Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juli 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 145/01

(BPatG: Beschluss v. 03.07.2002, Az.: 28 W (pat) 145/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 9. Oktober 1997 und 10. Juli 2001 aufgehoben, soweit der Widerspruch für die Waren

"Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen, Milch und Milchprodukte, Getreidepräparate, Brot, feine Back- und Konditorwaren, Speiseeis, Kakao, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Nudeln"

zurückgewiesen worden ist.

Insoweit wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 180 380 die Löschung der angegriffenen Marke 395 40 392 angeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 30. August 1996 u.a. für die Waren

"Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Back- und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Nudeln"

veröffentlichte Eintragung der nachfolgend wiedergegebenen Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Wortmarke 1 180 380 OMEGA die seit dem 20. August 1991 u.a. für die folgenden Waren

"Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Weich- und Schalentiere, frisch, konserviert, als Fertiggericht oder tiefgefroren; konserviertes, gekochtes, getrocknetes Obst und Gemüse, auch tiefgefroren; Kartoffelprodukte, ausgenommen Kartoffelmehl und Knabberartikel, auch Instantprodukte oder tiefgefroren; Back- und Konditorwaren, Pizzen, auch tiefgefroren, Speiseeis"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patentamts hat im Erstbeschluss zunächst eine Teillöschung angeordnet, auf die Erinnerung der Widersprechenden und die Anschlusserinnerung der Markeninhaberin dann aber den Widerspruch insgesamt mangels hinreichender Markenähnlichkeit zurückgewiesen, da dem Bestandteil "Omega" in der angegriffenen Marke keine diese allein prägende Stellung zukomme und daher eine Verwechslungsgefahr ausscheide.

Gegen diese Beschlüsse hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, diese aber auf folgende Waren beschränkt:

"Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen; Milch und Milchprodukte; Getreidepräparate, Brot, feine Back- und Konditorwaren, Speiseeis; Kakao, Senf, Mehle, Saucen und Gewürze, Speiseöle, Kaffee, Kaffeeersatzmittel, Tee, Nudeln".

Für sie wirke in der angegriffenen Marke allein der Wortbestandteil "OMEGA" und allenfalls noch seine verkürzte Wiedergabe als Buchstabe des griechischen Alphabets der Wortbestandteil "OMEGA" und nur hieran orientiere sich der Verkehr, so dass die Marken in ihrer Klangwirkung identisch seien.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse aufzuheben und die angegriffene Marke im vorgenannten Umfang zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die jüngere Marke halte einen ausreichenden Abstand zur Widerspruchsmarke, zumal in ihrer Gesamtgestaltung die bildliche Ausführung (schwarzer Bogen über Form eines Eies in gelber Farbe) im Mittelpunkt stehe.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nur hinsichtlich der im Tenor genannten Waren begründet, da nach Auffassung des Senats die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke verwechselbar nahe im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG kommt.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach dieser Vorschrift ab von der Identität oder Ähnlichkeit der Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der durch diese Marken erfassten Waren. Daneben sind alle Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, vor allem die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, wobei letztlich eine Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren besteht, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Verwechslungsgefahr im Rahmen bestehender Warenähnlichkeit nicht ausgeschlossen werden.

Was die Waren betrifft, ist auf beiden Seiten die Registerlage zugrundezulegen, nachdem die Markeninhaberin zunächst die Nichtbenutzungseinrede zwar erhoben, nach Vorlage von Glaubhaftmachungsunterlagen jedoch erklärt hat, sie halte die Einrede nicht mehr aufrecht.

