Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 1. August 2007
Aktenzeichen: 21 K 4013/06

(VG Köln: Urteil v. 01.08.2007, Az.: 21 K 4013/06)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beigeladene betreibt ein öffentliches Telekommunikationsnetz im Teilnehmeranschlussbereich und bietet den mit ihr zusammengeschalteten Netzbetreibern unmittelbar Terminierungsleistungen in ihrem Netz an. Die Klägerin und die Beigeladene sind seit Beginn der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes im Jahre 1998 zusammengeschaltet.

In der hier streitgegenständliche Regulierungsverfügung vom 29.05.2006 (Aktz.: ) gelangte die Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene auf dem Vorleistungsmarkt "Anrufzustellung (Terminierung) in das öffentliche Telefonnetz der Betroffenen an festen Standorten einschließlich der lokalen Anrufweiterleitung" über beträchtliche Marktmacht im Sinne des § 11 TKG verfügt. Die Beklagte erließ gegenüber der Beigeladenen unter dem 29.05.2006 daher gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG folgende Regulierungsverfügung:

I.1. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, Betreibern von öffentlichen Telefonnetzen 1.1. die Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten am Vermittlungsstandort der Betroffenen zu gewähren, 1.2. über die Zusammenschaltung Verbindungsleistungen für die Anrufzustellung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der lokalen Anrufweiterleitung zu erbringen, 1.3. zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1. und 1.2. Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren.

Neben weiteren Verpflichtungen in Ziffer I. 2. und I. 3. wurde in Ziffer I.4. des Beschlusstenors bestimmt, dass die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß I.1. des Beschlusstenors der nachträglichen Regulierung nach § 30 Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unterliegen.

Die streitgegenständliche Regulierungsverfügung wurde am 29.05.2006 der Beigeladenen zugestellt. Weiter wurde eine nicht individualisierte Regulierungsverfügung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen 11/2006 vom 07. Juni 2006 veröffentlicht. Der Klägerin wurde die streitgegenständliche Regulierungsverfügung nicht zugestellt.

Die Klägerin hat am 05.09.2006 Klage erhoben, mit der sie das Ziel verfolgt, dass die Entgelte der Beigeladenen für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation einer Genehmigungspflicht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG unterworfen werden.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage zulässig sei. Der Zulässigkeit stehe nicht entgegen, dass die begehrte Regulierungsmaßnahme nicht bereits im Verwaltungsverfahren durch sie beantragt worden sei. Wollte man im vorliegenden Fall einen vorherigen Verwaltungsantrag verlangen, liefe dies auf eine ungerechtfertigte Förmelei hinaus.

Ihr fehle es auch nicht an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Die Verletzung in ihren Rechten aus § 30 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1, § 33 TKG erscheine jedenfalls möglich. Denn durch die Auferlegung der expost- Kontrolle nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG seien Entgelte nach der Rechtsprechung des VG Köln allein am Missbrauchsmaßstab des § 28 TKG zu messen. Dabei komme es nicht auf die den Terminierungsleistungen der Beigeladenen zurechenbaren tatsächlichen Kosten und den Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG an. Sie könne insoweit auch nicht darauf verwiesen werden, gegen spätere behördliche Entgeltmaßnahmen zu klagen. Denn im Rahmen solcher Maßnahmen sei die Beklagte an eine bestandskräftige Regulierungsverfügung gebunden.

Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 29.05.2006 erst am 05.09.2006 anhängig gemacht worden sei. Sie sei nicht verfristet. Die Monatsfrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 VwGO habe nicht gegolten, da es an einer Bekanntgabe ihr gegenüber fehle. Insbesondere stelle die Veröffentlichung der Regulierungsverfügung im Amtsblatt der Beklagten keine Bekanntgabe ihr gegenüber dar.

