Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2009
Aktenzeichen: 19 W (pat) 319/06

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2009, Az.: 19 W (pat) 319/06)

Tenor

Das Patent 10 2004 024 842 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentansprüche 1 bis 18 vom 30. Dezember 2008 (Hilfsantrag, früher Hilfsantrag 2)

Beschreibung zu Hilfsantrag vom 26. Januar 2009 Seiten 2a/14 und 3/14 wie überreicht Beschreibung zu Hauptantrag vom 26. Januar 2009 Seiten 2b/14 und 6/14 wie überreicht, Beschreibung Seiten 4/14 und 5/14 wie Patentschrift Zeichnungen Fig. 1 bis 10 wie Patentschrift

Gründe

I Das Deutsche Patentund Markenamt hat für die Anmeldung vom 14. Mai 2004 ein Patent mit der Bezeichnung "Scharnierbeschlag für eine KFZ-Tür" erteilt, und die Patenterteilung am 10. November 2005 veröffentlicht.

Gegen das Patent hat Herr P... mit Schriftsatz vom 9. Februar 2006, per Fax am selben Tag eingegangen, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat er auf § 1 bis 5 PatG in Verbindung mit § 59 und § 21 PatG verwiesen und vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei unter Berücksichtigung des Standes der Technik nicht neu. Der Einsprechende ist der Ansicht, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sei nicht neu und der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ergebe sich für den Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnis in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik. Dazu verwies er zusätzlich auf die Dreh-Kippfenster mit teilbarem Gelenk als Fachwissen, das auch dem Konstrukteur von Kfz-Türbeschlägen zur Verfügung stehe.

Der Einsprechende stellte den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber stellte den Antrag, das Streitpatent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag):

Patentansprüche 1 bis 18 vom 26. Januar 2009 wie überreicht Beschreibung vom 26. Januar 2009 Seiten 2a/14, 2b/14 und 3/14 sowie 6/14 wie überreicht, Seiten 4/14 und 5/14 wie Patentschrift Zeichnungen Fig. 1 bis 10 wie Patentschrift Hilfsweise verteidigte er das Patent im Umfang des früheren Hilfsantrages 2 vom 30. Dezember 2008 (Ansprüche 1 bis 18) mit der Maßgabe, dass bezüglich der Seiten 2a/14 und 3/14 der Beschreibung die zum Hilfsantrag überreichte Beschreibung gelten soll, sonst wie Hauptantrag.

Der Patentinhaber tritt den Ausführungen des Einsprechenden in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent mit dem Anspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag für patentfähig.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die nach dem § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 begründete Zuständigkeit des Senats wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht berührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 9. Dezember 2008 (X ZB 6/08) -Ventilsteuerung).

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zweifelsfrei gegeben.

1. Gegenstand des Patents, Aufgabe Das Patent betrifft einen Scharnierbeschlag für eine KFZ-Tür. Die Patentschrift führt dazu aus, dass derartige Türen im Allgemeinen um eine vertikale Achse öffnen. Bei Sportwagen gebe es aber auch sogenannte Flügeltüren, die um eine horizontale Achse nach oben öffnen.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Scharnierbeschlag zu schaffen, der es möglich macht, bei einem KFZ mit normalen Türen eine andere Öffnungsbewegung zu ermöglichen, nämlich ein Verschwenken der Tür um eine angenähert horizontale, quer zur Fahrzeuglängsachse verlaufende Achse (Streitpatentschrift Abs. 0006).

Nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag besteht die Lösung dieser Aufgabe in einem:

"Scharnierbeschlag für eine Kraftfahrzeugtür, mit 1.1 einem zur Anbringung an der Karosserie bestimmten Karosseriebeschlagteil (1), 1.2 einem zur Anbringung an der Tür bestimmten Türbeschlagteil (5), sowie mit 1.3 einer Gelenkeinrichtung zum Verbinden der beiden Beschlagteile (1, 5) miteinander, die 1.3.1ein erstes Gelenk mit einer dem Karosseriebeschlagteil (1) zugeordneten Gelenkachse und 1.3.2ein zweites Gelenk mit einer dem Türbeschlagteil (5) zugeordneten Gelenkachse aufweist, wobei 1.4 die Lage der Gelenkachse des zweiten Gelenks sich bei Bewegung des ersten Gelenks ändert, gekennzeichnet durch 1.5 eine von der Gelenkeinrichtung mit Abstand angeordneten Abstützeinrichtung zur Abstützung des Türbeschlagteils (5) in einer der geschlossenen Tür entsprechenden Grundstellung der Gelenkeinrichtung, die 1.6 als drittes Gelenk ausgebildet ist, das 1.7 eine dem Karosseriebeschlagteil (1) zugeordnete und in Verlängerung der Gelenkachse des ersten Gelenks liegende Gelenkachse aufweist und 1.8 nur in der Grundstellung als Gelenk wirkt und bei Verlassen der Grundstellung ausgerückt wird, sowie durch 1.9 eine zwischen den beiden Beschlagsteilen (1,5) wirksame Verriegelung für den unteren Bereich der Tür in geschlossenem Zustand."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich davon -abgesehen von zwei rein sprachlichen Umformulierungen in Merkmal 1.7 und 1.8 -durch das wie folgt geänderte Merkmal:

"1.9 einen in eine Gelenkpfanne (20) einrückbaren Gelenkkopf (23) aufweist."