Identität ist bezüglich folgender Waren der angegriffenen Marke festzustellen: "Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Back- und Konditorwaren, Speiseeis". Darüber hinaus besteht engste Ähnlichkeit zwischen "Fleischextrakten, Saucen" der Markeninhaberin zu "Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Weich- und Schalentieren", auch als Fertiggericht (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Auflage, 2002, Stichwort: "Fleischextrakt", S. 138 r.Sp.; Stichwort: "Soßen", S. 309 m.Sp.) sowie zwischen "Gallerten, Konfitüren und Fruchtsaucen" und "konserviertes, gekochtes Obst" (vgl Richter/Stoppel aaO Stichwort: "Gelees", S. 151 l.Sp.) jeweils der Widerspruchsmarke. Eine eher mittlere bis unterdurchschnittliche Ähnlichkeit ist dagegen anzunehmen bei "Milch und Milchprodukten" einerseits und "Speiseeis" (vgl Richter/Stoppel aaO Stichwort: "Speiseeis", S. 310 m.Sp.) der Widersprechenden andererseits, zwischen "Brot" und "Back- und Konditorwaren" (vgl Richter/Stoppel aaO Stichwort: "Brot", S. 90 l.Sp.) sowie in ständiger Praxis zwischen "Kakao" und "Backwaren" (S. 184 l.Sp.). Soweit die Markeninhaberin Schutz für "Getreidepräparate" beansprucht, liegt noch Ähnlichkeit zu den "Kartoffelprodukten" der Widersprechenden vor, da beide Warengruppen bei der Herstellung etwa von Knabberartikel, bei Fertig- und Gemüsegerichten gemeinsam oder wahlweise Verwendung finden (vgl auch Richter/Stoppel aaO S. 186 m.Sp. "Kartoffelpräparate" u.a. ähnlich mit Kartoffelerzeugnissen für Nahrungszwecke, aber auch mit Gemüse). Noch bejaht wird die Ähnlichkeit zwischen "Gewürzen" und "Fertiggerichten, Fleisch, Fischkonserven" (vgl Richter/Stoppel aaO S. 157 r.Sp.) sowie zwischen "Nudeln" und "Fertiggerichten, Pizzen, Tiefkühlkost" der Widersprechenden, nachdem entweder Nudeln selbst Hauptbestandteil solcher (tiefgekühlter) Fertiggerichte darstellen oder als typische mit Pizzen austauschbare Gerichte etwa vom Pizzaservice ins Haus geliefert werden.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden konnte eine Ähnlichkeit nicht festgestellt werden zwischen "Senf" und den Waren der Widersprechenden. Zwar geht die Widersprechende zutreffend von einer Ähnlichkeit von "Senf" und "Oliven" aus, doch umfasst das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke nicht diese Waren, sondern im wesentlichen Fertiggerichte, zu denen es keine Berührungspunkte bei der Produktion, den Ausgangsstoffen oder dem Marktauftritt gibt. Gleiches gilt für "Speiseöle, Tee, Kaffee, Kaffeeersatzmittel". Auch hier trifft es aus Sicht des Verkehrs nicht zu, dass bei gleichen Kennzeichnungen aufgrund objektiver Gemeinsamkeiten der Waren wie Beschaffenheit, Verwendungszweck oder ihrer Eignung als einander ergänzende Produkte angenommen wird, die Waren stammten aus denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Eine Warenähnlichkeit scheidet damit ebenso aus wie zwischen "Mehlen" in der angegriffenen Marke und "Backwaren", die nach ständiger Praxis verneint wird (vgl Richter/Stoppel, aaO, S. 65, m.Sp.).

Vor diesem Warenhintergrund sind an den von den Marken zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr noch einzuhaltenden Abstand daher eher strengere Anforderungen zu stellen, die hinsichtlich der im Tenor genannten identischen und ähnlichen Waren nicht mehr erfüllt werden. Dabei kann es im Ergebnis dahinstehen, welchen Grad von Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zuzubilligen ist. Zum einen ist es entgegen der Ansicht der Markenstelle bereits zweifelhaft, ob bei Waren des täglichen Bedarfs, die sich an allgemeine Verkehrskreise wenden, das Wort "OMEGA" nicht jedenfalls von Teilen des Verkehrs als Phantasiebegriff aufgefasst wird. Darüber hinaus kann diese Bezeichnung nicht ohne weiteres mit der als gesundheitsfördernd propagierten "Omega-3-Fettsäure" gleichgesetzt werden, was schon das BPatG in seiner Entscheidung vom 6. März 1991 (29 W (pat) 286/89) festgestellt hat, abgesehen davon, dass fraglich ist, bei welchen Waren, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist, die "Omega-3-Fettsäure" enthalten ist oder zugesetzt wird. Somit findet auch die Behauptung der Markeninhaberin, "OMEGA" sei auf dem vorliegenden Warengebiet verbraucht, in dieser Allgemeinheit keine Stütze. In jedem Fall kann der Widerspruchsmarke unabhängig vom Grad ihrer Kennzeichnungskraft ein Verbietungsrecht zumindest gegen die identische Bezeichnung aus Rechtsgründen nicht abgesprochen werden.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit wie der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist von dem für das Kennzeichnungsrecht maßgeblichen Grundsatz auszugehen, dass auf den jeweiligen Gesamteindruck der beiden gegenüberstehenden Bezeichnungen abzustellen ist. Dieser Rechtssatz gilt gleichermaßen und unabhängig davon, ob sich mehrgliedrige Wort- oder Wort/Bildzeichen gegenüberstehen oder ob ein mehrgliedriges Zeichen mit einem Zeichen aus nur einem Bestandteil zu vergleichen ist und welches der beiden Vergleichszeichen prioritätsälter ist. Der Schutz eines aus einem Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht fremd, so dass es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Zeichenkollision lediglich deshalb feststellen zu wollen, weil etwa das Widerspruchszeichen buchstabengetreu in der angegriffenen Marke oder umgekehrt enthalten ist. Allerdings kann bei aus mehreren Bestandteilen bestehenden Marken ausnahmsweise zur Begründung einer Kollisionsgefahr auch auf einzelne Bestandteile zurückgegriffen werden, sofern diese den Gesamteindruck der Marke prägen. Dabei ist regelmäßig von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass dies bei aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzten Marken für den Wortbestandteil - zumindest wenn er kennzeichnungskräftig ist - der Fall ist, weil dieser bei einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit bietet, diese zu benennen (vgl zuletzt BGH GRUR 2001, 1158 Dorf Münsterland).

