Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2011
Aktenzeichen: 27 W (pat) 27/11

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2011, Az.: 27 W (pat) 27/11)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamt vom 29. Oktober 2010 und vom 16. Februar 2011 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat beim Deutschen Patentund Markenamt die Eintragung der Wortmarke Rosenheim-Copsfür Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42 beantragt.

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit den im Tenor genannten Beschlüssen, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG für

"bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Computer-Software; elektronische Publikationen (herunterladbar); Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Programmhefte, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Kabelfernsehsendungen, Rundfunkund Hörfunksendungen sowie von Teleshoppinsendungen; Übermittlung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikationsund Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, sowie mittels Computer; Unterhaltung durch Hörfunkund Femsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Videofilmund Fernsehproduktion; Bereitstellung und Veröffentlichung von elektronischen Publikationen, auch im Internet, die nicht herunterladbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke); Durchführung von Theaterund Unterhaltungsveranstaltungen, Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen unterhaltender und bildender Art; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware"

zurückgewiesen, weil die angemeldete Bezeichnung insoweit den Inhalt bzw. das Thema der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichne. Dass die Marke teilweise humorvoll wahrgenommen werde, weil sie das Bild eines bairischen Provinzpolizisten mit amerikanischen Großstadtcops oxymoronisch verklammere, berühre den beschreibenden Charakter nicht (vgl. BPatG, BPatG, Beschluss vom 19. September 2007, Az: 32 W (pat) 5/06, BeckRS 2007, 19197 -Heiße Ware auf Bestellung). Nachweisbar sei eine Verwendung in Deutschland für "Motorrad-Cops" (eine RTL-Sendung), "Chaos-Cops" (Stand-Up-Comedy), "Die Abenteuer der Kid-Cops Pauli und Paulinchen", "Glühweincops" (private Taschendieb-Wächter auf Weihnachtsmärkten) sowie "Ein Fall für die Fisch-Cops" (gefälschte Sushi). Die Verkehrsdurchsetzung sei nicht ausreichend dargetan; die Anmelderin habe nur eigene Publikationen vorgelegt. Der Erinnerungsbeschluss wurde der Anmelderin am 23. Februar 2011 zugestellt.

Sie hat am 28. Februar 2011 Beschwerde eingelegt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie vorgetragen, die Kombination des US-amerikanischen umgangssprachlichen "cops" mit "Rosenheim" sei ungewöhnlich, weil im Deutschen der umgangssprachliche Begriff für einen Polizisten "Bulle" sei. "Cop" werde für einen deutschen Polizisten nicht einmal in der Umgangssprache verwendet; es werde vielleicht verstanden, aber nicht benutzt. Gebe man "Cop" in die Suchmaschine Google ein und filtert nach Seiten aus Deutschland, finde man an erster Stelle die CO.P.S. Sicherheitsdienst GmbH, dann zwei Treffer, die sich auf eine Studie der Universität Hohenheim zu einem meteorologischen Thema bezögen (Convective and Orographicallyinduced Precipitation Study), an vierter Stelle die Erläuterung des Begriffs auf Wikipedia, an fünfter Stelle einen Link zu einer Studie der Universität Stuttgart, an sechster Stelle der Link zur Serie "Die Rosenheim-Cops" der Anmelderin, dann mehrere Treffer, sich auf einen neuen amerikanischen Film ("Die etwas anderen Cops") bezögen und schließlich ein Link zu einer Gemeinschaft von Online-Spielern (Cops-United), siehe Anlage 1. Das zeige, dass "Cops" keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe und stets mit einem US-amerikanischen Polizisten assoziiert werde. "Rosenheim-Cops" sei eine willkürliche Zusammenstellung zweier Begriffe, die in ihrer Kombination einen phantasievollen Überschuss enthielten, der dem Gesamtbegriff zur Eintragungsfähigkeit verhelfe. "Rosenheim-Cops" wirke originell und insoweit individualisierend. Ergänzend beruft sich die Anmelderin auf Verkehrsdurchsetzung. Die Serie "Die Rosenheim-Cops" laufe seit 2002 im ZDF und werde mittlerweile in der 10. Staffel (über 200 Folgen) ausgestrahlt. Die Serie verbuche anhaltend gute Quoten und sei die erfolgreichste Serie des ZDF auf dem Sendeplatz um 19:25 Uhr. Am 4. Januar 2011 habe sie mit 5,27 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 16,9 % und am 28. Dezember 2010 mit 4,99 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 17,1 % erreicht (siehe Anlagen 2 bis 4). Die Serie werde auch auf DVD im Handel angeboten.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht weder § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen noch dessen Nr. 2, so dass die von der Anmelderin geltend gemachte Verkehrsdurchsetzung dahinstehen kann.

1) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428).

"Rosenheim-Cops" setzt sich zwar ersichtlich aus dem bekannten Namen einer oberbayrischen Stadt sowie dem geläufigen Begriff "Cops" für US-amerikanische Polizisten zusammen. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich aber in ihrer Gesamtheit nicht um eine glatt beschreibende Angabe. Unter die Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG fallen nämlich nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Bei Zeichen aus mehreren Wörtern muss ein etwaiger beschreibender Charakter nicht nur gesondert für jedes Wort, sondern auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt werden. Erkennbare Abweichungen in der Formulierung von der Ausdrucksweise im üblichen Sprachgebrauch führen von einer rein beschreibenden Bedeutung weg. Die Bezeichnung "Rosenheim-Cops" ist nicht sprachüblich gebildet. Üblicherweise spräche man nämlich von "Rosenheimer ...".

Die Markenstelle spricht insoweit von einem Oxymoron, also einer rhetorischen Figur aus zwei gegensätzlichen Begriffen, obwohl sich diese hier nicht ausschließen, wie etwa in "alter Knabe". Die Kombination eines US-amerikanischen Slangausdrucks, der "copper" (Verhafter) verkürzt, und dem oberbayrischen Ambiente Rosenheims ist jedenfalls ersichtlich gewollt und dient so als pointierter Titel. Auch die von der Markenstelle herangezogenen Beispiele belegen dies. "Motorrad-Cops" ist ein Titel, wobei allerdings der Bezug zwischen US-Polizisten und Motorrädern sogar ohne Auffälligkeiten hergestellt werden kann. Ebenso sind "Chaos-Cops" und "Kid-Cops" Titel. Als "Glühweincops" bezeichnen sich selbsternannte Aufpasser auf Weihnachtsmärkten gegen Taschendiebe; sie nutzen -ob auch als Marke ist nicht erkennbar -ebenfalls den Gegensatz zwischen Glühwein und US-amerikanischen Polizisten in individualisierender Form. "Fisch-Cops" scheint aus ähnlichen Gründen im Titel eines Zeitungsberichts Verwendung zu finden. "Rosenheim-Cops" ist auch nicht wie "Heiße Ware auf Bestellung" zu bewerten, da es in dem von der Markenstelle zitierten Beschluss des 32. Senats um Pizzen ging, die möglichst heiß geliefert werden sollten. Hier lag das Wortspiel also in der Doppeldeutigkeit von "heiß", nicht aber in Bezug auf den Kontext "Ware".

2) Die Bezeichnung "Rosenheim-Cops" entbehrt auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die hier angesprochenen Kreise "Rosenheim-Cops" wegen der ungewöhnlichen Zusammenstellung als Unterscheidungsmittel verstehen. Die zu beurteilende Wortkombination wirkt als Ganzes nicht lediglich als Sachangabe, sondern als betrieblicher Herkunftshinweis, weil der Ausdruck "Cops" im Kontext mit "Rosenheim" nicht erwartet wird.

Dr. Albrecht Kruppa Werner Pr






BPatG:
Beschluss v. 10.05.2011
Az: 27 W (pat) 27/11


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