfe einer anderen Formgestaltung verwirklicht werden könnte (EuGH GRUR 2002, 804, 809 Rn. 81 ff. "Philips"). Die angemeldete Marke stellt einen länglichen, asymmetrischen Körper mit abgerundetem breiten Oberteil dar, dessen unterer Teil auf einer Seite abgeflacht ist und sich nach unten hin verbreitert. Diese Form als solche ist allerdings zum Teil technischfunktionaler Natur, weil Behälter, die dazu bestimmt sind, eine Flüssigkeit auf den Körper aufzubringen, sogenannte "Rollons" oben eine relativ große Kugel zum Verteilen einer Flüssigkeit besitzen, die sich im darunterliegenden Behälter befindet. Die einseitige Abschrägung des unteren Teils dient der Griffigkeit. Die Gestaltung der angemeldeten Marke weist jedoch in ihrer Formgebung Elemente auf, die nicht nur technischen Vorgaben folgen. So erleichtert die abgeschrägte, asymmetrische, auf der einen Seite flache Formgebung zwar auch die Handhabung der Ware, die einseitige, nach oben hin schmäler werdende Abschrägung aber hat in erster Linie ästhetische Funktion. Dies gilt ebenso für die Proportionen der einzelnen Formelemente. Außerdem weist die angemeldete Marke eine bestimmte farbliche Gestaltung auf, die einen dunklen Unterteil und einen hellen Oberteil erkennen läßt und keinen technischen Vorgaben folgt. Die Anmeldung betrifft daher kein Zeichen, das ausschließlich (oder wesentlich) aus einer (technisch bedingten) Form besteht.

3) Der Eintragung der angemeldeten Marke steht jedoch für alle beanspruchten Waren mit Ausnahme von "Zahnputzmittel" der Schutzversagungsgrund der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegen.

a) Unterscheidungskraft in diesem Sinne setzt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs voraus, daß die Marke geeignet ist, die Ware, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 Rn. 40 "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 Rn. 48 "Henkel"). Dabei dürfen von Rechts wegen an die Unterscheidungskraft von Marken, welche die Form der Ware selbst oder deren Verpackung darstellen, keine höheren Anforderungen gestellt werden als bei herkömmlichen Markenformen, wie z.B. Wort- oder Bildmarken (EuGH GRUR 2003, 514, 517 Rn. 46 "Linde, Winward u. Rado"; vgl. auch EuG GRUR Int. 2003, 944, 946 Rn. 32 "Zigarrenform/Goldbarren"; GRUR Int. 2003, 462, 464 Rn. 38 "Kühlergrill"). Dessen unbeschadet hat der Europäische Gerichtshof mehrfach darauf hingewiesen, daß die Form einer Ware oder deren Verpackung vom Verkehr in der Regel nicht als Herkunftshinweis aufgefaßt wird (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 Rn. 48 i.V.m. Rn. 32-35 "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 Rn. 52 "Henkel"; MarkenR 2004, 224, 229 Rn. 38 "Waschmitteltabs"; MarkenR 2004, 231, 236 Rn. 36 "Quadratische Waschmitteltabs"). Auch der Bundesgerichtshof betont, daß der Verkehr in der Form einer Ware regelmäßig nur einen Hinweis auf die ästhetische oder funktionelle Gestaltung der Ware, nicht aber auf ihre betriebliche Herkunft sieht (BGH GRUR 2003, 332, 334 "Abschlußstück"; GRUR 2003, 712, 714 "Goldbarren"). Dasselbe gilt - ebenso wie für Farben an sich (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 Rn. 65 "Libertel"; Mitt. 2004, 367, 369 Rn. 38 f. "Farbmarke Blau und Gelb"; BGH GRUR 2004, 151, 154 "Farbmarkenverletzung I"; GRUR 2004, 154, 155 "Farbmarkenverletzung II") - auch für die farbliche Gestaltung, in der eine Warenform geschützt werden soll (EuGH MarkenR 2004, 224, 229 Rn. 38 "Waschmitteltabs"; MarkenR 2004, 231, 236 Rn. 36 "Quadratische Waschmitteltabs"; EuG GRUR Int 2004, 664, 666 Rn. 29 "Flasche mit Zitrone"). Demnach kann zwar nicht gefordert werden, daß die Marke eine besondere Originalität aufweist oder sonst eigenartig ist (vgl. BGH GRUR 2001, 56, 58 - Likörflasche). Andererseits kann die Schutzfähigkeit einer aus der Form der Ware oder aus einer farblich ausgestalteten Warenverpackungsform bestehenden Marke aber auch nicht losgelöst von dem wettbewerblichen Umfeld beurteilt werden, in dem sie nach Maßgabe des Warenverzeichnisses eingesetzt werden soll. Die beanspruchte Marke muß sich vielmehr erheblich von diesem Umfeld absetzen, damit ihr die erforderliche Herkunftskennzeichnungsfunktion zugesprochen werden kann (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rn. 49 "Henkel"; MarkenR 2004, 224, 229 Rn. 39 "Waschmitteltabs"; MarkenR 2004, 231, 236 Rn. 37 "Quadratische Waschmitteltabs"). Weist dieses Umfeld bereits eine große Vielfalt an Formen und Farben auf, in die sich die angemeldete Marke ohne weiteres einfügt, so ist die Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; GRUR 2001, 418, 420 "Montre"), sofern sich nicht (ausnahmsweise) feststellen läßt, daß der Verkehr die Produkte der verschiedenen Hersteller auf dem betreffenden Warengebiet anhand der Form und/oder Farbe voneinander unterscheidet (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2004, 329, 330 "Käse in Blütenform"; GRUR 2004, 683, 684 f. "Farbige Arzneimittelkapsel").