Die Klage sei auch begründet. Die Beklagte habe die Entgelte der Beigeladenen, die nach den Feststellungen der Präsidentenkammer der Beklagten über beträchtliche Marktmacht verfüge, für die nach § 21 TKG auferlegten Zugangsleistungen zu Unrecht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG der nachträglichen Entgeltregulierung unterworfen. Die Entscheidung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG weise - wie die Auferlegungsentscheidung nach § 21 TKG - die Merkmale einer umfassenden Planungsentscheidung auf. Deshalb sei eine Abwägungsentscheidung zu treffen, die durch das Gericht voll überprüfbar sei. Der Beklagten stehe insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung werde die streitgegenständliche Regulierungsverfügung der Beklagten nicht gerecht, da sie unter einem offensichtlichen Abwägungsdefizit leide. Sie habe die expost-Kontrolle für sämtliche Teilnehmernetzbetreiber, d.h. in 47 Verfahren mit identischer Begründung, schematisch und ohne Berücksichtigung der nach dem Zweck und der Wertung des Gesetzes zu berücksichtigenden besonderen Situation des Einzelfalles als ausreichend angesehen. Für eine ordnungsgemäße Abwägung habe die Beklagte vorliegend jedoch namentlich Ermittlungen und Prognosen dazu anstellen müssen, wie sich voraussichtlich die Preise der Beigeladenen auf der Grundlage des Maßstabs des § 28 Abs. 1 TKG entwickeln würden und weshalb diese Entwicklung zur Erreichung der Ziele des § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 TKG nicht ausreichend erschienen. Hierbei habe sich die Beklagte auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwieweit die Beigeladene bereit sei, einen Absenkungspfad zu beschreiten. Die Beklagte habe insoweit nicht hinreichend beachtet, dass die Beigeladene durch ihren parallel zum Verfahren zum Erlass der Regulierungsverfügung gestellten Genehmigungsantrag vom 15.03.2006 betreffend die Entgelte für die Leistungen BT-B.1 und -B.2 ein Preissetzungsverhalten dokumentiere, welches belege, dass die Auferlegung der expost-Kontrolle nicht ausreichend sei.

Der Beklagten sei im Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung vom 29.05.2006 außerdem bekannt gewesen, dass sie Entgelte genehmigen würde, die deutlich unter den von der Beigeladenen beantragten Entgelten liegen würden und dass die Beigeladene somit im Rahmen des Genehmigungsantrages Aufschläge fordere, die selbst gemessen am Maßstab des § 28 TKG deutlich überhöht seien. Dies laufe dem Ziel des § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG (Wahrung der Nutzer-, insbesondere der Verbraucherinteressen) zuwider.

Sie werde durch die rechtswidrige Regelung in Ziffer I.4. des Beschlusstenors auch in ihren Rechten aus § 31 Abs. 1 TKG verletzt. § 31 Abs. 1 TKG regele, dass Entgelte die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht überschreiten dürfen. Die Vorschrift verbiete einen Preishöhenmissbrauch gegenüber Wettbewerbern und entfalte insoweit drittschützende Wirkung. Da sich die Prüfungstiefe und Prüfungsdichte der exante-Regulierung von derjenigen der ex- post Kontrolle unterscheide, werde sie dadurch in § 31 Abs. 1 TKG verletzt, dass in Ziffer I.4. des Beschlusstenors nur die expost Kontrolle auferlegt werde.

Die Klägerin beantragt

1. die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses der Beklagten vom 29. Mai 2006 zu verpflichten, die Entgelte für die Gewährung der gemäß Ziffer I.1. des Beschlusstenors auferlegten Zugangsleistungen der Genehmigungspflicht zu unterwerfen;

2. hilfsweise: die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Beschlusses vom 29. Mai 2006 zu verpflichten, festzustellen, dass die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer I.1. des Beschlusstenors der Genehmigung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen;

3. hilfsweise: den streitgegenständlichen Beschluss vom 29. Mai 2006 insoweit aufzuheben, als hierin unter Ziffer I.4. des Beschlusstenors die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer I.1. des Beschlusstenors der nachträglichen Regulierung nach § 30 Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unterworfen sind;

4. äußerst hilfsweise: den streitgegenständlichen Beschluss vom 29. Mai 2006 aufzuheben.

5.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klagefrist des § 74 VwGO überschritten werde. Der Klägerin sei der angegriffene Verwaltungsakt durch das Amtsblatt 11/2006 vom 07.06.2006 bekannt gegeben worden. Da die Klägerin das Amtsblatt der Beklagten beziehe, sei ihr somit im Juni 2006 der Verwaltungsakt zugegangen und damit ihr gegenüber bekannt gegeben worden. Einer Bekanntgabe stehe auch nicht § 41 Abs. 3 VwVfG entgegen. Denn eine öffentliche Bekanntgabe i.S.d. § 41 VwVfG sei eine Bekanntgabefiktion, die gerade keinen Zugang des Verwaltungsaktes erfordere. § 41 Abs. 3 VwVfG beschränke lediglich die Bekanntgabefiktion auf gesetzlich geregelte Fälle. Dadurch werde nicht die Bekanntgabe durch Zugang einer öffentlichen Publikation ausgeschlossen.

