Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. März 2001
Aktenzeichen: 6 W (pat) 50/99

(BPatG: Beschluss v. 06.03.2001, Az.: 6 W (pat) 50/99)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse F 16 D des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 28. März 1990 eingegangene Patentanmeldung P 40 09 916.4-12, für die die Priorität der Voranmeldung FR 89 04 265 vom 31. März 1989 in Anspruch genommen worden ist, mit Beschluß vom 8. April 1999 zurückgewiesen. Diese Zurückweisung erfolgte aus den Gründen des Bescheides vom 22. Juni 1998, in dem ausgeführt wurde, daß die ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 nicht gewährbar seien, da der Gegenstand nach Anspruch 1 gegenüber der US-Patentschrift 3 841 454 nicht mehr neu und die Ausbildung nach Patentanspruch 2 durch diesen Stand der Technik zumindest nahegelegt sei. Die ursprünglichen Ansprüche 3 bis 10 hat die Prüfungsstelle in diesem Bescheid nicht berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat mit der Eingabe vom 17. Mai 1999, eingegangen am 19. Mai 1999, neue Ansprüche 1 bis 9 vom 14. Mai 1999 eingereicht, von denen der Patentanspruch 1 folgendermaßen lautet:

"Kupplungssteuerungsvorrichtung, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, von der Art, die eine Stütze (14) besitzt, mit der sie an einem Gehäuse (11) angebracht werden soll, zwei Steuerungselemente (16, 17), die auf der genannten Stütze (14) aufliegen und im Verhältnis zueinander drehbeweglich angebracht sind, wobei dazwischen Nockenmittel (18) eingreifen, die geeignet sind, eine translatorische Bewegung auf eines dieser Elemente zu übertragen, oder ein bewegliches Steuerungselement (17), wenn sie Gegenstand einer relativen Drehbewegung im Verhältnis zueinander sind, sowie ein Kupplungsausrücklager (20), welches in axialer Richtung fest mit dem genannten beweglichen Steuerungselement verbunden ist und zwei Ringe (21, 22) aufweist, die im Verhältnis zueinander drehbar angebracht sind, und welches dazu bestimmt ist, auf die Ausrückvorrichtung (10) der zu steuernden Kupplung einzuwirken, wobei das bewegliche Steuerungselement (17) aus einem einzigen Stück mit einem der Ringe (21, 22) des Kupplungsausrücklagers (20) besteht und wobei das bewegliche Steuerungselement (17) drehbar angebracht und zur Steuerung der Drehbewegung mit einem Kabel (35) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß das bewegliche Steuerungselement (17) von einem Kranz (38) umgeben ist, der damit eine Aufnahme (39) bildet, die für die Befestigung und Halterung des darauf aufwickelten Teils des Kabels (35) geeignet ist."

Zum Wortlaut der geltenden Unteransprüche 2 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.

Die Anmelderin hat gemäß Eingabe vom 17. Mai 1999 beantragt, den Beschluß aufzuheben und ein Patent zu erteilen im Umfang der am 19. Mai 1999 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 9.

Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2001 hat die Anmelderin ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung derart modifiziert, daß dieser dann nicht weiterverfolgt werde, wenn die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen würde.

Die Anmelderin vertritt die Auffassung, daß der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 gegenüber der US-Patentschrift 3 841 454 neu sei und darüber hinaus auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat insoweit Erfolg, als die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war.

1. Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Dieser Anspruch ergibt sich durch die Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 1 und 5. Die geltenden Ansprüche 2 bis 9 entsprechen inhaltlich den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 4 und 6 bis 10.

2. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß PatG § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 3, wonach das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn neue Tatsachen bekannt werden, die für die Entscheidung wesentlich sind. Als neue Tatsache im Sinne von Nr 3 gilt auch eine wesentliche Änderung des Patentbegehrens, wenn dieses noch nicht ausreichend geprüft wurde (vgl Schulte PatG, 5. Aufl, § 79 Rdn 13).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. Gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1, der allein mit dem Anspruch 2 dem Zurückweisungsbeschluß vom 8. April 1999 bzw dem dafür maßgeblichen Bescheid vom 22. Juni 1998 zugrunde lag, ist der geltende Patentanspruch 1 weiter erheblich eingeschränkt. Denn dieser enthält in seinem kennzeichnenden Teil ausschließlich die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 5, die die Ausbildung einer Aufnahme zur Befestigung und Halterung des aufgewickelten Teils des Kabels betreffen und somit den Kern der nunmehr beanspruchten Lösung bilden. Zu den Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 5 hat die Prüfungsstelle jedoch nicht Stellung genommen. Der Bescheid vom 22. Juni 1998, auf dem der Zurückweisungsbeschluß vom 8. April 1999 beruht, befaßt sich lediglich mit den Ausbildungen nach den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2. Auf die Ausgestaltungen nach den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 10 wird im einzigen Bescheid überhaupt nicht eingegangen. Da es keinen Hinweis gibt, daß der ursprüngliche Anspruch 5 - ebenso wie die restlichen Unteransprüche 3, 4 und 6 bis 10 - erstinstanzlich geprüft oder dazu recherchiert wurde, und die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 5 lösungswesentlicher Bestandteil der nunmehr beanspruchten Ausführung sind, ergeben sich für die zu treffende Entscheidung wesentliche neue Umstände. Aus diesem Grund sowie zur Vermeidung eines Instanzenverlustes hält es der Senat in diesem Fall für geboten, von der ihm durch § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 3 PatG an die Hand gegebenen Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt Gebrauch zu machen. Die Prüfungsstelle erhält dadurch Gelegenheit, über die Patentfähigkeit des Gegenstandes nach dem geltenden Patentanspruch 1 und die Ausgestaltungen nach den geltenden Patentansprüchen 2 bis 9 zu entscheiden.

Rübel Heyne Schmidt-Kolb Sperling Cl






BPatG:
Beschluss v. 06.03.2001
Az: 6 W (pat) 50/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9a48561ceca8/BPatG_Beschluss_vom_6-Maerz-2001_Az_6-W-pat-50-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share