Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. November 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 149/01

(BPatG: Beschluss v. 11.11.2003, Az.: 27 W (pat) 149/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung des Bundespatentgerichts vom 11. November 2003 mit dem Aktenzeichen 27 W (pat) 149/01 hat das Gericht auf die Beschwerde der Anmelderin die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2001 und vom 3. August 2001 aufgehoben.

Die Anmelderin hatte eine Wort-/Bildmarke in der Farbe RAL 5002/Ultramarinblau für verschiedene Waren und Dienstleistungen im Bereich der Computertechnik angemeldet. Die Markenstelle hatte diese Anmeldung aufgrund der Ansicht, dass die Bezeichnung schlagwortartig anpreisend und die grafische Ausgestaltung nicht ausreichend eigenartig und prägnant sei, zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat daraufhin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass die Bezeichnung "Blue Chip" im Börsen- und Wertpapierhandelsbereich eine spezielle Bedeutung habe, im allgemeinen Verkehrsgebrauch jedoch nicht üblich sei. Sie behauptet zudem, dass die Schreibweise "bluechip" mit blauem Hintergrund und besonderer Schriftart ebenfalls nicht zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen üblich sei.

Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass die angemeldete Marke die erforderliche Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen besitzt und auch kein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber besteht. Obwohl die Bezeichnung "Blue Chip" in bestimmten Bereichen wie dem Glücksspiel und dem Wertpapierhandel eine Bedeutung hat, kann diese Bedeutung nicht zwangsläufig auf die beanspruchten Produkte übertragen werden. Zudem konnte das Gericht keine Verwendung der Bezeichnung "Bluechip" in anderer markenmäßig kennzeichnender Weise feststellen.

Es wird darauf hingewiesen, dass das Wort "Chip" in Bezug auf die beanspruchten Produkte als "Speicher" oder "Prozessor" verstanden wird und nicht als Jeton oder Spielmarke. Da die Einfärbung von Speicher- und Prozessorbausteinen nicht üblich und auch nicht relevant für deren Funktion oder Qualität ist, deutet die angemeldete Bezeichnung nicht auf bestimmte Eigenschaften dieser Produkte hin.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die angemeldete Marke "Blue Chip" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausreichende Unterscheidungskraft besitzt und kein Freihaltungsbedürfnis besteht. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts, die Beschwerde der Anmelderin anzunehmen und die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, wurde aufgrund dieser Argumentation getroffen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.11.2003, Az: 27 W (pat) 149/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2001 und vom 3. August 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur farbigen Eintragung (RAL 5002/Ultramarinblau) als Wort-/Bildmarke angemeldet istsiehe Abb. 1 am Endefür die Waren und Dienstleistungen

"Computer, Bildgeräte, Drucker, Baugruppen und Zubehör, nämlich Diskettenboxen, Computermäuse und -pads, Scanner, unterbrechungsfreie Stromversorgungsgeräte; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen, Aktualisieren, Design und Vermietung von Computersoftware; Aus-, Weiter- und Fortbildung auf dem Gebiet der Daten- und Datenübertragungstechnik"

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 als nicht unterscheidungskräftige, weil schlagwortartig anpreisende Bezeichnung zurückgewiesen. Die grafische Ausgestaltung sei demgegenüber nicht hinreichend eigenartig und prägnant.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde beantragt die Anmelderin die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse. Sie macht geltend, dass es sich bei der Bezeichnung "Blue Chip" um einen Begriff handele, der zwar im Bereich von Börse und Wertpapierhandel eine spezielle Bedeutung habe. Im allgemeinen Verkehrsgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten sei sie aber nicht zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen üblich. Das gelte erst recht für die beanspruchte Schreibweise "bluechip" mit blauem Hintergrund und in besonderer Schriftart. Daher sei insoweit weder jegliche Unterscheidungskraft zu verneinen, noch bestehe an der angemeldeten Marke in ihrer konkreten Gestaltung ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber.

II.

Die angemeldete Marke hat in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG); auch ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) ist nicht gegeben.

Die Bezeichnung "Blue Chip" stellt zwar in bestimmten Verwendungsbereichen, etwa dem Glücksspiel (Coupon mit höchster Wertigkeit beim Poker) oder dem Börsen- und Wertpapierhandelsbereich (besonders werthaltige Anlagen, profitable Unternehmen) eine Sachaussage dar. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass es sich generell um eine rein beschreibende Angabe handelt, die jeglicher betriebskennzeichnender Eigenart entbehrte und zugunsten der Mitbewerber freigehalten werden müsste. In Bezug auf die mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nämlich eine Übertragung des vorgenannten Sinngehalts einer Werthaltigkeit nicht nachvollziehbar. Werthaltigkeit im Sinne einer profitablen Anlage ist keine Eigenschaft, die mit Computer-Hard- und Software sowie darauf bezogenen Aus-, Weiter- und Fortbildungsdienstleistungen in Verbindung gebracht werden könnte. Eine weitere Begriffsübertragung im Sinne einer von der Markenstelle angenommenen allgemeinen Qualitätsaussage ist weder für den allgemeinen Sprach- oder Werbegebrauch noch gar speziell für die beanspruchten Produkte feststellbar. Dementsprechend hat der Senat auch keine Verwendung der Bezeichnung "Bluechip" in anderer als markenmäßig kennzeichnender Weise ermitteln können.

Es kommt hinzu, dass in dem betreffenden Produktbereich der Ausdruck "Chip" nicht als Jeton oder Spielmarke im direkten Sinne oder übertragen als Anlageobjekt, sondern ohne weiteres als "Speicher" oder "Prozessor" verstanden wird, so dass das allgemein verständliche englischsprachige Wortkonstrukt sich als "blauer Speicher- bzw Prozessorbaustein" darstellt. Da, wie dem Senat aus anderen Verfahren im Zusammenhang mit der Warenklasse 9 bekannt ist, die Einfärbung von Speicher- und Prozessorbausteinen keineswegs üblich ist und für die Funktion oder Qualität der Bausteine auch irrelevant wäre (vgl BGH GRUR 2002, 538 - grün eingefärbte Prozessorengehäuse), weist die angemeldete Bezeichnung auch insoweit nicht auf bestimmte Eigenschaften der mit ihr bezeichneten Produkte hin.

Insgesamt steht trotz eines feststellbaren Bedeutungsgehalts in anderen Zusammenhängen und einer sprachlich leichten Erfassbarkeit keine sinnvolle Sachaussage im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund der angemeldeten Bezeichnung.

Was ein mögliches Freihaltungsbedürfnis zugunsten von Mitbewerbern angeht, so sind - ganz abgesehen von der konkreten graphischfarblichen Gestaltung - nicht nur für die aktuelle, sondern auch für eine zukünftige Verwendung des Begriffs "bluechip" als allgemeines Qualitätsmerkmal in den beanspruchten Waren- und Dienstleistungsbereichen keine Anhaltspunkte ersichtlich; die Tatsache, dass die angemeldete Marke als europäische Gemeinschaftsmarke (Nr 190 40 10) eingetragen worden ist, mithin auch für den Bereich der Ursprungssprache der Bezeichnung, spricht ebenfalls indiziell gegen ein derartiges Eintragungshindernis.

Dr. Schermer Schwarz Dr. van Raden Pü

Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/27W(pat)149-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 11.11.2003
Az: 27 W (pat) 149/01


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