Die Klage sei auch unbegründet. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 TKG lägen vor, so dass die Zugangsentgelte nur der nachträglichen Entgeltregulierung unterlägen. Es sei keine Gefährdung der Verbraucherinteressen gegeben. Zum Zeitpunkt der Entscheidung seien im Netz der Klägerin mehr als 80 % der Kunden (bezogen auf die Telefonkanäle) bzw. mehr als 85 % (bezogen auf die Telefonanschlüsse) angeschlossen. Ihr stünden 47 alternative Teilnehmernetzbetreiber gegenüber, denen eine Regulierungsverfügung auferlegt worden sei. Dies bedeute, dass für die Endkunden die Terminierung in die jeweiligen alternativen Netze eine relativ geringe Bedeutung habe. Deshalb würden die Interessen der Endkunden auch hinreichend gewahrt, wenn die Entgelte lediglich einer nachträglichen Entgeltkontrolle unterworfen würden. Eine enge Kostenorientierung erscheine nicht erforderlich.

Auch beruhe die streitgegenständliche Regulierungsverfügung nicht auf einem "offensichtlichen Abwägungsdefizit". Sie habe 47 "identische" Entscheidungen erlassen, da ein im Wesentlichen identischer Sachverhalt vorliege. In dieser Situation sei eine einheitliche Entscheidung nicht nur zulässig, sondern zwingend geboten gewesen. Bei ihrer Abwägung habe sie auch nicht den Entgelt-Anordnungsantrag der Beigeladenen außer Acht gelassen. Sie habe aber angesichts der geringen Bedeutung für die Endnutzer eine Missbrauchskontrolle als hinreichend erachtet.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie weist darauf hin, dass die Klage bereits unzulässig sei, denn die Klägerin rüge weder die Verletzung eigener Rechte noch existiere eine Vorschrift, aus der die Klägerin solche Rechte herleiten könnte. §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1, 33 TKG vermittelten der Klägerin keine subjektiv-öffentlichen Rechte, denn sie regelten ausschließlich das öffentlichrechtliche Subordinationsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten. Darüber hinaus fehle auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da sich die Klägerin mit dem streitgegenständlichen Begehren nicht zuvor an die Beklagte gewandt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtene Regulierungsverfügung vom 29.05.2006 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klage ist nicht deshalb bereits unzulässig, weil sie gemäß § 74 Abs. 1 VwGO verfristet wäre. Zwar datiert der streitgegenständliche Bescheid vom 29.05.2006, und die Klage wurde erst am 05.09.2006 anhängig gemacht. Aber die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 VwGO galt hier nicht. Abgesehen davon, dass insoweit kein Fall der - förmlichen - Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts vorliegt, fehlt es an einer Bekanntgabe der Regulierungsverfügung gegenüber der Klägerin. Die Regulierungsverfügung wurde nur der Beigeladenen bekannt gegeben, da die Klägerin am Regulierungsverfahren nicht beteiligt war (§ 131 Abs. 1 Satz 2 TKG). Es liegt auch keine Bekanntgabe gegenüber der Klägerin durch Veröffentlichung der Regulierungsverfügung im Amtsblatt der Beklagten vor. Denn die Veröffentlichung im Amtsblatt stellt keine zulässige Form der öffentlichen Bekanntgabe von Verwaltungsakten nach § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG dar. Insoweit fehlt es an der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur öffentlichen Bekanntmachung als Ersatz der individuellen Zustellung,

vgl. Kühling/Neumann, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 26 Rn. 13.

Da die öffentliche, d.h. den einzelnen Betroffenen gegenüber nicht konkret- individuell erfolgende Bekanntgabe in der Form des Abs. 4, in der Regel kaum eine Gewähr dafür bietet, dass die Betroffenen tatsächlich Kenntnis erlangen, ist sie nur in Ausnahmefällen zulässig, in denen sie durch Rechtsvorschrift aus hinreichend gewichtigen Gründen ausdrücklich zugelassen ist. Damit trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass die öffentliche Bekanntgabe für den einzelnen Betroffen grundsätzlich wesentlich problematischer ist, weil sie die Kenntniserlangung erschwert,

vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, § 41 Rn. 46 f..

Da keine Ausnahmevorschrift gegeben ist, wurde die streitgegenständliche Regulierungsverfügung der Klägerin gegenüber nicht bekannt gegeben. Es gilt deshalb zu Lasten der Klägerin nicht einmal die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO,

vgl. VG Köln, Urteil vom 28.09.2006 - 1 K 2976/05 -; Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 6 g zu § 70 VwGO.

Entgegen der Ansicht der Beklagten findet auch § 8 VwZG keine Anwendung, da an die Klägerin nicht förmlich zuzustellen war.

Es fehlt auch nicht an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Nach dieser Vorschrift muss die Klägerin geltend machen, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein. Das erfordert, dass die Verletzung eigener Rechte auf der Grundlage des Klagevorbringens als möglich erscheint. Dies ist nur dann auszuschließen, wenn sich die Klägerin für ihr Begehren offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise auf eine öffentlich- rechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch dem Schutze der Klägerin als Wettbewerberin dient. Erfordert diese Prüfung die Beantwortung komplexer Rechtsfragen, so kann die Möglichkeit der Rechtsverletzung nicht verneint werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff.

