Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. März 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 14/09

(BPatG: Beschluss v. 04.03.2010, Az.: 35 W (pat) 14/09)

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) ist Inhaber des am 26. Juli 2005 angemeldeten Gebrauchsmusters ..., das unter der Bezeichnung "Räumliche Elemente zur Verwendung als Spiel-, Bau-, Architektur-, Technikund/oder Kunstelemente" in das Register beim Deutschen Patentund Markenamt eingetragen worden ist.

Dem Beschwerdeführer ist von der Gebrauchsmusterstelle bereits Verfahrenskostenhilfe für das Anmeldeverfahren gewährt worden. Mit am 30. Juli 2007 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenem Schriftsatz vom 28. Juli 2007 beantragte er nunmehr auch Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für das vierte bis sechste Schutzjahr und legte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie zwei Bescheide über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vor.

Mit mehreren Bescheiden forderte die Gebrauchsmusterstelle den Beschwerdeführer dazu auf, Nachweise für ernsthafte Verwertungsversuche innerhalb des letzten Jahres vor Antragstellung einzureichen, um die Vermutung auszuräumen, dass die Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters mutwillig sei. Der Antragsteller nannte daraufhin die Adressen mehrerer Firmen, die er wegen der Verwertung seines Schutzrechts angesprochen habe und legte Kopien der Unterlagen bei, die er den Firmen zugesandt habe.

Nachdem der Antragsteller auf mehrmalige Anfrage hin weder Kopien des Schriftverkehrs mit den betreffenden Unternehmen noch Nachweise über eventuelle Verhandlungsgespräche vorlegte, hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 20. Januar 2009 zurückgewiesen.

Gegen diese Zurückweisung richtet sich die Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt. Er reicht die Kopie eines Zeitungsartikels vom 8. Februar 2007, einen Auszug aus der Zeitschrift "ERFINDERCLUB" aus dem Jahr 2008 sowie das Programm einer Tagung des Lehrstuhls Geometrie und Visualisierung der Technischen Universität München im Februar 2009 ein, um ernsthafte Verwertungsversuche zu belegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen.

1.

Dem Inhaber eines Gebrauchsmusters kann auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für Aufrechterhaltungsgebühren gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist -wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe -§ 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erfolg versprechend sein und darf nicht mutwillig erscheinen. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern. Verfassungsrechtlich ist keine vollständige Gleichstellung geboten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Wirtschaftlich schwache Personen sollen nicht allein aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse von der Verwirklichung des Rechtsschutzes ausgeschlossen werden.

2.

Ob Mutwilligkeit vorliegt, entscheidet sich nach h. M. danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage ihr Recht im Verfahren in derselben Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 130 Rn. 34 m. w. N.; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 130 Rn. 54, 55; vgl. auch BPatG BlPMZ 1997, 443 m. w. N.). Mutwilligkeit ist danach ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann auf Grund der vorliegenden Tatsachen nicht angenommen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber wie der Antragsteller handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung "nicht mutwillig erscheint" ergibt (BPatG a. a. O.

m. w. N.).

3.

Nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Die Rechtswahrnehmung des Beschwerdeführers entspricht bei objektiver Betrachtung nicht der einer vermögende Person in derselben Situation. Die Gebrauchsmusterstelle hat zu Recht darauf abgestellt, ob der Beschwerdeführer bisher ernsthaft versucht hat, das Streitgebrauchsmusterwirtschaftlich zu verwerten. Denn im Fall der Aufrechterhaltungsgebühren geht es um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe mutwillig ist oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Das Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich u. a. in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 3 Abs. 2 GebrMG) und auch in den mit der Eintragung verbundenen Benutzungsund Verbietungsrechten (§ 11 GebrMG) wider.

Deshalb wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Gebrauchsmusterinhaber insbesondere in der ersten Zeit nach Eintragung seines Schutzrechts ernsthaft um dessen Vermarktung bemühen. Hierzu enthalten die Eingaben des Beschwerdeführers aber weder einen hinreichend detaillierten Tatsachenvortrag noch entsprechende Belege.

4. Wie bereits die Gebrauchsmusterstelle ausgeführt hat, kann die Frage, ob der Antragsteller sich um eine Verwertung des Schutzrechts ernsthaft bemüht hat, nur beurteilt werden, wenn der Antragsteller seine Verwertungsversuche detailliert vorträgt und belegt.

Die Nennung von Adressen von Firmen, die angeblich wegen einer Verwertung des Schutzrechts angesprochen worden sein sollen, und die Vorlage einer Broschüre allein erlauben daher keine Beurteilung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Verwertungsversuche. Es wäre vielmehr erforderlich gewesen, diese Verwertungshandlungen im Einzelnen zu substantiieren und zu belegen.

Auch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren reicht für eine Gewährung der begehrten Verfahrenskostenhilfe nicht aus.

Die Erwähnung des Antragstellers und seiner Erfindung in einem Zeitungsartikel und dessen Vortrag an der TU München zeigen zwar, dass der Beschwerdeführer mit der durch seine Erfindung verkörperten Lehre an die Öffentlichkeit tritt, erlauben aber keinen Schluss auf konkrete Versuche einer wirtschaftlichen Verwertung des Gebrauchsmusters. Ebenso ist der Bericht über die Erfindung in der Zeitschrift "ERFINDERCLUB" zu bewerten, zumal die Veröffentlichung in einer wohl vereinsinternen, jedenfalls aber ersichtlich nicht an konkrete mögliche Verwerter gerichteten Druckschrift erfolgt ist.

Angesichts dieser Sachlage kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller sich verhalten hat, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Die Beschwerde ist darum zurückzuweisen.

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BPatG:
Beschluss v. 04.03.2010
Az: 35 W (pat) 14/09


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