2. Fachmann Als Fachmann sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Entwicklung von Fahrzeugbeschlägen.

3. Offenbarung und Verständnis der geltenden Ansprüche Der Anspruch 1 nach Hauptantrag setzt sich aus den erteilten Ansprüchen 1, 11 und 17 zusammen, die den ursprünglichen Ansprüchen 1, 11 bis 14 und 19 entsprechen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist gebildet aus den erteilten Ansprüchen 1, 11 und 12, entsprechend den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 11 bis 15. Sie sind damit ursprünglich offenbart, und ebenso die Ansprüche 2 bis 18 nach Hauptantrag und Hilfsantrag.

Die Zuordnung der Gelenkachsen nach Merkmal 1.3.1 und 1.3.2 versteht der Fachmann so, dass das Türbeschlagsteil 5 die erste Gelenkachse (nicht sichtbarer Bolzen -Abs. 0044 -ohne Bezugsziffer, das Ende trägt die Bezugsziffer 32) trägt, an der das beschriebene, aber nicht ausdrücklich beanspruchte Zwischenteil (Lagerung 15) schwenkbar angebracht und über die zweite Gelenkachse (der Drehzapfen in der Öffnung 16, Abs. 0045) schwenkbar mit dem Türbeschlagsteil verbunden ist.

Dabei liest der Fachmann sowohl das Zwischenteil, als auch den Umstand, dass die erste Gelenkachse etwa vertikal, die zweite etwa horizontal verlaufen muss, als funktionsnotwendig zur Lösung der Aufgabe mit.

Ein Gelenk mit zwei nicht körperlich ausgebildeten Bewegungsachsen und ohne Zwischenteil, zum Beispiel ein Kugelgelenk, wird der Fachmann schon deshalb ausschließen, weil es dann nur noch ein Gelenk statt dem beanspruchten ersten und zweiten Gelenk gäbe und die beanspruchte Zuordnung der Gelenkachsen zu dem Karosserieund Türbeschlagsteil nicht mehr möglich wäre.

Das Merkmal 1.8 lässt als reine Funktionsangabe die tatsächliche Gestaltung des Gelenks offen.

Auch das Merkmal 1.9 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist ein rein funktionelles Merkmal, das die Gestalt und den Ort der Verriegelung offen lässt. Der Senat folgt den Ausführungen des Patentinhabers, die Verriegelung befinde sich im unteren Teil der Tür, nicht: Eine Positionsangabe müsste heißen "im unteren Teil der Tür" und nicht "für den unteren Teil der Tür" und würde auch allen Ausführungsformen widersprechen. Danach befindet sich nämlich eine derartige Verriegelung entweder in Form der Teile 41, 42 zwischen dem ersten/zweiten Gelenk und dem dritten Gelenk im Bereich des Beschlags, oder in Form des Zapfens 30 sogar direkt bei dem zweiten Gelenk (Verneint man, wie der Patentinhaber, eine verriegelnde Wirkung des Zapfens 30 im vollständig geschlossenen Zustand, so übernimmt das Türbeschlagsteil 1 in dem Bereich, in dem der Zapfen befestigt ist, die Riegelfunktion. Auf jeden Fall ist dadurch im geschlossenen Zustand eine Bewegung nach oben verhindert). Dieser Beschlag muss im oberen Teil der Tür angebracht sein. Sonst könnte die Tür überhaupt nicht nach oben schwenken. Für die vom Patentinhaber vorgetragene Annahme, der Beschlag reiche über die gesamte Höhe der Tür, gibt es in den Unterlagen keine Anhaltspunkte. Das Längen/Breitenverhältnis des Karosseriebeschlagsteils 1 in allen Ausführungsbeispielen spricht sogar dagegen. "Für den unteren Bereich der Tür" kann somit der Fachmann nur als Funktionsangabe dahingehend verstehen, dass eine Drehbewegung der Tür um das zweite Gelenk, die sich im unteren Teil der Tür zuerst auswirken würde (ein sich unten öffnender keilförmiger Spalt auf der Scharnierseite der Tür, ein sich schließender Spalt bzw. eine Kollision mit der Karosserie unten auf der Schlossseite), bei geschlossener Tür verhindert werden soll.