Im vorliegenden Zusammenhang ist somit - anders als im Rahmen der Begründetheit - nicht zu entscheiden, ob die von der Klägerin zur Stützung ihres Begehrens herangezogenen Bestimmungen des TKG - nämlich §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1, 33 TKG - zumindest auch ihrem Schutz als Wettbewerberin der Beigeladenen dienen. Es reicht hier vielmehr die Feststellung aus, dass es sich dabei um komplexe Rechtsfragen handelt, die sich angesichts der den Drittschutz bislang bejahenden Stimmen in der Literatur,

vgl. Schuster/Ruhle, Beck´scher TKG Kommentar, § 27 Rn. 15 ff; Schuster, MMR 2001, 299 f.; Kühling/Neumann, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 39 Rn. 125 ff., Neumann/Bosch, Rechtsschutz für Wettbewerber im Rahmen des telekommunikationsrechtlichen Entgeltregulierungsverfahrens , CR 2001, 225 ff..

nicht offensichtlich verneinen lassen.

Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die von der Klägerin begehrte Regulierungsmaßnahme nicht bereits im Verwaltungsverfahren von ihr beantragt wurde.

Zwar geht die herrschende Meinung vom Erfordernis einer vorherigen Antragstellung aus, so z.B. VG Köln, Urteil vom 04.11.2004 -1 K 8209/01-.

Dies wird abgeleitet aus § 75 VwGO

so: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl., Rn. 51 Vorb § 40 und Rn. 5 a Vorb § 68,

und dem Erfordernis, dass sich im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung zunächst die Verwaltung mit den Ansprüchen des Einzelnen befassen müsse,

so: BVerwG, Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, BVerwGE 99, 158 (160),

oder zusätzlich aus den §§ 42 und 68 Abs. 2 VwGO,

so: Sodan-Ziekow, Kommentar zur VwGO, § 42 Rn. 37,

oder aus dem Aspekt des Rechtsschutzbedürfnisses,

so: Pietzcker, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 42 Abs. 1, Rn. 96.

Es handelt sich dabei um eine Klagevoraussetzung und nicht nur um eine im Prozess nachholbare bloße Sachurteilsvoraussetzung. Sie gilt auch dann, wenn der eingeklagte Verwaltungsakt ohne Antrag ergehen kann oder gar von Amts wegen erlassen werden muss,

so: BVerwG, Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, BVerwGE 99, 158 ff.,

Eine Ausnahme wird vom Bundesverwaltungsgericht dann für gerechtfertigt gehalten, wenn es um einen Folgeantrag geht und die Behörde mit den streitigen Fragen bereits aus Anlass des Erstantrages befasst war,

so: BVerwG, Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15.92 -, NVwZ 1995, 76 ff..

Diese Fallgestaltung liegt hier zwar nicht vor.

Nach Auffassung des VG Köln,

vgl. Urteil vom 28.09.2006 - 1 K 2982/05 -,

der sich die erkennende Kammer anschließt, ist jedoch eine weitere Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen Antragstellung zu machen, wenn dem Sinn und Zweck eines solchen Antrages dadurch genügt wird, dass - wie hier - die Behörde im Bescheid (Seiten 16 bis 18 der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung) ausführlich begründet hat, dass und warum eine expost-Kontrolle gegenüber einer exante-Regulierung vorzugswürdig sein soll und so eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass und aus welchen Gründen sie die nunmehr eingeklagten Regelungen nicht für gerechtfertigt hält, sie sich im Klageverfahren zur Sache einlässt und dabei sogar die Auffassung vertritt, dass ein zusätzlicher förmlicher Antrag neben der Anhörung im Konsultationsverfahren auf eine ineffiziente Verfahrensausgestaltung hinausliefe. Letzteres hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung im vorliegenden Verfahren zwar nicht explizit ausgeführt, sich jedoch zur Sache eingelassen und den mangelnden Antrag im Verwaltungsverfahren nicht gerügt. Darüber hinaus hat die Beklagte, wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ergibt, die Frage der exante oder expost Regulierung aufgrund der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 13.03.2006 umfassend geprüft (vgl. Bl. 337 ff. Beiakte) und sogar sämtliche betroffenen Teilnehmernetzbetreiber mit Schreiben vom 06.04.2006 hierzu angehört und mitgeteilt, dass die Beschluss- kammer die Änderung des Verfügungsentwurfs im Hinblick auf die Regelung der Entgeltkontrolle erwäge (vgl. Bl. 344 f. Beiakte). Wollte man unter diesen besonderen Umständen gleichwohl einen vorherigen Verwaltungsantrag verlangen, liefe dies auf eine ungerechtfertigte Förmelei hinaus.