b) Nach diesen Grundsätzen kann nicht angenommen werden, daß die angemeldete Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist. Ihrer Form nach stellt sie einen im oberen Drittel hell und im übrigen dunkel gefärbten, oben abgerundeten, länglichen, asymmetrischen Körper dar. Der untere Teil ist schmaler als der obere Teil, die eine Seite des Objektes verläuft gerade nach unten, die gegenüberliegende Seite weist nach oben hin eine Schräge auf, wobei nur der eine Teil des Behälters abgeschrägt ist. Diese Form ist - wie oben ausgeführt - teilweise technischfunktional bedingt und liegt auch hinsichtlich der rein ästhetisch bedingten Gestaltung im Rahmen der auf dem vorliegenden Warengebiet üblichen Formen. Die Internetrecherche des Senats hat eine große Formenvielfalt von Warenverpackungen auf den angesprochenen Sektoren der Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien und Seifen (auch flüssige Seifen) belegt. Die verwendeten Formelemente der angemeldeten Marke einschließlich asymmetrischer Gestaltungen und Abschrägungen kommen häufig vor. Am oberen Teil abgerundete Warenformen mit Verdünnungen im Mittelteil, die unterschiedliche Proportionen aufweisen, sind verbreitet, wobei etwa Produkte der Marken Rexona, Fa, AXE, Forte Sweden und ISANA zu nennen sind (vgl. die der Anmelderin übermittelten Ergebnisse der Internetrecherche des Senats). Der angemeldeten Form ähnliche bzw. vergleichbare Formen von Behältern gibt es insbesondere bei Deodorants oder Parfüms. Solche Formgestaltungen sind aber auch bei Waren der Klasse 3 denkbar und naheliegend, die Flüssigkeiten darstellen, welche gezielt auf den Körper aufgebracht und dort verteilt werden sollen, wie bei Parfümerien oder flüssigen Seifen. Unterschiedliche Farbgebungen der Kappe und des Körpers solcher Behälterformen sind ebenfalls üblich. Bei dieser Sachlage widerspricht es der Lebenserfahrung, daß der Verkehr die Form und Farbgebung einem bestimmten Unternehmen zuordnet. Vielmehr ist anzunehmen, daß dieser die Ausgestaltung der beanspruchten Verpackungsform nur als solche zur Kenntnis nimmt, ohne damit einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren zu verbinden (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rn. 52, 53 "Henkel" BGH GRUR 2004, 683, 684 f. "Farbige Arzneimittelkapsel"). Insoweit gilt hier nichts anderes als für Farben im allgemeinen (vgl. hierzu EuGH GRUR 2003, 604, 608 Rn. 65 "Libertel"; Mitt 2004, 367, 369 Rn. 38 f. "Farbmarke Blau-Gelb"). Die angemeldete dreidimensionale Marke stellt sich nach alledem als eine zum Teil technisch, zum Teil ästhetisch bedingte Verpackungsgrundform in einer figürlichen und farblichen Ausgestaltung dar, die technischfunktionale Eigenschaften der Ware andeutet, sich im übrigen in das gegebene wettbewerbliche Umfeld einfügt und nicht erheblich von der üblichen Form abweicht, die der Verkehr bei Verpackungen von Seifen, Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege und Parfümerien erwartet. Insoweit besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Verkehr in der angemeldeten Marke einen individuellen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen kann. Die Unterscheidungskraft ist daher zu verneinen (vgl. auch GRUR 2004, 507, 509 "Transformatorengehäuse").

4) Die von der Anmelderin angeführten anderweitigen Markeneintragungen betreffen andere Flaschengestaltungen. Sie sind für das vorliegende Verfahren unbeachtlich (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 432 Rn. 64 "Henkel"; BGH Bl. f. PMZ 1998, 248, 249 "Today").

5) Hinsichtlich der Ware "Zahnputzmittel" allerdings kann der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Insoweit konnte der Senat eine Verwendung vergleichbarer Formen oder Formelemente nicht ermitteln. Auch liegt bei der in der Regel pastenförmigen oder pulverförmigen Konsistenz dieser Waren, die in aller Regel in kleineren, relativ genau abgemessenen Portionen verwendet werden, eine Aufbewahrung in einem Hohlkörper mit Knick und Engstellen sowie einer stark verbreiterten Öffnung fern. Der angefochtene Beschluß war darum insoweit aufzuheben.

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BPatG:
Beschluss v. 03.08.2004
Az: 24 W (pat) 14/03


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