Diesen Grundsätzen wird insbesondere der angefochtene Erinnerungsbeschluss nicht gerecht, wenn dort ohne näher zu differenzieren darauf abgestellt wird, dass die Kennzeichnungskraft des Wortes "OMEGA" auf dem vorliegenden Warengebiet nur als gering eingestuft werden und deshalb dieser Begriff die angegriffene Marke nicht prägen könne. Jedenfalls darf der Widerspruchsmarke der Schutz nicht völlig abgesprochen werden, selbst wenn ihr Schutzbereich angesichts seines Aussagehaltes im Bezug auf einzelne Waren möglicherweise eher enger gezogen sein sollte. Das muss gleichermaßen aber auch für die angegriffene Marke gelten, wenn sie neben graphischen Elementen als Wortbestandteil ausschließlich den Begriff "OMEGA" verwendet. Die unter der Graphik angebrachten und im deutlichen Abstand zueinander angeordneten Einzelbuchstaben "D - H - A" werden vom Verkehr entweder als solche oder aber - was sie vorliegend auch tatsächlich sind - als Abkürzung eines Fachbegriffs angesehen (Docosahexaensäure, dh eine mehrfach ungesättigte Fettsäure, die zur Familie der Omega-3-Fettsäuren gehört, vgl www.margarineinstitut.de).

Eine Verwechslungsgefahr "dem Gesamteindruck nach" ließe sich vorliegend daher allenfalls aus Rechtsgründen ausschließen, wenn man dem in beiden Marken identischen Wortbestandteil jeglichen Schutz absprechen würde, wovon aber wie ausgeführt nicht ausgegangen werden kann. Selbst wenn das Wort "OMEGA" einen geringen Kennzeichnungsgrad haben sollte, spielt es in der Gesamtstruktur der angegriffenen Marke gerade mangels sonstiger kennzeichnender Wortbestandteile eine eigenständige, den Gesamteindruck allein bestimmende und prägende Rolle. Der Verkehr hat gar keine andere Wahl, als sich bei der Benennung allein am Wort "OMEGA" zu orientieren, mag es kennzeichnungsschwach sein oder nicht, und dieses der Widerspruchsmarke isoliert kollisionsbegründend gegenüberzustellen. Vor dem Hintergrund klanglich identisch benannter Marken liegt damit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr für gleiche bzw ähnliche Waren auf der Hand, so dass die Beschwerde der Widersprechenden in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hatte. Nur soweit sich der Widerspruch auch gegen nicht ähnliche Waren richtete, war die Beschwerde zurückzuweisen. Für die Auferlegung von Kosten bestand indes für den Senat keine Veranlassung (MarkenG § 71 Abs 1).

Stoppel Martens Paetzold Fa Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)145-01.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 03.07.2002
Az: 28 W (pat) 145/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9abfe18fe849/BPatG_Beschluss_vom_3-Juli-2002_Az_28-W-pat-145-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share