Die Klage ist aber weder im Hinblick auf den gestellten Haupt- noch im Hinblick auf die Hilfsanträge zu 2) bis 4) begründet.

Die Klägerin hat keinen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchsetzbaren Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, die Entgelte für die Gewährung der gemäß Ziffer I.1. des Beschlusstenors auferlegten Zugangsleistungen der Genehmigungspflicht zu unterwerfen. Ein solcher Anspruch folgt in der Person der Klägerin insbesondere nicht aus § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG, denn diese Vorschrift verleiht ihr keine subjektiven Rechte.

Durch die Auferlegung der expost-Kontrolle nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG unterliegen Entgelte der Kontrolle nach § 38 Abs. 2 bis 4 TKG. Nach der Rechtsprechung des VG Köln,

vgl. Urteil vom 15.09.2005 - 1 K 8432/04 -,

sind Entgelte in diesem Fall allein am Maßstab des § 28 TKG zu messen, da § 38 Abs. 2 TKG als Maßstab der Entgeltregulierung allein § 28 TKG nennt. Daher kommt es im Rahmen der Preishöhenkontrolle nicht auf die den Terminierungsleistungen der Beigeladenen zurechenbaren tatsächlichen Kosten und den Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG an, sondern auf die Frage, ob ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des § 28 TKG festgestellt werden kann.

Ob Dritte, die - wie hier - nicht Adressaten eines Verwaltungsaktes sind, gegen einen Verwaltungsakt oder seine Ablehnung Rechtsschutz begehren können, hängt davon ab, ob sie insoweit in eigenen Rechten verletzt sein können. Es kommt darauf an, ob sie sich für ihr Rechtsschutzbegehren auf eine öffentlichrechtliche Norm stützen können, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt. Das hängt - erstens - davon ab, ob sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen einer Norm ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet. Aus dem interpretatorisch zu ermittelnden Schutzzweck der Vorschrift muss sich - zweitens - ergeben, dass sie unmittelbar zumindest auch den rechtlichen Interessen des jeweiligen Personenkreises dienen soll. Die bloß tatsächliche, also reflexartige Berührung der Rechte dieser Dritten reicht hingegen nicht,

vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff.; Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff.

Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung.

Dem Wortlaut der Bestimmung des § 30 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 TKG sind keine Hinweise auf eine drittschützende Wirkung zu Gunsten der Wettbewerber eines Telekommunikationsunternehmens zu entnehmen. Ausdrücklich genannt ist vielmehr nur der Betroffene, nämlich der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsunternehmens, und Adressatin ist die Regulierungsbehörde. Diese soll - unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 TKG - im pflichtgemäßen Ermessen darüber entscheiden, ob für nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen die Entgelte eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes einer nachträglichen Regulierung unterworfen werden sollen. Im Übrigen bleibt es bei der in § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG angesprochenen ex- ante Regulierung nach Maßgabe des § 31 TKG. Der Wettbewerber des betroffenen Telekommunikationsunternehmens wird hierdurch nicht unmittelbar angesprochen.

Auch den allgemeinen Zwecken des Telekommunikationsgesetzes ist ein solcher Drittschutz, jedenfalls im Hinblick auf einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch eines Wettbewerbers gegenüber der Regulierungsbehörde, bei der Entgeltregulierung zu Lasten des betroffenen Telekommunikationsunternehmens eine vorherige Genehmigungspflicht nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 31 TKG festzusetzen, nicht zu entnehmen. Denn das Telekommunikationsgesetz verfolgt ebenso wie Art. 87 f. GG den Zweck, die einstmals staatsmonopolistisch geprägten Verhältnisse im Bereich der Telekommunikation im Wege staatlicher Regulierung nach Wettbewerbsbedingungen neu zu ordnen. Durch das Erbringen von Telekommunikationsleistungen unter Wettbewerbsbedingungen soll für ein Leistungsangebot gesorgt werden, das hinsichtlich Art, Qualität und Preis hohen Anforderungen genügt. Das Instrument hierzu ist die Regulierung der Telekommunikationsmärkte. Dementsprechend besteht der Zweck des Telekommunikationsgesetzes nach dessen § 1 (im Wesentlichen) darin, durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation den Wettbewerb zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten. Darüber hinaus ist in § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG die Wahrung der Interessen der Nutzer auf dem Gebiet der Telekommunikation - hierzu gehört die Klägerin nach der gesetzlichen Definition in § 3 Nr. 14 TKG nicht - und in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und- netze sowie der zugehörigen Einrichtungen und Dienste, auch in der Fläche, bestimmt.