Auch die Funktion eines Ersatzes des zweiten Gelenks kann dieser Verriegelung nicht zukommen. Die Verriegelung kann nämlich keinerlei Trag-, Führungsoder Gelenkfunktion ausüben, da die Teile 41, 42 im normalen Betrieb stets beabstandet sind und auch sein müssen. Andernfalls wäre die Drehbewegung um die erste, vertikale Gelenkachse behindert, und eine Justierung des Kugelgelenks 8, 20 bis 25 wäre nicht mehr möglich. Sie kann lediglich dazu dienen, Fehlbedienungen, insbesondere eine gleichzeitige Bewegung nach außen und oben, zu verhindern.

Die in der Patentschrift, Absatz 0025 erwähnte Simulation eines zweiten Scharniers kann folglich nur in diesem rein funktionellen Sinne verstanden werden.

Das aus Gelenkpfanne (20) und Gelenkkopf (23) bestehende dritte Gelenk nach Merkmal 1.9 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist zwar vorzugsweise ein Kugelgelenk, kann aber auch aus einem Zylinderkopf mit zylindrischer Aufnahme bestehen, da eine Beweglichkeit in zwei Richtungen nicht erforderlich ist (Abs. 0021).

4. Stand der Technik Aus der US 2003/0213102 A1 ist ein Scharnierbeschlag zur Öffnung einer KFZ-Tür nach außen und oben (Abstract, Abs. 0017) bekannt. Figur 14 und 15 mit Beschreibung Abs. 0076, 0077 zeigen dabei eine Variante mit drei Gelenken: Das erste Gelenk mit der senkrechten Achse 112 lagert ein nach außen schwenkbares Zwischenteil 102 an dem das Türbeschlagsteil 114 über die Achse 104 des zweiten Gelenks nach oben verschwenkbar angebracht ist. Eine Einstellschraube 108 stützt sich auf einem mit dem Zwischenteil 102 auf der Achse 112 gelagerten und verschwenkbaren Teil 110 ab. Der Fachmann sieht in den Teilen 108, 110 nach Überzeugung des Senats ein drittes Gelenk mit Abstützfunktion, das bei der Öffnungsbewegung nach oben ausgerückt wird.

Die Figuren 4 bis 6 zeigen ein ähnliches Scharnier mit einem ersten Gelenk 13, 20 und zweiten Gelenk 11 mit einer Abstützung 22, die jedoch ohne Gelenk direkt an dem karosseriefesten Lagerteil 20' angeordnet ist (Abs. 0067). Über Kugeln 38 wird eine Vertikalbewegung so lange verhindert, bis die Tür horizontal ausgeschwenkt ist (Abs. 0070), also eine im Bereich der geschlossenen Tür wirksame Verriegelung. Eine ähnlich wirkende Verriegelung findet sich auch in den anderen Figuren, beispielsweise der Bolzen 32 in Fig. 12 und 13 (Abs. 0075, letzte zwei Sätze). Ein Stift 120 findet sich an gleicher Stelle in den Figuren 14, 15, dessen Funktion aber nicht beschrieben ist.

Aus den Figuren 14 und 15 ist mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hauptund Hilfsantrag somit bekannt ein:

Scharnierbeschlag für eine Kraftfahrzeugtür, mit 1.1 einem zur Anbringung an der Karosserie bestimmten Karosseriebeschlagteil 106, 1.2 einem zur Anbringung an der Tür bestimmten Türbeschlagteil 114, sowie mit 1.3 einer Gelenkeinrichtung zum Verbinden der beiden Beschlagteile miteinander, die 1.3.1ein erstes Gelenk mit einer dem Karosseriebeschlagteil zugeordneten Gelenkachse 112 und 1.3.2ein zweites Gelenk mit einer dem Türbeschlagteil zugeordneten Gelenkachse 104 aufweist, wobei 1.4 die Lage der Gelenkachse des zweiten Gelenks sich bei Bewegung des ersten Gelenks ändert, 1.5 einer von der Gelenkeinrichtung mit Abstand (der Abstand zwischen der Gelenkachse 104 und der Mittelachse der Teile 108, 110, der als Hebelarm zur Abstützung des Türgewichts wirksam wird) angeordneten Abstützeinrichtung 108, 110 zur Abstützung des Türbeschlagteils 114 in einer der geschlossenen Tür entsprechenden Grundstellung der Gelenkeinrichtung, die 1.6 als drittes Gelenk ausgebildet ist, das 1.7 eine dem Karosseriebeschlagteil zugeordnete und in Verlängerung der Gelenkachse des ersten Gelenks liegende Gelenkachse aufweist (die Gelenkachse 112 für das Zwischenteil 102 ist zur Lagerung des Teils 110 verlängert), und 1.8 nur in der Grundstellung als Gelenk wirkt und bei Verlassen der Grundstellung ausgerückt wird (und somit nicht mehr als Gelenk für die Tür wirken kann).

Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist dort eine Verriegelung nach Merkmal 1.9 zumindest nicht ausdrücklich beschrieben.

Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag weist die Abstützeinrichtung 108, 110 keinen in eine Gelenkpfanne einrückbaren Gelenkkopf nach Merkmal 1.9 auf. Die anderen Ausführungsformen zeigen kein drittes Gelenk.

Die weiteren Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren wurden weder vom Senat noch von den Beteiligten aufgegriffen. Sie bringen auch keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht.

5. Hauptantrag Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Bei den Türscharnieren nach allen Ausführungsbeispielen der US 2003/ 0213102 A1 ist vorgesehen, dass zunächst die Tür nach außen und erst dann nach oben geschwenkt wird. Eine zu frühe Bewegung nach oben könnte zu einer Kollision von Tür und Karosserie und zu Beschädigungen führen und muss deshalb durch eine entsprechende Verriegelung verhindert werden. Das ist auch zumindest bei den Figuren 4 bis 6, 12 und 13 der Fall und ausdrücklich beschrieben. Auch wenn bei der Ausführungsform nach Fig. 13 und 14 eine solche Verriegelung nicht ausdrücklich beschrieben ist, wird der Fachmann eine solche dort vorsehen, sofern der Stift 120 (Fig. 15) nicht schon diese Funktion übernimmt.

Damit ist eine zwischen den beiden Beschlagsteilen wirksame Verriegelung, die nach Merkmal 1.9 auch für den unteren Bereich der Tür im geschlossenen Zustand wirkt, nahegelegt. Um zum Scharnierbeschlag gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag zu kommen bedurfte es somit keiner erfinderischer Überlegungen.

6. Hilfsantrag Der Scharnierbeschlag gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag beruht hingegen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die in der Patentschrift, Absatz 0005 genannte Aufgabe ist zwar auf etwas andere Weise, aber bereits vollständig durch den Scharnierbeschlag nach US 2003/ 0213102 A1 gelöst. Ausgehend von der Anordnung nach Figur 14, 15 mag der Fachmann zwar bei der praktischen Erprobung auf das weitere Problem stoßen, dass die ebene Anschlagsfläche, die der Einstellschraube 108 gegenüberliegt, die Tür ungenügend führt. Als Lösung bietet sich ihm aber allenfalls eine profilierte Oberfläche an.

Dem Fachmann sind zwar Kugelgelenke als allgemeines Fachwissen geläufig. Dass diese aber als ausrückbare Gelenke eingesetzt werden, ist dem Senat nicht bekannt und auch nicht behauptet worden.

Dem Einsprechenden folgend rechnet der Senat die Kenntnis von Dreh-Kippfenstern dem Fachwissen zu. An Stulpschienen sind Verschlussbolzen über den Umfang des Flügels verteilt und werden durch Betätigung eines zentralen Griffs in oder außer Eingriff mit hakenförmigen Aufnahmen im Rahmen gebracht. Einer der Bolzen, der dem Dreh/Kippgelenk unten gegenüberliegt, dient nicht nur der Verriegelung im geschlossenen Zustand, sondern auch als Halterung des gekippten Fensters. Der Einsprechenden ist zwar zuzugestehen, dass sich bei einem direkten Vergleich mit dem ausrückbaren dritten Gelenk nach Merkmal 1.9 Ähnlichkeiten von Kopf/Bolzen und Pfanne/hakenförmige Aufnahme erkennen lassen. Das gilt jedoch nur für den rückschauenden Vergleich. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Fachmann -vor das Problem gestellt, bei dem Gelenk 108, 110 der US 2003/0213102 A1 eine wirksame Führung zu finden -bei den Verschlussbolzen eines Dreh-Kippfensters nach einer Lösung suchen würde.

Der Erfinder hat nun erkannt, dass durch die Kopf/Pfannenkonstruktion des Gelenks nicht nur eine bessere Führung realisiert wird, sondern sich auch noch die bei dem Gelenk 110 nötige Drehkopplung mit dem Zwischenteil 102 erübrigt, so dass er in der Wahl eines bedarfsweise größeren Abstands zum ersten und zweiten Gelenk frei ist. Dafür gab es im Stand der Technik keine Anregung.

Um zum Scharnier gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag zu kommen, bedurfte es somit erfinderischer Überlegungen.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist somit patentfähig; die auf den Patentanspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 18 betreffen nicht selbstverständliche Ausgestaltungen.

Bertl Gutermuth Groß Dr. Scholz Be






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2009
Az: 19 W (pat) 319/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9acf0230cb90/BPatG_Beschluss_vom_26-Januar-2009_Az_19-W-pat-319-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share