Damit ist der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Wettbewerbs nicht der alleinige und nicht einmal der vorrangige Zweck des Telekommunikationsgesetzes; vielmehr wird auf diese Weise und sogar vornehmlich dem allgemeinen Interesse der Verbraucher an einem möglichst optimalen Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen entsprochen. Ebenso, wie mit dem in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG niedergelegten Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs der Wettbewerb als Institution und nicht die Interessen einzelner Wettbewerber gemeint sind, spricht auch § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG die Nutzer der Telekommunikationsdienstleistungen nicht als Träger von Individualinteressen an, sondern erfasst ihre Interessen als Teil des (objektiven) Allgemeininteresses an dem Bestehen von Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation. Deshalb kann aus diesen Zielbestimmungen grundsätzlich nicht auf das Bestehen subjektiver Rechte zu Gunsten der Nutzer oder Wettbewerber von Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen werden,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff., zum TKG 1996.

An dieser Rechtslage hat sich auch nichts Entscheidungserhebliches durch die Erweiterung der in § 2 Abs. 2 TKG 1996 genannten Regulierungsziele durch das TKG 2004 geändert. Zwar wurden § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 TKG um einige Formulierungen erweitert. So wurde § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 (Wahrung der Interessen der Nutzer auf dem Gebiet der Telekommunikation ....) um " insbesondere der Verbraucherinteressen" erweitert und in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG die Formulierung "....und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation" aufgenommen. Dafür, dass sich damit aber die Ziele des Telekommunikationsgesetzes in der Weise geändert haben, dass nunmehr aus diesen Vorschriften auf das Bestehen von subjektiven öffentlichen Rechten von Nutzern oder Wettbewerbern von Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen werden könnte, fehlen durchgreifende Anhaltspunkte.

Indem somit in § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG auf die allgemeinen Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG Bezug genommen wird, kann - den oben dargestellten Zielen des Telekommunikationsgesetzes folgend - nicht auf das Bestehen subjektiver Rechte zu Gunsten von Wettbewerbern von Telekommunikationsnetzbetreibern geschlossen werden.

Mit der in §§ 27 ff. TKG geregelten Entgeltregulierung, die als ein wesentlicher Teil der staatlichen Regulierungstätigkeit zur Marktregulierung und zur Verhaltensregulierung hinzutritt, verfolgt das Telekommunikationsgesetz grundsätzlich keine anderen als die beschriebenen Ziele. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit überzeugender Begründung bereits für das TKG 1996 festgestellt. Denn auch hier geht es grundsätzlich nicht um einzelne Nutzer bzw. Wettbewerber und deren subjektive Rechte, sondern um die Förderung der gemeinsamen Nutzerinteressen durch Förderung des Wettbewerbs. Zwar dient die Regulierungsbehörde gerade dann, wenn sie dafür sorgt, dass die von dem marktbeherrschenden Unternehmen erhobenen Entgelte den an einem funktionsfähigen Wettbewerb ausgerichteten Maßstäben des Telekommunikationsgesetzes genügen, den Interessen der Nutzer daran, von der Privatisierung des Telekommunikationswesens und der Einführung von Wettbewerb auch unter Preisgesichtspunkten zu profitieren. Doch darf das Interesse eines jeden einzelnen Nutzers, nur den gesetzlich zulässigen Preis zahlen zu müssen, nicht mit dem kollektiven Interesse aller Nutzer an dem Bestehen von (Preis-) Wettbewerb gleichgesetzt werden,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff..

Hieran ist - zumindest für die vorliegende Fallgestaltung - auch im Hinblick auf die Hinzufügung des § 27 TKG 2004, der die Ziele der Entgeltregulierung nunmehr den Entgeltregulierungsvorschriften voranstellt, festzuhalten.

In § 27 Abs. 1 TKG ist ausdrücklich bestimmt, dass es Ziel der Entgeltregulierung ist, eine missbräuchliche Ausbeutung, Behinderung oder Diskriminierung von Endnutzern oder von Wettbewerbern durch preispolitische Maßnahmen von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht zu verhindern. Damit werden auch die Endnutzer und Wettbewerber im Rahmen der Zielbestimmung der Entgeltregulierung ausdrücklich angesprochen, was grundsätzlich für einen gesetzlich verankerten Drittschutz der Wettbewerber im Rahmen der Entgeltregulierungsvorschriften sprechen könnte.

Dass § 27 Abs. 1 TKG die Endnutzer und Wettbewerber nennt, spricht aber nicht zwingend für die Vermittlung von Drittschutz. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht schon früher wiederholt entschieden, dass sich allein aus dem Umstand, dass eine öffentlichrechtliche Norm, die (auch) die behördliche Kontrolle von Entgelten betrifft, die Interessen derjenigen erwähnt, die die Entgelte zu entrichten haben, nicht ergibt, dass diesem Personenkreis subjektive Rechte eingeräumt werden,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff.; Urteil vom 16.07.1968 - BVerwG I A 5.67 -, BVerwGE 30, 135 ff.; Urteil vom 25.11.1986 - BVerwG 1 A 20.82 -.

Gegen diese Annahme könnte weiterhin sprechen, dass § 27 Abs. 1 TKG seinem Wortlaut nach lediglich als "Zielbestimmung" formuliert ist und deshalb zweifelhaft ist, ob diese Vorschrift - anders als die Zielbestimmungen in § 2 Abs. 2 TKG - subjektive Rechte für den dort genannten Personenkreis begründen kann.

Ob und in welchem Umfang sich aus § 27 Abs. 1 TKG ergibt, dass die Normen über die Entgeltregulierung generell eine drittschützende Wirkung zugunsten von Wettbewerbern des regulierten Unternehmens entfalten, kann aber offen bleiben,

offen gelassen auch von BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - BVerwG 6 VR 3.07 -. Denn dieser Vorschrift ist jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung, in der es um den subjektiven Anspruch der Klägerin gegen die Regulierungsbehörde geht, die hier maßgeblichen Entgelte der Beigeladenen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG am Maßstab des § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG vorab zu regulieren, ein solcher Drittschutz nicht zu entnehmen.

Gegen die Begründung eines solchen Drittschutzes im Bereich der Anwendung des § 30 Abs. 1 TKG spricht schon der Wortlaut des § 27 Abs. 1 TKG, der sich ausdrücklich nur auf den Schutz vor missbräuchliche Ausbeutung, Behinderung oder Diskriminierung von Endnutzern oder von Wettbewerbern durch preispolitische Maßnahmen von Unternehmen mit beträchtlicher Markt bezieht. Durch die in § 27 Abs. 1 TKG verwandten Formulierungen "Ausbeutung, Behinderung und Diskriminierung" wird auf Begrifflichkeiten aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht Bezug genommen. Sie finden sich auch in § 28 TKG wieder, der sich als zentrale Vorschrift mit dem missbräuchlichen Verhalten eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht bei der Forderung und Vereinbarung von Entgelten befasst. Sollte damit durch § 27 Abs. 1 TKG Wettbewerbern des regulierten Unternehmens Drittschutz vermittelt werden, sprechen die in dieser Vorschrift gewählten Formulierungen dafür, dass sich ein solcher Drittschutz für den Wettbewerber nur auf Schutz vor missbräuchlichem Verhalten bei der Preissetzung erstreckt. Die Klägerin wird aber - in Übereinstimmung mit der Regelung in § 27 Abs. 1 TKG - durch die Entscheidung der Beklagten, die Entgeltregulierung unter Bejahung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG expost vorzunehmen, gerade vor etwaigem missbräuchlichen Verhalten seitens der Beigeladenen geschützt. Dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 TKG lässt sich darüber hinausgehend aber nichts dafür entnehmen, dass dem Wettbewerber auch bei der im Rahmen des § 30 Abs. 1 TKG von der Regulierungsbehörde zu treffenden Entscheidung, an welchem Entgeltmaßstab eine Entgeltregulierung zu erfolgen hat, subjektive Rechte zustehen sollen.

Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 27 Abs. 1 TKG lässt sich für subjektive Rechte von Wettbewerbern auf die Anordnung eines Entgeltgenehmigungsverfahrens bzw. auf Unterlassen einer Entscheidung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG nichts entnehmen. Denn dort wird im Wesentlichen ebenfalls nur betont, dass durch die Beschränkung der Preissetzungsspielräume von Anbietern mit beträchtlicher Marktmacht zum einen Nachfrager, zum anderen Wettbewerber vor missbräuchlichen Verhaltensweisen geschützt werden sollen,

vgl. Drucksache 15/2316 vom 09.01.2004 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Telekommunikationsgesetz , Seite 66 zu Abschnitt 3 (Entgeltregulierung).

Damit lässt sich § 27 Abs. 1 TKG nichts Greifbares dafür entnehmen, dass sich die Entscheidung der Regulierungsbehörde im Rahmen des § 30 Abs. 1 TKG für eine exante oder expost-Regulierung zwingend an den subjektiven Interessen der Nutzer und Wettbewerber zu orientieren oder diese auch nur in den Blick zu nehmen hat. Die Entscheidung, welcher Entgeltmaßstab der Regulierung zu Grunde zu legen ist, ist damit maßgeblich am öffentlichen Interesse der Verbraucher an einem chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu orientieren und nicht an den Interessen einzelner Wettbewerber oder Nutzer. Hierfür streiten nicht zuletzt auch die in § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 TKG formulierten Voraussetzungen für eine expost Regulierung. Subjektive Rechte zugunsten der Klägerin lassen sich damit § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht entnehmen.

Dass das in § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG enthaltene Gebot der Orientierung der Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, auf das in § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG verwiesen wird, für sich genommen keinen Drittschutz zu Gunsten der Nutzer von Telekommunikationsdienstleistungen oder der Wettbewerber der Beigeladenen zu begründen vermag, hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls bereits entschieden,

vgl. zu § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG: BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff.; VG Köln, Urteil vom 28.09.2006 - 1 K 2976/05 -,UA S. 25 f.; Kühling/Neumann, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 39 Rn. 129.

Denn dem Wortlaut fehlt jeglicher Hinweis auf einen sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreis. Einer an Sinn und Zweck, der Entstehungsgeschichte, der Gesetzessystematik, der Verfassung und des Europäischen Gemeinschaftsrechts ausgerichteten Auslegung der Bestimmung ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Klägerin durch diese Vorschrift subjektive Rechte verliehen sind,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff..

Dass sich an diesen Feststellungen etwas durch das TKG 2004 geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich.

Unabhängig davon fehlt es im Rahmen der zweiten Drittschutz-Voraussetzung aber auch am Kriterium der Unmittelbarkeit. Denn durch die Entscheidung der Beklagten, die der Beigeladenen nach § 21 TKG auferlegten Zugangsleistungen der expost Regulierung zu unterwerfen, wird nicht unmittelbar in das Rechtsverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Klägerin eingegriffen. Insoweit liegen nicht die Grundsätze vor, die das Bundesverwaltungsgericht für den Fall aufgestellt hat, dass eine Genehmigung das zwischen zwei Personen bestehende privatrechtliche Vertragsverhältnis unmittelbar gestaltet und deshalb das vom Grundgesetz auch gewährleistete Recht verletzen kann, den Inhalt von vertraglichen Vereinbarungen mit der Gegenseite frei von staatlichen Bindungen auszuhandeln,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - BVerwG 6 VR 3.07 - unter Hinweis auf Urteil vom 10.10.2002 - BVerwG 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 ff.

Anders als die Entgeltgenehmigung, die in bestehenden Verträgen die Ersetzung des vereinbarten durch das genehmigte Entgelt bewirkt (§ 37 Abs. 2 TKG), hat die hier angegriffene Regelung, nach der die fraglichen Entgelte der expost Regulierung unterliegen, keine unmittelbar privatrechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen.

Wollte man demgegenüber unmittelbaren Wettbewerberschutz schon auf der Ebene der hier streitgegenständlichen Regulierungsverfügung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG annehmen, ließe sich dies auch nicht mit der Funktion eines solchen Verwaltungsaktes vereinbaren. Denn wie der Regelungszusammenhang des § 30 Abs. 1 und 2 TKG deutlich macht, steht eine derartige Verfügung in notwendigem Zusammenhang mit den jeweiligen Ergebnissen der Markt- und Wettbewerbseinschätzung durch die Beklagte.

Art. 19 Abs. 4 GG und der verfassungsrechtlich verbürgte allgemeine Justizgewährungsanspruch rechtfertigen ebenfalls nicht die Annahme, der Klägerin stünden hinsichtlich ihres Begehrens eigene Rechte zu.

Für öffentlichrechtliche Streitigkeiten verlangt das Gebot effektiven Rechtsschutzes i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG, dass dem Einzelnen im Hinblick auf die Wahrung oder Durchsetzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle zuteil wird. Dazu gehört es, dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen kann und genügende Entscheidungsbefugnisse besitzt, um eine Rechtsverletzung abzuwenden oder erfolgte Rechtsverletzungen zu beheben,

vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 ff. m.w.N..

Daran gemessen wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, die von Nutzern bzw. Wettbewerbern von Telekommunikationsdienstleistungen im Verwaltungsstreitverfahren angestrebte Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit der von ihnen für diese Leistungen entrichteten und der staatlichen Regulierung unterliegenden Entgelte mit der Begründung zu versagen, es fehle insoweit an einem subjektiv-öffentlichen Recht. So liegt es hier aber nicht. Denn die Entgelte, die die Beigeladene für die Zugangsleistungen fordert, sind, selbst wenn in diesem Verfahren subjektive Rechte der Klägerin verneint werden, nicht einer späteren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen.

Kann die Klägerin im Rahmen ihres Hauptantrages keine eigene Rechtsverletzung geltend machen, gilt dies gleichermaßen für die von ihr gestellten Hilfsanträge.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen, § 135 VwGO i.V.m. § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.






VG Köln:
Urteil v. 01.08.2007
Az: 21 K 4013/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9c4221a56a75/VG-Koeln_Urteil_vom_1-August-2007_Az_21-K-4013-06




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